VwGH 2006/06/0195

VwGH2006/06/019519.12.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Khozouei, über die Beschwerde des Dr. M B in L, vertreten durch Baier Lambert Rechtsanwälte OEG in Wien 1, Kärtner Ring 12, gegen die Bescheide der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten vom 14. Juni 2001, 1. Zl. BMaA-US.6.27.91/162-VI.2/2006 (Beschwerde Zl. 2006/06/0195) und

2. Zl. BMaA-US.6.27.91/165-VI.2/2006 (Beschwerde Zl. 2006/06/0196), betreffend jeweils die Festsetzung der Kaufkraftausgleichszulage, zu Recht erkannt:

Normen

GehG 1956 §21 Abs2;
GehG 1956 §21b idF 2004/I/176;
GehG 1956 §21 Abs2;
GehG 1956 §21b idF 2004/I/176;

 

Spruch:

Die Spruchpunkte 1. der beiden angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 2.342,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zum Bund. Die beschwerdegegenständlichen Ansprüche beziehen sich auf das aktive Dienstverhältnis des Beschwerdeführers; er versah seinen Dienst am österreichischen Generalkonsulat in XY.

Im Beschwerdefall geht es um die dem Beschwerdeführer im Zeitraum vom 1. Juli 2004 bis 31. Jänner 2005 gebührende Kaufkraftausgleichszulage (§ 21GehG in der bis Ende 2004 geltenden Fassung (aF) bzw. § 21b GehG in der seit dem 1. Jänner 2005 geltenden Fassung (nF)), wobei insbesondere (das ist der Kern des Streites) strittig ist, welcher Paritätswert zugrundezulegen ist (der Paritätswert, meist kurz Parität genannt, drückt das Verhältnis der Kaufkraftunterschiede zwischen dem Inland = 100 und dem ausländischen Dienstort aus; damit korrespondiert der "Hundertsatz" des § 21 Abs. 4 Z 2 GehG nF). Wie sich aus den Akten ergibt, wurde bis Ende des Jahres 2004 der Ermittlung dieser Paritätswerte von der belangten Behörde (im Übrigen auch vom Bundeskanzleramt) eine Methode (ein System) der "Statistik Austria" (Bundesanstalt Statistik Österreich, zuvor Österreichisches Statistisches Zentralamt, kurz: ÖSTAT) zugrundegelegt, wobei die Preiserhebungen von den österreichischen Vertretungsbehörden (vor Ort) durchgeführt wurden. Seit 1. Jänner 2005 erfolgt die Ermittlung dieser Paritätswerte auf Grundlage einer vom international tätigen Unternehmen (mit Sitz in der Schweiz) MERCER Human Resource Consulting (kurz: Mercer) entwickelten und zum "Austrian Government Index" (AGI) adaptierten Methode, wobei das Unternehmen Mercer auch mit den laufenden Preiserhebungen zur Erfassung der Veränderungen der Paritätswerte betraut ist.

Mit Dienstrechtsmandat der belangten Behörde vom 5. November 2005 wurde die dem Beschwerdeführer gebührende Kaufkraftausgleichszulage (KAZ) für den Monat November 2004 betragsmäßig festgesetzt, ausgehend von einem Paritätswert von 105, mit weiterem Dienstrechtsmandat vom 4. Jänner 2005 mit Null, ausgehend von einem Paritätswert von 100. Der Beschwerdeführer erhob dagegen (unbestritten rechtzeitige) Vorstellungen und machte geltend, die angenommenen Paritätswerte seien viel zu gering, weil sich aus der letzten Preiserhebung weit höhere Paritätswerte ergeben. Weiters beantragte er, die ihm gebührende KAZ ab 1. Juli 2004 auf Grundlage des Ergebnisses der Preiserhebung 2003 bescheidmäßig "zuzuerkennen" (Hintergrund des Streites sind, wie den Akten zu entnehmen ist, unterschiedliche Auffassungen über die Richtigkeit der Ergebnisse dieser Preiserhebung, die von der Statistik Österreich als nicht plausibel erachtet und demnach nicht anerkannt wurden).

