VwGH 2006/19/0187

VwGH2006/19/018724.1.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl sowie den Hofrat Mag. Nedwed, die Hofrätin Dr. Pollak und die Hofräte Dr. N. Bachler und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde des J, vertreten durch Mag. Georg Bürstmayr, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Hahngasse 25, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 21. Dezember 2004, Zl. 228.610/0-XIV/16/02, betreffend §§ 7, 8 Abs. 1 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1997 §7;
AVG §45 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AsylG 1997 §7;
AVG §45 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger aus Kaschmir, beantragte am 18. Dezember 2000 Asyl. Er werde wegen seiner Mitgliedschaft und Mitarbeit bei der "Jammu und Kashmir Students League" verfolgt.

Das Bundesasylamt wies den Asylantrag mit Bescheid vom 29. April 2002 gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) ab und stellte die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien gemäß § 8 AsylG fest.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die dagegen erhobene Berufung gemäß §§ 7 und 8 Abs. 1 AsylG ab.

Über die dagegen erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten erwogen:

Die belangte Behörde begründete die Abweisung des Asylantrags ausschließlich damit, das Vorbringen des Beschwerdeführers sei (abgesehen von dessen Angaben zu seiner Person und zu seinem Reiseweg) "absolut unglaubwürdig".

Die Beschwerde zeigt zutreffend auf, dass sich die belangte Behörde nur mit den Aussagen des Beschwerdeführers, nicht aber mit den von ihm vorgelegten Urkunden befasste. So hatte der Beschwerdeführer am 19.3.2002 eine E-Mail des Farooq Niazi vom 10. Mai 2001 vorgelegt, wonach der Beschwerdeführer ua. "active worker of Students League", "close associate of the Chairman of the organization Dr. Ghulam Qadir Wani" und "affiliated with the Information division of the Students League" gewesen sei. Er sei auch Fahrer des Dr. Wani gewesen. Der Beschwerdeführer sei "hard target of the state agencies, who assasinated Dr. Wani and other pro-freedom leaders". Im Rahmen des Berufungsverfahrens legte der Beschwerdeführer am 19. Juni 2004 eine weitere Erklärung des Farooq Niazi vor, wonach der Beschwerdeführer Mitglied der "Students League" gewesen sei. Weiters legte er am 18. Oktober 2004 eine Erklärung des Rafi Zargar vom 27. September 2004 vor, wonach der Beschwerdeführer "active member of Jammu Kashmir students league (JKSL)" gewesen sei; sein Leben wäre bei Rückkehr in seine Heimat in Gefahr.

Die freie Beweiswürdigung der Behörde unterliegt hinsichtlich ihrer Schlüssigkeit bzw. ihrer Übereinstimmung mit den Denkgesetzen und allgemeinem menschlichen Erfahrungsgut der nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof (vgl. etwa die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), E 265 zu § 45 AVG, genannte Rechtsprechung). Die Beweiswürdigung ist nur dann schlüssig, wenn u.a. alle zum Beweis oder zur Widerlegung strittiger Tatsachen nach der Aktenlage objektiv geeigneten Umstände berücksichtigt wurden (vgl. Walter/Thienel, aaO, E 268; hg. Erkenntnis vom 12. April 2005, Zl. 2004/01/0226). Da die belangte Behörde die zuvor genannten Urkunden in ihre beweiswürdigenden Erwägungen nicht einbezogen hat, erweist sich die Begründung des Bescheides als unschlüssig.

Da nicht auszuschließen ist, dass die belangte Behörde bei Auseinandersetzung mit diesen Urkunden zu einer anderen Entscheidung gelangt wäre, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrenvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Sollte die belangte Behörde im fortgesetzten Verfahren neuerlich zu einer Verneinung einer asylrelevanten Verfolgung gelangen, wird sie in ihrer Refoulemententscheidung die vom Beschwerdeführer behauptete Erkrankung im Hinblick auf Art. 3 EMRK zu beurteilen haben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 24. Jänner 2008

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