VwGH 2006/06/0042

VwGH2006/06/004225.9.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde des Ing. KS in D, vertreten durch Mag. Dr. Marlies Folger, Rechtsanwältin in 8530 Deutschlandsberg, Hauptplatz 20/I, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 15. Dezember 2005, Zl. FA13B-12.10 D 36-05/7, betreffend Nachbareinwendungen im Bauverfahren (mitbeteiligte Parteien: 1. MK, D, 2. Stadtgemeinde D, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
BauG Stmk 1995 §43 Abs2 Z5;
BauRallg;
AVG §8;
BauG Stmk 1995 §43 Abs2 Z5;
BauRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Erstmitbeteiligte suchte mit Antrag vom 20. Juli 2004 (ein Eingangsstempel der mitbeteiligten Stadtgemeinde befindet sich auf diesem Antrag nicht) um die Erteilung der Baubewilligung für den Neubau eines Weidestalles auf dem Grundstück Nr. 181/1, KG H., an. Das Grundstück des Beschwerdeführers grenzt östlich unmittelbar an dieses Grundstück an.

Aus der von der Erstmitbeteiligten vorgelegten Betriebsanalyse vom 9. August 2004 ergibt sich, dass der damalige Tierbestand an Kärntner Brillenschafen 60 Mutterschafe (von denen im selben Jahr noch 40 ablammen würden), 1 Widder und 10 Lämmer ausmache. Der angestrebte Tierbestand bis Ende 2004 seien 100 Mutterschafe, 2 Widder und ca. 50 Lämmer. Ab 2005 sei pro Muttertier die durchschnittliche Ablammungszahl 1,8 vorgesehen, somit werde für das Jahr 2005 mit ca. 280 Lämmern gerechnet. Die weiblichen Zuchtlämmer würden für die Nachzucht verwendet und die männlichen Zuchtlämmer würden gemästet und weitervermarktet. Die Erstmitbeteiligte habe u.a. das verfahrensgegenständliche Grundstück von ihrem Vater gepachtet.

Der agrartechnische Amtssachverständige F.H. stellte in seinem Gutachten vom 31. August 2004 zusammenfassend fest, dass es sich bei dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb der Erstmitbeteiligten (mit ihrem Lebensgefährten) um einen Nebenerwerbsbetrieb handle, der zusammen mit einem außerbetrieblichen Einkommen eine Existenzgrundlage für eine bäuerliche Familie darstelle. Die Aufzucht von Schafen erfordere, dass den Tieren bei Bedarf ein trockener Viehunterstand gewährt werden könne. Das vorhandene Stall- und Wirtschaftsgebäude könne auf Grund seiner Größe dieses Erfordernis nicht erfüllen. Die Schaffung von zusätzlichem Stallraum sei nachweislich erforderlich. Das geplante Gebäude entspreche in Größe, Ausstattung und standörtlicher Zuordnung den betrieblichen Erfordernissen. Die Ausnahmebestimmung des § 25 Abs. 3 Stmk. ROG könne angewendet werden.

Der lärmtechnische Sachverständige Ing. J.B. ging bei der Annahme der Immissionsgrenzwerte davon aus, dass dieses Gebiet nach seinen Messungen einem reinen Wohngebiet am ähnlichsten sei (LA, eq = 50/40dB - Tag/Nacht). Als Messpunkt wählte er einen Punkt auf der Grundgrenze des Baugrundstückes und des Grundstückes des Beschwerdeführers aus, der genau zwischen dem ursprünglich geplanten Weidestall und dem Wohnhaus des Beschwerdeführers auf dem Nachbargrundstück gelegen ist. Als Beurteilungspegel LA, r (Grundgeräuschpegel LA, 95 - hier 30 dB - + 10/B) nahm er 40 dB an. Als Summenpegel ermittelte dieser Sachverständige für den Weidestall mit Fütterung plus dem angenommenen Beurteilungspegel einen Wert von 40 dB (A) und für die Schafehaltung im Freiland plus dem Beurteilungspegel einen Wert von 41 dB (A). Er stellte weiters fest, dass das angenommene Widmungsmaß nicht überschritten werde, auch der Beurteilungspegel LA, r 40 dB (A) werde betreffend den Weidestall mit Fütterung und die Schafehaltung im Freiland nicht überschritten. Dazu wurde angemerkt, dass 1 dB nicht als Überschreitung gerechnet werde. Dies beziehe sich auf den Summenpegel der Schafehaltung im Freiland samt Beurteilungspegel von 41 dB (A). Dieser Wert liege innerhalb der Berechnungstoleranz und sei subjektiv nicht wahrnehmbar.

