VfGH B181/03

VfGHB181/0312.3.2004

Keine Verletzung im Gleichheitsrecht durch Versagung des Abzugs von Rentenzahlungen als abzugsfähige Sonderausgaben aufgrund geänderter Rechtsprechung des VwGH bzw aufgrund Änderung der Rechtslage; keine Verletzung des Vertrauensschutzes

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
EStG 1988 §18 Abs1 Z1 idF BGBl I 106/1999
EStG 1988 §20 Abs1 Z4 idF BGBl I 106/1999
EStG 1988 §29
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
EStG 1988 §18 Abs1 Z1 idF BGBl I 106/1999
EStG 1988 §20 Abs1 Z4 idF BGBl I 106/1999
EStG 1988 §29

 

Spruch:

Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Die Beschwerde wird dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.1. Der Ehegatte der Beschwerdeführerin hatte in den Jahren 1983 und 1986 zwei Liegenschaften jeweils gegen Leistung lebenslanger, wertgesicherter und im Grundbuch sichergestellter Leibrenten erworben. In den Jahren 1993 bzw. 1996 schenkte und übereignete er die Liegenschaften der nunmehrigen Beschwerdeführerin, wobei diese jeweils die Rentenverpflichtungen übernahm.

1.2. Die von der Beschwerdeführerin geleisteten Rentenzahlungen in den Jahren 1998 und 1999 wurden vom Finanzamt als sog. Versorgungsrenten qualifiziert und demgemäß ihr Abzug als Sonderausgaben vom Gesamtbetrag der Einkünfte anerkannt. Für das Jahr 2000 hingegen wurde die steuerliche Abzugsfähigkeit von der Abgabenbehörde erster Instanz unter Hinweis auf die geänderte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bzw. die daraufhin vorgenommenen Änderungen des EStG 1988 verneint. Die dagegen erhobene Berufung an die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland wurde im wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, daß durch BGBl. I 106/1999 die einkommensteuerliche Behandlung von Rentenzahlungen aus Anlaß der Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter neu geregelt worden sei und in diesem Bereich sog. außerbetriebliche Versorgungsrenten nicht mehr anzuerkennen seien.

Weiter führt die belangte Behörde begründend aus, daß die Beschwerdeführerin die Grundstücke mittels Schenkung von ihrem Gatten erworben habe, was eine freiwillige Zuwendung darstelle, der keine wirtschaftliche Gegenleistung gegenüberstehe. Freiwilligkeit liege auch dann vor, wenn die Zuwendung auf einer verpflichtenden Vereinbarung beruhe, die verpflichtende Vereinbarung aber freiwillig eingegangen worden sei. Im vorliegenden Fall könne von einem freiwilligen Eingehen der Verpflichtung - Zahlung der Leibrenten an ehemalige Eigentümer der Grundstücke - ausgegangen werden; die Schenkung sei freiwillig angenommen worden, somit die mit der Schenkung im Zusammenhang stehenden Rentenzahlungen ebenfalls. Die Betriebsprüfung sei davon ausgegangen, daß die Rentenverpflichtung, wenn sie durch einen Dritten mitübernommen werde, zu diesem Zeitpunkt neu zu kapitalisieren sei. Die von der Beschwerdeführerin an Dritte erbrachten Rentenzahlungen stünden in keiner Relation zu dem Wert des Grundstückes, weshalb die Renten für das Jahr 2000 als (nicht als Sonderausgabe abzugsfähige) Unterhaltsrenten einzustufen seien.

2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und die Verfassungswidrigkeit des §20 Abs1 Z4 EStG 1988 geltend gemacht werden und die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides beantragt wird.

3. Zur Rechtslage:

Durch das Steuerreformgesetz 2000, BGBl. I 106/1999, wurde die Rentenbesteuerung im EStG 1988 neu geregelt. Der bis zu dieser Novelle auch im außerbetrieblichen Bereich anerkannte Typus der sog. Versorgungsrente wurde nur mehr für den Bereich der Betriebsübertragung beibehalten. Werden Wirtschaftsgüter des Privatvermögens gegen Rente übertragen, kann daher nur noch entweder eine Gegenleistungs- oder eine Unterhaltsrente vorliegen.

