Normen
AVG §56;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §60;
AVG §68 Abs1;
AVG §68 Abs2;
AVG §68 Abs3;
BauRallg;
B-VG Art119a Abs5;
GdO NÖ 1973 §61 Abs4;
VwGG §34 Abs1 impl;
VwRallg;
AVG §56;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §60;
AVG §68 Abs1;
AVG §68 Abs2;
AVG §68 Abs3;
BauRallg;
B-VG Art119a Abs5;
GdO NÖ 1973 §61 Abs4;
VwGG §34 Abs1 impl;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 381,90 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 13. August 2002 wurde die Auflage Nr. 5 des Bescheides des Bürgermeisters vom 1. März 1973, mit dem den Beschwerdeführern eine Baubewilligung erteilt worden war, gemäß § 68 Abs. 2 AVG aufgehoben. Diese Auflage lautete:
"Die Niederschlagswässer dürfen nicht in die Straßenkanalisation eingeleitet werden, sie sind auf der eigenen Liegenschaft zur Versickerung zu bringen".
Begründend wurde ausgeführt, die Aufhebung der Auflage verschlechtere die Rechtsstellung des Inhabers der seinerzeitigen Baubewilligung nicht. Auch werde dadurch nicht in die Rechte von Nachbarn eingegriffen. Nachdem im Bereich der "Marienhöhe" die Gefahr von Erdeinbrüchen durch Ausschwemmungen unterirdischer gipshältiger Erdschichten bestehe, sei von geologischen Sachverständigen empfohlen worden, die Versickerung von Dachwässern zu unterbinden.
Die Beschwerdeführer erhoben gegen diesen Bescheid Berufung.
Mit Schreiben der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 22. Oktober 2002 wurde den Beschwerdeführern mitgeteilt, dass der Gemeindevorstand beabsichtige, der Berufung keine Folge zu geben. Ausgeführt wurde ferner, am 17. November 1993 sei es im Bereich "Marienhöhe" zu einem ersten Erdeinbruch gekommen, dem weitere Erdeinbrüche am 7. Juli 1997 und am 3. Dezember 1997 gefolgt seien. Nach dem Gutachten von Dr. W., Mag. S. und Dr. H. vom 28. September 2000 bestehe die Ursache für die Erdeinbrüche in Hohlräumen im Untergrund, die auf die lösende Kraft des Wassers zurückzuführen seien. Als Maßnahme zur Verhinderung weiterer Erdeinbrüche empfehle das Gutachten, sämtliche konzentrierten Wasserimmissionsstellen (wie Regenwasserversickerungen, Kanalsysteme) so zu sanieren bzw. auszugestalten, dass auch künftig keine vermeidbaren Hohlraumbildungen verursacht werden könnten. Somit erhöhe eine Versickerung der Niederschlagswässer die Gefahr weiterer Erdeinbrüche. Durch einen Entfall der Versickerung der Niederschlagswässer werde hingegen die Gefahr weiterer Erdeinbrüche reduziert.
Dazu gaben die Beschwerdeführer eine Stellungnahme vom 8. November 2002 ab.
Aus dem oben zitierten, im Akt befindlichen Gutachten vom 28. September 2000 geht hervor, dass bei drei Bohrungen im Bereich "Marienhöhe" Gipsvorkommen und Hohlräume festgestellt worden seien. Die räumliche Erstreckung des gesamten Gipskörpers unter der Siedlung "Marienhöhe" sei nicht bekannt, weshalb weiterführende Angaben über das geotechnische Risiko nicht getätigt werden könnten. Sofern es nicht gelinge, die Hohlräume im gesamten Gipskörper zu orten und möglichst vollständig zu verfüllen, verbleibe ein nicht kalkulierbares Restrisiko. Aus geotechnischer Sicht werde daher dringend empfohlen, durch Vertikalbohrungen in einem ausreichenden Raster den Gipskörper regional einzugrenzen. Auslösendes Moment für die Hohlraumbildung sei die lösende Wirkung des Wassers. Aus diesem Grunde werde dringend vorgeschlagen, sämtliche konzentrierten Wasserimmissionsstellen (wie Regenwasserversickerungen, Kanalsysteme) so zu sanieren bzw. auszugestalten, dass auch künftig keine vermeidbaren Hohlraumbildungen verursacht werden könnten. Bei künftigen Bauvorhaben sei eine entsprechende Baugrunduntersuchung dringend geboten.
