Normen
B-VG Art130 Abs2;
KriegsmaterialV 1977 §1 Abs1 lita;
WaffG 1986 §18 Abs2;
WaffG 1986 §18 Abs5;
WaffG 1996 §10;
WaffG 1996 §18 Abs2 idF 2002/I/134;
B-VG Art130 Abs2;
KriegsmaterialV 1977 §1 Abs1 lita;
WaffG 1986 §18 Abs2;
WaffG 1986 §18 Abs5;
WaffG 1996 §10;
WaffG 1996 §18 Abs2 idF 2002/I/134;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 10. März 2003 wies der Bundesminister für Landesverteidigung den Antrag des Beschwerdeführers vom 6. März 2002 auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung zum Erwerb und Besitz eines halbautomatischen Gewehres Steyr AUG, Kaliber 9 x 19 mm (im Folgenden: AUG/9 mm) gemäß § 18 Abs. 2 des Waffengesetzes 1996 (WaffG) in Verbindung mit der Verordnung der Bundesregierung betreffend Kriegsmaterial, BGBl. Nr. 624/1977, ab. Dieser Bescheid wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 28. Oktober 2003, Zl. 2003/11/0104, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Ausschlaggebend für die Aufhebung war, dass der angefochtene Bescheid keine Ermessensentscheidung darstellte, die belangte Behörde vielmehr das Vorliegen des Versagungsgrundes militärischer Interessen im Sinne des § 18 Abs. 2 letzter Satz WaffG angenommen habe. Ob eine Ausnahmebewilligung zu erteilen sei oder nicht, könne jedoch nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nur nach den konkreten Umständen des Einzelfalles anhand der vom Gesetzgeber aufgestellten Kriterien entschieden werden. Entgegen dieser Judikatur habe die belangte Behörde ganz offensichtlich das Vorliegen militärischer Bedenken gegen die Erteilung der beantragten Ausnahmebewilligung geltend gemacht, ohne die gebotene Entscheidung aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalles vorgenommen zu haben.
Mit (Ersatz)Bescheid vom 7. April 2004 wies der Bundesminister für Landesverteidigung den wieder offenen Antrag des Beschwerdeführers vom 6. März 2002 auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung zum Erwerb und Besitz der oben erwähnen Waffe gemäß den §§ 10 und 18 Abs. 2 und 5 des Waffengesetzes 1996 (WaffG) in Verbindung mit § 1 Abschnitt I Z. 1 lit. a der Verordnung der Bundesregierung betreffend Kriegsmaterial, BGBl. Nr. 624/1977, erneut ab.
In der Begründung gab der Bundesminister für Landesverteidigung zunächst den Gang des Verwaltungsverfahrens wieder. Zum entscheidungsrelevanten Sachverhalt wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe die Erteilung einer Ausnahmebewilligung zum Erwerb und Besitz eines halbautomtischen Steyr AUG, Kaliber 9 x 19 mm, beantragt. Er beabsichtige die gegenständliche Waffe zu sportlichen Zwecken zu nützen. Der Beschwerdeführer sei als verlässlich im Sinne des § 8 WaffG anzusehen und Inhaber einer Waffenbesitzkarte. Bei der antragsgegenständlichen Waffe handle es sich um ein halbautomatisches AUG (Armee Universal Gewehr 9 mm). AUG 9 mm sei die Bezeichnung für die 9 mm Parabellum (9 x 19 mm) Version des StG 