Normen
AVG §62 Abs4;
BAO §293;
BAO §93;
LAO Stmk 1963 §216;
LAO Stmk 1963 §70;
AVG §62 Abs4;
BAO §293;
BAO §93;
LAO Stmk 1963 §216;
LAO Stmk 1963 §70;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Steiermark hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 11. April 2003 wurde der Berufung der beschwerdeführenden Partei gegen die Vorschreibung von Fleischuntersuchungsgebühren nach dem Steiermärkischen Fleischuntersuchungsgebührengesetz, LGBl. Nr. 22/1995, gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1991 in Verbindung mit den §§ 150 und 161a der Steiermärkischen Landesabgabenordnung 1963 - LAO, LGBl. Nr. 158/1963 idF LGBl. Nr. 62/2001, nicht Folge gegeben. Dieser Bescheid bezieht sich auf (der Zahl und dem Datum nach bezeichnete) erstinstanzliche Bescheide des Bürgermeisters der Stadt Graz (insgesamt 27 Bescheide) und enthält im Spruch die normative Aussage, es werde gemäß den oben angeführten Rechtsgrundlagen "der Berufung der Fa. (beschwerdeführende Partei) ... keine Folge
gegeben und ... die Festsetzungen der Gebühren vollinhaltlich
bestätigt".
In der Begründung des Bescheides wird in einer Tabelle eine Zuordnung der sogenannten Gebührennachweise der einzelnen Fleischuntersuchungstierärzte zu den nach Datum und Geschäftszahl bezeichneten Bescheiden vorgenommen. Diese Zuordnung erfolgt derart, dass die Nummer des Gebührennachweises angegeben und der jeweilige Bescheid genannt wird; Betragsangaben enthält diese Übersicht nicht. Des Weiteren wird in der Begründung wiedergegeben, dass der Magistrat Graz "mit den nachstehenden Bescheiden" unter Hinweis auf die Fleischuntersuchungsgebührenverordnung 2001 "folgende Gebühren festgesetzt" habe. Es folgt an dieser Stelle eine tabellarische Wiedergabe, für welche Monate und auf Grund der Untersuchung welcher Fleischuntersuchungstierärzte welcher Betrag in Euro festgesetzt worden sei.
Für August 2002 wird darin ua. für die Untersuchungen durch Dr. H ein Betrag von EUR 1.121,60 ausgewiesen.
Nach Auseinandersetzung mit dem Berufungsvorbringen wird resümiert, dass spruchgemäß den jeweiligen Berufungen keine Folge zu geben gewesen sei und die erstinstanzlichen Bescheide des Bürgermeisters der Stadt Graz der Gebührenhöhe nach zu bestätigen gewesen seien. Die Änderung des erstinstanzlichen Spruches sei vorzunehmen gewesen, weil die Steiermärkische Fleischuntersuchungsgebührenverordnung in Bezug auf die Vorschreibung von Gebühren für die Trichinenuntersuchung auf Grund des Urteils des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom 30. Mai 2002, verbundene Rechtssachen C-284/00 und C-288/00 , nicht als Rechtsgrundlage, sondern nur als Berechnungsbasis in diesem Verfahren anzuwenden gewesen sei.
2. Mit dem im vorliegenden Verfahren angefochtenen Bescheid wurde der Bescheid vom 11. April 2003 gemäß § 62 Abs. 4 AVG 1991 von Amts wegen dahingehend berichtigt, dass die für die im August 2002 von Frau Dr. H durchgeführten Trichinenuntersuchungen vorgeschriebene Gebühr statt mit EUR 1.121,60 richtigerweise mit EUR 2.121,60 festgesetzt werde.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der gegen die Festsetzung der Gebühr für die im August 2002 von Frau Dr. H vorgenommenen Trichinenuntersuchungen die gleichen Argumente vorgebracht werden wie in der Berufung gegen den Bescheid vom 11. April 2003.
4. Die belangte Behörde hat bereits im hg. Verfahren zur Zl. 2003/17/0203 die Verwaltungsakten vorgelegt und im vorliegenden Beschwerdeverfahren eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Wie sich aus der Sachverhaltsdarstellung ergibt, wurde mit dem zur hg. Zl. 2003/17/0203 angefochtenen Bescheid vom 11. April 2003 die Berufung der Beschwerdeführerin gegen eine Vielzahl von erstinstanzlichen Bescheiden abgewiesen und der jeweilige erstinstanzliche Bescheid "vollinhaltlich bestätigt".
