VwGH 2005/04/0301

VwGH2005/04/030122.4.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde der R AG, vertreten durch Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH in 1220 Wien, Wagramer Straße 19 (IZD Tower), gegen den Bescheid der Energie-Control Kommission vom 11. November 2005, GZ K SNT G 031/04, betreffend Auskunftserteilung und Akteneinsicht, zu Recht erkannt:

Normen

AuskunftspflichtG 1987 §1 Abs1;
AVG §17;
AVG §37;
AVG §45 Abs3;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
B-VG Art20 Abs3;
Energie-RegulierungsbehördenG 2002 §16 Abs1 Z13;
GWG 2000 §23;
GWG 2000 §23a;
GWG 2000 §23d;
AuskunftspflichtG 1987 §1 Abs1;
AVG §17;
AVG §37;
AVG §45 Abs3;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
B-VG Art20 Abs3;
Energie-RegulierungsbehördenG 2002 §16 Abs1 Z13;
GWG 2000 §23;
GWG 2000 §23a;
GWG 2000 §23d;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird, soweit damit der Antrag der Beschwerdeführerin auf Auskunftserteilung abgewiesen wurde, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Am 29. September 2005 (wörtlich wiederholt am 5. Oktober 2005) stellte die Beschwerdeführerin an die belangte Behörde (auszugsweise) folgenden

"Antrag

auf Auskunft und um Fristerstreckung

...

II.

Antrag

Die (Beschwerdeführerin) stellt nachstehenden

Antrag

Die Energie-Control Kommission als für die Festsetzung von Netznutzungstarifen nach § 23d GWG iVm § 16 Abs 1 Z 13 zuständige Behörde möge im Verfahren zur Festsetzung der Gas-Systemnutzungstarife nach §§ 23 ff GWG über folgende Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskunft erteilen und die Anfertigung einer Aktenabschrift gewähren:

- sämtliche Kalkulationsgrundlagen und Unterlagen der Energie-Control Kommission für die geplante Festsetzung eines Einspeiseentgelts im Netzbereich Oberösterreich auf Netzebene 2 für Einspeiser aus inländischer Produktion.

..."

In weiterer Folge wurde der Beschwerdeführerin Akteneinsicht in den Verordnungsakt gewährt und hierüber in einem Aktenvermerk vom 4. Oktober 2005 Folgendes festgehalten (auszugsweise):

"Der Aktenauszug wird zur Einsichtnahme überreicht und dabei darauf verwiesen, dass jene Aktenbestandteile, die Geschäftsgeheimnisse der (O AG) enthalten, von der Akteneinsicht ausgenommen bleiben müssen. ...

Dr. R (rechtsfreundlicher Vertreter der Beschwerdeführerin) hält fest, dass dem Antrag auf Akteneinsicht nicht in vollem Umfang stattgegeben wird, da sich der Antrag auf Akteneinsicht auf den gesamten Akt bezieht und dieser Antrag in vollem Umfang aufrecht erhalten wird."

In einem Aktenvermerk vom 5. Oktober 2005 heißt es weiters:

"Mit Schreiben vom 29.9.2005 begehrte die

(Beschwerdeführerin) ... Einsicht in den Verordnungsakt betreffend

die Gas Systemnutzungstarife-Verordnung 2006 insoweit, als Aktenteile die Festsetzung des Einspeiseentgeltes der (Beschwerdeführerin) betreffen. Weiters begehrt die (Beschwerdeführerin) Auskunft nach dem Auskunftspflichtgesetz."

2. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 11. November 2005 hat die belangte Behörde über "die Anträge der (Beschwerdeführerin) ... vom 29. September 2005 und 5. Oktober 2005, gestützt auf §§ 23 ff GWG und § 1 Auskunftspflichtgesetz" wie folgt entschieden:

"Der Antrag auf Auskunft und die Anfertigung einer Aktenabschrift betreffend 'sämtlicher Kalkulationsgrundlagen und Unterlagen der Energie-Control Kommission für die geplante Festsetzung eines Einspeiseentgeltes für die (Beschwerdeführerin) im Netzbereich Oberösterreich auf Netzebene 2 für Einspeiser aus inländischer Produktion' wird gem. Art 20 Abs. 3 B-VG und § 4 Auskunftspflichtgesetz abgewiesen."

