VwGH 2003/08/0231

VwGH2003/08/023124.1.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der Dr. D in T, vertreten durch Dr. Christoph Haidlen, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Bozner Platz 4, gegen den Bescheid des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz vom 8. September 2003, Zl. 129.039/2-7/01, betreffend Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG (mitbeteiligte Partei: Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft in 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86), zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §357;
ASVG §410 Abs1 Z7;
ASVG §410 Abs2;
AVG §66 Abs4;
AVG §73;
EStG §22;
EStG §23;
GSVG 1978 §194 Z4;
GSVG 1978 §194;
GSVG 1978 §2 Abs1 Z4;
GSVG 1978 §2;
ASVG §357;
ASVG §410 Abs1 Z7;
ASVG §410 Abs2;
AVG §66 Abs4;
AVG §73;
EStG §22;
EStG §23;
GSVG 1978 §194 Z4;
GSVG 1978 §194;
GSVG 1978 §2 Abs1 Z4;
GSVG 1978 §2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird, soweit darin die Pflichtversicherung der Beschwerdeführerin in der Kranken- und Pensionsversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG im Zeitraum vom 1. Jänner 1998 bis zum 28. Februar 1998 festgestellt wird, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund (Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) hat de Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde festgestellt, dass die Beschwerdeführerin vom 1. Jänner 1998 bis zum 31. Dezember 1999 der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG unterliegt.

Nach Darlegung des Verfahrensganges und der Bestimmungen des § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG sowie des § 22 EStG 1988 stellt die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides fest, dass die Beschwerdeführerin vom 1. Jänner 1998 bis zum 31. Dezember 1999 ein Doktorandenstipendium von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften bezogen habe. Die Höhe dieses Stipendiums habe "laut den Statuten" pro Jahr S 200.000,-- betragen. Gemäß Punkt 4 der Statuten sei die Beschwerdeführerin verpflichtet, nach neun Monaten und bei Beendigung des Stipendiums einen Arbeitsbericht vorzulegen. Die Beschwerdeführerin habe in ihrer Versicherungserklärung vom 28. Juli 2000 bekannt gegeben, dass sie aus dieser Tätigkeit ein Einkommen erziele, das die für sie geltende Versicherungsgrenze in der Höhe von S 88.800,-- übersteige. Die Beschwerdeführerin sei im Jänner und Februar 1998 als Angestellte bei einem Rechtsanwalt ASVG-pflichtversichert gewesen; danach sei sie in keinem Dienstverhältnis - weder privatrechtlicher noch öffentlichrechtlicher Natur - gestanden.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG seien selbstständig erwerbstätige Personen, die auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit Einkünfte im Sinne der §§ 22 Z. 1 bis 3 und 5 und (oder) 23 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988) BGBl. Nr. 400, erzielen, wenn auf Grund dieser betrieblichen Tätigkeit nicht bereits Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz oder einem anderen Bundesgesetz in dem (den) entsprechenden Versicherungszweig(en) eingetreten ist, in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung pflichtversichert.

Ob ein Einkommen nach den §§ 22 Z. 1 bis 3 und 5 und (oder) 23 EStG 1988 vorliege, sei eine von den Finanzbehörden zu entscheidende Vorfrage. Gemäß den Lohnsteuerrichtlinien 2002 würden Postgraduate-Stipendien von den Steuerbehörden als "Einkommensersatz" und damit als steuerpflichtiges Erwerbseinkommen angesehen. Im vorliegenden Fall seien die gewährten Stipendienzahlungen mit Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1998 vom 15. Juli 1999 als Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Sinne des § 23 EStG 1988 in Höhe von S 186.662,-- und mit Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1999 vom 3. April 2000 als Einkünfte aus selbständiger Arbeit im Sinne des § 22 EStG 1988 in Höhe von S 141.295,-- festgesetzt worden.

Der Sachverhalt unterscheide sich von jenem, der dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Februar 2003. Zl. 2001/08/0104, zugrundegelegen sei, da die Tätigkeit und das daraus resultierende Einkommen "keinem anderen Dienstverhältnis zuzuordnen" sei.

