Normen
BAO §186;
BAO §188;
BAO §92 Abs1 litb;
BAO §92 Abs1 litc;
EStG §18 Abs6;
EStG §18 Abs7;
BAO §186;
BAO §188;
BAO §92 Abs1 litb;
BAO §92 Abs1 litc;
EStG §18 Abs6;
EStG §18 Abs7;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde gegenüber dem Beschwerdeführer die Einkommensteuer für 1990 festgesetzt. Dabei hat die belangte Behörde den vom Beschwerdeführer begehrten Abzug von Verlusten aus den Jahren 1985 bis 1987 als Sonderausgaben gemäß § 18 Abs. 6 EStG 1988 versagt.
Dem angefochtenen Bescheid liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Mit Realteilungsvertrag vom 15. Mai 1985 wurde eine zwischen dem Beschwerdeführer, seiner Mutter und zwei Geschwistern bestehende Erbengemeinschaft aufgehoben. Nach diesem Vertrag ging ein von den Erben in der Rechtsform einer Gesellschaft nach bürgerlichem Recht geführtes Gasthaus in das Alleineigentum des Beschwerdeführers über, der es ab 15. Mai 1985 als Einzelunternehmen fortführte.
Am 31. Oktober 1986 reichte der Beschwerdeführer die Abgabenerklärungen für 1985 samt Bilanz ein. Aus der Aufstellung "Verlustverteilung 1985" geht hervor, daß der in der Bilanz ausgewiesene Verlust für 1985 in der Höhe von S 1,264.311,99 der bis 15. Mai 1985 aufrechten Erbengemeinschaft und dem Einzelunternehmen des Beschwerdeführers anteilig nach den Monaten des Bestehens zugerechnet worden war.
Am 28. Jänner 1987 erließ das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid 1985, dem der Verlust aus Gewerbebetrieb erklärungsgemäß mit S 908.724,-- zugrunde gelegt wurde.
Anläßlich einer bei der Gesellschaft nach bürgerlichem Recht durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften aus Gewerbebetrieb, Umsatzsteuer, Alkoholabgabe und Gewerbesteuer 1985 stellte der Prüfer (in Tz 5 des Berichtes vom 27. Oktober 1989) fest, daß der Verlust im Hinblick auf die Vorlage nur einer Bilanz trotz Umwandlung in ein Einzelunternehmen mit 15. Mai 1985 und die Aufteilung des Verlustes nach Monaten nicht vortragsfähig sei.
Der Spruch des Bescheides vom 20. Jänner 1987 betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Gesellschaft nach bürgerlichem Recht enthielt die Feststellung, daß der Verlust nicht aufgrund ordnungsgemäßer Buchführung ermittelt worden und daher nicht vortragsfähig sei.
Mit Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 21. August 1986 wurde über das Vermögen des Beschwerdeführers der Konkurs eröffnet. Nach Abschluß eines Zwangsausgleiches wurde der Konkurs mit Beschluß vom 22. Mai 1987 aufgehoben. In der Zeit zwischen Eröffnung und Aufhebung des Konkurses wurde das Gasthaus des Beschwerdeführers mit Genehmigung des Konkursgerichtes weitergeführt.
Beim Beschwerdeführer wurde im Jahr 1989 eine abgabenbehördliche Prüfung u.a. betreffend die Einkommensteuer 1985 bis 1987 durchgeführt. Im Bericht vom 27. Oktober 1989 (Tz 5) führte der Prüfer aus, daß die Kassaführung nicht laufend erfolgt sei, es zu Fehlbeträgen komme, die Inventur teilweise geschätzt worden sei und im Jahr 1985 für die Gesellschaft und das Einzelunternehmen nur eine Bilanz erstellt worden sei. Die Verluste der Jahre 1985 bis 1987 seien nicht vortragsfähig.
In einer vom Prüfer aufgenommenen und vom steuerlichen Vertreter des Beschwerdeführers unterfertigten Niederschrift vom 21. September 1989 wurde u.a. festgehalten, daß die Buchhaltung für die geprüften Jahre nicht ordnungsgemäß sei und Verlustvorträge daher nicht anzuerkennen seien. Die Mängel der Buchhaltung würden erhebliche Gewinnänderungen bewirken, doch unterbleibe im Hinblick auf das Fehlen der Vortragsfähigkeit der Verluste eine Wiederaufnahme.