Der Amtssachverständige Mag. S. (der auch am Gutachten vom 28. September 2000 mitgewirkt hatte) nahm in einer weiteren gutächtlichen Äußerung vom 21. Dezember 2001 auf Grund der bereits eingetretenen Schadensfälle im Bereich der "Marienhöhe", weiters auf Grund der Untersuchungen und der örtlichen geologischen Verhältnisse eine Abgrenzung des betroffenen Gebietes vor. Er schloss aber nicht aus, dass auch außerhalb dieser Fläche ähnliche Verhältnisse vorliegen könnten. Im Übrigen legte der Amtssachverständige dar, einer der wesentlichsten Faktoren für Gipslösungsvorgänge sei neben dem Vorhandensein von Gips die Zufuhr von Wasser. Zwar führten auch natürlich vorhandene Wässer im Untergrund zu Gipslösungen, weshalb nicht verbindlich vorhergesagt werden könne, wo eventuell neue Erdeinbrüche auftreten. Versickerungen von Dachwässern in den Untergrund seien in diesen Bereichen aber jedenfalls eine bedeutende zusätzliche Gefährdung und deshalb zu vermeiden bzw. abzustellen.
Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 17. September 2003 wurde die Berufung der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen. In der Bescheidbegründung wurde im Wesentlichen dargelegt, die Aufhebung der Auflage würde die Beschwerdeführer zu keiner bestimmten Behandlung der Niederschlagswässer zwingen. Sie würden lediglich ihrer Verpflichtung entbunden, diese Niederschlagswässer versickern zu lassen. An der Zulässigkeit der Heranziehung des § 68 Abs. 2 AVG ändere auch der Umstand nichts, dass der Gemeinderat im Sommer 2002 eine ortspolizeiliche Verordnung erlassen habe, derzufolge die Versickerung der Niederschlagswässer im Bereich "Marienhöhe", und somit auch auf dem Grundstück der Beschwerdeführer, verboten sei. Des Weiteren berief sich die Berufungsbehörde darauf, im Sinne des Gesetzes tätig zu werden, und wies auf die oben genannten Erdeinbrüche und das bereits erwähnte Gutachten hin.
Die Beschwerdeführer erhoben gegen diesen Bescheid Vorstellung.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Vorstellung der Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 17. September 2003 als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, da die Beschwerdeführer durch die Aufhebung der gegenständlichen Auflage auf Grund der ortspolizeilichen Verordnung und auf Grund des § 62 Abs. 3 der Niederösterreichischen Bauordnung 1996 dazu verpflichtet wären, die Niederschlagswässer in das örtliche Kanalsystem einzuleiten oder in einer dichten Sickergrube, Zisterne oder dgl. zu sammeln, würden ihnen Aufwendungen entstehen und dadurch ihre Rechtslage verschlechtert. Die Heranziehung des § 68 Abs. 2 AVG sei daher nicht zulässig. Dennoch sei die Aufhebung der gegenständlichen Auflage zulässig, da es ausreiche, dass der Spruch eines Bescheides in der Rechtsordnung insgesamt durch eine Rechtsgrundlage gedeckt sei. Im gegenständlichen Verfahren komme diesbezüglich § 68 Abs. 3 AVG in Frage. Aus den Gutachten vom 28. September 2000 und vom 21. Dezember 2001 gehe hervor, dass im gegenständlichen Bereich weitere Erdfälle sehr wahrscheinlich seien, wobei auf Grund der vorhandenen Wässer zwar nicht verbindlich vorhergesagt werden könne, wo es zu weiteren Erdeinbrüchen kommen würde, aber die Versickerung von Dachwässern in den Untergrund oder konzentrierte Wasserimmissionsstellen stellten bedeutende zusätzliche Gefährdungen im Hinblick auf derartige (vermeidbare) Erdeinbrüche dar. Durch die beiden Gutachten sei für die belangte Behörde schlüssig und nachvollziehbar festgestellt worden, dass die Gefahr von Erdeinbrüchen im abgegrenzten Bereich durch konzentrierte Wasserimmissionsstellen nicht nur gegeben sei, sondern auch erhöht werde. Damit