Begründend führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, die Beschwerdeführerin sei dazu eingeladen worden zur, im Rahmen des bei der belangten Behörde anhängigen Verfahrens zur Neufestsetzung der Gas-Systemnutzungstarife gemäß §§ 23 ff GWG geplanten Bestimmung des Einspeiseentgeltes für den Netzbereich Oberösterreich Stellung zu nehmen. Anlässlich einer Besprechung am 29. September 2005 habe die Beschwerdeführerin einen schriftlichen Antrag auf Auskunft, gestützt auf die Verfahrensanordnungen der §§ 23 ff GWG und § 1 Abs. 1 Auskunftspflichtgesetz, übergeben. Der Beschwerdeführerin sei mitgeteilt worden, dass eine uneingeschränkte Akteneinsicht nicht erfolgen könne, weil Aktenbestandteile Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der O AG enthielten und der Beschwerdeführerin auch die Möglichkeit offen stünde, bezüglich der Offenlegung von Einzeldaten an die O AG heranzutreten, ob diese der Weitergabe der Daten zustimme. Am 4. Oktober 2005 sei ein Termin für die Einsichtnahme in den Akt anberaumt gewesen. Dabei sei dem rechtsfreundlichen Vertreter der Beschwerdeführerin Einsicht in den Akt gewährt worden, allerdings bereinigt um die Dokumente, die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der O AG - wie etwa detaillierte Angaben über Anschaffungskosten, Betriebskosten, Inbetriebnahmezeitpunkte, Abschreibungsdauern und Personalkosten - enthielten. Im Rahmen dieses Einsichtnahmetermins habe die Beschwerdeführerin vorgebracht, den Antrag auf Akteneinsicht in vollem Umfang aufrecht zu erhalten. Mit Schriftsatz vom 5. Oktober 2005 habe die Beschwerdeführerin ihren Antrag vom 29. September 2005 wiederholt. Mit Schreiben vom 13. Oktober 2005 sei der Beschwerdeführerin mitgeteilt worden, dass dem Antrag auf Einsicht in den gesamten Akt nicht stattgegeben werde. Daraufhin sei eine "Erledigung des gegenständlichen Antrages per Bescheid" beantragt worden.

In der rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die Netznutzungstarife gemäß § 23 a Abs. 1 GWG von der belangten Behörde mittels Verordnung festzusetzen seien. Dabei würden die Netzbetreiber aufgefordert, so genannte Erhebungsbögen auszufüllen, anhand derer umfangreiche betriebswirtschaftliche Daten wie etwa Anschaffungskosten, Betriebskosten, Inbetriebnahmezeitpunkte, Abschreibungsdauern, Personalkosten etc. und technische Daten, etwa zur Struktur der Leitungsnetze und Abgabemengen, erhoben würden. Diese Daten würden anhand von Vor-Ort-Prüfungen überprüft und ergänzt. Die Bestimmungen des AVG über das Ermittlungsverfahren seien in diesem Verfahren nicht anzuwenden. Im Sinne einer umfassenden Sachverhaltsermittlung und aufgrund der Sonderstellung der Beschwerdeführerin, die als wirtschaftlich Betroffene in der Verordnung der Energie-Control Kommission, mit der Tarife für die Systemnutzung in der Gaswirtschaft bestimmt werden "GSNT-VO" 2004 namentlich erwähnt werde, sei eine Einladung zur Stellungnahme zur geplanten GSNT-VO-Novelle 2005 erfolgt. Dem im Rahmen dieser Stellungnahmemöglichkeit eingebrachten Antrag auf Akteneinsicht sei nur teilweise Folge geleistet und jene Aktenteile, die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der O AG enthielten, von der Akteneinsicht ausgenommen worden. Die Ausnahme jener Aktenbestandteile von der Akteneinsicht sei gerechtfertigt und geboten gewesen, weil deren Preisgabe erhebliche Wettbewerbsnachteile gegenüber den Konkurrenten der O AG bringen könne. Die im betreffenden Akt enthaltenen Schriftstücke enthielten detaillierte betriebswirtschaftliche und technische Daten. Die Interessen der Beschwerdeführerin müssten angesichts der verfassungsrechtlich angeordneten Amtsverschwiegenheit und der einfachgesetzlich statuierten Verschwiegenheitspflichten in § 61 GWG und § 28 E-RBG jedenfalls zurücktreten. Auch aus dem Blickwinkel der Auskunftspflicht nach dem Auskunftspflichtgesetz sei eine andere Beurteilung nicht geboten. Nach den Erläuterungen zum Auskunftspflichtgesetz hätten Auskünfte Wissenserklärungen zum Gegenstand, wobei ihr Gegenstand ausschließlich solche Informationen seien, die zum Zeitpunkt der Anfrage der Verwaltung bereits bekannt seien und nicht erst von der ersuchten Verwaltungseinheit zum Zweck der Erfüllung der Auskunftspflicht beschafft werden müssten. Auskunftserteilung bedeute nicht eine Gewährung der im "AVG 1950" geregelten Akteneinsicht, sondern die Weitergabe von Informationen über einen Akteninhalt, die in aller Regel nicht jene Detailliertheit an Informationen aufweisen werde, die bei der Einsicht in Akten zu gewinnen wäre. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei die Auskunftspflicht nach dem Auskunftspflichtgesetz nicht geeignet, eine Akteneinsicht durchzusetzen. Das Auskunftspflichtgesetz räume somit keinen Anspruch auf Einsicht in fremde Akten ein.