Mit Bescheid vom 3. November 1989 sprach das Finanzamt aus, daß die Verluste der Jahre 1985 bis 1987 nicht vortragsfähig seien. Nach den Feststellungen bei der Betriebsprüfung seien die Verluste nicht aufgrund ordnungsmäßiger Buchführung ermittelt worden.
Mit Schreiben vom 14. September 1990 betreffend die Festsetzung der Einkommensteuervorauszahlungen für 1990 teilte der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers dem Finanzamt mit, der Beschwerdeführer habe den Gewerbebetrieb veräußert und beantrage die Festsetzung der Einkommensteuervorauszahlung mit S 700.000,--. Der Gewinn wurde mit S 3,030.506,-- angegeben, wobei Verlustvorträge der Jahre 1983 bis 1990 in der Höhe von S 1,402.827,-- mit dem Veräußerungsgewinn verrechnet wurden.
In einem ergänzenden Schriftsatz vom 22. Juni 1992 zu den Steuererklärungen 1990 führte der Beschwerdeführer betreffend den Verlustvortrag gemäß § 18 Abs. 6 EStG 1988 in der Höhe von nunmehr S 2,845.080,-- aus, die Prüfung für die Jahre 1985 bis 1987 habe zu keinem Mehrergebnis geführt. Trotz der gegenteiligen Auffassung des Prüfers seien die Verluste auch für diese Jahre vortragsfähig.
Das Finanzamt führte in seinem Vorhalt vom 13. Juli 1992 aus, bei der Prüfung hätten sich große Kalkulationsdifferenzen bei Bier, Wein, Spirituosen und Limo ergeben. Die erklärten Erlöse wichen 1985 um S 194.000,--, 1986 um S 58.000,-- und 1987 um S 30.000,-- vom kalkulatorisch errechneten Wert ab. Bei der Überprüfung der Pensionseinnahmen hätten sich große Differenzen ergeben. Die (erklärte) Bettenauslastung hätte in dem Zweisaisonenort 1985 nur 61 Nächtigungen, 1986 nur 44 Nächtigungen und 1987 nur 56 Nächtigungen ergeben. Inventuren seien mangelhaft gewesen und teilweise geschätzt worden. Die Kassaführung sei nicht laufend erfolgt. Es seien immer wieder Kassafehlbeträge festgestellt worden. Im übrigen sei mit rechtskräftigem Bescheid vom 3. November 1989 festgestellt worden, daß die Verluste 1985 bis 1987 mangels ordnungsmäßiger Buchführung nicht vortragsfähig seien.
Im Schreiben vom 22. Juli 1992 nahm der Beschwerdeführer zu dem Vorhalt Stellung und führte aus, die Kalkulationsdifferenzen seien im Laufe der Prüfung aufgeklärt worden. Ein diesbezüglicher Aktenvermerk sei sicher irgendwo zu finden. Die Nächtigungszahlen seien auf den niedrigen Standard der Zimmer zurückzuführen. Diesen Umstand habe der Prüfer zur Kenntnis genommen und sich an Ort und Stelle von der Richtigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers überzeugt. Der Beschwerdeführer ersuche um Mitteilung, welche Inventuren mangelhaft gewesen und welche Teile geschätzt worden seien. Die vom Prüfer beanstandete Kassaführung betreffe die Zeit des Konkursverfahrens. Der Feststellungsbescheid vom 3. November 1989 habe keine gesetzliche Grundlage. Ein solcher "Nichtbescheid" könne auch nicht in Rechtskraft erwachsen.
Am 10. September 1992 erließ das Finanzamt u.a. einen gemäß § 200 BAO vorläufigen Einkommensteuerbescheid für 1990. Dabei wurden die Sonderausgaben infolge Nichtberücksichtigung der Verlustvorträge für 1985 bis 1987 gekürzt.