Im einzelnen stellt sich die Rechtslage nach dem Steuerreformgesetz 2000 (die Novelle BGBl. I 71/2003 kann im vorliegenden Fall außer Betracht bleiben) wie folgt dar:

§18 Abs1 Z1 EStG 1988, idF BGBl. I 106/1999, lautet folgendermaßen:

"Folgende Ausgaben sind bei der Ermittlung des Einkommens als Sonderausgaben abzuziehen, soweit sie nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind:

1. Renten und dauernde Lasten, die auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhen. Werden Renten oder dauernde Lasten als angemessene Gegenleistung für die Übertragung von Wirtschaftsgütern geleistet, gilt folgendes: Die Renten und dauernden Lasten sind nur insoweit abzugsfähig, als die Summe der verausgabten Beträge den kapitalisierten Wert der Rentenverpflichtung (§16 Abs2 und 4 des Bewertungsgesetzes 1955) übersteigt; der kapitalisierte Wert ist auf den Zeitpunkt des Beginns der Leistung der wiederkehrenden Bezüge zu ermitteln. Stellt eine aus Anlaß der Übertragung eines Betriebes, Teilbetriebes oder Mitunternehmeranteils vereinbarte Rente oder dauernde Last keine angemessene Gegenleistung für die Übertragung dar, so sind die Renten oder dauernden Lasten nur dann abzugsfähig, wenn

§20 Abs1 Z4 EStG 1988, idF BGBl. I 106/1999, normiert folgendes:

"Bei den einzelnen Einkünften dürfen nicht abgezogen werden:

...

4. Freiwillige Zuwendungen und Zuwendungen an gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen, auch wenn die Zuwendungen auf einer verpflichtenden Vereinbarung beruhen. Derartige Zuwendungen liegen auch vor,

wenn es sich in den vorgenannten Fällen nicht um die Übertragung von Betrieben, Teilbetrieben oder Mitunternehmeranteilen handelt, aus Anlaß deren Übertragung eine Rente oder dauernde Last als unangemessene Gegenleistung vereinbart wird. Werden bei Übertragungen im Sinne des vorstehenden Satzes derart unangemessen hohe Renten oder dauernde Lasten vereinbart, daß der Zusammenhang zwischen Übertragung und Vereinbarung der Rente oder dauernden Last wirtschaftlich bedeutungslos ist, ist der erste Satz anzuwenden."

Nach §124b Z39 EStG 1988 ist §20 Abs1 Z4 EStG 1988, idF des Bundesgesetzes BGBl. I 106/1999, erstmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2000 anzuwenden. §18 Abs1 Z1 EStG 1988, idF BGBl. I 106/1999, ist gemäß §124b Z40 leg.cit. ab der Veranlagung 1989 anzuwenden.

4.1. Zunächst führt die Beschwerdeführerin aus, daß die belangte Behörde der Bestimmung des §18 Abs1 Z1 erster Satz EStG 1988 einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt habe, indem sie die Anwendung dieser Bestimmung verneint habe, da die Beschwerdeführerin die Verpflichtung zur Rentenzahlung freiwillig eingegangen sei und damit §20 Abs1 Z4 EStG 1988 anwendbar sei. Damit werde der im Sinne von "Freigebigkeit" zu verstehende Begriff der "Freiwilligkeit" in seiner Tragweite völlig verkannt.

§18 Abs1 Z1 EStG 1988 erfasse noch immer solche Rentenverpflichtungen, die völlig losgelöst von Unterhaltsmotiven geschlossen würden und denen auch nicht Erwägungen der Freigebigkeit zugrundelägen. Es seien vorliegend Liegenschaften gegen Übernahme und Eingehen der im Grundbuch gesicherten Rentenverpflichtungen im Rahmen von gemischten Schenkungen übertragen worden. Überdies sei durch die Schenkung das originäre Austauschverhältnis nicht weggefallen, sondern habe durch die Übernahme der Rentenverpflichtung sowie deren grundbücherliche Sicherstellung seine Fortsetzung erfahren, sodaß auch ein Wechsel in der Besteuerungsmethode sachlich nicht gerechtfertigt sei. "Die von der belangten Behörde vertretene und den Anwendungsbereich des §18 Abs1 Z1 erster Satz EStG nahezu auf ein Minimum gesetzlicher Verpflichtungsgründe beschränkende Rechtsanwendung - immerhin wird nahezu jeder Vertrag 'freiwillig' geschlossen - bewirkt eine Gleichheitswidrigkeit, zumal die unterschiedliche Behandlung einer 'freiwillig' angenommenen Schenkung nebst meinerseits keineswegs freigebig eingegangener Rentenverpflichtung im Rahmen Vorgenannter gegenüber allen sonstigen besonderen Verpflichtungsgründen des §18 Abs1 Z1 erster Satz EStG unsachlich ist."