Der lärmtechnische Sachverständige Ing. J.B. kam zu der zusammenfassenden Beurteilung, unter der Voraussetzung

"a) Abstand Weidestall zur Grundgrenze Ing. S... (der Beschwerdeführer), ... Nr. 181/2, von 15 m und

b) Weidestallfronten Richtung Ing. S..., geschlossen (Rw ( 25 dB)

ist aus schalltechnischer Sicht keine Überschreitung des Widmungsmaßes an der Grundgrenze sowie der ortsüblichen Verhältnisse zu erwarten."

Univ. Prof. Dr. L. kam in seiner immissionsklimatologischen Beurteilung des geplanten Weidestalles ausgehend von 100 Schafen, die in ihm untergebracht würden, unter Heranziehung der Richtlinie zur Beurteilung von Immissionen aus der Nutztierhaltung in Stallungen (hrsg. vom Bundesministerium für Umwelt, Fassung 1995) zu dem Ergebnis, dass bei Annahme der ungünstigsten Voraussetzungen ein Schutzabstand von 30,15 m (bezogen auf die Hauptwindrichtung) einzuhalten sei.

Mit Kundmachung vom 15. April 2005 wurde die Bauverhandlung für den 3. Mai 2005 anberaumt. Die Kundmachung enthält die Angabe, dass gemäß § 27 Abs. 1 Stmk. BauG 1995 nur jene Nachbarn Parteistellung behielten, die spätestens am Tage vor der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen im Sinne des § 26 Abs. 1 leg. cit. erhoben hätten. Der Beschwerdeführer ist zur Verhandlung persönlich geladen worden.

Im Akt liegt mit dem Eingangsstempel der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 3. Mai 2005, zwei Ordnungszahlen vor der Verhandlungsschrift ein vom Beschwerdeführer in Auftrag gegebenes Gutachten von Univ. Lektor Arch. DDipl. Ing. Dr. H.H. betreffend Überprüfung des projektierten Stallgebäudes mit den Bestimmungen des Stmk. ROG und des Stmk. BauG ein. In dem Gutachten wird u. a. ausgeführt, dass durch das Bauvorhaben u.a. folgende Emissionen bzw. Immissionen zu erwarten seien: eine Lärmbelästigung durch die Tiere sowie durch den Futtertransport und die Entmistung, eine Geruchsbelästigung zusätzlich verstärkt durch die erhöhte Lage des Schafstalles und die vorherrschende Windrichtung, weiters betreffend die Ableitung der Brauch- und Meteorwässer. Nach Ansicht dieses Sachverständigen ergebe sich bei der folgerichtigen Berücksichtigung der reduzierten Calmenhäufigkeit (dies wurde davor näher ausgeführt) und einer Einrechnung von einer Tierzahl von 150 Schafen ein Mindestabstand bezogen auf die Hauptwindrichtung (SW-W) von 30,0 m. Aus der Sicht des vorbeugenden Schutzes sowie einer nachhaltigen Sicherung der Wohnqualität des bestehenden angrenzenden Wohngebäudes, wäre als Kompromiss der ursprünglich berechnete Mindestschutzabstand von 30 m als sinnvoller Wert heranzuziehen und bei der Situierung des Stallgebäudes zu berücksichtigen. Dem lärmtechnischen Gutachten des Ing. J.B. wurde entgegengehalten, dass die Messpunkte für die Fütterung etc. weiter entfernt angenommen worden seien, die Windverfrachtung (es wird auf das Gutachten von Univ. Prof. Dr. L. verwiesen) nicht beachtet würde, die Störwirkung nicht nur eine Frage des Lärmpegels darstellte - insbesondere bei einem Einfamilienwohnhaus, bei welchem der Erholungsaufenthalt im Freien eine bedeutende Rolle spiele.