Beim Beschwerdeführer wurde in der Folge eine abgabenbehördliche Prüfung durchgeführt, die auch die Einkommensteuer 1988 bis 1990 umfaßte. Im Bericht vom 10. August 1993 führte der Prüfer zur Vortragsfähigkeit der Verluste für 1985 bis 1987 aus, zu den im Zuge der Vorprüfung getroffenen Feststellungen sei ergänzend ermittelt worden, daß Bierlieferungen in den Jahren 1985 und 1986 in den Buchhaltungen nicht erfaßt worden seien, sodaß sich die bereits festgestellten Kalkulationsdifferenzen noch erheblich erhöhten. Im Zusammenhang mit dem Teilungsvertrag vom 15. Mai 1985 getragene Zinsen seien wahrscheinlich zu Unrecht als Aufwand verbucht worden.
Unter Zugrundelegung der abgabenbehördlichen Prüfung erließ das Finanzamt am 23. August 1993 u.a. einen gemäß § 200 Abs. 2 BAO endgültigen Einkommensteuerbescheid für 1990. Dabei wurde der Verlustabzug für die Jahre 1985 bis 1987 versagt.
In der dagegen erhobenen Berufung begehrte der Beschwerdeführer die Anerkennung des Verlustabzuges auch für die Jahre 1985 bis 1987. Er führte aus, die beanstandeten Bierlieferungen seien verbucht worden. Der Lieferant habe aber, anstatt seine Forderung anzumelden, mit der Bierbezugsverpflichtung gegengerechnet. Die Behauptung hinsichtlich der Kalkulationsdifferenz sei daher widerlegt.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 15. März 1994 wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab. In der Begründung führte es aus, hinsichtlich des Biereinkaufes habe der Beschwerdeführer aufgezeigt, daß der Einkauf wohl nachgebucht worden sei und nur noch eine Einsatzverschiebung von S 20.714,-- brutto vorliege. Hinsichtlich der Zinsen liege aber nach wie vor eine auch betragsmäßig große Unsicherheit vor. Der Teilungsvertrag vom 15. Mai 1985 sei bei der Vorprüfung vorgelegen. Es seien aber wesentliche Punkte unklar geblieben, z.B. ob nicht stille Reserven hätten aufgelöst werden müssen, ob die Zinsen richtig abgegrenzt worden seien und ob nicht auch Veräußerungsgewinne in der Landwirtschaft zu erfassen gewesen wären.
Von einem weiteren Eingehen auf diese Problematik sei Abstand genommen, jedoch sichergestellt worden, daß die Verluste nicht vortragsfähig seien. Der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers habe dies zur Kenntnis genommen. Es sei daher nicht richtig, daß alle Mängel aufgeklärt worden seien. Das Ergebnis der Nachkalkulation sei mitgeteilt worden, der Beschwerdeführer habe dazu aber nicht Stellung genommen. Der Hinweis auf den Konkurs sei hinsichtlich der Kassafehlbeträge nicht zielführend. Die mangelhafte Inventur betreffe Teilschätzungen von Küchenwaren zum 31. Dezember 1986. Das Fehlen der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung sei am 21. September 1989 niederschriftlich zur Kenntnis gebracht worden. Zudem sei der Bescheid vom 3. November 1989 ergangen. Es werde daher angenommen, daß die zeitnahe Ermittlung zu einer richtigen Auffassung geführt habe. Diese Auffassung müsse bis 14. September 1990 auch die Meinung der Partei gewesen sein, weil im Antrag auf Festsetzung der Einkommensteuervorauszahlung der Verlustvortrag für die Jahre 1983 bis 1989 nur mit S 1,402.827,-- angegeben worden sei. Aus der Tatsache, daß keine Wiederaufnahme hinsichtlich der Einkommensteuerbescheide für 1985 bis 1987 erfolgt sei, könne nicht abgeleitet werden, daß der Verlust vortragsfähig sei.
Der Beschwerdeführer beantragte die Entscheidung über seine Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
In der mündlichen Verhandlung vom 27. Juni 1996 erklärte der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers, die seinerzeitige Feststellung, daß die Verluste nicht vortragsfähig seien, sei nur deshalb nicht bekämpft worden, weil damals die Vortragsfähigkeit auf drei Jahre begrenzt gewesen sei und für diesen Zeitraum ausreichend vortragsfähige Verluste zur Verfügung gestanden seien. Man habe damals dem Prüfer bewiesen, daß die aufgezeigten Buchführungsmängel zu Unrecht beanstandet worden seien. Es habe darüber auch schriftliche Protokolle gegeben, die jedoch infolge Ausscheidens des Prüfers aus dem Finanzdienst nicht mehr zu bekommen gewesen seien. Bescheidmäßig festgestellte Verluste seien immer vortragsfähig.
