VwGH 2003/13/0064

VwGH2003/13/006428.2.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Pelant, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. B. Trefil LL.M., über die Beschwerde der AAG in W, vertreten durch Securitas Revisions- und Treuhandgesellschaft mbH in 1090 Wien, Kolingasse 19, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 25. März 2003, GZ. RV/0955-W/02, betreffend Körperschaftsteuer für die Jahre 1995 bis 1997, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §198 Abs2;
BAO §93 Abs2;
BAO §93 Abs3 lita;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
BAO §198 Abs2;
BAO §93 Abs2;
BAO §93 Abs3 lita;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Aktiengesellschaft erhielt in den Wirtschaftsjahren 1994/1995, 1995/1996 und 1996/1997 (Bilanzstichtag 30.6.) auf Grund eines Franchisevertrages Lizenzgebühren von einem in Prag ansässigen Unternehmen. Der Festsetzung der Körperschaftsteuer für die Jahre 1995 bis 1997 legte das Finanzamt jeweils ein negatives Welteinkommen der Beschwerdeführerin zu Grunde, wobei die von der Beschwerdeführerin zur Anrechnung beantragten, der tschechischen Steuerverwaltung abgeführten Quellensteuern in Höhe von 5% der Lizenzgebühren ohne Begründung unberücksichtigt blieben.

In gegen die Körperschaftsteuerbescheide 1995 bis 1997 erhobenen Berufungen beantragte die Beschwerdeführerin, die ausländischen Quellensteuern "zur entsprechenden Verrechnung in den Folgejahren (ähnlich der Mindestkörperschaftsteuer) gutzuschreiben" und die Bescheide vorläufig zu erlassen, weil erst in Zukunft feststehen werde, ob "genügend Gewinne erzielt werden, damit die durch die ausländischen Einkünfte verminderten Verlustvorträge verbraucht werden können". Zur Begründung führte die Beschwerdeführerin aus, Art. 23 Abs. 2 lit. b des anzuwendenden Doppelbesteuerungsabkommens mit der Tschechischen Republik bestimme, dass die in Tschechien erhobene Quellensteuer auf die österreichische Steuer anzurechnen sei, soweit die ausländische Steuer in der auf diese Einkünfte entfallenden inländischen Steuer gedeckt sei. Dieser Artikel verändere nicht "die Grundentscheidung, dass kein Einkommen einer Doppelbesteuerung unterliegen" dürfe. Insofern müsse die Anrechnung in dem Jahr erfolgen, in der es tatsächlich zur Doppelbesteuerung komme. Da im gegenständlichen Fall auf Grund der derzeitigen Verlustsituation die Doppelbesteuerung durch Minderung des Verlustvortrages erst in einem Folgejahr entstehe, sei die Quellensteuer erst zu diesem Zeitpunkt anzurechnen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufungen im hier interessierenden Punkt als unbegründet ab.

Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der im Beschwerdefall zur Anwendung gelangenden Bestimmungen des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, gegenständlich sei das Besteuerungsrecht an den aus Tschechien stammenden Lizenzgebühren Österreich zugewiesen. Gemäß Art. 12 Abs. 2 DBA habe auch die Tschechische Republik ein Besteuerungsrecht von maximal fünf von Hundert des Bruttobetrages der Lizenzgebühren. Soweit die Lizenzgebühren auch im Quellenstaat besteuert werden dürften, sei die im Quellenstaat erhobene Steuer auf die in Österreich erhobene Steuer anzurechnen. Der Betrag der ausländischen Steuer werde somit von der Steuer des Wohnsitzstaates abgezogen. Die Gutschrift der ausländischen Steuer könne dabei nicht weiter gehen, als auf diesen ausländischen Einkünften tatsächlich inländische Steuer laste. Überstiegen wie im Beschwerdefall die negativen inländischen Einkünfte die anrechnungsberechtigten ausländischen Einkünfte, laufe die Anrechnung ins Leere, weil auf Grund des negativen Welteinkommens keine Ertragsteuerbelastung der ausländischen Einkünfte im Ansässigkeitsstaat vorliege. Mangels gesetzlicher Regelung bestehe auch keine Möglichkeit, eine im Jahr des Zuflusses der ausländischen Einkünfte steuerlich unverwertbare ausländische Quellensteuer auf spätere Veranlagungszeiträume vorzutragen (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. April 1999, 99/14/0012).