Der von der Einspruchsbehörde vertretenen Ansicht, dass die im Rahmen des Stipendiums ausgeübte Forschungstätigkeit keine betriebliche Tätigkeit sei bzw. dass die daraus zufließenden Einkünfte keine solchen aus betrieblicher Tätigkeit seien, könne nicht gefolgt werden. Der Begriff der "betrieblichen Tätigkeit" knüpfe an den Betriebsbegriff im Sinne einkommensteuerlicher Regelungen an; es gäbe eine tatbestandliche Verknüpfung zwischen diesem Begriff und den Einkünften nach §§ 22 und /oder 23 EStG 1988. Der Begriff sei daher auch kein eigenständig zu prüfendes Kriterium des § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG. Das betriebliche Tätigwerden ergebe sich bereits daraus, dass die betreffende Tätigkeit von den zuständigen Finanzbehörden als Einkommen nach den §§ 22 Z. 1 bis 3 und 5 und 23 EStG 1988 bewertet worden sei. Eine Pflichtversicherung auf Grund dieser Tätigkeit nach dem GSVG oder einem anderen Bundesgesetz sei nicht vorgelegen, da die Tätigkeit in den Monaten Jänner und Februar 1998 als Angestellte bei einem Rechtsanwalt nicht im Zusammenhang mit der Tätigkeit aus dem gewährten Forschungsstipendium gestanden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, beantragte die Abweisung der Beschwerde, und erklärte, ebenso wie die mitbeteiligte Partei, von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand zu nehmen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerdeführerin erachtet sich zunächst dadurch beschwert, dass der erstinstanzliche Feststellungsbescheid nicht innerhalb der in § 194 Z. 4 GSVG vorgesehenen Frist erlassen worden sei.

§ 194 GSVG in der diesbezüglich mit 1. August 1998 in Kraft getretenen Fassung der 23. GSVG-Novelle, BGBl. I Nr. 139/1998, lautet auszugsweise:

"§ 194. Hinsichtlich des Verfahrens zur Durchführung dieses Bundesgesetzes gelten die Bestimmungen des Siebenten Teiles des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes mit der Maßgabe,

...

4. daß bezüglich der Feststellung der Pflichtversicherung und der Beitragspflicht für Pflichtversicherte gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 ein Bescheid gemäß § 410 Abs. 1 Z 7 ASVG in Verbindung mit § 410 Abs. 2 ASVG innerhalb von sechs Monaten ab Antragstellung, spätestens jedoch sechs Monate nach Rechtskraft des maßgeblichen Einkommensteuerbescheides zu erlassen ist."

§ 410 ASVG in der diesbezüglich mit 1. August 1998 in Kraft getretenen Fassung der 55. ASVG-Novelle, BGBl. I Nr. 138/1998, lautet auszugsweise:

"§ 410. (1) Der Versicherungsträger hat in Verwaltungssachen, zu deren Behandlung er nach § 409 berufen ist, einen Bescheid zu erlassen, wenn er die sich aus diesem Bundesgesetz in solchen Angelegenheiten ergebenden Rechte und Pflichten von Versicherten und von deren Dienstgebern oder die gesetzliche Haftung Dritter für Sozialversicherungsbeiträge feststellt und nicht das Bescheidrecht der Versicherungsträger in diesem Bundesgesetz ausgeschlossen ist. Hienach hat der Versicherungsträger in Verwaltungssachen insbesondere Bescheide zu erlassen:

...

7. wenn der Versicherte oder der Dienstgeber die Bescheiderteilung zur Feststellung der sich für ihn aus diesem Gesetz ergebenden Rechte und Pflichten verlangt,

...

(2) In den Fällen des Abs. 1 Z 7 ist über den Antrag des Versicherten (des Dienstgebers) ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach Einlangen des Antrages, der Bescheid zu erlassen. Wird der Partei innerhalb dieser Frist der Bescheid nicht zugestellt, so geht auf ihr schriftliches Verlangen die Zuständigkeit zur Entscheidung an den Landeshauptmann über. Ein solches Verlangen ist unmittelbar beim Landeshauptmann einzubringen. Das Verlangen ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht ausschließlich auf ein Verschulden des Versicherungsträgers zurückzuführen ist."