Die belangte Behörde führte in der Begründung des angefochtenen Bescheides im wesentlichen aus, im Falle von Mängeln der Buchführung sei der Verlust nach der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes dann abzugsfähig, wenn der Verlust - allenfalls nach Korrektur der Buchhaltung durch den Steuerpflichtigen oder aufgrund einer Betriebsprüfung - seiner Höhe nach errechnet werden könne und das Ergebnis überprüfbar sei. Lägen Mängel vor, deren Auswirkungen sich nicht klar abgrenzen ließen und eine Korrektur des in der Buchhaltung ausgewiesenen Ergebnisses durch Schätzung erforderten, sei der Verlust seiner Höhe nach nicht berechenbar. Ob die für die Vortragsfähigkeit eines Verlustes geforderte Voraussetzung einer ordnungsmäßigen Buchführung im Verlustjahr gegeben gewesen sei, sei für jenes Jahr zu entscheiden, für welches der Verlust als Sonderausgabe berücksichtigt werden solle.
Die Art der Verlustermittlung der Erbengemeinschaft für 1985 entspreche nicht § 4 Abs. 1 EStG 1972. Dem Beschwerdeführer seien die bei den Prüfungen festgestellten Buchführungsmängel vorgehalten worden. Aus einer Stellungnahme des Betriebsprüfers vom 20. Oktober 1993 ergebe sich, daß während der Jahre 1985 und 1986 nur die an die Brauerei H. geleisteten Teilzahlungen als Wareneinkauf erfaßt worden seien. Im Zuge der Bilanzerstellung zum 31. Dezember 1986 sei der sich laut "Bierbuch" ergebende offene Saldo von S 37.492,-- brutto auf Wareneingang Bier gebucht worden. Dadurch hätten sich zwar nicht die Kalkulationsdifferenzen erhöht, doch seien die Bilanzansätze "Lieferverbindlichkeiten" ab 1. Jänner 1985 unrichtig ermittelt worden, worin ein formeller Buchführungsmangel zu erblicken sei.
Die Behauptung des Beschwerdeführers, die festgestellten Kalkulationsdifferenzen seien im Laufe der Prüfung aufgeklärt worden, sei nicht näher konkretisiert worden und stehe im Widerspruch zu der in der Verhandlung vom 27. Juni 1996 aufgestellten Behauptung, die Kalkulationsdifferenzen seien derartig minimal, daß nicht einmal der Prüfer selbst irgendwelche Konsequenzen gezogen habe. Im übrigen könne auch das Unterbleiben der Wiederaufnahme des Verfahrens nicht die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung begründen. Die Schätzungsberechtigung hätte sich im vorliegenden Falle schon aufgrund der nicht aufgeklärten Kalkulationsdifferenzen ergeben. Der Beschwerdeführer habe auch nichts vorgebracht, was die Beanstandungen des Prüfers hinsichtlich der mangelhaften Kassaführung entkräftet hätte. Der Hinweis in der mündlichen Verhandlung auf Unterlagen, die nicht mehr greifbar seien, könne daran nichts ändern. Bei unbestritten mangelhaften Büchern und Aufzeichnungen könne - ohne gegen die Denkgesetze zu verstoßen - angenommen werden, daß nicht nur die nachgewiesenermaßen nicht verbuchten Vorgänge, sondern auch noch weitere Vorgänge nicht aufgezeichnet worden seien. Schon deshalb könne nicht davon ausgegangen werden, die Verluste seien in ihrer Höhe errechenbar und damit vortragsfähig gewesen.
Im Hinblick auf die Weiterführung des Unternehmens nach Konkurseröffnung hätte zum Stichtag 31. Dezember 1986 eine Inventur erfolgen müssen. Das Unterbleiben der Inventur stelle einen groben Mangel dar, weil diese u.a. die Grundlage für die Ermittlung des Wareneinsatzes sei. Aus der Niederschrift vom 21. September 1989 ergebe sich, daß die Schlußbilanz zum 31. Dezember 1987 zu berichtigen gewesen wäre. Zum 31. Dezember 1987 hätten S 4,996.707,93 (Einlagen) aus den Passiven ausgeschieden werden müssen und wäre der Saldo von S 916.068,66 (Schuld an die Bausparkasse) auf Null zu stellen gewesen.