Auch könne aus der gemischten Schenkung nicht abgeleitet werden, daß die übernommene, aus dem entgeltlichen Ersterwerb stammende Leibrente neu zu kapitalisieren und steuerlich neu zu qualifizieren sei, wie es die belangte Behörde getan habe.

4.2. Weiters werde durch die Anwendung des §20 Abs1 Z4 EStG 1988 unter einschränkender gleichheitswidriger Interpretation des §18 Abs1 Z1 leg.cit. gegen den dem Einkommensteuerrecht innewohnenden Grundgedanken des Korrespondenzprinzips, wonach es beim Rentenempfänger und beim Rentenverpflichteten zu einer gleichartigen (korrespondierenden) steuerlichen Behandlung zu kommen habe, verstoßen. Beim Rentenberechtigten, der ein Wirtschaftsgut gegen eine Gegenleistungsrente verkauft habe, könne keine Änderung seiner steuerlichen Verhältnisse dadurch eintreten, daß der Rentenverpflichtete dieses Wirtschaftsgut zu einem späteren Zeitpunkt an einen Dritten unter der Auflage der Übernahme der Rentenverpflichtung weiterschenke. Wenn diese Rentenzahlungen beim Empfänger den kapitalisierten Wert bereits überschritten hätten, seien diese Renten bei ihm als sonstige Einkünfte steuerpflichtig. "Würde man nun, wie dies die belangte Behörde getan hat, bei der nunmehrigen Rentenverpflichteten die Renten als steuerlich nicht abzugsfähige Unterhaltsrenten einstufen, so entfiele auch die Steuerbelastung auf eine Rente, die nur aus dem bereits versteuerten Einkommen bezahlt werden kann." Letztlich liege damit eine Mehrfachbesteuerung des Rentenbetrages vor.

4.3. In der Beschwerde wird auch die Verfassungswidrigkeit des §20 Abs1 Z4 EStG 1988 gerügt. Infolge der Neuregelung der Rentenbesteuerung werde nicht nur die bisherige Abgrenzung zur Versorgungsrente aufgegeben, sondern offensichtlich nur mehr ein einheitlicher Unterhaltsrentenbegriff geschaffen, ohne auf den Rechtsgrund der Unterhaltsverpflichtung einzugehen. Unter den Begriff der Unterhaltsrente werde nunmehr jede Rente subsumiert, soweit sie bei Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern einen Gegenwert von weniger als 50 vH oder mehr als 200 vH ausmache. Die steuerliche Qualifikation der Unterhaltsrente bleibe aber unverändert, obwohl damit der Begriff des gesetzlichen Unterhalts aus dem steuerrechtlichen Begriff der Unterhaltsrente eliminiert worden sei. Dies bedeute, daß jede Rentenzahlung dieser Art beim Empfänger nicht steuerpflichtig und beim Leistenden steuerlich nicht abzugsfähig sei, obwohl mit der Bezahlung der Rente keine gesetzliche Unterhaltsverpflichtung erfüllt werde. Damit fehle aber die sachliche Begründung für die steuerliche Differenzierung zwischen derartigen Renten und sonstigen steuerlich relevanten Rentenzahlungen und Einkunftsteilen, die außerhalb einer gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung empfangen bzw. bezahlt würden; somit bleibe eine derartige Differenzierung gleichheitswidrigerweise steuerlich unbeachtlich.