Nach Ansicht dieses Sachverständigen sei aus raumplanerischer Sicht eine Errichtung des Stallgebäudes u.a. nur unter folgenden Voraussetzungen denkbar:

"1. Abstände:

Zur Grundgrenze Grundstück 181/2 mind. 15,10 m

2. ...

6. Ab- und Niederschlagswässer dürfen nicht auf

fremden Grund abgeleitet werden.

7. Die im Lageplan festgelegte Situierung der Gebäude

ist einzuhalten. Wenn in der Folge nicht ausdrücklich geändert, sind die baugesetzmäßigen Abstände einzuhalten."

Diese Entscheidung wurde insbesondere damit begründet, dass nach dem lärmtechnischen Gutachten ein Abstand von 15 m zur Grundgrenze des Grundstückes Nr. 181/2 unter der Voraussetzung ausreichend sei, dass die Weidestallfront zum Grundstück des Beschwerdeführers Nr. 181/2 geschlossen ausgeführt werde. Nach dem immissionsklimatologischen Gutachten bzw. dessen Ergänzung durch Univ. Prof. L. sei ein Schutzabstand von 21,43 m bis zu einem Wohngebäude jedenfalls einzuhalten. Ein den geforderten Abständen entsprechender Auswechslungsplan vom 11. Mai 2005 sei von der Erstmitbeteiligten vorgelegt worden. Dieser Plan beinhalte den Weidestall sowie einen gemäß Stmk. BauG 1995 bewilligungsfreien Unterstellplatz für landwirtschaftliche Geräte im Ausmaß von 36,85 m2.

Der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde wies die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 29. September 2005 als unbegründet ab. In diesem Bescheid wird im Wesentlichen ausgeführt, dass das Bauvorhaben auf Grund der Projektänderung von 25 m x 6 m auf 20,3 m x 6 m verkleinert worden sei. Der Abstand zur Grundgrenze des Beschwerdeführers sei auf 15,0 m vergrößert worden. Diese Maßnahmen seien auch deshalb gesetzt worden, um die Belastungen durch Lärm und Geruch für den Nachbarn zu minimieren. Im Gutachten des Sachverständigen H., auf das nach Ansicht des Beschwerdeführers nicht eingegangen worden sei, werde aus der Sicht des vorbeugenden Schutzes sowie einer nachhaltigen Sicherung der Wohnqualität ein Mindestschutzabstand von 30 m als sinnvoller Wert ins Treffen geführt. Diese Feststellung stelle also eine alternative Ansicht aus der Sicht des Nachbarn auf, widerlege jedoch nicht die vorliegenden Gutachten. Nach der von der Erstmitbeteiligten durchgeführten Projektänderung betrage der Abstand des Stallgebäudes zum Wohnteil des Wohnhauses des Beschwerdeführers etwa 30 m, was auch den Empfehlungen des Sachverständigen H. entspreche. Das schlüssige und nachvollziehbare Gutachten des Univ. Prof. Dr. L. gehe von einem Abstand von 21,43 m aus, der somit in jedem Fall eingehalten werden könne. Der Abstand des Stallgebäudes zur Grundgrenze betrage 15 m, zum bewohnten Teil des Wohnhauses 30 m, zu der dem Wohnhaus angeschlossenen Garage 23 m. Die Behörde habe sich mit den eingeholten Gutachten auseinander gesetzt und die festgestellten Abstände könnten als nachvollziehbar eingestuft werden.

Die Auflage betreffend die Ab- und Niederschlagswässer sei Teil des Bescheides und von der Erstmitbeteiligten auf Dauer einzuhalten.

Wenn der Beschwerdeführer auf das medizinische Gutachten von Dr. H. verweise, nach dem ein Abstand von 21,43 m zur Grundgrenze einzuhalten sei, handle es sich dabei um einen offensichtlichen Schreibfehler, da dieses Gutachten auf das Gutachten von Dr. L. Bezug nehme, das den Abstand zum Wohnhaus des Beschwerdeführers festlege. Nach telefonischer Auskunft am 27. September 2005 habe der medizinische Sachverständige diesen Schreibfehler bestätigt. Da sich der medizinische Sachverständige im Übrigen vollinhaltlich auf das Einreichprojekt und die vorgelegten Gutachten beziehe und von ihm das Projekt aus medizinischer Sicht positiv beurteilt worden sei, habe dieser Irrtum als unbeachtlich angesehen werden können.