Mit weiterem Dienstrechtsmandat vom 26. Jänner 2005 wurde die dem Beschwerdeführer für den Monat Jänner 2005 gebührende KAZ (abermals mit Null) festgesetzt, ausgehend (abermals) von einem Paritätswert von 100. Auch dagegen erhob der Beschwerdeführer (ebenfalls unbestritten) rechtzeitig Vorstellung, in der er begehrte, "nach Durchführung eines gesetzmäßigen Verfahrens zur Ermittlung der Kaufkraft an meinem Dienst- und Wohnort die Kaufkraftausgleichszulage bescheidmäßig samt Begründung durch Einzelfallbemessung zuzuerkennen". Zusammengefasst vertrat er die Auffassung, dass es der seit 1. Jänner 2005 angewendeten Methode an Transparenz und Nachvollziehbarkeit mangle und sie fehlerhaft sei. Vielmehr wäre die KAZ nach dem "bisherigen System und nach Maßgabe der Preiserhebung 2003 (mit ihrem bisher unwiderlegten Ergebnis von 143 Punkten) festzusetzen".

Im Zuge des Ermittlungsverfahrens zu den Anträgen des Beschwerdeführers kam es zu einem Schriftsatzwechsel zwischen dem Beschwerdeführer und der belangten Behörde.

Mit dem erstangefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde

1. festgestellt, dass dem Beschwerdeführer für die Monate Juli bis Dezember 2004 eine monatliche Kaufkraftausgleichszulage in einer jeweils bezeichneten Höhe gebührt habe und ausgesprochen, dass diese in der jeweiligen Höhe im Rahmen der monatlichen Liquidierung seiner Bezüge und Zulagen zur Anweisung gebracht worden sei,

2. zu einem Antrag des Beschwerdeführers vom 10. Jänner 2005, gemäß § 17 AVG Akteneinsicht zu gewähren, festgestellt, dass ihm dieses Recht weiterhin ungeschmälert zustehe, und

3. Anträge des Beschwerdeführers in seinen Vorstellungen, gemäß § 9 Abs. 3 letzter Satz DVG die aufschiebende Wirkung auszusprechen, als unbegründet abgewiesen.

Soweit für das Beschwerdeverfahren erheblich (das betrifft den Punkt 1.) heißt es begründend, das Bundeskanzleramt habe für den Dienstort des Beschwerdeführers für die Monate Juli bis Dezember 2004 folgende Hundertsätze "verlautbart" (es folgt deren Auflistung). Unter Heranziehung dieser Hundertsätze ergäben sich die im Spruchpunkt 1. genannten Beträge der Kaufkraftausgleichszulage. Da für den Monat Dezember 2004 vom Bundeskanzleramt ein Hundertsatz von Null "verlautbart" worden sei, sei dem Beschwerdeführer für diesen Monat keine KAZ "zuzuerkennen".

Mit dem zweitangefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde

1. festgestellt, dass dem Beschwerdeführer für den Monat Jänner 2005 keine Kaufkraftausgleichszulage gebühre, und hat

2. seinen Antrag (in der Vorstellung) vom 17. Februar 2005, gemäß § 9 Abs. 3 letzter Satz DVG die aufschiebende Wirkung der Vorstellung auszusprechen, als unbegründet abgewiesen.

Zu Spruchpunkt 1. heißt es begründend, das Bundeskanzleramt habe für den Dienstort des Beschwerdeführers für den Monat Jänner 2005 einen Hundertsatz von Null verlautbart. Deshalb sei dem Beschwerdeführer für diesen Monat keine Kaufkraftausgleichszulage "zuzuerkennen". Das Gehaltsgesetz enthalte keine Bestimmung, die dem Beschwerdeführer einen Rechtsanspruch auf Anwendung eines anderen Hundertsatzes als jenen vom Bundeskanzleramt verlautbarten Hundertsatz gäbe.