77. Das AUG/9 mm sei ein halb- und vollautomatischer, aufschießender Rückstoßlader mit Masseverschluss. Das AUG/9 mm werde auch mit einer Schlageinrichtung für Einzelfeuer geliefert. Der einzige Unterschied zwischen dem AUG 9/mm mit Einzel- und Powerfeuer-Funktion und dem AUG/9 mm mit Einzelfeuer-Funktion bestehe in der "in 10 Sekunden tauschbaren Schlageinrichtung". Die gegenständliche Waffe sei nicht als ausschließlich halbautomatische Waffe hergestellt und mit der vollautomatischen Waffe kompatibel. Die Lauflänge betrage 420 mm, die Gesamtlänge 665 mm. Der Kolben weise beim Auswurffenster eine nach außen führende, schachtartige Verstärkung auf. Das 25 oder 32 Schuss fassende Magazin werde in einem Magazinsadapter positioniert und gehalten. Bei der Waffe handle es sich nicht um eine Pistole, sondern um ein Gewehr. Sicherheitsorgane seien im Normalfall nicht mit derart leistungsstarken Waffen ausgestattet, sondern verfügten in der Regel nur über halbautomatische Faustfeuerwaffen. Mit dem gegenständlichen halbautomatischen Gewehr sei aufgrund der gegenüber Faustfeuerwaffen zu erzielenden höheren Reichweite und der besseren Zielgenauigkeit auf größere Distanzen ein hohes Gefährdungspotential verbunden. Der Besitz von Waffen dieser Art durch Privatpersonen stelle eine generelle Sicherheitsgefährdung dar. Der Hinweis des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren, Gendarmerie und Polizei wären mit potenteren Waffen ausgerüstet, ändere nichts an der offenkundigen Tatsache, dass Sicherheitsorgane im Normalfall nicht über derartige Waffen verfügten, sondern lediglich mit Faustfeuerwaffen ausgestattet seien. Es möge zutreffend sein, dass die Exekutive - etwa Sondereinheiten - auch über im Verhältnis zu Faustfeuerwaffen weitaus leistungsstärkere Waffen verfüge, als waffenmäßige Standardausrüstung stehe einem Exekutivbeamten jedoch nur eine halbautomatische Faustfeuerwaffe zur Verfügung. Das mit dem antragsgegenständlichen Gewehr gegenüber einer Faustfeuerwaffe eine höhere Reichweite und eine höhere Zielgenauigkeit erreicht werde, werde vom Beschwerdeführer nicht bestritten.
In rechtlicher Hinsicht führte der Bundesminister für Landesverteidigung aus, das in Rede stehende Gewehr sei gemäß § 1 Abschnitt I Z. 1 lit. a der Verordnung BGBl. 624 als Kriegsmaterial anzusehen.
Nach Wiedergabe der einschlägigen Rechtsvorschriften führte der Bundesminister für Landesverteidigung aus, hinsichtlich der Ausübung des Ermessens durch die Behörde sehe § 10 WaffG vor, dass bei der Anwendung der Ermessensbestimmung private Rechte und Interessen nur insoweit zu berücksichtigen seien, als dies ohne unverhältnismäßige Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses, das an der Abwehr der mit dem Gebrauch von Waffen verbundenen Gefahren besteht, möglich ist. Das vom Beschwerdeführer glaubhaft gemachte Interesse an der Verwendung der Waffe zu Sportzwecken sei nicht als unberechtigt anzusehen.