Durch den angefochtenen Bescheid erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Feststellung der auf die Folgejahre vortragsfähigen ausländischen Quellensteuern (Anrechnungsvortrag) verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Art. 12 und 23 des im Beschwerdefall noch anzuwendenden Abkommens zwischen der Republik Österreich und der (damaligen) Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und Vermögen, BGBl. Nr. 34/1979, (im Folgenden DBA), das gemäß Verordnung BGBl. III Nr. 123/1997 für die Tschechische Republik sinngemäß anzuwenden war, lauten auszugsweise:

"Artikel 12

Lizenzgebühren

(1) Lizenzgebühren, die aus einem Vertragstaat stammen und von einer in dem anderen Vertragstaat ansässigen Person bezogen werden, dürfen in dem anderen Staat besteuert werden.

(2) Die im Absatz 3 lit. a angeführten Lizenzgebühren dürfen jedoch in dem Vertragstaat, aus dem sie stammen, nach dem Recht dieses Staates besteuert werden; die Steuer darf aber 5 vom Hundert des Bruttobetrages der Lizenzgebühren nicht übersteigen.

(3) Der in diesem Artikel verwendete Ausdruck 'Lizenzgebühren' bedeutet Vergütungen jeder Art, die für die Benutzung oder für das Recht auf Benutzung

a) von Patenten, Warenzeichen, Mustern oder Modellen, Plänen, geheimen Formeln oder Verfahren oder für die Benutzung oder das Recht auf Benutzung gewerblicher, kaufmännischer oder wissenschaftlicher Ausrüstungen oder für die Mitteilung gewerblicher, kaufmännischer oder wissenschaftlicher Erfahrungen,

b) von Urheberrechten an literarischen, künstlerischen oder wissenschaftlichen Werken, einschließlich kinematographischer Filme,

gezahlt werden.

(4) ...

(5) ...

(6) ...

Artikel 23

Vermeidung der Doppelbesteuerung

(1) ...

(2) Bei einer in der Republik Österreich ansässigen Person wird die Steuer wie folgt festgesetzt:

  1. a)
  2. b) Bezieht eine in der Republik Österreich ansässige Person Einkünfte, die nach den Artikeln 10 oder 12 in der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik besteuert werden dürfen, so rechnet die Republik Österreich auf die vom Einkommen dieser Person zu erhebende Steuer den Betrag an, der der in der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik gezahlten Steuer entspricht. Der anzurechnende Betrag darf jedoch den Teil der vor der Anrechnung ermittelten Steuer nicht übersteigen, der auf die Einkünfte entfällt, die aus der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik bezogen werden."

    In der Beschwerde wird vorgebracht, der Abkommenswortlaut ziehe in zeitlicher Hinsicht - wann eine Steuer "erhoben" wird - keine näheren Grenzen. Im Hinblick auf die Zielsetzung des Abkommens, eine Doppelbesteuerung zu vermeiden, werde dem Ausdruck "zu erhebende Steuer" in Art. 23 Abs. 2 lit. b DBA jener Inhalt beizumessen sein, der diesem Abkommenszweck am Besten entspreche. Somit müsse diese Vorschrift so verstanden werden, dass die in einer Periode im Quellenstaat gezahlte Steuer im Ansässigkeitsstaat auch in einer späteren Periode angerechnet werden könne, weil die entsprechende Steuer - bei einem negativen Welteinkommen im Ansässigkeitsstaat - erst in einer späteren Periode "erhoben wird". Infolge der durch die Einbeziehung der ausländischen positiven Einkünfte bewirkten Verminderung des für einen Vortrag zur Verfügung stehenden Verlustes komme es nämlich lediglich zu einem temporären Steueraufschub auf einen späteren Veranlagungszeitraum. Einem Anrechnungsvortrag stehe auch die Regelung des Anrechnungshöchstbetrages nicht entgegen, weil auch diese Bestimmung der Anrechnung keine zeitliche Schranke setze. Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. April 1999, 99/14/0012, sei zum DBA Japan ergangen und werde primär auf den vom OECD-Musterabkommen abweichenden Wortlaut des DBA Japan gestützt. Eine gefestigte Rechtsprechung zum "Anrechnungsvortrag im DBA Recht" liege noch nicht vor.