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift - sowie eine Ergänzung zu dieser Gegenschrift - mit dem Antrag die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

4. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

4.1. Nach dem eingangs dargestellten Verfahrensablauf hat die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Akteneinsicht sowie einen Antrag auf Auskunftserteilung gestellt und - nach Nichterteilung der gewünschten Auskunft - die Erlassung eines Bescheides hierüber verlangt. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde abweisend über beide Anträge abgesprochen.

Festzuhalten ist, dass ausschließlich die mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochene Verweigerung der Akteneinsicht sowie die Nichterteilung der Auskunft Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist. Auf die in der Beschwerde umfangreich vorgetragenen Einwände bezüglich der Mangelhaftigkeit bzw. mangelhaften Rechtsstaatlichkeit des Verordnungsverfahrens ist daher nicht einzugehen.

4.2. Zum Antrag auf Akteneinsicht:

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem - ebenfalls ein Verfahren hinsichtlich der Novellierung der Gas-Systemnutzungstarife-Verordnung betreffenden - Erkenntnis vom 2. Oktober 2006, V 79/03 ua, VfSlg. 17941, unter anderem auch ausgesprochen:

"Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem ... Erkenntnis vom

11. Oktober 2005 zur Strom-Systemnutzungstarifeverordnung, V133/03, ausgesprochen, dass die Bestimmungen des AVG über das Ermittlungsverfahren nicht anzuwenden sind, wenn die Tarife durch Verordnung festgesetzt werden und dass unter der 'Anhörung' der 'Parteien' gemäß §23d GWG nicht das Parteiengehör im Sinne des §45 Abs3 AVG zu verstehen sei. Auch die Bestimmungen des II. Teils, zweiter Abschnitt des AVG über die Aufnahme von Beweisen sind im Verfahren zur Festsetzung der Systemnutzungstarife durch Verordnung nicht anzuwenden. Dies gilt insbesondere für die Regelung des §52 AVG über den Sachverständigenbeweis. Die Vorwürfe, das Parteiengehör sei nicht gewährt worden und Sachverständige hätten nicht befragt werden können, gehen daher ins Leere."

Nichts anderes kann nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes für die Regelung über die Akteneinsicht gemäß § 17 AVG gelten. Diese Bestimmung ist demnach im Verfahren betreffend die Erlassung einer Verordnung gemäß §§ 23 ff GWG nicht anzuwenden. Eine dem § 17 AVG vergleichbare Bestimmung enthält das GWG nicht.

Obgleich der Antrag auf Akteneinsicht demnach mangels Anspruchsgrundlage zurückzuweisen gewesen wäre, wurde die Beschwerdeführerin durch die Abweisung des Antrages nicht in Rechten verletzt.

4.3. Zum Antrag auf Auskunftserteilung:

4.3.1. Gemäß Art. 20 Abs. 4 B-VG haben u.a. alle mit Aufgaben der Bundes-, Landes- und Gemeindeverwaltung betrauten Organe über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskünfte zu erteilen, soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht.

