VwGH 2003/15/0122

VwGH2003/15/012226.2.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde des Dr. G in K, vertreten durch Libra Wirtschaftstreuhandgesellschaft mbH, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in 1014 Wien, Teinfaltstraße 4, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates (Außenstelle Graz) vom 9. Oktober 2003, Zl. RV/0349-G/02, betreffend u.a. Umsatzsteuer für die Jahre 1989 bis 1991, zu Recht erkannt:

Normen

UStG 1972 §1 Abs1;
UStG 1972 §11 Abs14;
UStG 1972 §1 Abs1;
UStG 1972 §11 Abs14;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach den Ausführungen im angefochtenen Bescheid habe das Finanzamt auf der Grundlage der Feststellungen einer abgabenbehördlichen Prüfung (Prüfungsbericht vom 11. Juni 1996) Beratungsleistungen, die von der Schweizer Domizilgesellschaft M. AG an eine inländische Leistungsempfängerin - die C. AG - fakturiert und beim Finanzamt Graz-Stadt erklärt worden seien, dem Beschwerdeführer zugerechnet und der Umsatzsteuer unterworfen.

Die Zurechnung der von der M. AG fakturierten Umsätze habe der Beschwerdeführer - so die Ausführungen im angefochtenen Bescheid - in der gegen die Sachbescheide eingebrachten Berufung damit bekämpft, dass das System der Umsatzsteuer unabhängig von der Frage der ertragsteuerlichen Zurechnung die doppelte Erfassung eines Umsatzes als den Grundsätzen einer Verkehrsteuer widersprechend ausschließe. Die Funktion der Vorschrift des § 11 Abs. 14 UStG 1972 bestehe nur darin, der Gefahr des unberechtigten Vorsteuerabzuges auf Grund des gesonderten Steuerausweises entgegenzuwirken. Die Deutung dieser Vorschrift als Gefährdungsvorschrift, die den gesonderten Steuerausweis als solchen sanktioniere, verstoße gegen das verfassungsrechtliche Übermaßverbot. Im Beschwerdefall habe die C. AG in den Jahren 1989 bis 1991 lt. Feststellungen der Betriebsprüfung insgesamt 837.897,66 S an Umsatzsteuer nach § 25 Abs. 4 UStG 1972 für die von der M. AG an die C. AG ausgestellten Rechnungen einbehalten und an das Finanzamt Graz-Stadt abgeführt. In diesem Zusammenhang sei festzuhalten, dass die C. AG für die fraglichen Umsätze gemäß § 6 Z 8 UStG 1972 nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt gewesen sei, weil es sich um Projektarbeiten für Bankgeschäfte gehandelt habe. Im Übrigen hätte es seitens der M. AG gar nicht des gesonderten Ausweises der Umsatzsteuer bedurft, weil nach deren Ansicht die Umsätze im Ausland erbracht und somit in Österreich gar nicht steuerbar gewesen seien. Zusammenfassend sei daher festzuhalten, dass eine missbräuchliche Inanspruchnahme des Vorsteuerabzuges ungeachtet des offenen Steuerausweises durch die M. AG auszuschließen sei. Es bedürfe daher auch nicht der Wiederherstellung des Gleichgewichtes von Steuer und Vorsteuerabzug. Als Eventualantrag werde die Umbuchung der von der C. AG gemäß § 25 Abs. 4 UStG 1972 an das Finanzamt Graz-Stadt abgeführten Beträge auf das Abgabenkonto des Beschwerdeführers begehrt.

In der die Berufung gegen die die Sachbescheide abweisenden Berufungsvorentscheidung habe das Finanzamt darauf hingewiesen, dass nach den Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung die von der M. AG fakturierten Umsätze tatsächlich vom Beschwerdeführer erbracht worden seien. Die Umsatzsteuer sei daher gemäß § 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 19 Abs. 1 UStG 1972 festzusetzen gewesen, während die Vorschreibung der Umsatzsteuer nach § 11 Abs. 14 UStG 1972 ausschließlich die M. AG betroffen habe. Ergänzend sei zu bemerken, dass eine Umsatzsteuervorschreibung nach § 11 Abs. 14 UStG 1972 beim Rechnungsaussteller auf Grund der bloßen Tatbestandsverwirklichung (unabhängig von der tatsächlichen oder möglichen Vornahme des Vorsteuerabzuges durch den Rechnungsempfänger) zu erfolgen habe.