Aufgrund der dargestellten schwerwiegenden formellen und materiellen Buchführungsmängel, die nach Art und Umfang auf das gesamte Rechenwerk ausstrahlten, habe die Buchhaltung insgesamt an Glaubwürdigkeit verloren. Die Verluste der Jahre 1985 bis 1987 könnten daher bei der Ermittlung des Einkommens des Beschwerdeführers für das Jahr 1990 nicht als Sonderausgaben im Sinne des § 18 Abs. 6 EStG 1988 abgezogen werden.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluß vom 10. Juni 1997, B 3450/96-3, lehnte dieser die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Gemäß § 18 Abs. 1 Z. 4 EStG 1972 (i.d.F. des Abschnittes I Art. I Z. 7 AbgÄG 1984, BGBl. Nr. 531) sind Sonderausgaben, die vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen sind, bei Steuerpflichtigen, die den Gewinn nach § 4 Abs. 1 oder nach § 5 auf Grund ordnungsmäßiger Buchführung ermitteln, die in den sieben vorangegangenen Wirtschaftsjahren entstandenen Verluste aus Land- und Forstwirtschaft, aus selbständiger Arbeit und aus Gewerbebetrieb, soweit sie nicht bei der Veranlagung für die vorangegangenen Kalenderjahre ausgeglichen oder abgezogen worden sind.
Gemäß § 18 Abs. 6 EStG 1988 (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor dem StruktAnpG 1996, BGBl. Nr. 201) sind als Sonderausgaben auch Verluste abzuziehen, die in den sieben vorangegangenen Jahren entstanden sind (Verlustabzug). Dies gilt nur, wenn die Verluste durch ordnungsmäßige Buchführung ermittelt worden sind und soweit die Verluste nicht bereits bei der Veranlagung für die vorangegangenen Kalenderjahre berücksichtigt wurden.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Frage, ob der Verlust durch ordnungsmäßige Buchführung ermittelt wurde und damit abzugsfähig ist, im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung für das Jahr zu entscheiden, für welches der Verlust als Sonderausgabe berücksichtigt werden soll (siehe dazu die hg. Erkenntnisse vom 5. Mai 1992, 92/14/0018, und vom 14. April 1994, 92/15/0169, mwN). Dieser Rechtsprechung lagen jeweils Fälle zugrunde, in denen eine bescheidmäßige Feststellung darüber, ob der Verlust abzugsfähig ist, nicht vorlag. Im Beschwerdefall wurde allerdings ein derartiger Bescheid, nämlich der Bescheid des Finanzamtes vom 3. November 1989 erlassen, der in Rechtskraft erwachsen ist.
Die Auffassung des Beschwerdeführers, dieser Bescheid sei ein "Nichtakt", ist verfehlt. Das betreffende, an den Beschwerdeführer gerichtete Schriftstück ist ausdrücklich als Bescheid bezeichnet, enthält die Feststellung, daß die Verluste der Jahre 1985, 1986 und 1987 nicht vortragsfähig sind, stützt sich begründend - allerdings ohne dies mit der Überschrift "Begründung" zu versehen - darauf, daß bei der Betriebsprüfung festgestellt worden sei, daß die Verluste nicht aufgrund ordnungsmäßiger Buchführung ermittelt worden seien, und enthält eine Rechtsmittelbelehrung. Das Schriftstück enthält zudem die Bezeichnung des Finanzamtes, das Datum und die Unterschrift des die Erledigung Genehmigenden. Bei der Erledigung vom 3. November 1989 handelt es sich demnach um einen Bescheid.
Soweit der Beschwerdeführer mit der - erstmals in der vorliegenden Beschwerde aufgestellten - Behauptung, es sei nicht feststellbar, wer den Bescheid unterschrieben habe und ob diese Person dazu berechtigt gewesen sei, die Bescheidqualität der Erledigung vom 3. November 1989 in Zweifel zieht, ist ihm zu erwidern, daß seine Behauptung völlig unsubstantiiert ist. Außerdem ist nach der Aktenlage eindeutig, welche Person den Bescheid unterfertigt hat, und bestehen auch keinerlei Bedenken gegen die Approbationsbefugnis des Betreffenden.