Grundlage der Einrichtung und Tätigkeit der belangten Behörde ist das Bundesgesetz über die Aufgaben der Regulierungsbehörden im Elektrizitäts- und Erdgasbereich und die Errichtung der Energie-Control GmbH und der Energie-Control Kommission (Energie-Regulierungsbehördengesetz - E-RBG), BGBl. I Nr. 121/2000, idF BGBl. I Nr. 148/2002. Nach § 15 Abs. 1 wird eine Energie-Control Kommission zur Erfüllung der im § 16 genannten Aufgaben eingerichtet.

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 13 E-RBG ist der Energie-Control Kommission u.a. die Bestimmung von Tarifen (§§ 23a und 23d GWG) als Aufgabe zugewiesen.

Die belangte Behörde ist daher Organ des Bundes im organisatorischen Sinn und auf Grund der ihr übertragenen hoheitlichen Aufgaben auch Bundesbehörde (vgl. dazu die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 14. Dezember 2004, V 35/04, VfSlg. 17417, Punkt II. 1. 1., sowie vom 11. Juni 2005, V 50/04, VfSlg. 17564, Punkt II. 1.1.).

Gemäß § 1 Abs. 1 Auskunftspflichtgesetz, BGBl. Nr. 287/1987, idF BGBl. I Nr. 158/1998, haben u.a. die Organe des Bundes über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskünfte zu erteilen, soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht nicht entgegensteht.

Vor diesem Hintergrund hatte die belangte Behörde bezüglich des verfahrensgegenständlichen Antrages auf Auskunftserteilung das Auskunftspflichtgesetz (des Bundes) anzuwenden.

4.3.2. Mit Schreiben vom 6. Oktober 2005 hat die Beschwerdeführerin - unter der Überschrift "Offene Fragen / Anträge" - ausgeführt:

"1. Was ist die Netzdienstleistung der (O AG) für die (Beschwerdeführerin), die durch den Einspeisetarif abgegolten wird?

2. Wird diese nicht ohnehin von den Entnehmern im Rahmen der Netznutzung abgegolten?

3. Welche Dienstleistungen wurden für die Übernahme der Niedergasproduktion einkalkuliert?

4. Was sind die Kriterien der Aufteilung der Netzkosten auf Entnehmer und Einspeiser und welche gesetzlichen Grundlagen bestehen hierfür?

  1. 5. Warum wird der Tarif nicht einspeisepunktbezogen festgelegt?
  2. 6. Welche Einspeisepunkte sind konkret betroffen?
  3. 7. Welche technischen Bedingungen für die Einspeisung sind damit verbunden?

    8. Welche Druckniveaus werden an diesen Einspeisepunkten garantiert und für wie lange?

    9. Welche Vorgehensweise wird bei Anschluss von neuen Einspeisungen gewählt?

    10. Nach welchem Verfahren / Prozedere werden nicht mehr benötigte Einspeisepunkte behandelt?

    11. Wie hoch sind die Kosten des Netzbetreibers pro Einspeisepunkt bzw. die Kosten für den Einspeiser pro Einspeisepunkt?

    12. Welche Mengen können aus diesen Einspeisepunkten eingespeist werden?

    13. Wie hoch waren die Investitionskosten der (O AG) pro Einspeisepunkt?

    14. Wie hoch sind die Betriebskosten der (O AG) pro Einspeisepunkt?

    15. Was ist die Leitungslänge des von 'Überdimensionierung' betroffenen Netzes?

    16. Wie lange ist die Abschreibdauer der Investitionen der (O AG)?

    17. Aus welchem Grund erfolgt eine mehr als Verdoppelung des Einspeisetarifs, obwohl ein Mengenrückgang erfolgt ist?

    18. Auf welcher Grundlage erfolgt eine Einspeiseentgeltfestlegung aufgrund der 'Überdimensionierung' in der Höhe von EUR 615.770,00?

    19. Warum erfolgt im Rahmen des Tariffestsetzungsverfahrens keine Berücksichtigung des Umstandes, dass die (O AG) selbst durch (ihre) Maßnahmen die Kompression in der (Station der Beschwerdeführerin) notwendig gemacht hat?