Im Vorlageantrag sei vom Beschwerdeführer im Wesentlichen der Standpunkt vertreten worden, die Ausführungen des Finanzamtes würden nicht (mehr) der geltenden Rechtslage entsprechen. Nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 19. September 2000, C-454/98 ) sei selbst im Missbrauchsfall zu Unrecht in Rechnung gestellte Mehrwertsteuer dann zu berichtigen bzw. rückzuerstatten, wenn die Gefährdung des Steueraufkommens ausgeschlossen sei. Im Beschwerdefall sei das Steueraufkommen nicht gefährdet gewesen, weil die C. AG die für die M. AG an das Finanzamt Graz-Stadt abgeführte Umsatzsteuer nach § 12 Abs. 3 Z 2 UStG 1972 nicht als Vorsteuer abgezogen habe. Darüber hinaus habe die M. AG die Rechnungen gegenüber der C. AG berichtigt und darauf hingewiesen, dass ein Vorsteuerabzug nach Ansicht der Finanzverwaltung im Zusammenhang mit sämtlichen Rechnungen der M. AG für die Tätigkeit des Beschwerdeführers auch dann unzulässig wäre, wenn die C. AG grundsätzlich zum Vorsteuerabzug berechtigt wäre.

Nach den dargelegten Erwägungen im Betriebsprüfungsbericht vom 11. Juni 1996 und der Niederschrift über die Schlussbesprechung vom 23. Mai 1996 - so die belangte Behörde im Erwägungsteil des angefochtenen Bescheides - seien die von der M. AG an die C. AG fakturierten Umsätze dem Beschwerdeführer zugerechnet und diesem die darauf entfallende Umsatzsteuer auf Grund der als erwiesen angenommenen tatsächlichen Leistungserbringung nach § 19 Abs. 1 und 2 UStG 1972 vorgeschrieben worden. Es erübrige sich auf die weitwendige Argumentation des Beschwerdeführers, die sich ausschließlich auf die Problematik der Steuerschuld kraft Rechnungslegung nach § 11 Abs. 14 UStG 1972 beschränke, näher einzugehen, weil - wie auch das Finanzamt in der Berufungsvorentscheidung ausdrücklich betont habe - im Beschwerdefall die festgesetzte Umsatzsteuer nicht kraft Rechnungslegung, sondern auf Grund der tatsächlichen Leistungserbringung durch den Beschwerdeführer geschuldet werde. Die detaillierten Sachverhaltsfeststellungen der Betriebsprüfung, die im Übrigen auch nach Ansicht der belangten Behörde eine Zurechnung an den Beschwerdeführer rechtfertigten, "werden von ihm überhaupt nicht in Streit gezogen". Wenn dem Beschwerdeführer die Umsatzsteuer kraft tatsächlicher Leistungserbringung vorgeschrieben worden sei, könne diese Vorschreibung nicht in Hinblick auf eine allfällige Steuerschuld kraft Rechnungslegung der M. AG mit dem Argument der doppelten Vorschreibung der Umsatzsteuer bekämpft werden. Es handle sich nämlich um zwei verschiedene Steuerschuldentstehungstatbestände, die sich gegenseitig nicht ausschlössen. Während der Tatbestand des § 19 Abs. 2 UStG 1972 an die tatsächliche Leistungserbringung anknüpfe, setzte der Tatbestand des § 19 Abs. 3 UStG 1972 im Fall des § 11 Abs. 14 UStG 1972 voraus, dass ein Nichtunternehmer oder Unternehmer, der keine Leistung erbringe, eine Rechnung mit gesondert ausgewiesenem Steuerbetrag ausstelle. Da die Umsatzsteuer auf Grund der tatsächlichen Leistungserbringung zur Vorschreibung gelangt sei, erübrige sich die Auseinandersetzung mit den Argumenten des Beschwerdeführers, die sich ausschließlich auf die Problematik der Entstehung der Steuerschuld kraft Rechnungslegung nach § 11 Abs. 14 UStG 1972 beschränkten. Zum Eventualantrag sei festzustellen, dass über die begehrte Umbuchung des Betrages von 837.898 S vom Abgabenkonto der M. AG auf jenes des Beschwerdeführers nicht im Rahmen des gegenständlichen Abgabenfestsetzungsverfahrens zu befinden sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