Für die Beurteilung der Versicherungspflicht ist das GSVG in der im jeweiligen zu beurteilenden Zeitraum in Geltung stehenden Fassung - zeitraumbezogen - anzuwenden (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 1991, Zl. 89/08/0210); dies betrifft die materiell die Versicherungspflicht regelnden Bestimmungen, nicht jedoch - sofern nicht anderes angeordnet ist oder sich aus Übergangsbestimmungen ergibt - jene Bestimmungen, die das von der Behörde einzuhaltende Verfahren regeln. Im vorliegenden Fall war von der Erstbehörde daher § 194 Z. 4 GSVG in der Fassung BGBl. I Nr. 139/1998 anzuwenden, auch wenn Teile des Zeitraums, für den die Versicherungspflicht zu beurteilen war, vor dem Inkrafttreten des § 194 Z. 4 GSVG lagen.

Die Beschwerdeführerin meint, dass eine Bescheiderlassung über die Pflichtversicherung und die Beitragspflicht für Pflichtversicherte nach § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG nach Ablauf von sechs Monaten ab Rechtskraft der Einkommensteuerbescheide nicht mehr zulässig sei und sie daher - nach Ablauf von sechs Monaten ab Rechtskraft der Einkommensteuerbescheide - darauf vertrauen habe können, dass keine Versicherungspflicht bestehe.

Dem kann nicht gefolgt werden: § 410 Abs. 1 Z. 7 i.V.m. Abs. 2 ASVG sieht in den dort vorgesehenen Fällen, in denen ein Bescheid nicht innerhalb von sechs Monaten ab Antragstellung erlassen wird, auf Antrag der Partei den Übergang der Entscheidungszuständigkeit auf den Landeshauptmann vor. Damit wird in bestimmten antragsgebundenen Verfahren in Verwaltungssachen vor den Sozialversicherungsträgern eine Entscheidungspflicht normiert, die dem nach § 357 ASVG grundsätzlich in Verfahren vor den Sozialversicherungsträgern nicht anzuwendenden § 73 AVG (in der Fassung vor der AVG-Novelle BGBl. I Nr. 158/1998) entspricht.

Das GSVG verweist mit § 194 GSVG hinsichtlich der anzuwendenden Verfahrensnormen weitgehend auf die Bestimmungen des ASVG. Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage der 23. GSVG-Novelle (1235 BlgNR 20. GP) wurde die Einführung des § 194 Z. 4 GSVG als erforderlich erachtet, "weil eine bescheidmäßige Absprache über die Versicherungs- bzw. Beitragspflicht des in § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG genannten Personenkreises erst möglich ist, wenn die maßgeblichen Einkommensnachweise vorliegen".

Vor diesem Hintergrund lässt sich daher festhalten, dass § 194 Z. 4 GSVG - wie auch § 410 Abs. 2 ASVG - bei der Festlegung der Entscheidungspflicht primär auf den Antrag des Versicherten abstellt, jedoch für den Fall, dass der für den tatsächlichen Eintritt der Pflichtversicherung maßgebliche Einkommensteuerbescheid erst später vorliegt, die Entscheidungsfrist des Sozialversicherungsträgers bis längstens sechs Monate ab Rechtskraft des Einkommensteuerbescheides verlängert. Die von der Beschwerdeführerin vertretene Ansicht - wonach das Vorliegen eines rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides, unabhängig von einer Versicherungserklärung des Versicherten, bereits die in § 194 Z. 4 GSVG vorgesehene Entscheidungsfrist des Sozialversicherungsträgers in Gang setzt - vermag zudem auch insofern nicht zu überzeugen, als der Versicherungsträger ohne darauf gerichteten Antrag des Versicherten nicht verpflichtet ist, einen Feststellungsbescheid über das Bestehen der Pflichtversicherung zu erlassen.

Nach den vorgelegten Verwaltungsakten ist die mit 28. Juli 2000 datierte Versicherungserklärung der Beschwerdeführerin am 2. August 2000 bei der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt eingelangt; der Antrag der Beschwerdeführerin, einen Feststellungsbescheid betreffend die Pflichtversicherung in den Jahren 1998 und 1999 zu erlassen, wurde am 13. November 2000 gestellt. Der bescheidmäßige Abspruch durch den Sozialversicherungsträger wurde der Beschwerdeführerin am 24. November 2000 zugestellt. Eine Überschreitung der Frist des § 194 Z. 4 GSVG liegt daher nicht vor, sodass es sich auch erübrigt, auf die von der Beschwerdeführerin behaupteten Folgen einer Bescheiderlassung nach Ablauf dieser Frist einzugehen.