liege eine konkrete vermeidbare Gefährdung durch das Einhalten der gegenständlichen Auflage vor. Die Erdeinbrüche würden, beispielsweise durch das Herabfallen von Ziegeln oder Einbrechen in einen Hohlraum, zumindest die Gesundheit von Menschen gefährden. Die Voraussetzungen des § 68 Abs. 3 AVG seien daher erfüllt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Unzuständigkeit der Behörde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen. Die mitbeteiligte Marktgemeinde beantragte in einer Gegenschrift ebenfalls die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Die Beschwerdeführer replizierten auf die Gegenschrift der mitbeteiligten Partei und wiesen auf deren Verspätung hin.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführer legen in ihrer Beschwerde die Geschichte des Gipsabbaues in der gegenständlichen Region dar und führen unter anderem aus, dass es im Bereich der "Marienhöhe" zu Erdeinbrüchen mit verheerenden Folgen für die in diesem Gebiet befindlichen Eigentümer von Liegenschaften und die darauf befindlichen Häuser gekommen sei, weshalb der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde den Bescheid vom 13. August 2002 erlassen habe. Die vermehrten, teilweise metertiefen Erdeinbrüche der letzten Jahre hätten offenkundig damit zu tun, dass bis zur vorigen Jahrhundertwende in diesem Ortsteil über mehr als 30 Jahre Gipsabbau betrieben worden sei. Zusätzlich seien die Erdeinbrüche auch auf das jahrelange Versickern von Niederschlagswässern, wodurch neue unterirdische Hohlräume entstanden seien, zurückzuführen. Laut gutächtlicher Stellungnahme von Dr. W. in der Gemeinderatssitzung vom 23. März 1999 sei ein Liter Wasser in der Lage, ein Volumen von 360 kg Gips pro Tag aufzulösen. Der Erdeinbruch vom 17. November 1993 habe einen Krater mit einem Durchmesser von ca. 10 m, der an der tiefsten Stelle ca. 2,5 m tief gewesen sei, zur Folge gehabt. Der damalige Leiter der Baubehörde, Ing. S., habe den Erdeinbruch auf das jahrlange Versickern von Niederschlagswässern zurückgeführt. In einem Schreiben vom November 1993 habe Prof. W. den Bürgermeister darauf hingewiesen, dass auf Grund der katastrophalen Auswirkungen derzeit nicht auszuschließender weiterer Tagbrüche im Bereich der Wohnhäuser raschester Handlungsbedarf bestehe. Mit dem Gutachten aus dem Jahr 2001 sei eindeutig das Vorhandensein von Stollen und somit ein unterirdischer Gipsabbau bewiesen worden und immer deutlicher geworden, dass die auf Grund der Baubescheide jahrelang praktizierte Versickerung der Niederschläge zu einem Zusammenspiel von Gips und Wasser im Untergrund und somit zu weiteren Hohlraumbildungen geführt habe und nach wie vor führe. Dennoch seien seitens der Gemeinde keine wirkungsvollen Maßnahmen gegen das Entstehen weiterer unterirdischer Hohlräume, weiterer Einbrüche und daraus resultierender Schäden gesetzt worden. Die Umwidmung im Jahr 1969 hätte nicht stattfinden dürfen, weiters hätte die Baubewilligung 1983 nicht ohne vorherige Untersuchung der geologischen Verhältnisse erteilt werden dürfen und außerdem hätte in den Baubewilligungen, die seit 1983 laufend erteilt worden seien, das Versickern von Dach- bzw. Oberflächenwässern auf eigenem Grund nicht vorgeschrieben werden dürfen. Des Weiteren wird in der Beschwerde im Wesentlichen ausgeführt, der Baubewilligungsbescheid des Bürgermeisters vom 1. März 1973 hätte ausschließlich durch den Gemeindevorstand als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde abgeändert oder aufgehoben werden dürfen. Dies würde sowohl gemäß § 68 Abs. 2 AVG als auch gemäß § 68 Abs. 3 AVG gelten. Da aber die Gemeindebehörden ihren Bescheid ausschließlich auf § 68 