4.4. Die Beschwerdeführerin macht auch einen unlösbaren Normenwiderspruch geltend und führt dazu wörtlich folgendes aus:

"Überdies besteht ein unlösbarer Normenwiderspruch, weil §18 Abs1 Z1 und §29 Z1 EStG bei den unangemessenen Renten aus Anlaß der Betriebsübertragungen an die Angemessenheit (25 % - Grenze), also auch bei unterwertigen Renten anknüpfen, wogegen §20 Abs1 Z4 für unterwertige Renten das Überwiegensprinzip (50 % - Grenze) normiert. Wendet man das Überwiegensprinzip (50 % - Grenze) auf unterwertige Gegenleistungsrenten bei Betriebsübertragungen (unterwertige Versorgungsrenten) an, dann gilt hier gegenüber der bisherigen Rechtslage eine neue Grenze, nämlich 50 % statt bisher 75 %, was mit dem erklärten Willen des Gesetzgebers unvereinbar ist, der von einer Fortführung der bisherigen Versorgungsrenten ausgeht. Wendet man dagegen das Überwiegensprinzip (50 % - Grenze) grundsätzlich an, aber nicht bei Übertragung eines Betriebes gegen eine unterwertige Rente, dann bestehen im §18 Abs1 Z1 zwei verschiedene Angemessenheitsgrenzen, nämlich 75 % bei Übertragung eines Betriebes gegen Rente und 50 % bei Übertragung eines anderen Wirtschaftsgutes gegen Rente. Wendet man in beiden Fällen des §18 Abs1 Z1, also sowohl bei der Gegenleistungsrente als auch bei der Versorgungsrente die Angemessenheit als einheitliche Grenze (jeweils 75 %) an, wofür der Wortlaut spricht, dann verliert §20 Abs1 Z4 den Anwendungsbereich, für den er eigentlich geschaffen worden ist (eingehend Doralt EStG-Kommentar Band I, Tz 125/8 zu §20). Daß der Behörde durch den Gesetzgeber in diesem Zusammenhang ein Ermessenspielraum eingeräumt worden wäre, ist nicht zu unterstellen. Dies führt im Ergebnis letztlich zu einer unvorhersehbaren, ja willkürlichen Rechtsanwendung, die mit dem Gleichheitsgrundsatz unvereinbar ist."

4.5. Schließlich wird in der Beschwerde auch eine Verletzung des Vertrauensschutzes geltend gemacht. Das zur Anwendung gelangende Abzugsverbot des §20 Abs1 Z4 EStG 1988 lege der Beschwerdeführerin erhebliche finanzielle Belastungen auf, die zum Zeitpunkt des Abschlusses der zugrundeliegenden Schenkungsverträge in den Jahren 1993 und 1996 nicht vorhersehbar gewesen seien. Dadurch sei ihr Vertrauen auf die zum Zeitpunkt der Vertragsschließung vorherrschende Rechtslage in hohem Maße erschüttert worden. Durch die Neukapitalisierung der Leibrente bezogen auf den Zeitpunkt der Schenkung und deren neue steuerliche Qualifikation werde eine "unechte Rückwirkung" erzielt, indem das neue Abzugsverbot an früher verwirklichte Tatbestände - nämlich an die Schenkungen aus den Jahren 1993 und 1996 - anknüpfe und dadurch die Rechtsposition der Beschwerdeführerin im Ergebnis entwerte. Solche gesetzlichen Vorschriften träten mit dem Gleichheitsgrundsatz in Konflikt, weil sie die im Vertrauen auf eine bestimmte Rechtslage handelnden Normunterworfenen nachträglich belasteten, wobei dies um so mehr gelte, als es sich um plötzliche und unvorhergesehene Eingriffe in die erworbenen Rechtspositionen handle.

Zur Schutzwürdigkeit des Vertrauens sehe der Verfassungsgerichtshof als wesentliche Voraussetzung die Enttäuschung eines Vertrauens auf eine Rechtslage an, auf das sich der Rechtsunterworfene berechtigterweise berufen habe können. Diese "Berechtigung" zum Vertrauen liege in der Klarheit der gesetzlichen Regelung sowie in der Verwaltungspraxis und der Judikatur der Höchstgerichte begründet. Die Lehre stelle zudem auf die Unvorhersehbarkeit der Neuregelung ab. Vorliegend seien diese Kriterien zweifellos erfüllt, zumal die Klarheit der Abzugsverbote vor der Novelle BGBl. I 106/1999 außer Frage gestanden sei. Auch sei nicht zu bemerken, daß die Behörden oder Höchstgerichte in ständiger Praxis etwa eine andere vertretbare Auslegung gewählt hätten.