Was nun die Interessenabwägung gemäß § 10 WaffG angehe, so sei zunächst auszuführen, dass der Interessenabwägung nur das vom Beschwerdeführer beantragte AUG/9 mm mit Schlageinrichtung für Einzelfeuer zugrunde gelegt werde. Mit der gegenständlichen Schusswaffe sei ein hohes Gefährdungspotential verbunden. Da Sicherheitsorgane nicht mit derart leistungsstarken Waffen ausgestattet seien, sondern in der Regel nur über halbautomatische Faustfeuerwaffen verfügten, liege dieses Gefährdungspotential insbesondere in der mit dem gegenständlichen Gewehr gegenüber den Faustfeuerwaffen zu erzielenden höheren Reichweite und der besseren Zielgenauigkeit auf größere Distanzen. Den Ausführungen des Beschwerdeführers, wonach andere Schusswaffenfabrikate, welche angeblich "frei" oder mittels einer Waffenbesitzkarte erhältlich seien, aufgrund deren Präzision, Reichweite und Zielgenauigkeit ein mindestens ebenso großes Gefährdungspotential darstellten wie die antragsgegenständliche Waffe, sei entgegenzuhalten, dass die Ermessensübung der Behörde nur im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer beantragte Waffe und die von dieser Waffe ausgehenden Gefahren anhand der in § 10 WaffG genannten Kriterien zu erfolgen habe. Der Besitz von gefährlichen Schusswaffen wie dem gegenständlichen Gewehr durch Privatpersonen stelle insofern eine Sicherheitsgefährdung dar, als nicht auszuschließen sei, dass dieses Kriegsmaterial gegebenenfalls, wenn auch nicht notwendigerweise durch den Beschwerdeführer selbst (sogar gegen Sicherheitsorgane) eingesetzt werden könnte, die wie ausgeführt, im Normalfall nicht mit solch leistungsstarken Waffen ausgerüstet seien. Eine waffenmäßige Überlegenheit von Privatpersonen gegenüber den für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit und damit für den Schutz des Staatsbürgers verantwortlichen Sicherheitsorganen müsse aber strikt abgelehnt werden. Würde man eine stark verbreitete Überlassung des gegenständlichen Kriegsmaterials an Privatpersonen zulassen, würde dies unter Umständen zu unerwünschten Verhältnissen auf dem Gebiet der öffentlichen Sicherheit führen. Im Hinblick auf diese Überlegungen könne das private Interessen des Beschwerdeführers an der Nutzung der antragsgegenständlichen Waffe zu sportlichen Zwecken nicht berücksichtigt werden, ohne dadurch eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an der Abwehr der mit dem Gebrauch von Waffen verbundenen Gefahren herbeizuführen. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, dass er bei der Verwahrung und Handhabung einen besonders hohen Sicherheitsstandard gewährleisten könne, sei festzuhalten, dass die ordnungsgemäße Verwahrung bzw. Handhabung von Waffen einen wesentlichen Tatbestand bei der Prüfung der waffenrechtlichen Verlässlichkeit im Sinne des § 8 WaffG darstelle und somit lediglich im Rahmen der Prüfung der Verlässlichkeit eines Antragstellers berücksichtigt werden könne.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
1. Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (seine Zustellung erfolgte am 14. März 2003) ist für die Überprüfung seiner Rechtmäßigkeit durch den Verwaltungsgerichtshof das WaffG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 134/2002 maßgeblich.
1.1. Die einschlägigen Bestimmungen des WaffG lauteten (auszugsweise):
"Kriegsmaterial
§ 5. Kriegsmaterial sind die auf Grund des § 2 des Bundesgesetzes über die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial, BGBl. Nr. 540/1977, durch Verordnung bestimmten Waffen, Munitions- und Ausrüstungsgegenstände.
...
Ermessen
§ 10. Bei der Anwendung der in diesem Bundesgesetz enthaltenen Ermessensbestimmungen sind private Rechte und Interessen nur insoweit zu berücksichtigen, als dies ohne unverhältnismäßige Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses, das an der Abwehr der mit dem Gebrauch von Waffen verbundenen Gefahren besteht, möglich ist.
...
Kriegsmaterial
§ 18. (1) Der Erwerb, der Besitz und das Führen von Kriegsmaterial sind verboten.
(2) Der Bundesminister für Landesverteidigung kann verlässlichen Menschen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben und ein berechtigtes Interesse für den Erwerb, Besitz oder das Führen von Kriegsmaterial glaubhaft machen, Ausnahmen von den Verboten des Abs. 1 bewilligen. Solche Ausnahmebewilligungen bedürfen des Einvernehmens mit dem Bundesminister für Inneres. Sie sind zu versagen, wenn gegen ihre Erteilung gewichtige Interessen, insbesondere militärischer oder sicherheitspolizeilicher Art sprechen."