    20. Warum erfolgt eine Doppelverrechnung des Netznutzungsentgeltes über die Festlegung eines Einspeiseentgeltes aufgrund der 'Überdimensionierung' und eines 'Einspeiseentgeltes' für die Benutzung des 'Inlandsrohrleitungssystems'?

    21. Warum kommt es nun zu einer Umlagerung von Netzkosten von den Endverbrauchern auf die (Beschwerdeführerin)?

  1. 22. Worin liegt die Umstandsänderung zur Vergangenheit?
  2. 23. Warum wird davon ausgegangen, dass (die OAG) die Leitungen kleiner dimensioniert hätte, wäre (die Beschwerdeführerin) nicht an das Netz der (OAG) angeschlossen?

    Die Behörde möge sohin die in der vorliegenden Stellungnahme angeführten Argumente berücksichtigen, die beantragten Beweise aufnehmen und ein ordentliches Ermittlungsverfahren unter Berücksichtigung der angeführten Argumente durchführen, insbesondere der (Beschwerdeführerin) ausreichend und angemessen Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen, und sowohl über die beabsichtige Festsetzung des Einspeistarifs als auch über die Anträge der (Beschwerdeführerin) bescheidmäßig absprechen."

    Mit diesem Schreiben hat die Beschwerdeführerin ihren allgemein gehaltenen Antrag auf Auskunftserteilung vom 29. September 2005 (wiederholt am 5. Oktober 2005) insofern präzisiert, als sie nunmehr die Beantwortung von 23 konkreten Fragen forderte.

    Die belangte Behörde hat die Abweisung des Antrages auf Auskunftserteilung im Wesentlichen (fallbezogen nur mit einem Satz) damit begründet, dass der Auskunftserteilung das Amtsgeheimnis entgegenstünde, zumal diverse im Verordnungsakt befindliche Schriftstücke detaillierte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der O AG beträfen. Außerdem sei die Auskunftspflicht nicht dazu geeignet, eine Akteneinsicht durchzusetzen oder Einsicht in fremde Akten zu erhalten.

    Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 27. Februar 2009, Zl. 2008/17/0151, unter anderem ausgesprochen:

    "Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 23. November 1990, Zl. 89/17/0028 = VwSlg. 6553 F/1990 und vom 17. Juni 1992, Zl. 91/01/0201 = VwSlg. 13663 A/1992) hat die um Auskunft ersuchte Behörde zu beurteilen, ob und inwieweit eine Verpflichtung zur Amtverschwiegenheit dem Auskunftsbegehren entgegen steht. Sie hat somit die Interessen der Gebietskörperschaft und der Parteien zu beurteilen. Dabei ist der Begriff 'Parteien' im weitesten Sinn zu verstehen und umfasst alle Personen, die aus irgendeinem Anlass mit Behörden in Berührung kommen; als 'Partei' im Sinne des Art. 20 Abs. 3 B-VG ... , auf deren Interessen bei der vorzunehmenden Interessenabwägung Bedacht zu nehmen ist, ist somit auch ein vom Auskunftswerber verschiedener Dritter, der vom Auskunftsverlangen betroffen ist, anzusehen.

    Die um Auskunft ersuchte Behörde trifft die Pflicht zur ausreichenden Feststellung des Sachverhaltes, der die Beurteilung der Interessen der Gebietskörperschaft und der Parteien ermöglicht, wobei das Parteiengehör zu gewähren ist, und die Pflicht zu einer gesetzmäßigen Begründung ihrer Entscheidung.

    ...