2.1. Als zweiten Beschwerdegrund macht die Beschwerdeführerin geltend, dass durch das ihr gewährte Stipendium keine betriebliche Tätigkeit entstehe bzw. die Abfassung der Dissertation "keineswegs den für die Anwendung des GSVG notwendigen Betriebsbegriff" erfülle. Unter Bezugnahme auf ein für die Österreichische Akademie der Wissenschaften erstelltes Gutachten eines Universitätsprofessors legt die Beschwerdeführerin im Einzelnen dar, weshalb sie ihrer Ansicht nach keine betriebliche Tätigkeit ausgeübt habe und die Stipendienzahlungen nicht als Einkünfte aus einer betrieblichen Tätigkeit zu qualifizieren seien. Zusammengefasst bringt die Beschwerdeführerin dazu vor, dass sie die Dissertation nicht erstellt habe, um damit Einkünfte zu erzielen, und dass ihr das Stipendium erst zu einem erheblich späteren Zeitpunkt als dem Beginn der Dissertation zugeteilt worden sei. Zweck der Abfassung der Dissertation sei nicht die Erzielung eines Einkommens, sondern die weitere berufliche Qualifikation gewesen; die Beschwerdeführerin hätte die Dissertation auch verfasst, wenn sie das Stipendium nicht erhalten hätte. Die Österreichische Akademie der Wissenschaften sei nicht Auftraggeber der Dissertation, sie habe keinen Einfluss auf Inhalt und Organisation der Dissertation genommen. Die Auszahlung des Stipendiums sei unabhängig von der Fertigstellung der Dissertation erfolgt.

2.2. Der mit dem ASRÄG 1997, BGBl. I Nr. 139/1997, (das unter Art. 8 die 22. Novelle zum GSVG enthält) und der 23. Novelle zum gewerblichen Sozialversicherungsgesetz, BGBl. I Nr. 139/1998, eingefügte, am 1. Jänner 1998 in Kraft getretene (§ 273 Abs. 1 Z. 1 GSVG bzw. § 276 Abs. 1 Z. 5 leg. cit.) § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG (mit Ausnahme des hier nicht in Betracht kommenden, mit 1. Jänner 2000 außer Kraft getretenen letzten Satzes) lautet wie folgt:

"§ 2. (1) Auf Grund dieses Bundesgesetzes sind, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen pflichtversichert:

4. selbstständig erwerbstätige Personen, die auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit Einkünfte im Sinne der §§ 22 Z. 1 bis 3 und 5 und (oder) 23 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988) BGBl. Nr. 400, erzielen, wenn auf Grund dieser betrieblichen Tätigkeit nicht bereits Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz oder einem anderen Bundesgesetz in dem (den) entsprechenden Versicherungszweig(en) eingetreten ist. Solange ein rechtskräftiger Einkommensteuerbescheid oder ein sonstiger maßgeblicher Einkommensnachweis nicht vorliegt, ist die Pflichtversicherung nur dann festzustellen, wenn der Versicherte erklärt, dass seine Einkünfte aus sämtlichen der Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeiten im Kalenderjahr die in Betracht kommende Versicherungsgrenze (§ 4 Abs. 1 Z. 5 oder Z. 6) übersteigen werden. In allen anderen Fällen ist der Eintritt der Pflichtversicherung erst nach Vorliegen des rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides oder eines sonstigen maßgeblichen Einkommensnachweises im Nachhinein festzustellen."

Mit dieser Bestimmung soll die Einbeziehung aller selbstständig Erwerbstätigen in die Sozialversicherung sichergestellt werden. Um alle Einkünfte aus Erwerbstätigkeiten zu erfassen, wurde das erzielte Einkommen für maßgebend erklärt. Die entsprechenden Bestimmungen orientieren sich daher am Einkommensteuergesetz 1988. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (886 BlgNR 20. GP) ist neben diesen allgemeinen Ausführungen im Besonderen (Seite 107 f) ausgeführt worden:

"Künftig sollen im GSVG nicht nur die Mitglieder einer Kammer der gewerblichen Wirtschaft bzw. bestimmte Gesellschafter von Gesellschaften, die Mitglied einer Kammer der gewerblichen Wirtschaft sind, pflichtversichert sein, sondern alle selbstständig erwerbstätigen Personen, die auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit Einkünfte im Sinne der §§ 22 Z. 1 bis 3 und 5 und (oder) 23 des Einkommensteuergesetzes 1988 erzielen. Ebenso sollen alle Gesellschafter, mit Ausnahme der Kommanditisten von der Pflichtversicherung erfasst werden.