Gegen diese Bescheide (inhaltlich und gemäß den Beschwerdepunkten aber nur gegen die Spruchpunkte 1.) richten sich die vorliegenden Beschwerden wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit, Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten der Verwaltungsverfahren vorgelegt und in Gegenschriften die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, beide Beschwerdeverfahren wegen des persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden, und hat erwogen:

Der Beschwerdeführer macht einen zeitraumbezogenen Anspruch geltend; im Beschwerdefall maßgeblich ist daher zunächst § 21 GehG in der Fassung bis Ende 2004 (zuvor zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 130/2003). Bis Ende 2004 enthielt § 21 GehG (aF) nähere Bestimmungen zur "Besoldung der im Ausland verwendeten Beamten" (so die Überschrift dieses Paragraphen). An die Stelle dieses Paragraphen traten gemäß der Dienstrechts-Novelle 2004, BGBl. I Nr. 176/2004, ab 1. Jänner 2005 die §§ 21 - 21h GehG.

§ 21 GehG (aF) lautete auszugsweise (soweit hier erheblich):

"§ 21. (1) Dem Beamten gebührt, solange er seinen Dienstort im Ausland hat und dort wohnen muss,

1. eine monatliche Kaufkraftausgleichszulage, wenn die Kaufkraft des Euro dort geringer ist als im Inland,

2. eine monatliche Auslandsverwendungszulage, wenn ihm durch die Ausübung des Dienstes oder aus Anlass der Ausübung des Dienstes im Ausland besondere Kosten entstehen, und

3. auf Antrag ein Auslandsaufenthaltszuschuss, wenn ihm durch den Aufenthalt im Ausland besondere Kosten entstanden sind.

Der Anspruch kann immer nur für Zeiträume bestehen, für die auch ein Anspruch auf Gehalt besteht.

(2) Die Kaufkraftausgleichszulage ist nach dem Verhältnis der Kaufkraft des Euro im Inland zur Kaufkraft des Euro im Gebiet des ausländischen Dienstortes des Beamten zu bemessen. Sie ist in einem Hundertsatz des Monatsbezuges, der Sonderzahlung und der Auslandsverwendungszulage festzusetzen.

...

(7) Neu zu bemessen sind

1. die Kaufkraftausgleichszulage

a) mit dem auf eine wesentliche Änderung des Kaufkraftverhältnisses nach Abs. 2 folgenden Monatsersten oder, wenn die Änderung mit einem Monatsersten erfolgt, mit diesem Tag oder

b) mit dem Tag einer sonstigen wesentlichen Änderung des ihrer Bemessung zugrundeliegenden Sachverhaltes und

2. die Auslandsverwendungszulage mit dem Tag einer wesentlichen Änderung des ihrer Bemessung zu Grunde liegenden Sachverhaltes.

...

(12) Die Kaufkraftausgleichszulage, die Auslandsverwendungszulage, der Auslandsaufenthaltszuschuss und der Folgekostenzuschuss gelten als Aufwandsentschädigung und sind vom zuständigen Bundesminister im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler zu bemessen."

Für den Zeitraum ab dem 1. Jänner 2005 sind im Beschwerdefall insbesondere folgende Bestimmungen von Bedeutung (die bezogene Auslandsverwendungszulage - kurz: AVZ - ist nun in § 21a GehG näher geregelt):

§ 21b leg. cit. lautet:

"Kaufkraftausgleichszulage

§ 21b. Dem Beamten gebührt eine Kaufkraftausgleichszulage, wenn die Kaufkraft des Euro am ausländischen Dienst- und Wohnort des Beamten geringer ist als im Inland."

§ 21g Abs. 3 GehG lautet:

"(3) Die Zulagen und Zuschüsse gemäß den §§ 21a bis 21f gelten als Aufwandsentschädigung. Die Bundesregierung kann die anspruchsbegründenden Umstände und die Bemessung durch Verordnung näher regeln. Die Bemessung im Einzelfall obliegt dem zuständigen Bundesminister im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler."

