Normen
AVG §68 Abs1;
BauO Wr §134 Abs4;
BauO Wr §70 Abs1;
BauO Wr §70;
BauO Wr §72;
BauO Wr §73 Abs1;
BauRallg;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs3;
VwRallg;
AVG §68 Abs1;
BauO Wr §134 Abs4;
BauO Wr §70 Abs1;
BauO Wr §70;
BauO Wr §72;
BauO Wr §73 Abs1;
BauRallg;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs3;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtenen Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in Höhe von insgesamt EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzten. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Zur Vorgeschichte wird auf die hg. Erkenntnisse jeweils vom 18. Jänner 2005, Zl. 2003/05/152 und Zl. 2004/05/0019, verwiesen. Daraus geht hervor, dass die mitbeteiligte Bauwerberin mit Schreiben vom 5. Juni 2001 beim Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, um die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Kleinhauses mit einer Kleingarage auf einer näher bezeichneten Liegenschaft in Wien 23 angesucht hat. Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 1. Oktober 2001 hat der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, mit Bescheid vom 17. Jänner 2002 die beantragte Baubewilligung erteilt.
Im zur hg. Zl. 2003/05/0152 protokollierten Verfahren war vom Verwaltungsgerichtshof zu beurteilen, ob der Eingabe der Beschwerdeführer (als Eigentümer benachbarter Liegenschaften) vom 25. April 2002, die von den Baubehörden als Antrag auf Wiederaufnahme des Baubewilligungsverfahrens zum obgenannten Bauvorhaben gewertet worden war, mit dem angefochtenen Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 1. Juli 2003 zu Recht mangels Parteistellung im Baubewilligungsverfahren keine Folge gegeben worden ist.
Im zur hg. Zl. 2004/05/0019 protokollierten Verfahren hatte sich der Verwaltungsgerichtshof mit der Frage auseinander zu setzen, ob die Bauoberbehörde für Wien mit dem angefochtenen Bescheid vom 10. Dezember 2003 die Berufung des Erstbeschwerdeführers gegen die Baubewilligung vom 17. Jänner 2002 zu Recht mangels Parteistellung als unzulässig zurückgewiesen hat.
Mit den genannten Erkenntnissen wurden beide dort angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben. Im Ergebnis wurde dies in beiden Fällen - soweit hier wesentlich - damit begründet, dass die Bauoberbehörde für Wien lediglich geprüft hat, ob bei der Bauverhandlung vom 1. Oktober 2001 Einwendungen erhoben worden sind (was sie verneint hat). Wesentlich wäre aber, wie der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen hat, ebenso gewesen, ob der dem Baubewilligungsbescheid vom 17. Jänner 2002 zugrunde liegende Einreichplan - soweit es um die Beurteilung, ob Nachbarrechte verletzt worden sind, gegangen ist - jenem Bauvorhaben, das Gegenstand der Bauverhandlung vom 1. Oktober 2001 gewesen ist, entsprochen hat. Nur bei insoweit entsprechenden Plänen wäre nämlich für die Beurteilung der Parteistellung der Nachbarn ausschließlich maßgeblich gewesen, ob bei der mündlichen Verhandlung Einwendungen erhoben worden waren. Andernfalls jedoch könnte § 134 Abs. 4 der Bauordnung für Wien (BO) zum Tragen kommen, der für einen Nachbarn die Möglichkeit vorsieht, Einwendungen auch nach dem Abschluss der mündlichen Bauverhandlung bis längstens drei Monate nach dem angezeigten Baubeginn zu erheben. Die mitbeteiligte Bauwerberin habe in ihrer Gegenschrift ausgeführt, dass der Baubeginn vom 1. März 2002 per 7. März 2002 angezeigt worden sei. Gegebenenfalls wäre daher das Vorbringen der Beschwerdeführer in der Eingabe vom 25. April 2002 als Einwendungen in der Sache zu beurteilen gewesen.
Das nunmehrige Beschwerdeverfahren bezieht sich auf ein Ansuchen "gem. §§ 70 + 73 BO" der mitbeteiligten Bauwerberin vom 2. Oktober 2003, mit dem beim Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, die baubehördliche Bewilligung für einen Planwechsel für das obgenannte Bauvorhaben beantragt wurde.
Bei der am 4. Februar 2004 durchgeführten mündlichen Verhandlung sprachen sich die Beschwerdeführer mit umfangreichen Einwendungen gegen die Planwechselbewilligung aus.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom 29. März 2004 wurde der Mitbeteiligten gemäß §§ 70 und 73 BO und in Anwendung des Wiener Garagengesetzes die beantragte Planwechselbewilligung erteilt.