Die Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG tritt nur dann ein, wenn nicht bereits auf Grund der zu prüfenden Tätigkeit eine Pflichtversicherung nach dem GSVG selbst oder einem anderen Sozialversicherungsgesetz eingetreten ist (bezogen auf die einzelnen Versicherungszweige). Durch den Terminus 'eingetreten ist' soll eine eindeutige Zuordnungsregelung dahingehend getroffen werden, dass eine Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG nur dann nicht eintritt, wenn eine faktische (Beitragsvorschreibung) oder bescheidmäßige Einbeziehung in die Pflichtversicherung nach dem ASVG (insbesondere § 4 Abs. 4 ASVG) vorliegt.

Zu dem Begriff betriebliche Tätigkeit wird Folgendes bemerkt:

Der Begriff 'betriebliche Tätigkeit' knüpft an den Betriebsbegriff i.S. einkommensteuerrechtlicher Regelungen an. Dies ergibt sich insbesondere aus der tatbestandsmäßigen Verbindung dieses Begriffes mit den Einkommenstatbeständen gemäß den §§ 22 und 23 EStG 1988: Die Begriffseinordnung ist im gegebenen Zusammenhang deswegen von Bedeutung, weil die Versicherungspflicht auf die 'betriebliche Tätigkeit' abstellt. Beginn und Ende der betrieblichen Tätigkeit sind für die zeitliche Abgrenzung der Versicherungspflicht von Bedeutung.

Als Betrieb ist nach der Judikatur des VwGH zum Einkommensteuergesetz die Zusammenfassung menschlicher Arbeitskraft und sachlicher Produktionsmittel zu einer organisatorischen Einheit zu verstehen (Erk. vom 18. Juli 1995, 91/14/0217). Der Betrieb wird mit der Herstellung der entsprechenden Strukturen begründet und besteht beim Versicherten so lange, bis die wesentlichen Grundlagen dieser Struktur entweder entgeltlich oder unentgeltlich übertragen werden oder diese Strukturen zerschlagen werden (Betriebsaufgabe, Liquidation; z. B. VwGH vom 11. November 1992, 91/13/0152). Das bloße zeitweise nicht tätig sein, eine Betriebsunterbrechung, ja sogar die Stilllegung eines Betriebes noch keine Beendigung, wenn noch weitere betriebliche Tätigkeiten beabsichtigt werden bzw. die betrieblich eingesetzten Wirtschaftsgüter weder in das Privatvermögen übernommen noch veräußert worden sind (VwGH vom 10. Juli 1959, 1273/56). Tritt daher z.B. ein Vortragender immer wieder auf, so ist auch während jener Zeit eine betriebliche Tätigkeit anzunehmen, in denen er (vorübergehend) keine Vortragstätigkeit entfaltet. Das selbe würde gelten, wenn jemand nur einmal jährlich für einige Wochen, das aber regelmäßig wiederkehrend, bei Festspielen tätig wird.

Einkünfte im Sinne des § 22 Z. 1 bis 3 und 5 EStG 1988 sind Einkünfte aus selbstständiger Arbeit. Dazu zählen Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit, aus sonstiger selbstständiger Arbeit, aus Gewinnanteilen der Gesellschafter von bestimmten Gesellschaften und der Veräußerungsgewinn.

§ 23 EStG 1988 regelt die Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Damit werden in Hinkunft auch Personen, die ihr Gewerbe ohne Gewerbeberechtigung ausüben, sozialversichert sein. Zu diesem Tatbestand muss weiters angemerkt werden, dass der steuerliche Begriff des 'Gewerbebetriebes' ein weiterer ist als jener des Gewerberechts. Demnach kann steuerrechtlich auch eine verbotene oder unsittliche Betätigung einen Gewerbebetrieb begründen und werden Einkünfte daraus sozialversicherungspflichtig sein. Ein Ausschluss dieser Gruppen wäre bei einer Einbeziehung aller Erwerbseinkommen in die Sozialversicherung im Hinblick auf die damit geschaffene umfassende Solidaritätsgemeinschaft sachlich nicht gerechtfertigt."