Wörtlich wird in der Beschwerde weiter folgendes ausgeführt:

"Ebensowenig war die Vorhersehbarkeit der Neuregelung gegeben, die im übrigen nach den Materialien mehr dazu angetan war, die außerbetrieblichen Versorgungsrenten aus Anlaß einer Betriebsübertragung (gegen die Entscheidung des VwGH 26.1.1999, 98/14/0045) im Gesetz zu verankern. Ausschließlich und für den Fall der Übertragung eines Betriebes gegen Versorgungsrente sollte weiterhin ein Abzug als Sonderausgabe möglich sein. Der damit verbundene Eingriff durch Schaffung eines einheitlichen Unterhaltsrentenbegriffes, dessen Sachlichkeit und Rechtfertigung auch aus den Materialien nicht zu entnehmen ist, war völlig unvorhersehbar. Insoweit sind auch keine 'besonderen Umstände' zu ersehen, die diesen Eingriff verlangen und in diesem Zusammenhang eine Abwägung mit bestimmten, vom Gesetzgeber verfolgten öffentlichen Interessen ermöglichen würden. Insoweit kann auch zur Frage der Verhältnismäßigkeit keine Aussage zugunsten des Gesetzgebers getroffen werden und steht meiner schutzwürdigen Erwartungshaltung kein gegenteiliges Interesse gegenüber, das einen solch plötzlichen Eingriff rechtfertigen könnte."

Die Gleichheitswidrigkeit ergebe sich aus der künftigen Gleichstellung jener Personen, die ihre Disposition auf Grund der früheren Rechtslage getroffen hätten, mit jenen, die sich bereits an der neuen Rechtslage orientieren könnten. Die Annahme der mit den Leibrentenverpflichtungen belasteten Schenkungen vom Ehegatten der Beschwerdeführerin betreffe nicht nur die wirtschaftlichen Dispositionen der Beschwerdeführerin, sondern auch die Lebensgestaltung des Ehepaares. Die Übertragung solch wesentlicher Vermögensgüter unter Ehegatten zusammen mit der notorischen Langfristigkeit von Leibrentenverpflichtungen berühre eine zentrale Lebensentscheidung, die vom Gleichheitssatz geschützt sei. Insoweit bestehe auch die Pflicht des Gesetzgebers, wenigstens Übergangsregelungen zu schaffen, die eine Anpassung an die sich ändernden Lebensverhältnisse erlaubten.

Die Beschwerdeführerin kommt zum Schluß, daß die Anwendung des zu §18 Abs1 EStG 1988 in Widerspruch stehenden §20 Abs1 Z4 leg.cit. durch die belangte Behörde auf den vorliegenden Sachverhalt einen plötzlichen und intensiven Eingriff in bestehende Rechtspositionen darstelle, wodurch erheblich gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes verstoßen werde; dies um so mehr, als jegliche Übergangsregelung fehle.

5. Die belangte Behörde legte innerhalb der ihr gesetzten Frist weder die Verwaltungsakten vor noch erstattete sie eine Gegenschrift.

6. Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst (in der Folge: BKA-VD) gab auf Einladung des Verfassungsgerichtshofes eine Stellungsnahme ab.

Das BKA-VD vertritt die Meinung, daß §20 Abs1 Z4 EStG 1988 nicht unbestimmt, sondern im Gegenteil gegenüber der Vorgängerbestimmung näher konkretisiert worden sei, weshalb - da die Vorgängerbestimmung auf keine verfassungsrechtlichen Bedenken gestoßen sei - die Bestimmung ausreichend determiniert sei.

Hinsichtlich des Vorwurfes der mangelnden sachlichen Rechtfertigung des §20 Abs1 Z4 EStG 1988 bringt das BKA-VD vor, daß es im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers liege, sich für eine abweichende Kategorisierung von Renten, die aus Anlaß der Übertragung von betrieblichen Einheiten vereinbart würden, zu entscheiden. Diese Unterscheidung sei aus sachlich gerechtfertigten wirtschaftspolitischen Gründen getroffen worden, nämlich um Unternehmensnachfolgen zu erleichtern. Überdies seien Differenzierungen bei der steuerlichen Behandlung im Zusammenhang mit betrieblichen und nicht betrieblichen Einkünften im Einkommensteuerrecht nicht unüblich und seien in der Vergangenheit auch nicht als sachlich ungerechtfertigt angesehen worden.