In der Beschwerde wird ausgeführt, die Bemessungsgrundlagen für die Umsatzsteuer der Jahre 1989 bis 1991 würden insoweit bekämpft, als es sich um die Zurechnung der seitens der M. AG an die C. AG fakturierten Beträge handle. Dem Beschwerdeführer sei Umsatzsteuer vorgeschrieben worden, die "bereits entrichtet wurde und für die der Empfänger erwiesenermaßen keinen Vorsteuerabzug in Anspruch nahm". Nach Auffassung des Beschwerdeführers schließe das System der Umsatzsteuer die doppelte Erfassung eines Umsatzes als den Grundsätzen einer Verkehrsteuer widersprechend - unabhängig von der Frage der ertragsteuerlichen Zurechnung - aus. Der Norm des § 11 Abs. 14 UStG 1972 komme nur der Zweck der Gewährleistung des systemtragenden Prinzips des Gleichgewichts von Steuer und Vorsteuerabzug zu. Sie solle der Gefahr des unberechtigten Vorsteuerabzuges auf Grund des gesonderten Steuerausweises entgegenwirken. Die Deutung dieser Vorschrift als Gefährdungstatbestand, die den gesonderten Steuerausweis als solchen sanktioniere, verstoße gegen das verfassungsrechtliche Übermaßverbot, wenn ein Schaden tatsächlich nicht eingetreten sei, und würde außerdem zu einem verfassungswidrigen Strafcharakter der Norm führen. Auf den konkreten Fall bezogen sei darauf hinzuweisen, dass die C. AG in den Jahren 1989 bis 1991 nach den Feststellungen der Betriebsprüfung insgesamt 837.897,66 S an Umsatzsteuer gemäß § 25 Abs. 4 UStG 1972 für die von der M. AG an die C. AG ausgestellten Rechnungen einbehalten und an das Finanzamt Graz-Stadt abgeführt habe. Es sei in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass die C. AG für die fraglichen Umsätze nach § 6 Z 8 UStG 1972 nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt gewesen sei, weil es sich um Projektarbeiten für Bankgeschäfte gehandelt habe. Im Übrigen hätte es seitens der M. AG gar nicht des gesonderten Ausweises der Mehrwertsteuer bedurft, weil nach Ansicht der M. AG die Umsätze im Ausland erbracht worden und somit in Österreich gar nicht steuerbar gewesen seien. Zusammenfassend sei daher festzustellen, dass eine missbräuchliche Inanspruchnahme des Vorsteuerabzuges im konkreten Fall ungeachtet des offenen Steuerausweises durch die M. AG auszuschließen sei. Es werde beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben (die Beschwerde werde "selbstverständlich zurückgezogen, falls in der Zwischenzeit eine Gutschrift der bereits entrichteten Umsatzsteuern beim Finanzamt Graz-Stadt erfolgt").

Mit diesem Beschwerdevorbringen, dass sich im Wesentlichen in einer Wiederholung des Berufungsvorbringens erschöpft und auf die Begründung des angefochtenen Bescheides nicht eingeht, wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt. Insbesondere wird mit den vorgebrachten Bedenken zur Vorschreibung einer Steuerschuld kraft Rechnungslegung nach § 11 Abs. 14 UStG 1972 in keiner Weise dargelegt, warum die an den Beschwerdeführer gemäß § 1 Abs. 1 iVm § 19 Abs. 1 und 2 UStG 1972 erfolgte Steuervorschreibung wegen tatsächlicher Leistungserbringung zu Unrecht erfolgt sein sollte. Den Feststellungen im angefochtenen Bescheid, wonach die Zurechnung der Umsätze an den Beschwerdeführer von ihm im Berufungsverfahren überhaupt nicht in Streit gezogen worden sei, wird in der Beschwerde nicht entgegengetreten. Dass das Entstehen einer Steuerschuld auf Grund der Rechnungslegung nach § 11 Abs. 14 UStG 1972 von der Steuerschuld kraft tatsächlicher Leistungserbringung nach § 1 Abs. 1 UStG 1972 zu unterscheiden ist, hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt. Die in der Beschwerde wiederholten Missbrauchsüberlegungen kämen allenfalls nur bei einer - allerdings nicht den Beschwerdeführer treffenden - Steuervorschreibung nach § 11 Abs. 14 UStG 1972 im Rahmen einer gegebenenfalls dort zu berücksichtigenden Rechnungsberichtigung zum Tragen (vgl. beispielsweise das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. November 2002, 98/13/0038).

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer gerügte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.

Wien, am 26. Februar 2004

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