Richtig ist der Hinweis, daß es sich bei dem Bescheid vom 3. November 1989 nicht um einen Grundlagenbescheid im Sinne der §§ 186 bis 189 BAO handelt. Das bedeutet aber nicht, daß der Feststellungsbescheid vom 3. November 1989 deshalb ein "Nichtbescheid" wäre.
Der Beschwerdeführer hat den Bescheid vom 3. November 1989 unbestrittenermaßen nicht bekämpft. Er hat sich damit der Möglichkeit gegeben, seine Argumente gegen die rechtliche Zulässigkeit des Bescheides oder seine sachliche Richtigkeit ins Treffen zu führen. Damit steht bindend fest, daß die Verluste der Jahre 1985 bis 1987 nicht abzugsfähig sind. Schon aufgrund der vom rechtskräftigen Bescheid vom 3. November 1989 ausgehenden Bindungswirkung erweist sich der angefochtene Bescheid, mit dem der Abzug von Verlusten aus diesen Jahren versagt wurde, als nicht rechtswidrig, sodaß es einer Auseinandersetzung mit der im angefochtenen Bescheid behandelten Frage, ob die Verluste dieser Jahre durch ordnungsmäßige Buchführung ermittelt wurden, nicht bedarf.
Zu der vom Beschwerdeführer bestrittenen Zulässigkeit des Feststellungsbescheides vom 3. November 1989 sei im übrigen bemerkt, daß bescheidmäßige Feststellungen gemäß § 92 Abs. 1 lit. b oder c BAO nicht nur dann erlassen werden können, wenn dies - wie in den Fällen der §§ 186 ff BAO - gesetzlich ausdrücklich geboten ist, sondern auch dann, wenn eine solche Regelung zwar nicht besteht, die Erlassung eines Feststellungsbescheides aber im öffentlichen Interesse liegt oder wenn die bescheidmäßige Feststellung für die Partei ein notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverfolgung ist und insofern im Interesse der Partei liegt (vgl. dazu Stoll, BAO-Kommentar, 935, mwN).
Im Schrifttum (siehe Stoll, a.a.O., 2000; Hofstätter-Reichel, EStG 1988, IIIb, Rz 4 zu § 18 Abs. 6 und 7 EStG) wird im Zusammenhang mit Feststellungsbescheiden gemäß § 188 BAO die Auffassung vertreten, daß solche Bescheide auch eine spruchmäßige Feststellung über die Abzugsfähigkeit von Verlusten enthalten können. Ein Grund für eine Beschränkung eines solchen Ausspruches auf Bescheide gemäß § 188 BAO ist allerdings nicht zu erkennen. Eine bescheidmäßige Feststellung im oben beschriebenen Sinn wird vielmehr dann zulässig sein, wenn die Behörde aufgrund einer abgabenbehördlichen Prüfung in der Lage ist, die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung hinsichtlich bestimmter Jahre zu beurteilen. Ein derartiger Feststellungsbescheid schafft zwischen Abgabenbehörde und Abgabenpflichtigem Klarheit und kann zeitnah im Zusammenhang mit einer abgabenbehördlichen Prüfung die dabei gewonnenen Erkenntnisse verwerten. Durch einen solchen Bescheid wird vermieden, daß in großen zeitlichen Abständen zum Entstehungsjahr des Verlustes - seit dem StruktAnpG 1996, BGBl. Nr. 201, besteht hinsichtlich des Verlustabzuges keine zeitliche Beschränkung mehr - und mit den dadurch bewirkten Beweisschwierigkeiten über die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung im Entstehungsjahr und damit die Abzugsfähigkeit des Verlustes entschieden werden muß und allenfalls wiederholte Entscheidungen - mit denkbarerweise unterschiedlichen Ergebnissen - erforderlich werden. Nach Durchführung einer abgabenbehördlichen Prüfung ist das öffentliche Interesse an einer bescheidmäßigen Feststellung im beschriebenen Sinn zu bejahen. Wurde kein (bindender) Ausspruch über die Abzugsfähigkeit von Verlusten getroffen, wird im Sinne der oben zitierten ständigen Rechtsprechung über die Abzugsfähigkeit weiterhin für das Jahr zu entscheiden sein, für welches der Verlust als Sonderausgabe berücksichtigt werden soll.
Aus den dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 28. Oktober 1998
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