Abs. 2 AVG gestützt hätten, sei die nunmehr vorgenommene Abänderung des Baubewilligungsbescheides gemäß § 68 Abs. 3 AVG einzig und allein durch den in Beschwerde gezogenen Bescheid der belangten Behörde bewirkt worden. Damit sei die gesetzliche Zuständigkeit verletzt worden. Daran ändere es auch nichts, dass mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde lediglich die von den Beschwerdeführern eingebrachte Vorstellung abgewiesen worden und der Spruch des Bescheides des Gemeindevorstandes aufrecht geblieben sei, da dieser (ebenso wie der erstinstanzliche Bescheid des Bürgermeisters) ausdrücklich § 68 Abs. 2 AVG als Rechtsgrundlage anführe. Letztlich stünde dann der Spruch im Widerspruch zur Bescheidbegründung der belangten Behörde. Auf Grund der Vorgangsweise der belangten Behörde seien die Beschwerdeführer auch an einer ordentlichen Rechtsverfolgung und an einer zielgerichteten Ausführung ihrer Rechtsmittel gehindert worden. Gemäß § 68 Abs. 3 AVG sei im Übrigen unter möglichster Schonung erworbener Rechte vorzugehen, was einen sogenannten "Lastenvergleich" erfordere. Die belangte Behörde habe aber diesbezüglich keine Feststellungen getroffen und es unterlassen, widerstreitende Interessen gegeneinander abzuwägen. Selbst die im Rahmen der von den Beschwerdeführern erhobenen Berufung bzw. Vorstellung dargelegten Interessen, dass es ihnen vordergründig nicht um die Verpflichtung zum Anschluss an das Kanalsystem selbst gehe, da ihnen die Tatsache, dass eine weitere Versickerung von Niederschlagswässern die Gefahr zukünftiger Erdeinbrüche drastisch erhöhe, selbstverständlich bewusst sei, sondern darum, die im Zusammenhang mit dem Kanalanschluss erwachsenden erheblichen Kosten nicht selbst tragen zu müssen, seien nicht gewürdigt worden. Die Beschwerdeführer seien daher in ihrem Recht auf Wahrung des Parteiengehörs verletzt, da ihnen die Möglichkeit genommen worden sei, ihre - insbesondere finanziellen -
Interessen im Verfahren darzulegen, sodass die Behörde in der Folge unter ausreichender Berücksichtigung dieser Interessen eine andere Regelung als die bloße Aufhebung der gegenständlichen Auflage hätte treffen können. Die Kosten für den Kanalanschluss und die dazu erforderliche Adaptierung des Hauses selbst seien keinesfalls tragbar. Im Rahmen des "Lastenvergleiches" hätte die belangte Behörde folglich zu dem Schluss kommen müssen, dass sämtliche Kosten, die den Beschwerdeführern auf Grund der Herstellung des Kanalanschlusses entstünden, zur Gänze von der mitbeteiligten Marktgemeinde zu ersetzen seien. Durch die ungerechtfertigte Belastung mit den Kosten des Kanalanschlusses seien die Beschwerdeführer in ihren subjektiven Rechten verletzt worden. Festzuhalten sei weiters, dass - nicht zuletzt auf Grund des Umstandes, dass den Beschwerdeführern von der belangten Behörde keine Möglichkeit geboten worden sei, zu einer Änderung des ursprünglichen Baubewilligungsbescheides gemäß § 68 Abs. 3 AVG Stellung zu nehmen - von der belangten Behörde völlig außer Acht gelassen worden sei, dass jene Sachverständigen, auf deren Gutachten sie sich berufe, in Wahrheit nicht von einer konkreten Gefahr ausgingen. So hätten die Sachverständigen Mag. S. und Dr. W. im Rahmen eines Expertengespräches "Marienhöhe" am 25. November 2004 in Bezug auf die Frage, ob auf Gips gebaut werden könne, erklärt, Gips sei an und für sich ein festes Gestein; die Kombination von Gips mit Wasser könne aber Probleme aufwerfen, wie es sich bei den aufgetretenen Erdfällen in den Jahren 1993 und 1997 gezeigt habe; eine potenzielle Gefährdung sei sicherlich gegeben, da die beiden Vorfälle passiert seien, wobei man nicht wisse, ob so etwas wieder eintreten