Der dagegen erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge. Begründend wurde (soweit hier relevant) ausgeführt, lediglich die vorliegenden beantragten und im Einreichplan dargestellten Änderungen bildeten den Gegenstand des Planwechselverfahrens, nicht hingegen Baumaßnahmen, die mit vorherigen Bau- bzw. Planwechselbewilligungen genehmigt worden seien.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift und beantragte Kostenersatz.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die hier maßgebenden Bestimmungen der Bauordnung für Wien (BO) in der Fassung LGBl. Nr. 10/2003 lauten auszugsweise:
"Baubeginn
§ 72.
Soweit nicht § 62 oder § 70a zur Anwendung kommt, darf der Bau begonnen und weitergeführt werden, sobald die Baubewilligung gegenüber dem Bauwerber und jenen Personen, die spätestens bei der mündlichen Verhandlung Einwendungen gemäß § 134 Abs. 3 erhoben haben, rechtskräftig ist, oder wenn die zweitinstanzliche Baubewilligung gegenüber dem Bauwerber rechtskräftig ist.
Abweichungen von bewilligten Bauvorhaben
§ 73.
(1) Beabsichtigte Abweichungen von Bauplänen, die nach diesem Gesetz ausgeführt werden dürfen, sind wie Änderungen an bereits bestehenden Baulichkeiten zu behandeln, wobei die Abweichungen den Umfang des § 60 Abs. 1 lit. c nicht überschreiten dürfen; dadurch wird die Gültigkeitsdauer der ursprünglichen Baubewilligung beziehungsweise Kenntnisnahme nicht verlängert. Abweichungen von Bauplänen, die gemäß § 70a ausgeführt werden dürfen, sind nur im Wege eines Verfahrens gemäß § 70a zulässig.
..."
Auf Grund des § 73 Abs. 1 BO kann ein Planwechsel nur für solche Bauvorhaben bewilligt werden, für die (abgesehen vom hier nicht gegenständlichen vereinfachten Verfahren gemäß § 70a BO und vom Anzeigeverfahren gemäß § 62 BO) eine im Sinne des § 72 BO rechtskräftige Baubewilligung (und somit Pläne, die im Sinne des § 73 BO ausgeführt werden dürfen) vorliegt.
Im vorliegenden Fall wurde die Erteilung einer Bewilligung gemäß §§ 73 und 70 BO beantragt. Deutet man diesen Antrag so, dass dann, wenn die Voraussetzungen für eine Bewilligung nach § 73 BO nicht vorliegen, eine solche nach § 70 BO begehrt wird, ist festzuhalten, dass eine Bewilligung von baulichen Änderungen, Umbauten oder Zubauten nur dann in Frage kommt, wenn ein Baukonsens hinsichtlich des Bestandes, der geändert, umgebaut oder durch Zubauten vergrößert werden soll, besteht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 14. September 1995, Zl. 94/06/0018, und vom 25. April 1996, Zl. 93/06/0165).
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Voraussetzungen für eine Bewilligung gemäß § 73 BO oder § 70 BO im Zeitpunkt der Erlassung des nunmehr verfahrensgegenständlichen Bescheides gegeben waren. Da nämlich der Aufhebung eines Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof gemäß § 42 Abs. 3 VwGG Wirkung ex tunc zukommt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 15. September 1994, Zl. 94/06/0101, und vom 18. September 2003, Zl. 2001/06/0152), sind diese Voraussetzungen im gegenständlichen Fall durch die beiden genannten Erkenntnisse vom 18. Jänner 2005 jedenfalls rückwirkend weggefallen. Zwar war Gegenstand dieser Vorerkenntnisse nicht die ursprüngliche Baubewilligung. Sollten aber im Sinne der Vorerkenntnisse andere Pläne bei der Verhandlung vorgelegen sein als der Baubewilligung zugrunde gelegt wurden, wäre über die bewilligten Pläne noch keine - gemäß § 70 Abs. 1 BO vorgesehene - Verhandlung durchgeführt worden. Daraus folgt weiters, dass, solange diese Frage nicht geklärt ist, der Baubewilligungsbescheid nicht rechtskräftig im Sinne des § 72 BO ist, weil die Nachbarn gegebenenfalls noch Einwendungen bei einer allfälligen mündlichen Verhandlung erheben können. Das wiederum bewirkt, dass keine Baupläne vorliegen, die im Sinne des § 73 BO ausgeführt werden dürfen. Desgleichen steht nicht fest, dass ein Baukonsens vorliegt, auf dessen Grundlage bauliche Änderungen, Umbauten oder Zubauten bewilligt werden könnten.
Der angefochtene Bescheid war schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, wodurch es sich erübrigte, näher auf das Beschwerdevorbringen einzugehen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da die Umsatzsteuer, auf welche es sich bezieht, in den Pauschalsätzen der genannten Verordnung bereits berücksichtigt ist.
Wien, am 20. September 2005
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