Normen
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
Spruch:
1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.
2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
In der am 1. Oktober 2004 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Eingabe gab der Beschwerdeführer an, der von ihm angefochtene Bescheid sei ihm am 16. August 2004 zugestellt worden.
Mit Berichterverfügung vom 3. November 2004 wurde dem Beschwerdeführer neben einem Mängelbehebungsauftrag auch mitgeteilt, der Stempelabdruck auf dem Kuvert, in welchem die oben genannte Beschwerde im Verwaltungsgerichtshof übermittelt wurde, könne den 23., 25., 26., 28. oder 29. September bedeuten. Eine telefonische Rückfrage bei der Kanzlei des Beschwerdeführervertreters habe jedoch ergeben, dass die Beschwerde erst am 29. September 2004, also verspätet zur Post gegeben worden sei. Der Beschwerdeführer wurde aufgefordert, dazu Stellung zu nehmen und sein diesbezügliches Vorbringen allenfalls zu belegen. Dies wurde in Anwendung des § 62 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit § 37, 45 Abs. 3 AVG zur Äußerung vorgehalten (siehe in diesem Zusammenhang das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 24. November 1998, Zl. 96/08/0406).
Diese Berichterverfügung wurde dem Beschwerdeführervertreter am 12. November 2004 zugestellt; mit einem am 25. November 2004 zur Post gegebenen Schriftsatz räumte dieser ein, dass die am 29. September 2004 eingebrachte Beschwerde verspätet gewesen sei und begehrte die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unter Wiedervorlage der auf Grund des Mängelbehebungsauftrages verbesserten Beschwerde.
Im Wiedereinsetzungsantrag brachte der Beschwerdeführer vor, in der Kanzlei seines ausgewiesenen Rechtsvertreters sei für die Übernahme der Post die ehemalige Kanzleileiterin Irene S zuständig gewesen. Diese habe zum 31. August 2004 gekündigt. Irene S habe üblicherweise auf dem jeweiligen Poststück eine Eingangsstampiglie angebracht und sogleich die Rechtsmittelfristen im Fristenbuch in Vormerk genommen. Dabei sei es insbesondere bei Beschwerdesachen an die Höchstgerichte üblich gewesen, die Rechtsmittelfrist nach fünf Wochen vorzukalendieren und den Endtermin erneut im Fristenbuch vorzumerken. Sodann seien die so genannten "Rechtsmittelakten" im Zimmer des Rechtsvertreters auf einem speziellen Platz deponiert worden. Irene S, die bis dahin immer fehlerfrei gearbeitet habe, habe sich im Beschwerdefall bei der Berechnung der sechswöchigen Beschwerdefrist insofern geirrt, als sie bereits die erste Vormerkfrist (nach der fünften Woche) mit 23. September 2004 und (demnach) den letzten Tag der Beschwerdefrist unter dem 30. September 2004 eingetragen habe.
Mit den Vorbereitungsarbeiten zur Verfassung der Beschwerde habe der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers ab 23. September 2004 begonnen. Am 29. September 2004 der Beschwerdeschriftsatz in Maschinschrift übertragen und noch am selben Tag - somit einen Tag vor Ablauf des im Fristenbuch eingetragenen Endtermines - zur Post gegeben worden. Erst mit Einlangen der Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. November 2004 per 12. November 2004 und der hierauf angestellten Nachforschungen habe sich herausgestellt, dass der vormaligen Kanzleileiterin ein Fehler bei der Fristvormerkung unterlaufen sei.
Vorgelegt wurde die eidesstattliche Erklärung der Irene S vom 22. November 2004, welche folgenden Inhalt hat:
"Ich, endesgefertigte, Irene S ... erkläre hiemit an Eides statt, dass ich während meiner rund 20-jährigen Tätigkeit in der Kanzlei des Rechtsanwaltes Dr. Franz Zimmermann primär mit der Abwicklung des Posteinlaufes und der damit verbundenen Vormerkung von Fristen befasst war und mir in dieser Zeit nie ein gleichartiger Fehler wie der vorliegende unterlaufen ist, sodass es sich um ein einmaliges Versehen bei der Berechnung der 6- wöchigen Beschwerdefrist handelte."
