VwGH 2004/13/0063

VwGH2004/13/006324.3.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Nowakowski, Dr. Pelant und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der L B in W, vertreten durch DDr. Karl Pistotnik, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Börsegasse 12, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 12. Dezember 2002, Zl. RV/552-16/2002, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2000 und Vorauszahlungen für Einkommensteuer für das Jahr 2002, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §18 Abs1 Z1;
EStG 1988 §20 Abs1 Z4;
EStG 1988 §29 Z1;
EStG 1988 §18 Abs1 Z1;
EStG 1988 §20 Abs1 Z4;
EStG 1988 §29 Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schenkungsverträgen vom 3. November 1993 und 3. Mai 1996 erwarb die Beschwerdeführerin von ihrem Ehemann zwei Liegenschaften in Wien, wobei sie sich jeweils verpflichtete, die Belastung aus den auf den Liegenschaften pfandrechtlich gesicherten lebenslangen Rentenansprüchen früherer Eigentümer der Liegenschaften zu übernehmen und die daraus - bis zum Tod der Berechtigten - noch fällig werdenden Zahlungen zu leisten. Die Rentenansprüche resultierten aus den Verkäufen der Liegenschaften durch die früheren Eigentümer in den Jahren 1983 und 1986.

Eine für die Jahre 1998 bis 2000 bei der Beschwerdeführerin durchgeführte Betriebsprüfung kam hinsichtlich der von ihr als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend gemachten Zahlungen auf die Leibrenten zum Ergebnis, dass diese zwar für die Jahre 1998 und 1999 als Sonderausgaben (für "Versorgungsrenten") abzugsfähig seien, dies für das Jahr 2000 auf Grund der nunmehrigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 26. Jänner 1999, Zl. 98/14/0045) aber nicht mehr gelte.

Gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2000 und einen davon abgeleiteten Vorauszahlungsbescheid für das Jahr 2002 erhob die Beschwerdeführerin Berufungen, die von der belangten Behörde mit dem angefochtenen Bescheid abgewiesen wurden.

Die dagegen erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wurde von diesem mit Erkenntnis vom 12. März 2004, B 181/03-9, VfSlg 17.169, abgewiesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die - vom Verfassungsgerichtshof antragsgemäß an ihn abgetretene und von der Beschwerdeführerin für das verwaltungsgerichtliche Verfahren ergänzte - Beschwerde nach Erstattung einer Gegenschrift seitens der belangten Behörde erwogen:

In dem Erkenntnis vom 26. Jänner 1999, Zl. 98/14/0045, Slg. Nr. 7349/F, hatte der Verwaltungsgerichtshof für das EStG 1988 - in Abkehr von seiner Rechtsprechung zum EStG 1972 - u. a. ausgeführt:

"Wird ein Wirtschaftsgut gegen eine Rente übertragen, die als angemessene Gegenleistung angesehen werden kann, dann liegt eine Gegenleistungsrente vor. Wird hingegen ein Wirtschaftsgut gegen eine Rente übertragen, die nicht als angemessene Gegenleistung qualifiziert werden kann, muß von einer freiwilligen Zuwendung bzw. einer Unterhaltsrente im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 ausgegangen werden. Im Bereich der Übertragung von Wirtschaftsgütern gegen Rente ist für eine weitere Rentenkategorie kein Raum.

Im vorliegenden Fall übersteigt nach den Sachverhaltsannahmen der belangten Behörde der Wert des übertragenen Vermögens den Rentenbarwert um das Vier- bis Fünffache, sodaß von einer Gegenleistungsrente keine Rede sein kann. Die Übertragung des Vermögens ist vielmehr als gemischte Schenkung anzusehen, wobei die unentgeltliche Komponente der Vermögensübertragung weit überwiegt. Aufgrund dessen unterliegt der gesamte Vorgang den Bestimmungen über die unentgeltliche Vermögensübertragung. Im Hinblick auf den mangelnden Gegenleistungscharakter der Rente handelt es sich bei den Zahlungen um nach § 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 nicht abzugsfähige freiwillige Zuwendungen ..."

