VwGH 2003/13/0054

VwGH2003/13/005426.11.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard sowie die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Büsser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Seidl LL.M., über den Antrag des R W in W, vertreten durch Dr. Christian Herbst, Rechtsanwalt in 1014 Wien, Tuchlauben 17, dieser vertreten durch Mag. Wolfgang Seifert, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Salztorgasse 1, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Behebung von Mängeln im mit Beschluss vom 26. Februar 2003, 2002/13/0154, eingestellten Verfahren, den Beschluss gefasst:

Normen

VwGG §46 Abs1;
VwGG §46 Abs1;

 

Spruch:

Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird bewilligt.

Begründung

Mit Beschluss vom 26. Februar 2003, 2002/13/0154, stellte der Verwaltungsgerichtshof das Verfahren über die Beschwerde des Antragstellers gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 22. Februar 2002, Zl. RV/333-10/01, betreffend Abgabenhinterziehung mit der Begründung ein, der Antragsteller habe den ihm erteilten Mängelbehebungsauftrag insofern nicht erfüllt, als er weder die vom Verwaltungsgerichtshof zurückgestellte unverbesserte Beschwerde samt Beilagen noch die erforderlichen weiteren Ausfertigungen der zurückgestellten Beschwerde (wieder) vorgelegt habe. Da der Mängelbehebungsauftrag somit nur teilweise erfüllt worden sei, gelte die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 2 VwGG als zurückgezogen.

Mit dem vorliegenden Antrag begehrt der Antragsteller die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, es sei "vorgesehen" gewesen, dass ein neuer dem Mängelbehebungsauftrag voll Rechnung tragender Schriftsatz in dreifacher Ausfertigung unter Wiedervorlage der zurückgestellten Beschwerde samt Beilagen eingebracht werde. Der Vertreter habe sich den diktierten Schriftsatz und die Beilagen zur Unterschrift und Kontrolle vorlegen lassen und sich dabei vergewissert, dass alle in der Rubrik des Schriftsatzes angeführten Unterlagen tatsächlich von der Angestellten KS als mit dem Schriftsatz zu verschickende Beilagen "erkannt" worden seien. Nach Durchsicht des Schriftsatzes sei der Vertreter des Antragstellers zur Ansicht gelangt, dass es im Hinblick auf den gleichzeitig gestellten Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sinnvoll sei, dem Verwaltungsgerichtshof auch die mittlerweile ergangene Aufforderung zum Strafantritt in dreifacher Ausfertigung, obgleich nicht als Beilage im Schriftsatz angeführt, zu übermitteln. In der Folge habe es KS bei der Postabfertigung des Schriftsatzes samt Beilagen unterlassen, die zurückgestellte unverbesserte Beschwerde mit in das Kuvert zu geben, sodass sie im Handakt des Vertreters verblieben sei. Bei KS handle es sich um eine äußerst zuverlässige Kanzleikraft, der dieser Fehler zum ersten Mal unterlaufen sei. Die versäumte Handlung (Vorlage der unverbesserten Beschwerde samt Beilagen in dreifacher Ausfertigung) wurde unter einem nachgeholt.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat (vgl. beispielsweise den hg. Beschluss vom 20. September 2001, 2001/15/0106, mwA), stellt ein dem Vertreter widerfahrenes Ereignis einen Wiedereinsetzungsgrund für die Partei nur dann dar, wenn dieses Ereignis für den Vertreter selbst unvorhergesehen oder unabwendbar war und es sich hiebei höchstens um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Im Zusammenhang mit Fehlern beim Kuvertieren von Schriftsätzen hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen, dass sich ein berufsmäßiger Parteienvertreter bei Vorliegen eines ordnungsmäßigen Kanzleibetriebes im Allgemeinen, solange er nicht durch Fälle von Unzuverlässigkeit zu persönlicher Aufsicht und zu Kontrollmaßnahmen genötigt wird, darauf verlassen darf, dass sein Kanzleipersonal einem von ihm verfassten Schriftsatz die darin angeführten Beilagen auch tatsächlich anschließt. Es ist nicht notwendig, dass sich der Parteienvertreter nach der Übergabe der Poststücke an die zuständige und versierte Kanzleikraft in jeden Fall noch von der tatsächlichen Durchführung der Expedierung der Sendung, etwa durch nochmalige Vorlage des Handaktes überzeugt (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 658, angeführte Rechtsprechung).

Ausgehend von dem ausreichend glaubhaft gemachten Sachverhalt sind im Lichte dieser Rechtsprechung die Voraussetzungen für die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegeben.

Dem Antrag war deshalb stattzugeben.

Wien, am 26. November 2003

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