Dabei übernahm die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides die Betragsangaben aus den erstinstanzlichen Bescheiden, so auch im Falle der Gebühr für die Untersuchungen durch Dr. H im August 2002. Da bei diesem Betrag bereits im erstinstanzlichen Bescheid ein Übertragungsfehler erfolgt sei, wurde die vorliegende Berichtigung vorgenommen.
2. Gemäß § 47 Abs. 1 Fleischuntersuchungsgesetz, BGBl. Nr. 522/1982, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 66/1998, sind die Gebühren für die Schlachttier- und Fleischuntersuchung, die Auslandsfleischuntersuchung und die sich aus diesem Bundesgesetz ergebenden sonstigen Untersuchungen und Kontrollen ausschließliche Landes(Gemeinde)abgaben. § 47 Abs. 2 Fleischuntersuchungsgesetz in der genannten Fassung enthält eine Grundsatzbestimmung betreffend die Festsetzung der Höhe der Gebühren.
Im Land Steiermark wurde für die Einhebung der Gebühren das Steiermärkische Fleischuntersuchungsgebührengesetz, LGBl. Nr. 22/1995, und die Steiermärkische Fleischuntersuchungsgebührenverordnung 2001, LGBl. Nr. 32/2001, erlassen.
3. Die belangte Behörde hat in ihrem Berufungsbescheid vom 11. April 2003 im Hinblick auf das Vorliegen von Landesabgaben folgerichtig auf die Steiermärkische Landesabgabenordnung 1963 - LAO, LGBl. Nr. 158/1963 idF LGBl. Nr. 62/2001, Bezug genommen; es handelt sich um einen Bescheid, mit dem (im Instanzenzug) die erstinstanzliche Festsetzung einer Landesabgabe bestätigt wird.
Die Berufung auf § 62 Abs. 4 AVG im vorliegenden Berichtigungsbescheid ist insoweit unzutreffend. Die Zulässigkeit der Berichtigung des Bescheides vom 11. April 2003 ist nach den Vorschriften der Steiermärkischen Landesabgabenordnung, LGBl. Nr. 158/1963, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 69/2001, zu beurteilen.
4. Die unrichtige Berufung auf eine Rechtsgrundlage macht einen Bescheid jedoch noch nicht rechtswidrig, soferne eine entsprechende Rechtsgrundlage (im Beschwerdefall: in der Stmk LAO) gegeben ist.
5. Eine entsprechende Vorschrift über die Berichtigung von Abgabenbescheiden enthält § 216 Stmk LAO. Dieser lautet:
"§ 216
Die Abgabenbehörde kann in ihrem Bescheid unterlaufene Schreib- und Rechenfehler oder andere offenbar auf einem ähnlichen Versehen beruhende tatsächliche oder ausschließlich auf dem Einsatz einer automatischen Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten berichtigen."
Diese Bestimmung entspricht wörtlich dem § 293 BAO.
6. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid die Berichtigung unter Hinweis auf einen Übertragungsfehler im Erstbescheid des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 17. September 2002, GZ A 9-362/1-2002, begründet. In diesem Bescheid sei die Summe EUR 1.121,60 unrichtig aufgeschienen, wogegen die im Gebührenausweis klar ersichtliche Summe EUR 2.121,60 betrage.
Dieser Betrag ergebe sich auch aus der "Summierung der im Spruch ausgewiesenen Anteile für das Untersuchungsorgan bzw. die Ausgleichskasse".
7. Zu der mit § 216 Stmk LAO wortgleichen Regelung des § 293 BAO hat der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung vertreten, dass als Erkenntnisquelle für die Qualifizierung eines Fehlers als "offenbar" auch der Akteninhalt in Frage kommt, die Erkennbarkeit somit nicht allein aus dem Bescheid gegeben sein müsse (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. März 1994, Zl. 92/17/0133).
Auf welche Gebührennachweise sich die Ausführungen der belangten Behörde beziehen, ist den vorgelegten Akten jedoch nicht zu entnehmen. In der Gegenschrift zum vorliegenden Beschwerdeverfahren verweist die Steiermärkische Landesregierung darauf, dass in dem zur Zl. 2003/17/0203 anhängigen Verfahren eine Gegenschrift erstattet worden sei; auf diese Gegenschrift werde grundsätzlich verwiesen. Es wurden im vorliegenden Beschwerdeverfahren keine weiteren Verwaltungsakten vorgelegt, sondern nur eine Kopie des Aktenverzeichnisses eines Teiles der zur Zl. 2003/17/0203 vorgelegten Akten übermittelt.