könne; eine akute Gefahr liege jedoch nicht vor; Gefahr im Verzug sei sicherlich nicht gegeben; ein Nullrisiko gebe es nicht, dazwischen aber eine gewaltige Bandbreite; die Aufgabe, die hier gelöst werden müsse, sei, das Restrisiko auf ein möglichst geringes Maß herabzusetzen; wenn man über einem derartigen geologischen Untergrund bauen möchte, gebe es sehr wohl bauliche Maßnahmen und solche, die Folgeschäden auf Grund von Hohlräumen reduzieren könnten; für die Bebauung sei daher ein entsprechendes Baugrundgutachten vom Bodenmechaniker, der über die örtliche Baugrundproblematik informiert sein sollte, erforderlich; wenn die Bebaubarkeit attestiert würde, dann hätte der Bodenmechaniker auch die Verantwortung übernommen, auf die man vertrauen könne. Aus diesen Darlegungen der Sachverständigen ergebe sich nach Ansicht der Beschwerdeführer, dass eine konkrete Gefährdung nicht vorliege. Vielmehr besagten die von der belangten Behörde zitierten Sachverständigengutachten lediglich, dass durch das weitere Versickern von Niederschlagswässern die Gefahr weiterer Erdrutsche erhöht werde, wobei bereits im Sachverständigengutachten selbst eingeschränkt werde, dass nicht verbindlich vorhergesagt werden könne, wo eventuell neue Erdfälle auftreten könnten. Da weder die Voraussetzungen des § 68 Abs. 2 AVG noch jene des § 68 Abs. 3 AVG vorlägen, stünde schließlich der Aufhebung der Auflage entschiedene Sache entgegen.
Gemäß Art. 119a Abs. 5 zweiter Satz B-VG hat die Vorstellungsbehörde den Bescheid der Gemeinde, wenn Rechte des Einschreiters durch ihn verletzt werden, aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zu verweisen. Eine gleichlautende Regelung enthält § 61 Abs. 4 NÖ Gemeindeordnung 1973.
Vorstellungen sind daher abzuweisen, wenn subjektive Rechte des Einschreiters durch den angefochtenen Bescheid der Gemeinde nicht verletzt werden. Eine objektive Rechtsverletzung ist irrelevant (vgl. Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht, 8. Auflage, Rz 565 mwN).
Die belangte Behörde ist zu dem Schluss gekommen, dass im vorliegenden Fall die Voraussetzungen des § 68 Abs. 2 AVG nicht erfüllt sind. Der Gemeindevorstand hat die Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters abgewiesen, sich selbst bei seiner Entscheidung ausdrücklich auf § 68 Abs. 2 AVG gestützt und dies auch in der Bescheidbegründung untermauert. In der Bescheidbegründung hat der Gemeindevorstand (im Hinblick auf ein Ermessen im Sinne des § 68 Abs. 2 AVG) allerdings auch auf die stattgefundenen Erdeinbrüche und darauf hingewiesen, dass nach dem Gutachten vom 29. September 2000 die Gefahr weiterer Erdeinbrüche durch das Vermeiden von Versickerungen reduziert würde.
Die Auffassung der belangten Behörde trifft zu, dass dann, wenn im Ergebnis die Aufhebung der gegenständlichen Auflage zu Recht erfolgt ist, weder die Zitierung der falschen Gesetzesstelle (vgl. dazu die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I, 2. Auflage, S. 1011 unter E 211 wiedergegebene hg. Rechtsprechung) noch der Begründungsmangel (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 20. April 1995, Zl. 93/06/0205) eine von ihr aufzugreifende Rechtswidrigkeit des Gemeindebescheides zur Folge hat. Die Beschwerdeführer können nämlich durch diese Mängel des Bescheides des Gemeindevorstandes nicht in subjektiven Rechten verletzt sein, wenn unter Bedachtnahme auf die Begründung des Bescheides des Gemeindevorstandes insgesamt eine Rechtsgrundlage für dessen Bescheidspruch vorhanden ist. Es ist in diesem Fall auch nicht von Bedeutung, wenn der Spruch des Gemeindebescheides nicht im Einklang mit der Begründung des Bescheides der belangten Behörde steht.