Durch das rückwirkend anzuwendende Steuerreformgesetz 2000, BGBl. I Nr. 106/1999, ist in diesem Zusammenhang keine Änderung eingetreten. Werden Einzelwirtschaftsgüter gegen Rente übertragen, kann nur entweder eine Gegenleistungs- oder eine Unterhaltsrente vorliegen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 2005, Zl. 2000/15/0045). Eine steuerlich irrelevante Unterhaltsrente - mit der Folge der Verweigerung einer Berücksichtigung der Rentenzahlungen als Sonderausgaben - wurde danach etwa in einem Fall angenommen, in dem der Rentenwert 46,98 % des Wertes des übertragenen Wirtschaftsgutes betrug (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 2005, Zl. 2004/15/0157).

Im vorliegenden Fall steht außer Streit, dass es sich bei den in den Jahren 1983 und 1986 vereinbarten Leibrenten um Renten handelte, deren Wert denjenigen der veräußerten Liegenschaften damals nicht unangemessen unterschritt. Im Zeitpunkt der jeweiligen Schenkung an die Beschwerdeführerin betrug der (jeweils: nunmehrige) Rentenbarwert nach den unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde aber nur 45 % bzw. 37 % des gemeinen Werts der Liegenschaften.

Bei Anwendung der erwähnten Erkenntnisse - auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG zu verweisen ist - auf die zuletzt erwähnten Erwerbsvorgänge folgt daraus, dass es sich bei den Zahlungen, zu denen sich die Beschwerdeführerin beim Erwerb der Wirtschaftsgüter in den Schenkungsverträgen verpflichtete, um solche im Rahmen unentgeltlicher Vermögensübertragungen handelte, welche die Rechtslage nach § 20 Abs. 1 Z. 4 zweiter Satz EStG 1988 auslösen.

Die Beschwerdeführerin meint, es sei auf die ursprünglichen Erwerbsvorgänge abzustellen. Maßgeblich sei, dass es sich bei den in den Verträgen von 1983 und 1986 vereinbarten Leibrenten um angemessene Gegenleistungen gehandelt habe, woran sich durch die Schenkungsverträge nichts geändert habe. Im Jahr 2000 seien "die kapitalisierten Werte der Leibrentenverpflichtungen durch die bereits geleisteten Leibrentenzahlungen längst überschritten" gewesen, sodass die Voraussetzungen für den Abzug als Sonderausgaben (bei Gegenleistungsrenten) erfüllt seien.

Dieser Betrachtungsweise ist jedoch nicht zu folgen. Zu beurteilen sind in Bezug auf jede der Liegenschaften zwei Erwerbsvorgänge mit unterschiedlichen Verhältnissen zwischen Leistung und Gegenleistung (vgl. zur Bedachtnahme auf unterschiedliche Verpflichtungsgründe bei der Übernahme von Leistungen aus einer Rentenverpflichtung etwa das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2003, Zl. 99/14/0323, sowie das oben zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, VfSlg. 17.169; die in der Beschwerde zitierten Erkenntnisse vom 17. Februar 1988, Zl. 85/13/0047, und vom 19. September 1989, Zl. 88/14/0174, betrafen keine vergleichbaren Fälle). Handelte es sich bei den Kaufverträgen der Jahre 1983 und 1986 um Verträge, in denen sich der Käufer zu einer jeweils angemessenen Gegenleistung in der Form einer Leibrente verpflichtete, so ändert dies nichts daran, dass die Verpflichtung zur Erbringung nur einer erheblich geringeren Gegenleistung (nämlich der Übernahme nur der zehn Jahre später noch verbliebenen Zahlungen auf die Leibrenten) dem Erwerb durch die Beschwerdeführerin jeweils den Charakter der Unentgeltlichkeit in der Form gemischter Schenkungen verlieh, was in der Bezeichnung der Verträge auch deutlich zum Ausdruck kam.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 24. März 2009

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