    Schließlich sei auch aus "europarechtlichen" Gründen dem Art. 23 Abs. 2 lit. b DBA jener Inhalt beizumessen, der die Anrechnung von tschechischen Quellensteuern in Folgejahren ermögliche. Die von der belangten Behörde vertretene Rechtsauffassung verstoße gegen Art. 56 EG, wonach alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs und des Zahlungsverkehrs zwischen Mitgliedstaaten sowie zwischen Mitgliedstaaten und dritten Ländern verboten seien. Durch die Gefahr der Nichtanrechnung von ausländischen Quellensteuern werde der in Österreich ansässige Lizenzgeber in seinen wirtschaftlichen Aktivitäten beschränkt.

    Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Dass es in Folgejahren durch die Kürzung der als Sonderausgaben abziehbaren Verlustvorträge in wirtschaftlicher Betrachtung zu einer "Nachversteuerung" der in den Streitjahren in Österreich nicht besteuerten ausländischen Einkünfte kommen könnte, mag sein, belastet die hier allein streitgegenständlichen Körperschaftsteuerbescheide 1995 bis 1997 aber selbst dann nicht mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, wenn die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten gemeinschaftsrechtlichen Gründe die Anrechnung der in den Streitjahren angefallenen ausländischen Steuern (gegebenenfalls in Abweichung von der bisherigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, vgl. insbesondere das Erkenntnis vom 28. September 2004, 2000/14/0172) in künftigen Veranlagungsjahren erfordern sollten.

    Gemäß § 198 Abs. 2 BAO haben Abgabenbescheide - und um solche handelt es sich bei Körperschaftsteuerbescheiden - im Spruch die Art und Höhe der Abgaben, den Zeitpunkt der Fälligkeit und die Grundlagen der Abgabenfestsetzung (Bemessungsgrundlagen) zu enthalten. Die Feststellung künftiger Anrechenbarkeit ausländischer Steuern ist nach dieser Bestimmung weder geboten noch zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich, weil sich ein Anrechnungsvortrag - ginge man vom Bestehen eines solchen aus - ohnedies unmittelbar auf die Höhe der inländischen Abgabe jenes Jahres auswirken würde, in dem der Abzug der ausländischen Steuer erfolgen soll, sodass die Gewährung (oder Versagung) der Anrechnung ausländischer Steuern zu einem notwendigen Spruchbestandteil der Körperschaftsteuerbescheide eben dieser Folgejahre würde.

    Tatsächlich ist im Beschwerdefall auch kein - eine Bindungswirkung entfaltender - Abspruch (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 1998, 97/14/0086) über die künftige Anrechenbarkeit der bekannt gegebenen ausländischen Steuern getroffen worden. In den Körperschaftsteuerbescheiden des Finanzamtes findet sich weder eine positive noch eine negative Feststellung des Inhaltes, dass die in Tschechien entrichteten Steuern für die nächsten Veranlagungsjahre zur Anrechnung auf künftige inländische Abgabenschulden zur Verfügung stehen oder nicht. Die mit dem angefochtenen Bescheid erfolgte Abweisung der Berufung als unbegründet ist so zu werten, als ob die Berufungsbehörde einen mit dem bekämpften Bescheid des Finanzamtes im Spruch übereinstimmenden Bescheid erlassen hätte (vgl. Ritz, BAO3, Tz. 47 zu § 289, mit zahlreichen Hinweisen auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Auch der für das Jahr 1995 mit dem angefochtenen Bescheid vorgenommenen Neubemessung der Körperschaftsteuer in Folge der Berufungsstattgabe in einem hier nicht interessierenden Punkt ist ein derartiger Abspruch über eine künftig (nicht) gegebene Anrechenbarkeit nicht zu entnehmen. Durch die Begründung des angefochtenen Bescheides, in der das Bestehen eines Anrechnungsvortrages verneint wurde, kann die Beschwerdeführerin in keinen Rechten verletzt sein, weil nur der Spruch eines Bescheides rechtliche Geltung erlangt (vgl. den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Februar 1992, 91/14/0228, sowie Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 423 f).

    Die behauptete Rechtswidrigkeit haftet dem angefochtenen Bescheid somit nicht an.

    Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

    Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

    Wien, am 28. Februar 2007

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