VwGH 2004/01/0226

VwGH2004/01/022612.4.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Nowakowski, Dr. Pelant und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde des E T in W, vertreten durch Dr. Karl Hatak, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Hofgasse 7, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 24. Februar 2004, Zl. 247.014/0-V/13/04, betreffend §§ 7 und 8 AsylG 1997 (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1997 §23;
AsylG 1997 §28;
AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §60;
AVG §67d;
EGVG 1991 Anlage Art2 Abs2 Z43a;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AsylG 1997 §23;
AsylG 1997 §28;
AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §60;
AVG §67d;
EGVG 1991 Anlage Art2 Abs2 Z43a;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein zur albanischen Volksgruppe im Kosovo gehörender Staatsangehöriger von Serbien und Montenegro, reiste am 12. August 2002 in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Asylantrag. Diesen begründete er am 15. Mai 2003 vor dem Bundesasylamt im Wesentlichen damit, sein Leben sei im Kosovo in Gefahr, weil er im Jahr 1999 vom Islam zur katholischen Kirche konvertiert sei und deshalb zwei oder drei Monate vor seiner Flucht anonyme Drohbriefe erhalten habe, in denen er mit dem Umbringen bedroht worden sei. Die Polizei habe ihm mitgeteilt, sie könne ihm nicht helfen.

Am Ende der Einvernahme - in welcher der Beschwerdeführer unter anderem zu Inhalten und Riten des katholischen Glaubens näher befragt worden war - trug ihm das Bundesasylamt auf, den Taufschein zu besorgen und innerhalb einer Frist von drei Wochen im Original vorzulegen.

Mit Bescheid vom 23. Jänner 2004 wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG ab und stellte gemäß § 8 AsylG fest, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Serbien-Montenegro, Provinz Kosovo, zulässig sei. Begründend führte die Behörde sinngemäß aus, der Beschwerdeführer habe keine aktuelle Verfolgung im Heimatstaat glaubhaft gemacht. Seine Verfolgungs- und/oder Rückkehrgefährdung baue darauf auf, dass er Probleme auf Grund seiner Konversion zur römisch-katholischen Kirche behaupte. Die Einvernahme durch das Bundesasylamt habe jedoch näher dargestellte Wissensdefizite des Beschwerdeführers über diese Glaubensgemeinschaft aufgezeigt. Auch habe er trotz Aufforderung den Taufschein nicht vorlegen können, der sein behauptetes Glaubenbekenntnis nachweisen würde. Da nicht glaubwürdig sei, dass der Beschwerdeführer konvertiert sei, müsse auch sein daraus resultierendes Vorbringen über angebliche Bedrohungen als nicht glaubwürdig eingestuft werden.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid - ohne Durchführung einer Berufungsverhandlung - gemäß § 7 AsylG ab und stellte gemäß § 8 AsylG fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die "unter internationaler Verwaltung stehende, vormalig autonome Provinz Kosovo/Serbien und Montenegro, nicht jedoch in die Republik Serbien und Montenegro ieS." zulässig sei. In ihrer Begründung trat die belangte Behörde der Entscheidung des Bundesasylamtes vollinhaltlich bei und erhob deren Begründung auch zum Inhalt ihres Bescheides.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten durch die belangte Behörde erwogen hat:

Die belangte Behörde hat zur Begründung ihrer Entscheidung auf den erstinstanzlichen Bescheid verwiesen, in dem das Bundesasylamt das Vorbringen des Beschwerdeführers über die angebliche Bedrohung seiner Person (ohne nähere Auseinandersetzung mit den übrigen Beweisergebnissen) als unglaubwürdig bezeichnete, weil es schon dessen Konversion zur römisch-katholischen Glaubensgemeinschaft in Zweifel zog. Dazu führte es - wie dargestellt - unter anderem aus, der Beschwerdeführer habe trotz Aufforderung den Taufschein nicht vorlegen können, der sein behauptetes Glaubensbekenntnis nachweisen würde. Keine Erwähnung fand dabei jedoch, dass im erstinstanzlichen Verwaltungsakt bereits eine Kopie des - mit der Beschwerde neuerlich vorgelegten -

(in albanischer Sprache verfassten) "Familienblattes" aufschien, das nach seinem Inhalt von der Diözese Skopje-Prizren am 10. Juni 2003 ausgestellt und in dem unter anderem festgehalten worden war, der Beschwerdeführer sei am 6. März 1999 getauft worden. Obwohl diese Urkunde nicht von vornherein ungeeignet erscheint, einen urkundlichen Nachweis für den Glaubensübertritt des Beschwerdeführers zu erbringen, wurde sie vom Bundesasylamt in seine Überlegungen nicht einbezogen. Die Auseinandersetzung damit erübrigte sich aber auch unter Berücksichtigung der vom Bundesasylamt aufgezeigten Wissenslücken des Beschwerdeführers über den von ihm behaupteten neuen Glauben nicht, hat die Behörde dem Beschwerdeführer den Auftrag zur Vorlage eines Taufscheines doch erst zu einem Zeitpunkt (nämlich am Ende seiner Einvernahme vom 15. Mai 2003) erteilt, zu dem ihr seine Wissendefizite bereits bekannt waren. Diese Vorgangsweise lässt - im Zusammenhalt mit der Begründung des Bescheides - erkennen, dass das Bundesasylamt der Vorlage eines urkundlichen Nachweises über die behauptete Konversion für die Beweiswürdigung zumindest keine untergeordnete Bedeutung beigemessen hat. Ungeachtet dessen hat sie die aktenkundige Urkunde über eine angebliche Taufe des Beschwerdeführers übergangen, weshalb sich die Begründung ihres Bescheides als unschlüssig erweist. Diese Mangelhaftigkeit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung schlägt infolge der gewählten "Verweistechnik" auf den bekämpften Bescheid durch. Sie führt aber auch dazu, dass die belangte Behörde nicht von der Durchführung einer Berufungsverhandlung hätte absehen dürfen (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 3. Dezember 2003, Zl. 2003/01/0509, mwN).

Da nicht auszuschließen ist, dass die belangte Behörde bei Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung und Auseinandersetzung mit dieser Urkunde zu einer anderen Entscheidung gelangt wäre, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 12. April 2005

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