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei, die durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Verschulden des Vertreters einer Partei an der Fristversäumung dem Verschulden der Partei selbst gleichzuhalten. Das Versehen einer Kanzleiangestellten eines bevollmächtigten Rechtsanwaltes ist dem Rechtsanwalt (und damit der Partei) nur dann als Verschulden anzulasten, wenn er die ihm zumutbare und nach der Sachlage gebotene Überwachungspflicht gegenüber den Kanzleiangestellten verletzt hat. Der Wiedereinsetzungswerber hat im Antrag konkret darzutun, was er bzw. sein Rechtsanwalt in Erfüllung der Pflicht zur Überwachung der für ihn tätig gewordenen Hilfskräfte hinsichtlich der Wahrung von Fristen vorgekehrt hat. Zu den Aufgaben des Rechtsanwaltes im Zusammenhang mit der Wahrung einer Frist gehört es, die entsprechende Frist festzusetzen, ihre Vormerkung anzuordnen und die richtige Eintragung im Kalender im Rahmen der ihm gegenüber seinen Kanzleiangestellten obliegenden Aufsichtspflicht zu überwachen. Der Rechtsanwalt muss zwar die mit der Führung des Kalenders betraute Angestellte nicht "auf Schritt und Tritt" überwachen, weshalb ihn nicht die Pflicht zur sofortigen persönlichen Kontrolle jeder Eintragung trifft, doch hat er Maßnahmen vorzusehen, die Fehleintragungen verhindern oder sie rechtzeitig als solche erkennen lassen, indem er z.B. eine andere geschulte und verlässliche Angestellte mit der laufenden Kontrolle der Eintragungen betraut oder selbst regelmäßig in kurzen Intervallen geeignete Überprüfungen durchführt.
Macht ein Wiedereinsetzungswerber als Wiedereinsetzungsgrund ein Versehen eines Kanzleiangestellten seines bevollmächtigten Rechtsanwaltes geltend, so hat er durch konkrete Behauptungen im Wiedereinsetzungsantrag nicht nur darzutun, worin das Versehen bestanden hat, sondern auch darzulegen, dass es zur Fehlleistung des Kanzleibediensteten gekommen ist, obwohl die dem Rechtsanwalt obliegende Aufsichts- und Kontrollpflichten eingehalten wurden. Zwar ist eine regelmäßige Kontrolle, ob eine erfahrene und zuverlässige Kanzleikraft rein manipulative Tätigkeiten auch tatsächlich ausführt, dem Rechtsanwalt nicht zuzumuten, will man nicht seine Sorgfaltspflichten überspannen. Um einen solchen rein manipulativen Vorgang handelt es sich jedoch bei der kanzleimäßigen Bestimmung einer Rechtsmittelfrist nicht. Wenn der Rechtsvertreter der Beschwerdeführer die Beschwerdefrist daher nicht selbst kalendermäßig konkret bestimmte, sondern diese Bestimmung - dem Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag zufolge - seiner Kanzleileiterin überließ, so wäre es ihm im Rahmen der gebotenen Überwachungspflicht jedenfalls oblegen, diesen Vorgang bzw. die richtige Eintragung im Kalender zu kontrollieren (vgl. hg. Beschluss vom 30. März 2000, Zl. 2000/16/0057, m.w.N.).
Ausgehend vom hier vorliegenden Wiedereinsetzungsantrag, dessen Sachbehauptungen durch die vorliegende eidesstattliche Erklärung bescheinigt wurden, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführervertreter wirksame Maßnahmen zur Kontrolle der richtigen Bestimmung und Eintragung von Fristen getroffen hätte. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung ist nämlich überhaupt kein Vorbringen dahingehend zu entnehmen, dass der Vertreter des Beschwerdeführers die Richtigkeit der Fristvormerkung durch die Kanzleileiterin selbst kontrolliert oder auf andere Weise eine diesbezügliche Kontrolle sichergestellt hätte.
Wenn in keiner Weise ersichtlich gemacht wird, ob jemals eine Kontrolle erfolgte, kann von einer wirksamen Überwachung der richtigen Eintragung in den Kalender von vornherein keine Rede sein.
Damit kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass die auf fehlerhafte Fristeintragung zurückzuführende verspätete Einbringung der Beschwerde bloß auf einen minderen Grad des Versehens zurückzuführen ist. Der Wiedereinsetzungsantrag war daher abzuweisen.
Die sechswöchige Beschwerdefrist lief am 27. September 2004 ab. Die am 29. September 2004 zur Post gegebene Beschwerde war daher in Anwendung des § 34 Abs. 1 VwGG wegen Verspätung zurückzuweisen.
Wien, am 16. Dezember 2004
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