2.3. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit der Frage, ob der Wortfolge "auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit" in § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG ein selbständiger Aussagewert gegenüber dem weiteren Tatbestandsmerkmal der Erzielung von Einkommen aus selbständiger Arbeit bzw. Gewerbebetrieb im Sinne der §§ 22 Z. 1 bis 3 und 5 und/oder 23 EStG 1988 zukommt, in seinem Erkenntnis vom 18. Dezember 2003, Zl. 2000/08/0068, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs 2 VwGG verwiesen wird, unter Darlegung der dazu in der Literatur vertretenen Auffassungen eingehend auseinander gesetzt und ist zum Ergebnis gekommen, dass die Versicherungspflicht der "neuen Selbständigen" für jedes Einkommen bestehen soll, das nicht der Privatsphäre zuzurechnen ist, wie dies auch von der Mehrheit der in diesem Erkenntnis zitierten Autoren vertreten wurde.

Wie auch aus den oben wiedergegebenen Erläuterungen zur Regierungsvorlage hervorgeht, sollten mit der Bestimmung des § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG alle Einkünfte aus Erwerbstätigkeiten erfasst werden (sofern nicht auf Grund der jeweiligen Tätigkeit bereits eine Pflichtversicherung besteht). Der Gesetzgeber hat dabei auch das "Ziel der Harmonisierung mit dem Steuerrecht" (so Pöltner, RdA 1998, 316, hier: 323) verfolgt und dazu ausdrücklich auf bestimmte Einkunftsarten des EStG 1988 Bezug genommen, die - anders als die in § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG nicht genannten Einkunftsarten nach § 2 Abs. 3 Z. 4 bis 7 EStG 1988 - eine selbständige, auf die Erzielung von Einkünften gerichtete Erwerbstätigkeit voraussetzen, nämlich auf Einkünfte aus "selbständiger Arbeit" im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 2 i.V.m. § 22 EStG 1988 (mit Ausnahme von Bezügen und Vorteilen aus Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen) sowie auf Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 3 i.V.m. § 23 EStG 1988, somit im Wesentlichen "aus einer selbständigen, nachhaltigen Betätigung, die mit Gewinnabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt" (§ 23 Z. 1 EStG 1988). Einkünfte, die steuerlich diesen Einkunftsarten zuzuordnen sind, können daher nicht als der Privatsphäre - in Abgrenzung zu einer (selbständigen betrieblichen) Erwerbstätigkeit - zugehörig angesehen werden.

Mit der unmittelbaren Anknüpfung an die steuerrechtlichen Tatbestände (Pöltner, a.a.O., spricht von einer "kompromißlose(n) Anknüpfung an steuerrechtliche Tatbestände") lässt der Gesetzgeber zudem keinen Raum dafür, aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht eine eigenständige Beurteilung des Vorliegens einer selbständigen betrieblichen Tätigkeit vorzunehmen und damit materiell die im Fall des Vorliegens eines rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides von den Finanzbehörden im Hinblick auf die Zuordnung der Einkünfte zu den Einkunftsarten entschiedene Rechtsfrage erneut zu prüfen. Die Versicherungspflicht nach § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG richtet sich daher nach der Einkommensteuerpflicht (so auch Mosler/Glück, RdW 1998, 78, hier: 83), sodass bei Vorliegen eines rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides, aus dem die die Versicherungsgrenzen übersteigenden Einkünfte der in § 2 Abs 1 Z. 4 GSVG genannten Art hervorgehen, Versicherungspflicht nach der zuletzt genannten Bestimmung besteht, sofern auf Grund dieser Tätigkeit nicht bereits Pflichtversicherung nach anderen Bestimmungen des GSVG oder nach einem anderen Bundesgesetz - etwa im Fall des § 4 ASVG - eingetreten ist.