1.2. § 2 des Bundesgesetzes über die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial, BGBl. Nr. 540/1977, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 30a/1991, lautet:
"§ 2. Die Bundesregierung bestimmt im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates durch Verordnung, welche Waffen, Munitions- und Ausrüstungsgegenstände nach dem jeweiligen Stand der militärtechnischen Entwicklung als Kriegsmaterial im Sinne dieses Bundesgesetzes anzusehen sind."
1.3. Die Verordnung der Bundesregierung betreffend Kriegsmaterial, BGBl. Nr. 624/1977, lautet (auszugsweise):
"§ 1. Als Kriegsmaterial sind anzusehen: Waffen, Munition und Geräte
1. ...
a) Halbautomatische Karabiner und Gewehre, ausgenommen Jagd- und Sportgewehre, vollautomatische Gewehre, Maschinenpistolen, Maschinenkarabiner und Maschinengewehre;
..."
2.1. Nicht zu beanstanden ist im Beschwerdefall zunächst die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde, bei dem in Rede stehenden Gewehr handle es sich nach § 1 Abschnitt I Z 1 lit. a der Verordnung der Bundesregierung betreffend Kriegsmaterial um Kriegsmaterial. Die Kriegsmaterialeigenschaft wird auch vom Beschwerdeführer nicht in Zweifel gezogen.
Es steht weiters nicht in Streit, dass der Beschwerdeführer die Voraussetzungen für die Erteilung der Ausnahmebewilligung gemäß § 18 Abs. 2 WaffG erfüllt.
2.2. Wie sich aus der Begründung des angefochtenen Bescheides unzweifelhaft ergibt, hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen (Ersatz)Bescheid eine Ermessensentscheidung getroffen. Bei Ermessensentscheidungen hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich zu prüfen, ob die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenzen Gebrauch gemacht hat oder ob dies - in Form einer Ermessensüberschreitung oder eines Ermessensmissbrauches - nicht der Fall gewesen ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 13. August 2003, Zl. 2001/11/0170, mwN.). Wenn die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zur Auffassung gelangt ist, dass bei Abwägung des vom Beschwerdeführer geltend gemachten privaten Interesses, nämlich seines Interesses an der Verwendung einer eigenen (militärischen) Waffe zu Sportzwecken, mit dem öffentlichen Interesse, derartige Waffen aus allgemeinen Sicherheitsgründen privater Hand nicht anzuvertrauen, dem Beschwerdeführer die beantragte Ausnahmebewilligung nicht zu erteilen ist, stellen sich diese Erwägungen als mit dem Gesetz in Einklang stehend dar und lassen nicht erkennen, dass die belangte Behörde ihr Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes gehandhabt hat.
Die Richtigkeit der vom Beschwerdeführer aufgestellten Behauptung, dass von der in seinem Antrag genannten militärischen Waffe kein höheres Gefahrenpotential ausgehe als von Selbstladegewehren nach Kategorie B WaffG, war für die von der belangten Behörde zu treffende Entscheidung nicht von ausschlaggebender Bedeutung, weil die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Überlegung, dass Sicherheitskräfte "im Normalfall" - also nicht bei Sondereinsätzen - nicht mit derart leistungsstarken Waffen (im Beschwerdefall einer Waffe, deren Zielgenauigkeit und Reichweite diejenige der von den Sicherheitskräften verwendeten Faustfeuerwaffen unstrittig übersteigt und auch, wie sich aus vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren vorgelegten Abbildungen der Waffe ergibt, serienmäßig über ein integriertes optisches Visier verfügt) ausgerüstet seien, jedenfalls zutrifft (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 20. Jänner 1998, Zl. 97/11/0367, sowie vom 23. März 2004, Zl. 2003/11/0307).
Vor diesem Hintergrund ist nicht zu erkennen, wie die belangte Behörde bei Vermeidung der vom Beschwerdeführer behaupteten Verfahrensmängel zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können.
2.3. Die Beschwerde war aus diesen Erwägungen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 14. September 2004
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