Das BKA-VD erkennt auch keine Verletzung des Vertrauensschutzes; im vorliegenden Fall seien wirtschaftliche Planungen durchkreuzt worden, wobei es sich um keinen erheblichen Eingriff in die Rechtsposition der Beschwerdeführerin handle. Es seien auch besondere Umstände bei der Neuregelung der Rentenbesteuerung vorgelegen, die das Handeln des Gesetzgebers bei der Neuordnung der Rentenbesteuerung nicht nur gerechtfertigt erscheinen ließen, sondern vielmehr verlangten. "Wie oben erwähnt, wurde die steuerliche Abzugsmöglichkeit von Versorgungsrenten im privaten Bereich von der Lehre kritisiert, was in der Folge zu einer Änderung der verwaltungsgerichtlichen Judikatur führte. Der Gesetzgeber hat im vorliegenden Fall letztlich nichts anderes getan, als an das Erkenntnis des VwGH vom 26. Jänner 1999, 98/14/0045, anzuknüpfen und somit auch den Bedenken gegen die frühere Regelung im Hinblick auf das Bestehen von steuerrechtlichen Lücken, die systemwidrige Steuervorteile ermöglichten, Rechnung zu tragen."

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (z.B. VfSlg. 10.413/1985, 11.682/1988) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.

Davon kann im vorliegenden Fall nicht die Rede sein.

1. Nach der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung des §20 Abs1 Z4 EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkunftsarten freiwillige Zuwendungen, auch wenn sie auf einer verpflichtenden Vereinbarung beruhen, nicht abgezogen werden (und sind auch nicht als Sonderausgaben abzugsfähig: §20 Abs3 leg.cit.); derartige Zuwendungen liegen nach dieser Bestimmung u.a. auch vor, wenn die Gegenleistung für die Übertragung von Wirtschaftsgütern weniger als 50 vH ihres gemeinen Wertes beträgt, wenn es sich nicht um die Übertragung von Betrieben, Teilbetrieben oder Mitunternehmeranteilen handelt.

Im Beschwerdefall beruhen die strittigen Rentenzahlungen auf einer Verpflichtung, die die Beschwerdeführerin anläßlich der schenkungsweisen Übertragung von Grundstücken seitens ihres Ehegatten übernommen hat, wobei auch in der Beschwerde nicht bestritten wird, daß der kapitalisierte Wert der Renten jeweils weniger als 50 vH des gemeinen Wertes der Grundstücke ausmacht. Der Gerichtshof kann der belangten Behörde aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht entgegentreten, wenn sie bei dieser Sachlage davon ausgegangen ist, daß die Rentenzahlungen "freiwillig" iSd §20 Abs1 Z4 EStG 1988 erbracht wurden, und sohin die Abzugsfähigkeit verneint hat (zumal eine verpflichtende - jedoch freiwillig eingegangene - Vereinbarung das Abzugsverbot nicht ausschließt). Daran ändert auch der Umstand nichts, daß die Rente beim Rentenberechtigten möglicherweise nach §29 EStG 1988 (bereits) Einkommensteuerpflicht auslöst, ist das von der Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang angesprochene Korrespondenzprinzip doch kein (negatives) Tatbestandsmerkmal des §20 Abs1 Z4 EStG 1988 und seine Einhaltung im vorliegenden Fall (auch aus verfassungsrechtlicher Sicht) schon deswegen nicht geboten, weil es hinsichtlich der ursprünglichen Rentenverpflichtung zu einer freiwilligen Vertragsübernahme auf unentgeltlicher Basis kam.

2. Soweit die Beschwerde hingegen die Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes rügt, ist ihr folgendes zu erwidern:

2.1. Es kann dem Gesetzgeber nicht entgegengetreten werden, wenn er die steuerliche Abzugsfähigkeit von Rentenzahlungen, die nach der Systematik des EStG 1988 nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten anzusehen sind, offenbar zum Zweck der Vermeidung mißbräuchlicher steuerlicher Gestaltungen (vgl. Doralt, Die Versorgungsrente - ein Steuersparmodell, RdW 1998, 517 und daran anschließend Verwaltungsgerichtshof 26. Jänner 1999, Zl. 98/14/0045) grundsätzlich verneint und nur in bestimmten Fällen (etwa der Übertragung von Betrieben etc.), bei denen Mißbräuche typischerweise nicht zu befürchten sind, zuläßt.

Soweit die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang Normenwidersprüche zwischen §§18 Abs1 Z1 und 29 Z1 EStG 1988 einerseits und §20 Abs1 Z4 leg.cit. andererseits behauptet, ist ihr zu entgegnen, daß diese Normen, soweit sie sich mit Rentenzahlungen im Zusammenhang mit Betriebsübertragungen befassen, im vorliegenden Fall nicht präjudiziell sind und im übrigen nicht erkennbar ist, daß die von ihr behaupteten Widersprüche - sofern sie überhaupt vorliegen - sich nicht im Wege der Auslegung beseitigen ließen.