§ 21g Abs. 3 und 4 GehG lauten:

"(3) Die Zulagen und Zuschüsse gemäß den §§ 21a bis 21f gelten als Aufwandsentschädigung. Die Bundesregierung kann die anspruchsbegründenden Umstände und die Bemessung durch Verordnung näher regeln. Die Bemessung im Einzelfall obliegt dem zuständigen Bundesminister im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler.

(4) Festzusetzen sind

1. die Auslandsverwendungszulage und die Zuschüsse gemäß § 21d Z 2 bis 4 und § 21e in Pauschalbeträgen,

2. die Kaufkraftausgleichszulage in einem Hundertsatz des Monatsbezuges, der Sonderzahlung und der Auslandsverwendungszulage und

3. die Zuschüsse gemäß § 21c, § 21d Z 1 und § 21f im jeweils zu bemessenden Betrag."

Nach Abs. 8 Z. 2 dieses Paragraphen ist die Kaufkraftausgleichszulage neu zu bemessen

"a) mit dem auf eine Änderung des Hundertsatzes nach Abs. 4 Z 2 folgenden Monatsersten oder, wenn die Änderung mit einem Monatsersten erfolgt, mit diesem Tag oder

b) mit dem Tag einer sonstigen wesentlichen Änderung des ihrer Bemessung zu Grunde liegenden Sachverhaltes".

Rechtswidrig wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde sollen die angefochtenen Bescheide deshalb sein, weil nach ihrer Begründung der maßgebliche Hundertsatz "von einer unzuständigen Behörde, nämlich dem Bundeskanzler, festgesetzt" worden sei. Diese Auffassung ist in dieser Form unzutreffend. Es geht hier um die bescheidmäßige Festsetzung der Kaufkraftausgleichszulage und hiefür war die belangte Behörde als letzte "Aktiv-Dienstbehörde" zuständig (siehe § 2 Abs. 6 DVG). Dadurch aber, dass sich die belangte Behörde ausschließlich auf die vom Bundeskanzler in monatlichen Rundschreiben an Behörden bekannt gegebenen Hundertsätze gestützt hat, denen keine normative Wirkung zukommt, und sich einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit der Argumentation des Beschwerdeführers entzog, belastete sie die angefochtenen Bescheidteile mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, wie in dem zu einem vergleichbaren Fall ergangenen hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2006/06/0143, näher dargelegt wurde und auf das gemäß § 43 Abs. 2 2. Satz VwGG verwiesen werden kann.

Nicht im Recht hingegen ist der Beschwerdeführer, soweit er die Auffassung vertritt, sein (damaliger) Dienst- und Wohnort sei der Stadtteil Manhattan gewesen und es wäre daher überhaupt ein eigener Paritätswert für diesen Stadtteil zu ermitteln gewesen.

Sein damaliger Dienstort war nämlich die Stadt N C und nicht ein Bezirk dieser Stadt. Was nun die Rechtslage bis Ende 2004 anlangt, stellte § 21 Abs. 2 GehG (aF) auch nicht auf den Dienstort schlechthin, sondern auf das "Gebiet des ausländischen Dienstortes" ab, das ist ein Bereich, der größer ist als der eigentliche Dienstort selbst (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 1997, Zl. 95/12/0255, Slg. Nr. 14763/A). Der seit 1. Jänner 2005 geltende § 21b GehG hingegen stellt nicht mehr auf das "Gebiet" des ausländischen Dienstortes ab, sondern auf die Kaufkraft "am ausländischen Dienst- und Wohnort", was eine gewisse räumliche Einschränkung bedeutet.

Zusammenfassend waren die Spruchpunkte 1. der beiden angefochtenen Bescheide gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben, ohne dass beim gegebenen Verfahrensstand auf das weitere Vorbringen des Beschwerdeführers einzugehen gewesen wäre.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 19. Dezember 2006

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