Spruch:
Die Anträge werden, soweit sie die Verfahren 2005/13/0163 und 0165 betreffen, zurückgewiesen.
Der das Verfahren 2005/13/0164 betreffende Antrag wird abgewiesen.
Begründung
Mit Beschluss vom 15. Februar 2006 wurden die Verfahren über die zu den Zlen. 2005/13/0163 und 0165 protokollierten Beschwerden eingestellt, weil dem Mängelbehebungsauftrag des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Dezember 2005 insofern nicht zur Gänze entsprochen worden war, als die Ergänzungsschriftsätze nicht in vierfacher, sondern nur in dreifacher Ausfertigung überreicht worden waren und ihnen - entgegen Punkt 4 des Mängelbehebungsauftrages - auch keine weitere Ausfertigung der ursprünglichen Beschwerden angeschlossen war. Der angeführte Beschluss erging an die in den damaligen Verfahren als Beschwerdeführerin auftretende Henkel Central Eastern Europe Ges.m.b.H.
Mit Beschluss vom selben Tag wurde auch das Verfahren über die zur Zl. 2005/13/0164 protokollierte Beschwerde aus demselben Grund wie die zuvor genannten Beschwerdeverfahren eingestellt. Der Beschluss erging an die nunmehrige Antragstellerin.
Beide damaligen Beschwerdeführerinnen waren durch dieselben Rechtsanwälte vertreten.
Mit dem vorliegenden Antrag begehrt die Antragstellerin - unter Hinweis auf die hg. Zlen. 2005/13/0163, 2005/13/0164 und 2005/13/0165 - die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Mängelbehebungsfristen. Begründend wird im Wesentlichen ausgeführt, dem Rechtsvertreter der Antragstellerin sei bei Unterfertigung der Verbesserungsschriftsätze aufgefallen, dass auf deren "Deckblättern" irrtümlich jeweils nur drei Ausfertigungen angeführt worden seien und sich auch nur drei Ausfertigungen des Schriftsatzes in der Unterschriftenmappe befunden hätten. Da der Parteienvertreter wenige Minuten später zu einem auswärtigen Termin habe aufbrechen müssen, habe er die sich in der Mappe befindlichen jeweils drei Ausfertigungen unterfertigt und "auf dem Deckblatt aller drei für den Akt bestimmten (rosa) Durchschlägen den Passus '3-fach' durchgestrichen, mit der Hand '4- fach + Beilagen' angemerkt" und seiner Sekretärin D. beim Aushändigen der Mappe nochmals mündlich den Auftrag erteilt, vierte Ausfertigungen der Verbesserungsschriftsätze und der Beilagen anzufertigen und der für die Kuvertierung zuständigen Mitarbeiterin K. die Schriftsätze in jeweils vierfacher Ausfertigung zu übergeben. Auftragsgemäß habe D. von jedem Schriftsatz und allen Beilagen vierte Ausfertigungen hergestellt, in die Unterschriftenmappe gelegt, die "rosa Durchschläge" und die Verfügungen des Verwaltungsgerichtshofes in den Handakt abgelegt und die Mappe zur Kuvertierung auf den Schreibtisch der sich gerade auf Mittagpause befindlichen K. gelegt. Bei Abfertigung und Kuvertierung sei K. auf Grund des für sie irreführenden Hinweises auf den Deckblättern der Verbesserungsschriftsätze davon ausgegangen, dass die Schriftsätze samt Beilagen nur in dreifacher Ausfertigung einzubringen seien und D., die zu diesem Zeitpunkt bereits die Kanzlei verlassen hatte, irrtümlich vier Ausfertigungen hergestellt habe. In der Meinung, einen Fehler der D. zu korrigieren, habe K. die jeweils vierte Ausfertigung nicht dem Verwaltungsgerichtshof übermittelt und dem Vorgang keine weitere Bedeutung beigemessen. Erst auf Grund der Einstellungsbeschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes habe der Parteienvertreter davon Kenntnis erlangt, dass den Verbesserungsaufträgen des Verwaltungsgerichtshofes nicht vollständig entsprochen worden war. D. und K. hätten sich in den Jahren ihrer Tätigkeit für die Kanzlei als besonders zuverlässig und sorgfältig erwiesen. Es liege eine Verkettung von unglücklichen Umständen vor, mit deren Auftreten der Parteienvertreter nicht habe rechnen müssen. Da der Parteienvertreter im Hinblick auf seine präzisen Anordnungen alle gebotenen Sorgfaltspflichten eingehalten habe, stelle der seiner Kanzleikraft unterlaufene Fehler für ihn ein unabwendbares Ereignis im Sinne des § 46 Abs. 1 VwGG dar.
Die Sachverhaltsdarstellung wird durch "eidesstättige Erklärung(en)" der beiden namentlich genannten Kanzleimitarbeiterinnen bescheinigt.