2.2. Soweit die Beschwerdeführerin schließlich geltend macht, das Abzugsverbot komme mit dem Gleichheitsgrundsatz in Konflikt, weil durch die neue steuerliche Qualifikation der Rentenzahlungen eine "unechte Rückwirkung" erzielt werde, indem das neue Abzugsverbot an früher verwirklichte Tatbestände - nämlich an die Schenkungen aus den Jahren 1993 und 1996 - anknüpfe und dadurch die Rechtsposition der Beschwerdeführerin im Ergebnis entwerte, ist ihr folgendes zu entgegnen:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofes, von der abzugehen der Beschwerdefall keinen Anlaß bietet, genießt das Vertrauen auf den unveränderten Fortbestand der gegebenen Rechtslage als solches keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz. Es steht dem Gesetzgeber vielmehr grundsätzlich frei, die Rechtslage für die Zukunft anders und auch ungünstiger zu gestalten. Nur unter besonderen Umständen muß zur Vermeidung unsachlicher Ergebnisse Gelegenheit gegeben werden, sich rechtzeitig auf die neue Rechtslage einzustellen (vgl. VfSlg. 13.657/1993, 15.373/1998, Verfassungsgerichtshof 7. Dezember 2002, G85/02, mwN). Derartige Umstände hat der Gerichtshof etwa angenommen, wenn der Normunterworfene durch eine in Aussicht gestellte Begünstigung zu einem bestimmten Aufwand veranlaßt werden sollte, der dann wegen des Wegfalls der Begünstigung frustriert wird (VfSlg. 12.944/1991) oder nach Inangriffnahme der geplanten Maßnahmen nicht mehr aufgebracht werden kann (VfSlg. 13.655/1993, VfSlg. 15.739/2000).

Ein damit vergleichbarer Fall liegt hier jedoch nicht vor. Die einkommensteuerrechtlichen Regelungen über die Behandlung außerbetrieblicher Renten sind zwar, darauf wird in der Beschwerde zu Recht hingewiesen, in der Vergangenheit so interpretiert worden, daß Rentenzahlungen von der Art, wie sie die Beschwerdeführerin zu leisten hat, als Sonderausgaben eingestuft und daher als abzugsfähig beurteilt worden sind. Diese Auffassung beruhte darauf, daß die Praxis zwischen den im Gesetz vorgesehenen Typen der Kaufpreisrenten und Unterhaltsrenten einen Zwischenbereich zu erkennen glaubte und mit diesem - ungeachtet der gesetzlichen Lage, die lediglich die beiden genannten Alternativen vorsieht - eigene steuerliche Rechtsfolgen verbunden hat (vgl. Stoll, Rentenbesteuerung4, Rz. 846).

Das bedeutet zwar, daß die Steuerpflichtigen - unter Berücksichtigung dieser Praxis - bei Abschluß bestimmter Rentenverträge von bestimmten steuerlichen Konsequenzen ausgehen konnten; eine Rechtslage, bei der der Steuergesetzgeber bestimmte Verhaltensweisen geradezu angeregt und gefördert hat, lag aber keineswegs vor. Unter diesen Umständen liegt es aber im rechtspolitischen Ermessen des Gesetzgebers, die Rechtslage für die Zukunft anders und auch ungünstiger zu gestalten. Im übrigen kann eine verfassungswidrige Vertrauensverletzung nicht angenommen werden, wenn die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in ihrer ersten einschlägigen Entscheidung zum EStG 1988 die Rechtslage unter Berücksichtigung von Literaturstimmen nunmehr so interpretiert, daß sie die Rententypen auf die im Gesetz vorgesehenen Alternativen reduziert, die Abzugsfähigkeit von sog. außerbetrieblichen Versorgungsrenten als Sonderausgaben daher verneint und der Gesetzgeber diese Rechtsprechung (im Bereich der Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern) lediglich nachvollzieht.

3. Die Beschwerdeführerin wurde sohin weder in dem von ihr geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt.

4. Das Beschwerdeverfahren hat auch nicht ergeben, daß dies aus anderen, in der Beschwerde nicht dargelegten Gründen der Fall gewesen wäre.

5. Die Beschwerde war daher abzuweisen und antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abzutreten, ob die Beschwerdeführerin in sonstigen Rechten verletzt wurde.

III. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

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