§ 68 Abs. 2 und 3 AVG lauten:
"(2) Von Amts wegen können Bescheide, aus denen niemandem ein Recht erwachsen ist, sowohl von der Behörde oder vom unabhängigen Verwaltungssenat, die oder der den Bescheid erlassen hat, als auch in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden.
(3) Andere Bescheide kann in Wahrung des öffentlichen Wohles die Behörde, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat, wenn ein unabhängiger Verwaltungssenat entschieden hat, dieser, oder die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde insoweit abändern, als dies zur Beseitigung von das Leben oder die Gesundheit von Menschen gefährdenden Mißständen oder zur Abwehr schwerer volkswirtschaftlicher Schädigungen notwendig und unvermeidlich ist. In allen Fällen hat die Behörde mit möglichster Schonung erworbener Rechte vorzugehen."
Die Beschwerdeführer bestreiten nicht, dass der seinerzeitige Baubewilligungsbescheid, mit dem die gegenständliche Auflage erteilt worden ist, vom Bürgermeister erlassen worden und rechtskräftig geworden ist. Damit war aber der Bürgermeister auch im Sinne des § 68 Abs. 3 AVG zuständig, die gegenständliche Auflage aufzuheben. Dies gilt ebenso für § 68 Abs. 2 AVG, da eine Einschränkung, dass nur die unmittelbar übergeordnete Oberbehörde einschreiten dürfe, in dieser Bestimmung nicht enthalten ist (vgl. die bei Walter/Thienel, a.a.O., S. 1443 f unter E 247 wiedergegebene hg. Rechtsprechung). Anderes kann auch den Bemerkungen von Walter/Thienel, a.a.O., S. 1395 FN 15, auf die sich die Beschwerdeführer berufen, nicht entnommen werden. Dort wird ausgeführt, dass die Behörde, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat, zuständig ist, und zwar deshalb, weil der Bescheid der Unterinstanz allein schon durch die oberinstanzliche Sachentscheidung irrelevant geworden ist. Im vorliegenden Fall ist es aber unstrittig, dass der seinerzeitige Baubewilligungsbescheid des Bürgermeisters in Rechtskraft erwachsen ist.
Die belangte Behörde hat schließlich mit dem Spruch ihres Bescheides lediglich die Vorstellung der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen. Sie hat damit entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer ihren Zuständigkeitsbereich nicht überschritten, insbesondere hat sich nicht selbst eine Abänderung des seinerzeitigen Baubewilligungsbescheides vorgenommen.
Es kann dahingestellt bleiben, ob im vorliegenden Fall § 68 Abs. 2 AVG hätte herangezogen werden können. Aus folgenden Gründen erweist es sich nämlich als zutreffend, dass die Voraussetzungen des § 68 Abs. 3 AVG erfüllt sind und die belangte Behörde somit ihren Bescheid im Sinne der obigen Ausführungen auch nicht mit Rechtswidrigkeit belastet hat, indem sie davon ausgegangen ist, dass nicht § 68 Abs. 2 AVG, sondern § 68 Abs. 3 AVG als Rechtsgrundlage heranzuziehen ist:
Im vorliegenden Fall ist es, wie die Beschwerdeführer selbst ausführen, zu vermehrten, teilweise metertiefen Erdeinbrüchen gekommen, die verheerende Folgen für die Eigentümer von Liegenschaften und die darauf befindlichen Häuser gehabt haben. Die Beschwerdeführer räumen selbst ein, dass das Vorhandensein von Gips und die Auflösung von Gips insbesondere auch durch das jahrelange Versickern von Niederschlagswässern ursächlich für diese Einbrüche gewesen sind. Diese Auffassung der Beschwerdeführer deckt sich auch mit der Aktenlage, insbesondere mit den oben genannten Gutachten. In einem derartigen Fall besteht aber eine konkrete Gefährdung und nicht bloß eine allgemeine Gefahr, die nach allgemeiner Erfahrung nicht ausgeschlossen werden kann. Bei einer derartigen konkreten Gefährdung kommt die Anwendung des § 68 Abs. 3 AVG in Betracht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 1994, Zl. 90/06/0221).