Wenn der Sachverständige Dr. H. meine, dass die Abstände im Baurecht auf die Grundgrenze abstellten, sei dem zu entgegnen, dass das Wohnhaus des Beschwerdeführers und die Stallgebäude der Erstmitbeteiligten im Freiland gelegen seien und die Immissionsbestimmungen nicht analog dem Baurecht herangezogen werden könnten. Das Gutachten von Univ. Prof. L. gehe von einem Abstand vom Wohngebäude aus, der im Freiland einzuhalten sei. Der schalltechnische Gutachter habe seinen Abstand von der Grundgrenze ermittelt. Da beide von diesen Sachverständigen vorgegebenen Abstände eingehalten würden und aus medizinischer Sicht keine Bedenken gegen das Projekt bestünden, sei die Berufung abzuweisen gewesen.

Die belangte Behörde hat die dagegen erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Sie führte dazu im Wesentlichen aus, dass das Stallgebäude durch die Projektänderung verkleinert und der Abstand zur Grundgrenze zum Grundstück des Nachbarn vergrößert worden sei. Eine Verschlechterung in Bezug auf die Immissionsbelastungen sei durch diese Abänderung nicht gegeben. Der Beschwerdeführer habe auch in seiner Berufung von seiner Möglichkeit Gebrauch gemacht, Einwendungen dazu geltend zu machen. Der Beschwerdeführer sei auf dies Projektänderung nicht ausdrücklich hingewiesen worden, doch sei es ihm aus den übermittelten Unterlagen erkennbar gewesen.

In der Kundmachung über die Bauverhandlung sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass gemäß § 27 Abs. 1 Stmk. BauG nur jene Nachbarn Parteistellung behielten, die spätestens am Tage vor der Verhandlung bei der Baubehörde oder während der Verhandlung Einwendungen im Sinne des § 26 Abs. 1 leg. cit. erhoben hätten (es wird in der Folge das vom Vertreter des Beschwerdeführers Arch. DDipl. Ing. Dr. H.H. in der Verhandlung Vorgetragene, das bereits eingangs wiedergegeben wurde, angeführt). Aus dieser anlässlich der Verhandlung abgegebenen Äußerung sei nicht ersichtlich, in welchem subjektiv-öffentlichen Nachbarrecht sich der Beschwerdeführer als beschwert erachte. Dem Begriff der Einwendung im Sinne des § 42 AVG und sohin auch dem § 27 Abs. 1 Stmk. BauG sei die Behauptung einer Rechtsverletzung immanent, sodass seinem Anbringen jedenfalls entnehmbar sein müsse, dass überhaupt die Verletzung eines subjektiven Rechtes behauptet werde. Hinsichtlich der in der Vorstellung vorgebrachten Immissionsbelastung sei festzuhalten, dass die Beschränkung der Immissionen von Betrieben stets nur im Zusammenhang mit der entsprechenden Flächenwidmung des zu bebauenden Grundstückes (nicht des Nachbargrundstückes) gesehen werden könne. Das verfahrensgegenständliche Baugrundstück sei als Freiland gewidmet.

§ 25 Abs. 2 Stmk. ROG enthalte keine Immissionsbeschränkungen für das Freiland. § 13 Abs. 12 Stmk. BauG räume dem Nachbarn einen Immissionsschutz ein, der unabhängig von der Flächenwidmung sei. Diesbezüglich sei aber gegenüber dem Beschwerdeführer Präklusion eingetreten. Den Einwendungen des Beschwerdeführers in der Verhandlung könne nämlich nichts entnommen werden, was eine Deutung dahingehend zuließe, dass er die Einhaltung größerer Abstände gefordert habe. Dass aber ein allgemeines Vorbringen in Richtung Geruchsbelästigung nicht als (Eventual-)Begehren auf die Festsetzung größerer Abstände gemäß § 13 Abs. 12 Stmk. BauG auszulegen sei, gehe schon aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. September 1986, Zl. 85/06/0013, hervor. Die belangte Behörde habe daher die Frage, ob allenfalls größere Abstände gemäß § 13 Abs. 12 Stmk. BauG einzuhalten seien, nicht von Amts wegen aufgreifen und prüfen dürfen. Es seien sämtliche Einwendungen in Bezug auf die Geruchsbelästigung keiner näheren Prüfung zu unterziehen.

