VwGH 2005/08/0008

VwGH2005/08/000815.3.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des J in L, vertreten durch Dr. Helmut Valenta und Dr. Gerhard Gfrerer, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Schillerstraße 4, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich vom 23. November 2004, Zl. LGSOÖ/Abt.4/1284/2086/2004-11, betreffend Anspruch auf Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Normen

AlVG 1977 §7;
AVG §56;
AVG §58 Abs2;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
AlVG 1977 §7;
AVG §56;
AVG §58 Abs2;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 8. Juni 2004 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld. Im Akt befindet sich eine "Arbeitsbescheinigung" der X GmbH vom 29. Juni 2004, wonach der Beschwerdeführer vom 1. Oktober 2003 bis 7. Juni 2004 als Geschäftsführer dieser GmbH beschäftigt gewesen sei. Das Dienstverhältnis sei durch Entlassung beendet worden, der Entgeltanspruch habe mit 9. Juni 2004 geendet.

Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vom 29. September 2004 wurde dem Antrag gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 in Verbindung mit § 12 AlVG "mangels Arbeitslosigkeit keine Folge gegeben". Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer vertrete laut Firmenbuch die X GmbH "laufend als handelsrechtlicher Geschäftsführer" und sei daher nicht arbeitslos.

Der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid "nicht stattgegeben". Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, im Zuge der Bearbeitung des Antrages des Beschwerdeführers sei festgestellt worden, dass er "laufend als Geschäftsführer" der X GmbH aufscheine. Das mittlerweile zur Anweisung gebrachte Arbeitslosengeld sei daher mangels Arbeitslosigkeit nicht ausbezahlt worden. Gleichzeitig mit der Anweisung sei automatisch eine (bloße) "Mitteilung" zugeschickt worden, in der die vorläufige Anspruchsdauer und Anspruchshöhe angeführt seien. Der Beschwerdeführer habe am 27. September 2004 einen notariell beglaubigten Gesellschafterbeschluss vom 9. August 2004 vorgelegt. Demnach sei unter Punkt 2. beschlossen worden, dass der Beschwerdeführer als bisheriger Geschäftsführer einvernehmlich mit sofortiger Wirkung seiner Funktion enthoben werde. Das Arbeitslosengeld sei dem Beschwerdeführer daher ab 10. August 2004 angewiesen worden. Sei eine Person sowohl Geschäftsführer einer GmbH als auch deren Arbeitnehmer, sei das Beschäftigungsverhältnis selbst bei Kündigung des Arbeitsvertrages so lange nicht beendet und der Arbeitnehmer somit nicht arbeitslos, als er noch Geschäftsführer der Gesellschaft sei. Die Tätigkeit als handelsrechtlicher Geschäftsführer werde erst durch die Abberufung durch die Gesellschafter oder den Rücktritt (spätestens mit der Löschung der Geschäftsführerfunktion im Firmenbuch) beendet. Mit der im Gesetz oder im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Mehrheit könne ein Geschäftsführer von seiner Funktion abberufen werden. Entscheidend sei der Zugang des Beschlusses an den Geschäftsführer. Im vorliegenden Fall sei der Beschwerdeführer durch einen Beschluss der Gesellschafter abberufen worden. Er sei bei der Beschlussfassung am 9. August 2004 anwesend gewesen, weshalb der Zugang an diesem Tag erfolgt sei. Arbeitslosigkeit bestehe somit ab 10. August 2004. Das Arbeitslosengeld sei dem Beschwerdeführer ab diesem Zeitpunkt angewiesen worden. Für die Zeit vom 8. Juni 2004 bzw. 10. Juni 2004 (Ende des Entgeltanspruches am 9. Juni 2004) bestehe daher jedenfalls kein Leistungsanspruch, da der Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt noch nicht arbeitslos gewesen sei. Arbeitslosigkeit liege erst ab 10. August 2004 vor. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld vom 8. Juni 2004 sei daher zu Recht abgelehnt worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung ausgeführt, dass die "Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses" und damit Arbeitslosigkeit im Sinne des § 12 Abs. 1 AlVG jedenfalls voraussetzt, dass der Vertrag und die beiderseitigen Hauptpflichten aus dem versicherungspflichtigen anwartschaftsbegründenden Beschäftigungsverhältnis erloschen sind. Der bloße Umstand, dass das Anstellungsverhältnis eines Geschäftsführers - bei Fortdauer seiner Organstellung - endet, bedeutet noch keinen Entfall der Hauptleistungspflicht des Geschäftsführers (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 4. August 2004, Zl. 2001/08/0068, mwN).

Der Auffassung der belangten Behörde, durch die Beendigung des Dienstverhältnisses des Beschwerdeführers zur X GmbH sei es noch zu keiner Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses des Beschwerdeführers im Sinne des § 12 Abs. 1 AlVG gekommen, kann daher nicht mit Erfolg entgegen getreten werden. Dennoch erweist sich der angefochtene Bescheid aus folgenden Gründen als rechtswidrig:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vom 29. September 2004 nicht stattgegeben. Die belangte Behörde hat daher einen diesem Bescheid inhaltsgleichen Bescheid erlassen (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I, 2. Auflage, S 1301 unter E 312 ff wiedergegebene hg. Rechtsprechung).

Somit liegt auf Grund des Spruches des Bescheides eine zeitraumbezogene Entscheidung mit einem datumsmäßig nicht befristeten, also in die Zukunft offenen Abspruch vor, dass nämlich dem Beschwerdeführer mangels Arbeitslosigkeit kein Arbeitslosengeld zuerkannt wird. Die Wirkung eines solchen Bescheides umfasst die Zeit bis zu seiner Erlassung sowie darüber hinaus die Zeit bis zu einer Änderung der Sach- und Rechtslage (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 14. Mai 2003, Zl. 2000/08/0072, mwN).

Der Berufungsbescheid datiert vom 23. November 2004 und wurde nach dem Beschwerdevorbringen am 29. November 2004 zugestellt. Zu dieser Zeit ist aber, wie sich auch aus der Bescheidbegründung ergibt, auf Grund des Beschlusses der Gesellschafter vom 9. August 2004 bereits Arbeitslosigkeit des Beschwerdeführers vorgelegen. Diese Änderung der Sachlage zwischen der Antragstellung und der Erlassung des nunmehr angefochtenen Bescheides hätte die belangte Behörde im Spruch zu berücksichtigen gehabt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. September 1998, Zl. 98/08/0054). Eine Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides ohne Festlegung des Zeitraumes, für den kein Arbeitslosengeld gebührt, im Bescheidspruch war der belangten Behörde im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides hingegen verwehrt. Ein entsprechender Hinweis in der Begründung genügt nicht.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 15. März 2005

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