In diesem (zur hg. Zl. 2003/17/0203 übermittelten) Aktenkonvolut ist nur ein Schreiben einer anderen Fleischuntersuchungsärztin mit Gebührennachweisen enthalten. Der Gebührennachweis von Frau Dr. H, auf welchen sich die Berichtigung beziehen soll, wurde damit nicht vorgelegt. Auch das zweite, im genannten Verfahren vorgelegte Aktenkonvolut enthält zwar ein Schreiben von Frau Dr. H, dem auch ein Gebührennachweis angeschlossen ist; dieser bezieht sich jedoch auf Untersuchungen im Monat Mai 2002. Es wurde von der belangten Behörde auch nicht festgestellt, dass die Beschwerdeführerin etwa als Adressatin (sowohl des erstinstanzlichen, als auch) des Berufungsbescheides auf Grund von beispielsweise bei ihr vorhandenen Unterlagen den Fehler erkennen hätte können.
8. Es kann bei dieser Sachlage nicht davon ausgegangen werden, dass eine andere "offenbar auf einem ähnlichen Versehen
beruhende tatsächliche ... Unrichtigkeit" vorliegt.
9. Die Berichtigung wäre demnach nur dann zulässig, wenn man das Vorliegen eines "Schreib- oder Rechenfehlers" annehmen könnte, weil solche auch dann, wenn sie nicht "offenbar" sind, berichtigt werden können (Ritz, BAO Kommentar, Rz 5 zu § 293 BAO unter Hinweis auf Ott, ZGV 1989, H 1 bis 2, 9).
Abschreibfehler können nach der hg. Rechtsprechung grundsätzlich einen berichtigungstauglichen Schreibfehler darstellen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 1995, Zl. 94/14/0139). Dem genannten Erkenntnis lag ein Sachverhalt zu Grunde, bei dem es bei der Berechnung der Abgabe durch die Übernahme der unrichtigen Zahlen (statt der bescheidmäßig festgestellten Mehrsteuern an Alkoholabgabe die auf Grund dieser Mehrsteuern sich ergebenden Passivierungen) zu einer falschen Berechnung gekommen war. Auf Grund des erkennbaren Bescheidwillens ging der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis davon aus, dass ein Schreibfehler vorliege, der berichtigungsfähig gewesen sei. Es sei daher auch die weitere Konsequenz, nämlich die Ziehung der rechnerischen Konsequenzen aus dem Schreibfehler, zulässig gewesen.
Aus diesem Erkenntnis ergibt sich, dass nicht nur Schreibfehler selbst berichtigungstauglich sind, sondern auch Fehler, die auf derartigen berichtigungsfähigen Schreibfehlern beruhen.
10. Es kann aber im Beschwerdefall dahin gestellt bleiben, ob dieser Gedanke auch im vorliegenden Fall, in dem es nicht zu einem Schreibfehler im angefochtenen Bescheid kam, sondern ein angeblicher Schreibfehler des erstinstanzlichen Bescheides "in den Berufungsbescheid übernommen" wurde, zum Tragen kommen könnte (vgl. das Wort "ihrem" (Bescheid) und die Überlegungen bei Ritz, BAO-Kommentar, Rz 8 zu § 293, dass es sich um einen Fehler der Behörde handeln müsse). Wenngleich nämlich Schreibfehler nach dem Vorgesagten auch berichtigungstauglich sind, wenn sie nicht "offenbar" sind, muss das Vorliegen eines Fehlers jedenfalls ausreichend nachgewiesen werden. Im vorliegenden Fall liegen keinerlei Unterlagen vor, die die Annahme der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, der Behörde erster Instanz sei ein Schreibfehler unterlaufen, belegen würden. Die belangte Behörde konnte daher nicht vom Vorliegen eines Schreibfehlers (der Behörde erster Instanz) ausgehen. Es erübrigt sich daher zu untersuchen, ob die Konsequenz des Vorliegens eines berichtigungstauglichen Schreibfehlers in einem erstinstanzlichen Bescheid, der in einen Berufungsbescheid übernommen wurde, die ist, dass auch der Berufungsbescheid berichtigbar ist.
11. Auch auf § 221 Stmk LAO konnte sich die durchgeführte Abänderung des Bescheides nicht stützen, weil sich die belangte Behörde auf keinen der in § 220 LAO genannten Gründe stützte.
12. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
13. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 11. August 2004
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