Zur Lärmbelästigung wurde ausgeführt, dass § 43 Abs. 2 Z. 5 Stmk. BauG nur insofern ein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht gewähre, als sich eine Schallimmission im Rahmen des in einer bestimmten Widmungskategorie üblichen Ausmaßes halte bzw. das für die Widmungskategorie geltende Widmungsmaß einhalte. Da aber im Freiland kein derartiges Widmungsmaß festgesetzt sei, könne auch hier nur § 13 Abs. 12 Stmk. BauG angewendet werden. Der Beschwerdeführer habe in Bezug auf die Einhaltung größerer Abstände auf Grund der Lärmbelästigung in der Verhandlung keine Einwendungen erhoben. Es habe daher auch diese Frage im Vorstellungsverfahren nicht geprüft werden können.

Daher seien auch die Einwendungen in Bezug auf die Geruchsbelastung durch die Ausbringung von Mist keiner näheren Prüfung zu unterziehen. Ebenso könnten Fragen in Bezug auf die Abwasser- bzw. Niederschlagswasserentsorgung auf Grund der eingetretenen Präklusion nicht mehr berücksichtigt werden. Es sei sohin eine Präklusion im Sinne des § 27 Abs. 1 Stmk. BauG eingetreten, weil keine oder keine dem Gesetz entsprechende Einwendung rechtzeitig erhoben worden sei.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 27 Abs. 1 Stmk. Baugesetz 1995, LGBl. Nr. 59 (Stmk. BauG) i.d.F. der Novelle LGBl. Nr. 78/2003, hat es, wenn eine Bauverhandlung gemäß § 25 Abs. 1 letzter Satz und zusätzlich in geeigneter Form kundgemacht wurde, zur Folge, dass ein Nachbar seine Stellung als Partei verliert, soweit er nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen im Sinne des § 26 Abs. 1 erhebt.

Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung erstreckt sich die darin bezeichnete Rechtsfolge (Verlust der Parteistellung) nur auf jene Nachbarn, die rechtzeitig die Verständigung von der Anberaumung der Bauverhandlung erhalten haben, wenn eine Bauverhandlung nicht gemäß Abs. 1 kundgemacht wurde.

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die von der belangten Behörde angenommene Präklusion gemäß § 27 Abs. 1 Stmk. BauG. In diesem Zusammenhang macht er insbesondere geltend, dass der Verhandlungsablauf in der Niederschrift vom 3. Mai 2005 nicht vollständig wiedergegeben sei. Es fehlten Aufzeichnungen darüber, dass der Beschwerdeführer dem Verhandlungsleiter sowie dem Amtssachverständigen jeweils eine Kopie des Gutachtens des DDipl. Ing. Dr. H.H. ausgefolgt habe und auf dieser Grundlage Einwendungen für den Beschwerdeführer erhoben worden seien. Von dem ihn vertretenden Sachverständigen sei die zu erwartende Beeinträchtigung durch Lärm, Geruch und der Sicht geltend gemacht und auf die Ausführungen im schriftlichen Gutachten verwiesen worden. In der Verhandlungsschrift werde der Inhalt der Verhandlung am 3. Mai 2005 nicht vollständig wiedergegeben, sondern sie enthalte auch eine Art Resümee des Verfahrensablaufes in der Zeit nach der Verhandlung (vom 3. Mai 2005 bis August 2005). Offenbar sei das Verhandlungsprotokoll erst im Nachhinein erstellt worden.

Dazu ist Folgendes auszuführen: Der Beschwerdeführer rügt zu Recht, dass die Verhandlungsniederschrift vom 3. Mai 2005 Ausführungen zu dem Verfahrensablauf im vorliegenden Verwaltungsverfahren nach der mündlichen Verhandlung am 3. Mai 2005 enthält. Im Zuge dieser Ausführungen wird auch darauf verwiesen, dass das Gutachten des Vertreters des Beschwerdeführer Arch. DDipl. Ing. Dr. H.H. den Parteien in der Folge neben anderen erstatteten Gutachten (wie im Sachverhalt dargestellt) mit Schreiben vom 4. August 2005 mit einer Frist zur Stellungnahme vorgehalten wurde.