    Der Verwaltungsgerichtshof verkennt dabei nicht, dass die Wahrung der Amtverschwiegenheit mit dem Erfordernis einer ausreichenden Feststellung des relevanten Sachverhaltes, im Zusammenhang mit der Gewährung des Parteiengehörs und einer gesetzmäßigen Begründung, warum das Gebot zur Amtsverschwiegenheit der Auskunftserteilung widerstreite, zu Schwierigkeiten führen kann; der Gesetzgeber hat diese Schwierigkeiten allerdings in Kauf genommen. Um dem Zweck der Amtsverschwiegenheit zu entsprechen, dürfen die Anforderungen an die Bescheidbegründung daher im vorliegenden Zusammenhang nicht überspannt werden. Insbesondere erfordert es eine gesetzmäßige Bescheidbegründung weder, dass der nach Auffassung der um Auskunft ersuchten Behörde von der Amtsverschwiegenheit betroffene Sachverhalt in der Bescheidbegründung dargelegt, noch, dass auf eine solche Art individualisiert werde, dass der geheimzuhaltende Sachverhalt aus der Bescheidbegründung mit Hilfe von dem Auskunftswerber zugänglichen Schlussfolgerungen ermittelt werden kann; derartige Anforderungen an die Begründung eines die Auskunft wegen überwiegender Geheimhaltungsinteressen verweigernden Bescheides würde das Gebot der Amtverschwiegenheit im konkreten Fall inhaltsleer machen (vgl. das zit. hg. Erkenntnis Zl. 91/01/0201)."

    Vor diesem Hintergrund vermag die Begründung der belangten Behörde den angefochtenen Bescheid betreffend die Nichterteilung der Auskunft nicht zu tragen.

    Es mag zutreffen, dass die detaillierte Beantwortung einiger der 23 Fragen gegen Verschwiegenheitspflichten der Behörde verstoßen würde. Warum jedoch jegliche - allenfalls auch knapp gehaltene - Beantwortung dieser Fragen eine Gefährdung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen der O AG und somit einen Verstoß gegen die der belangten Behörde auferlegten Verschwiegenheitspflichten bedeuten würde, kann vom Verwaltungsgerichtshof auf Grund der allgemein gehaltenen und auf die oben dargestellten Fragen mit keinem Wort eingehende Begründung des angefochtenen Bescheides, die - wie oben dargelegt -

nur in einem Satz fallbezogen anführt, diverse im Verordnungsakt befindliche Schriftstücke beträfen detaillierte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der O AG, nicht nachvollzogen werden. Selbst wenn man mit der belangten Behörde von einer Gefährdung von Betriebs- und Geschäftsinteressen der O AG im Falle einer Auskunftserteilung ausginge, hat es die belangte Behörde unterlassen, das Geheimhaltungsinteresse gegen das Informationsinteresse der Beschwerdeführerin abzuwägen und das "überwiegende Interesse" im Sinne des Art. 20 Abs. 3 B-VG darzulegen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 11. November 2009, Zl. 2009/04/0223). Die belangte Behörde ist dadurch ihrer Begründungspflicht nicht nachgekommen und hat den angefochtenen Bescheid in diesem Umfang mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet.

5. Zu den in der Beschwerde angeregten Anträgen auf Normenprüfung betreffend Bestimmungen des GWG sowie der GSNT-VO 2005 beim Verfassungsgerichthof sieht sich der Verwaltungsgerichtshof nicht veranlasst, weil eine Präjudizialität dieser Bestimmungen für das gegenständliche Verfahren betreffend Akteneinsicht und Auskunftserteilung für den Verwaltungsgerichtshof auch vor dem Hintergrund des Beschwerdevorbringens nicht zu erkennen ist.

6. Dies gilt in gleicher Weise für die Anregung, ein Vorabentscheidungsersuchen gemäß Artikel 267 AEUV (ex-Artikel 234 EGV) bezüglich der Umsetzung der Richtlinie 2003/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 98/30/EG - insbesondere deren Art. 25 Abs. 6 - im GWG an den Gerichtshof der Europäischen Union zu richten.

7. Soweit die Beschwerdeführerin sich in ihrer Beschwerde auch in ihrem gesetzlich gewährleisteten subjektiven Recht als verletzt erachtet, als sie durch den angefochtenen Bescheid "verpflichtet wird, ein Einspeiseentgelt in der Höhe von EUR 1.446.145,00 an die (O AG) zu entrichten" genügt es darauf hinzuweisen , dass der angefochtene Bescheid einen solchen Abspruch nicht enthält (und auch nicht - selbst nicht mittelbar - normative Grundlage für eine solche Verpflichtung sein kann).

8. Aus den unter Punkt 4.3. dargestellten Gründen war der angefochtene Bescheid im spruchgemäß umschriebenen Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben aufzuheben. Im Übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

9. Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG abgesehen werden.

10. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Wien, am 22. April 2010

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