VwGH 2004/01/0148

VwGH2004/01/01489.5.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Pelant, Dr. Kleiser und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde des K B S in S, vertreten durch Mag. Rainer Hessenberger, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Alter Markt 7, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 6. November 2003, Zl. 0/912-15352/9-2003, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art6 Abs3;
StbG 1985 §10 Abs1 Z1;
StbG 1985 §10 Abs4;
B-VG Art6 Abs3;
StbG 1985 §10 Abs1 Z1;
StbG 1985 §10 Abs4;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 6. November 2003 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe sich von Dezember 1998 bis April 1999 nicht in Österreich, sondern bei seiner Familie in Äthiopien aufgehalten. Nach durchgehender Meldung vom 1. Juni 1993 bis 29. März 1999 sei er ab diesem Zeitpunkt bis 16. Juli 1999 in Österreich auch nicht mit Hauptwohnsitz gemeldet gewesen. Bei der Wohnung, die er vor seiner Abreise und nach seiner Rückkehr aus Äthiopien bewohnt habe, handle es sich nicht um seine eigene Wohnung, sondern er sei bei einer Familie wohnhaft gewesen. Er habe auch vor seiner Abreise und nach seiner Rückkehr nach Österreich keinen Arbeitgeber gehabt, sondern habe Arbeitslosengeld bezogen und sei in Österreich während seines Auslandsaufenthaltes nicht sozialversichert gewesen. Der ununterbrochene Hauptwohnsitz in Österreich könne daher erst ab 25. Mai 1999 (seither weise der Beschwerdeführer "Sozialversicherungsdaten" auf) angenommen werden. Ein Lebensmittelpunkt des Beschwerdeführers in Österreich könne bis dahin nicht angenommen werden, da es sich bei der Wohnung des Beschwerdeführers, die er vor seiner Abreise und nach seiner Rückkehr bewohnt habe, nicht um seine eigene Wohnung handle.

Die Judikatur stelle vorwiegend auf den "animus domiciliandi" ab. Ein Wohnsitz im Inland gehe durch die Niederlassung im Ausland dann verloren, wenn der Wille darauf gerichtet sei, nunmehr im Ausland seinen Wohnsitz zu begründen. Weitere Merkmale für das Vorliegen des Wohnsitzes seien die polizeiliche Anmeldung mit Hauptwohnsitz und der faktische Aufenthalt. Im vorliegenden Fall sei der Beschwerdeführer - wie angeführt - vom 29. März 1999 bis 16. Juli 1999 in Österreich nicht mit Hauptwohnsitz gemeldet gewesen und habe sich faktisch von Dezember 1998 bis April 1999 auch nicht in Österreich aufgehalten. Da der "angenommene" Wohnsitz des Beschwerdeführers erst seit 25. Mai 1999 gegeben sei und der Beschwerdeführer weder minderjährig noch EWR-Bürger noch Konventionsflüchtling sei, komme auch § 10 Abs. 1 Z 1 iVm § 10 Abs. 4 und 5 StbG nicht zum Tragen. Der Antrag auf Verleihung der Staatsbürgerschaft sei daher abzuweisen gewesen, da der Beschwerdeführer das Erfordernis des 10-jährigen Hauptwohnsitzes gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 StbG nicht erfülle.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Verleihung der Staatsbürgerschaft an einen Fremden setzt u. a. gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 StbG - in der hier noch anzuwendenden Fassung vor der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005 - voraus, dass dieser seit mindestens zehn Jahren seinen Hauptwohnsitz ununterbrochen im Bundesgebiet hat. Von dieser Voraussetzung kann nach § 10 Abs. 4 Z 1 StbG schon nach einem sechsjährigen ununterbrochenen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet bei Vorliegen eines besonders berücksichtigungswürdigen Grundes (im Sinne des Abs. 5 leg. cit.) abgesehen werden.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geht der einmal an einem Ort im Inland begründete Hauptwohnsitz nicht durch jeden Auslandsaufenthalt wieder verloren, sofern der Lebensmittelpunkt des Verleihungswerbers auch während dieser Zeit im Bundesgebiet erhalten bleibt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 21. März 2006, Zl. 2004/01/0266, mwN).

Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem zitierten Erkenntnis vom 21. März 2006, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ausgeführt hat, erfordert die Aufrechterhaltung des Lebensmittelpunktes im Bundesgebiet in subjektiver Hinsicht die Beibehaltung der Absicht des Verleihungswerbers, den Lebensmittelpunkt in Österreich zu haben ("animus domiciliandi"). Wird ein solcher Wille aufgegeben, vermag auch das Fortbestehen von Lebensbeziehungen zu Österreich einen Hauptwohnsitz im Inland nicht aufrecht zu erhalten. Umgekehrt reicht der bloße Wille, seinen Lebensmittelpunkt im Bundesgebiet zu erhalten, oder die Absicht, (irgendwann) nach Österreich zurückzukehren, zur Beibehaltung eines Hauptwohnsitzes nicht aus, wenn objektive Anknüpfungspunkte für einen solchen in Österreich nicht (mehr) gegeben sind. In objektiver Hinsicht setzt das Fortbestehen eines Hauptwohnsitzes im Bundesgebiet nämlich voraus, dass der Einbürgerungswerber Beziehungen zum Inland aufrecht erhält, die bei einer Gesamtbetrachtung seiner beruflichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebensumstände den Schluss rechtfertigen, er habe seinen Lebensmittelpunkt nach wie vor in Österreich.

Ein bedeutsames Kriterium dieser Gesamtbetrachtung ist auch die Aufrechterhaltung einer Wohnmöglichkeit im Inland während der Zeit des Auslandaufenthaltes (vgl. abermals das zitierte hg. Erkenntnis vom 21. März 2006).

Im Beschwerdefall kann eine solche Wohnmöglichkeit - entgegen der Auffassung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid - nicht schon deshalb verneint werden, weil es sich bei der Wohnung des Beschwerdeführers um keine "eigene" Wohnung gehandelt habe.

Schon aus diesem Grund hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 9. Mai 2006

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