Gemäß § 14 Abs. 4 AVG darf in dem in einer Niederschrift einmal Niedergeschriebenen nichts Erhebliches ausgelöscht, zugesetzt oder verändert werden. Mit den beschriebenen zusätzlichen Ausführungen, die gerade im Hinblick auf das vom Beschwerdeführer vorgelegte Gutachten als erheblich zu qualifizieren sind, ist somit im vorliegenden Fall bei der Abfassung der Niederschrift über die Verhandlung am 3. Mai 2005 gegen § 14 Abs. 4 AVG verstoßen worden. Der Beschwerdeführer weist auch zutreffend darauf hin, dass die Verhandlungsschrift nicht gemäß § 14 Abs. 2 Z. 3 AVG vom Leiter der Amtshandlung im Sinne des § 18 Abs. 2 AVG beurkundet wurde

Es ist dem Beschwerdeführer daher Recht zu geben, dass die vorliegende Niederschrift über die Verhandlung keinen vollen Beweis im Sinne des § 15 AVG über den Verlauf und den Gegenstand der Verhandlung liefert, da es sich nicht um eine gemäß § 14 leg. cit. aufgenommene Niederschrift handelt. In diesem Fall ist gemäß § 15 AVG der Gegenbeweis der Unrichtigkeit des bezeugten Vorganges zulässig. Das vom Beschwerdeführer erwähnte, von ihm in Auftrag gegebene Gutachten seines Vertreters Arch.

DDipl. Ing. Dr. H.H. liegt im Akt mit dem Eingangsvermerk 3. Mai 2005 (also dem Tag der Verhandlung) ein.

Ist aber die Niederschrift über eine Verhandlung mangelhaft, obliegt es nicht der Partei, den Gegenbeweis über den Inhalt einer Amtshandlung zu führen, vielmehr hat in diesem Fall die Behörde durch geeignete Ermittlungen den Beweis über den Inhalt der Amtshandlung (hier der Verhandlung, insbesondere über allfällige Einwendungen des Beschwerdeführers) selbst aufzunehmen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 1992, Zl. 92/06/0137). Im vorliegenden Fall ist es nicht auszuschließen, dass auf der Grundlage des offensichtlich in der Verhandlung aufliegenden Gutachtens der Sachverständige des Beschwerdeführers für diesen Einwendungen hinsichtlich Lärm, Geruch und Immissionen erhoben hat. Im zweiten Rechtsgang wird durch die Aufsichtsbehörde oder die Gemeindebehörde durch Einvernahme der Verhandlungsteilnehmer zu klären sein, was der Sachverständige alles in der Verhandlung gesagt bzw. was er vorgelegt hat.

Da die belangte Behörde diesen wesentlichen Verfahrensmangel nicht aufgegriffen hat, erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig und war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Es wird weiters darauf hingewiesen, dass § 43 Abs. 2 Z. 5 Stmk. BauG nach der hg. Judikatur (vgl. das Erkenntnis vom 21. Februar 2007, Zl. 2005/06/0277) auch für bauliche Anlagen auf Grundstücken zur Anwendung kommt, die mit einer Widmungskategorie versehen sind, für die nach den anerkannten Richtlinien für die Lärmbeurteilung kein Widmungsmaß bestimmt wurde.

Weiters ist darauf hinzuweisen, dass bei der Immissionsbeurteilung im Baurecht die Widmung des Baugrundstückes und die Grundgrenze des Baugrundstückes maßgeblich sind (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 25. März 1999, Zl. 97/06/0214 - zu den Sbg. Bauvorschriften -, und vom 31. Jänner 2002, Zl. 2000/06/0081).

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Mehrbegehren wird abgewiesen, weil in den in der genannten Verordnung enthaltenen Pauschbeträgen Umsatzsteuer mitenthalten ist.

Wien, am 25. September 2007

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