VwGH 2004/03/0219

VwGH2004/03/021931.3.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Berger, Dr. Lehofer und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des SF in S, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 22. Oktober 2004, Zl. A14-27/1383-04/2, betreffend Entziehung des Taxilenkerausweises, zu Recht erkannt:

Normen

BetriebsO 1994 §13 Abs1;
BetriebsO 1994 §6 Abs1 Z3;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
BetriebsO 1994 §13 Abs1;
BetriebsO 1994 §6 Abs1 Z3;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Taxilenkerausweis gemäß § 13 Abs. 2 BO 1994 dem Beschwerdeführer für die Dauer eines Jahres mit der Begründung entzogen, dass dem Beschwerdeführer mit rechtskräftigem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 18. August 2004 seine Lenkberechtigung für die Dauer von zwei Wochen wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen worden sei, da er eine Geschwindigkeitsüberschreitung im Ortsgebiet von 46 km/h begangen habe. Es fehle daher die erforderliche Vertrauenswürdigkeit. Der Beschwerdeführer habe eine gravierende Geschwindigkeitsüberschreitung begangen und somit die Sicherheit der Personen im Straßenverkehr gefährdet. Von einem bloß geringfügigen Verstoß könne nicht die Rede sein. Es lasse daher sein Persönlichkeitsbild nicht auf die vom Gesetz geforderte Vertrauenswürdigkeit schließen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 13 Abs 1 und 2 der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr (BO 1994) lauten:

"§ 13. (1) Der Ausweis wird ungültig und muss bei der Behörde abgeliefert werden, wenn

1. die Berechtigung zum Lenken von Kraftfahrzeugen nach den führerscheinrechtlichen Vorschriften erlischt oder

2. eine der sonstigen in § 6 bezeichneten Voraussetzungen nicht mehr gegeben ist.

Kommt der Inhaber dieser Verpflichtung nicht nach, so ist der Ausweis von der Behörde abzunehmen.

(2) Der Ausweis ist von der Behörde nur für einen angemessenen, im Falle der zeitlichen Beschränkung gemäß § 10 Abs. 2 die Geltungsdauer des Ausweises jedoch nicht überschreitenden Zeitraum zu entziehen, wenn eine der in § 6 bezeichneten Voraussetzungen nicht mehr gegeben ist, jedoch angenommen werden kann, dass sie in absehbarer Zeit wieder vorliegen wird. Der Ausweis ist nach Ablauf der Entziehungsdauer auf Verlangen wieder auszufolgen, wenn die vorübergehend weggefallene Voraussetzung wieder gegeben ist."

Gemäß § 6 Abs 1 Z 3 BO 1994 setzt die Ausstellung eines Taxilenkerausweises u.a. voraus, dass der Bewerber vertrauenswürdig ist; die Vertrauenswürdigkeit muss zumindest in den letzten fünf Jahren vor der Ausstellung des Ausweises nachweislich gegeben sein. Die BO 1994 enthält keine nähere Begriffsbestimmung der Vertrauenswürdigkeit. Unter Zugrundelegung des allgemeinen Sprachgebrauchs ist davon auszugehen, dass dem Begriff der Vertrauenswürdigkeit inhaltlich die Bedeutung von "Sich verlassen können" zukommt. Durch das Erfordernis der Vertrauenswürdigkeit soll das Vorhandensein der nach der Eigenart des Gewerbes erforderlichen Eigenschaften bei den im Fahrdienst verwendeten Personen hinsichtlich ihrer Zuverlässigkeit, insbesondere in Ansehung der Sicherheit der im Rahmen des Taxigewerbes zu befördernden Personen, gewährleistet werden. Entscheidend ist, ob das bisherige Verhalten - wobei das Gesamtverhalten zu würdigen ist - auf ein Persönlichkeitsbild schließen lässt, das mit jenen Interessen im Einklang steht, deren Wahrung der Behörde im Hinblick auf die Bestimmungen des Gelegenheitsverkehrs-Gesetzes obliegt. Die Frage, ob eine Person vertrauenswürdig ist, ist auf Grund eines im Ermittlungsverfahren festzustellenden Gesamtverhaltens dieser Person zu beurteilen. Bei dieser Beurteilung ist die Behörde an rechtskräftige Bestrafungen insofern gebunden, als damit die Tatsache der Handlungen oder Unterlassungen, derentwegen die Bestrafung erfolgte, feststeht. Im Falle der Begehung einer Straftat oder einer Verwaltungsübertretung ist maßgeblich für die Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit im Sinne des § 6 Abs 1 Z 3 BO 1994 das dem Urteil bzw. dem Bescheid, mit welchem über Schuld und Strafe abgesprochen wurde, zu Grunde liegende Verhalten (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 25. Juni 2003, Zl. 2000/03/0228, und Zl. 2002/03/0112).

Aus einem Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit kann nicht in jedem Fall auf einen Mangel an Vertrauenswürdigkeit des Taxilenkers geschlossen werden. Aus einer einzigen Geschwindigkeitsüberschreitung kann der Mangel an Vertrauenswürdigkeit nur unter besonderen Umständen, beispielsweise auf Grund der dadurch hervorgerufenen konkreten Gefährdung von Verkehrsteilnehmern oder auf Grund des (absoluten und relativen) Ausmaßes der Überschreitung, abgeleitet werden (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 14. Dezember 1994, Zl. 94/03/0151, und vom 20. März 1996, Zl. 96/03/0042).

Im vorliegenden Beschwerdefall hat die belangte Behörde auf Grund einer einmaligen, wenn auch erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitung auf das Nichtvorliegen der erforderlichen Vertrauenswürdigkeit geschlossen, ohne dass sie hinreichend begründet hätte, auf Grund welcher besonderen Umstände im konkreten Fall bereits auf Grund der einmaligen Übertretung ein Persönlichkeitsbild vorliegt, welches nicht auf die vom Gesetz geforderte Vertrauenswürdigkeit schließen lässt. Aus der mit dem Verwaltungsstraferkenntnis festgestellten einmaligen beträchtlichen Geschwindigkeitsübertretung allein lässt sich ein derartiges, seine Neigung zur Nichtbeachtung von im Interesse der Verkehrssicherheit gelegenen Verwaltungsvorschriften manifestierendes Persönlichkeitsbild nicht ableiten.

Da es die belangte Behörde unterlassen hat, die im konkreten Fall für die Beurteilung, ob und für welchen Zeitraum die Entziehung des Taxilenkerausweises berechtigt war, erforderlichen näheren Feststellungen hinsichtlich des Gesamtverhaltens des Beschwerdeführers zu treffen, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, sodass dieser gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit c VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 31. März 2005

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