Soweit die Beschwerdeführer die Aussagen der Sachverständigen bei einem Expertengespräch am 25. November 2004 ins Treffen führen, ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführer selbst ausführen, dass diese zur Frage, "ob auf Gips gebaut werden" könne, gemacht worden sind. Sie können daher die Auffassung der Beschwerdeführer, dass durch die Versickerung keine konkrete Gefährdung vorliege, nicht stützen. Abgesehen davon genügt eine konkrete Gefährdung, dass diese ein bestimmtes Maß an Akutheit erreicht haben bzw. bereits Gefahr im Verzug vorliegen muss, ist für die Anwendbarkeit des § 68 Abs. 3 AVG nicht notwendig.
Soweit sich die Beschwerdeführer darauf berufen, dass sie nicht in der Lage gewesen wären, ihre Rechtsmittel zielgerichtet auszuführen, weil die belangte Behörde § 68 Abs. 3 AVG herangezogen habe, legen sie die Relevanz dieses Verfahrensmangels nicht dar. Insbesondere ist aus den Beschwerdeausführungen selbst zu entnehmen, dass sie die konkrete Gefährdung im soeben genannten Sinn keineswegs bestreiten, ebenso wenig den Umstand, dass die Versickerung für diese kausal ist.
Die Beschwerdeführer machen zwar geltend, dass die belangte Behörde bei ausreichender Berücksichtigung ihrer Interessen zu dem Ergebnis hätte kommen müssen, dass eine andere Regelung als die bloße Aufhebung der gegenständlichen Auflage zu treffen gewesen wäre. Welche Alternative aber in Frage kommt, die vorliegende Gefährdung anders als durch eine Aufhebung des Gebotes, Niederschlagswässer versickern zu lassen, zu beseitigen, zeigen die Beschwerdeführer nicht auf. Eine solche Alternative ist auch nicht ersichtlich. Tauglich wäre eine andere Lösung außerdem nur, wenn sie zum Ziel führt. Nur im Zusammenhang mit einer solchen Alternative käme ein von den Beschwerdeführern angesprochener "Lastenvergleich" in Frage (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 17. Februar 1994). Liegen aber keine zielführenden Alternativen zur Abwendung der Gefährdung vor, dann scheidet eine Abwägung hinsichtlich der möglichsten Schonung erworbener Rechte der Beschwerdeführer aus (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. April 1993, Zl. 93/05/0007).
Im Hinblick darauf geht auch das Vorbringen der Beschwerdeführer betreffend die Kosten der Herstellung des Kanalanschlusses ins Leere, und eine Relevanz des Verfahrensmangels, dass ihnen diesbezüglich kein Parteiengehör gewährt worden ist, scheidet aus. Bemerkt wird, dass die tatsächliche künftige Behandlung der Niederschlagswässer nicht Gegenstand des Verfahrens ist, geht es doch lediglich um die Vermeidung der vorliegenden konkreten Gefährdung. Auf die Rechtmäßigkeit des Bescheides der belangten Behörde hat es daher keinen Einfluss, ob überhaupt ein Kanalanschluss herzustellen ist und ob die Beschwerdeführer die Kosten für einen solchen Kanalanschluss im Ergebnis selbst tragen müssen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Im Hinblick auf § 59 Abs. 3 dritter Satz VwGG genügt es, wenn bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zumindest ein allgemeiner Antrag auf Zuerkennung von Aufwandersatz gestellt wird, damit die Pauschalbeträge für Schriftsatzaufwand, Vorlageaufwand und Verhandlungsaufwand sowie die tatsächlich entrichteten Stempelgebühren im gebührenden Ausmaß zuzusprechen sind. Eines Antrages innerhalb der im § 59 Abs. 2 VwGG genannten Frist bedarf es in diesen Fällen nicht (vgl. den hg. Beschluss vom 22. Jänner 1974, Slg. Nr. 4633/F).
Wien, am 31. Jänner 2006
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