Der Wiedereinsetzungsantrag umfasst auch die vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 15. Februar 2006, 2005/13/0163 und 0165-5 eingestellten Beschwerdeverfahren. Der genannte Beschluss und der diesem zu Grunde liegende Mängelbehebungsauftrag ist gegenüber der Henkel Central Eastern Europe Ges.m.b.H. als der seinerzeit beschwerdeführenden Partei ergangen. Dass von einer Nachfolge in der Parteistellung auszugehen wäre, behauptet die Antragstellerin nicht. Ihre diesbezüglichen Anträge waren daher schon wegen Fehlens einer Berechtigung zur Antragstellung zurückzuweisen.
Soweit der Wiedereinsetzungsantrag das seinerzeit unter der hg. Zl. 2005/13/0164 geführte Beschwerdeverfahren betrifft, ist Folgendes zu sagen:
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gibt ein einem Vertreter widerfahrenes Ereignis einen Wiedereinsetzungsgrund für den Antragsteller nur dann ab, wenn dieses Ereignis für den Vertreter selbst unvorhergesehen oder unabwendbar war und es sich hiebei nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Ein Verschulden des Vertreters, das über den minderen Grad des Versehens hinausgeht, schließt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus. Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit iSd §§ 1324, 1332 ABGB zu verstehen. Das Verschulden von Kanzleikräften stellt für den Vertreter dann ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis im Sinne der obigen Ausführungen dar, wenn der Vertreter der ihm zumutbaren und nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht gegenüber seinen Kanzleikräften nachgekommen ist. Zudem muss der Vertreter seine Kanzlei so organisieren, dass Unzulänglichkeiten durch menschliches Versagen aller Voraussicht nach auszuschließen sind (vgl. die hg. Beschlüsse vom 7. August 2001, 2001/14/0140, und vom 30. März 2006, 2006/15/0109).
Im vorliegenden Fall tragen die vom Rechtsanwalt unterfertigten Verbesserungsschriftsätze jeweils folgenden Beilagenvermerk:
"3-fach
1 Einzahlungsbeleg
Bescheid und ursprüngliche Beschwerde (je 3-fach)
Eine Ausfertigung dieses Schriftsatzes ist gemäß § 29 VwGG für das Bundesministerium für Finanzen, Himmelpfortgasse 8, 1011 Wien, bestimmt."
Dieser auch auf dem Verbesserungsschriftsatz zur Zl. 2005/13/0164 angebrachte Beilagenvermerk entsprach nicht dem gerichtlichen Auftrag. Nach dem Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag wurde dies vom Parteienvertreter auch erkannt. Dessen ungeachtet hat er, ohne die Richtigstellung des Beilagenvermerks zu veranlassen, den Verbesserungsschriftsatz unterfertigt und damit gerade jene Gefahrensituation herbeigeführt, die sich in den Beschwerdefällen verwirklicht hat. Den Beilagenvermerk lediglich auf den für den Handakt bestimmten "rosa Durchschlag" richtig zu stellen, genügte im vorliegenden Fall schon deshalb nicht, weil dieser Durchschlag nach der im Wiedereinsetzungsantrag geschilderten Kanzleiorganisation der tatsächlich mit der Abfertigung befassten Kanzleikraft gar nicht vorzulegen war. Auch behauptet der Parteienvertreter nicht, die mit der Kuvertierung befasste K. angewiesen zu haben, die Abfertigung im Einzelfall entgegen der Beilagenverfügung vorzunehmen. Bei dieser Sachlage kann aber keine Rede davon sein, dass dem Mängelbehebungsauftrag des Verwaltungsgerichtshofes lediglich infolge eines Irrtums einer sonst verlässlichen Kanzleikraft nicht vollständig nachgekommen worden wäre.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entspricht ein Parteienvertreter seiner Sorgfaltspflicht nicht, wenn er Schriftsätze unterfertigt, die einen unrichtigen Beilagenvermerk aufweisen, weil er in einem solchen Fall damit rechnen muss, dass nur jene Beilagen abgefertigt werden, die in der Beilagenanordnung angeführt sind (vgl. die hg. Beschlüsse vom 31. Oktober 2000, 2000/15/0157, und vom 24. Februar 2000, 99/15/0251). Unter den geschilderten Umständen ist es dem Beschwerdevertreter als eigenes, über den minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden anzulasten, dass er bei Unterfertigung des vorbereiteten Verbesserungsschriftsatzes nicht darauf gedrungen hat, die Beilagenverfügung richtig zu stellen (vgl. zu einer ähnlichen Sachverhaltskonstellation auch den hg. Beschluss vom 23. April 2002, 2002/14/0041). Dieses Verschulden des Rechtsanwaltes ist nach dem oben Gesagten dem Verschulden der Antragstellerin selbst gleichzuhalten.
Aus den dargelegten Erwägungen war dem - zulässig erhobenen - Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Mängelbehebungsfrist zur Zl. 2005/13/0164 nicht stattzugeben.
Wien, am 17. Oktober 2007
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)