Im vorliegenden Fall liegen unstrittig rechtskräftige Einkommensteuerbescheide vor, mit denen das Finanzamt festgestellt hat, dass die Beschwerdeführerin in den Jahren 1998 und 1999 Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Sinne des § 23 EStG 1988 bzw. Einkünfte aus selbständiger Arbeit im Sinne des § 22 EStG 1988 jeweils in einer die Versicherungsgrenze übersteigenden Höhe erzielt hat; hinsichtlich der Einkünfte aus selbständiger Arbeit ist festzuhalten, dass eine nähere Zuordnung zu einer bestimmten Ziffer des § 22 EStG 1988 nicht erfolgt ist, sich jedoch keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass - nicht die Versicherungspflicht begründende - Einkünfte gemäß § 22 Z. 4 EStG 1988 vorliegen würden; dies hat auch die Beschwerdeführerin nicht behauptet. Ob die von der zuständigen Abgabenbehörde getroffene einkommensteuerrechtliche Beurteilung zutreffend ist (Schartel-Hlavenka, ÖStZ 1996, 18, verneint für den Fall eines Dissertanten-Stipendiums, bei dem der Stipendiat nicht an einem Forschungsprojekt der das Stipendium gewährenden Stelle mitwirkt, eine Steuerpflicht nach § 22 EStG), ist im Verfahren betreffend die Versicherungspflicht nach dem GSVG nicht zu prüfen. Da im Verfahren auch keine Anhaltspunkte hervorgekommen sind, dass auf Grund der von der Beschwerdeführerin ausgeübten Tätigkeit bereits eine Pflichtversicherung nach einer anderen Bestimmung des GSVG oder nach einem anderen Bundesgesetz eingetreten ist und auch die Beschwerdeführerin kein in diese Richtung weisendes Vorbringen erstattet hat, kann die nähere Ausgestaltung der von der Beschwerdeführerin ausgeübten Tätigkeit, für die das Stipendium gewährt wurde, dahingestellt bleiben, steht doch auf Grund der Einkommensteuerbescheide fest, dass es sich bei den damit erzielten Einkünften jedenfalls nicht um solche aus der privaten Lebensführung, sondern um Einkünfte gemäß §§ 22 Z. 1 bis 3 und 5 und (oder) 23 EStG 1988 handelt.

3. Die Beschwerdeführerin macht weiters geltend, dass die belangte Behörde nicht berücksichtigt habe, dass das Stipendium ausschließlich für den Zeitraum vom 1. März 1998 bis zum 31. Dezember 1999 gewährt worden sei, sodass eine Versicherungspflicht für Jänner und Februar 1998 nicht eingetreten sein könne.

§ 6 Abs. 4 GSVG in der Fassung der diesbezüglich mit 1. Jänner 1998 in Kraft getretenen Fassung der 23. GSVG-Novelle, BGBl. I Nr. 139/1998, lautet:

"Bei den im § 2 Abs. 1 Z 4 genannten Personen beginnt die Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung

1. mit dem Tag der Aufnahme der betrieblichen Tätigkeit; hat jedoch der Versicherte die Meldung nicht innerhalb der Frist gemäß § 18 erstattet, mit Beginn des Kalenderjahres, in dem die Beitragsgrundlage die Grenzen des § 25 Abs. 4 Z 2 übersteigt, es sei denn, der Versicherte macht glaubhaft, daß er die betriebliche Tätigkeit zu einem späteren Zeitpunkt begonnen hat;

2. bei Personen, bei denen die Ausübung der betrieblichen Tätigkeit von einer berufsrechtlichen Berechtigung abhängt, mit dem Tag der Erlangung der maßgeblichen Berechtigung."

Wie sich aus der von der Beschwerdeführerin bereits im Einspruchsverfahren vorgelegten Bestätigung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften ergibt, wurde das Stipendium für einen bestimmten Zeitraum, nämlich vom 1. März 1998 bis zum 31. Dezember 1999, gewährt. Die im angefochtenen Bescheid getroffene, nicht näher begründete Feststellung, die Beschwerdeführerin habe vom 1. Jänner 1998 bis zum 31. Dezember 1999 ein Stipendium bezogen, erweist sich daher als aktenwidrig. Waren die Stipendienzahlungen jedoch, wovon die Verfahrensparteien offenkundig ausgehen, vergleichbar einer Unterhalts-, Gehalts- oder Rentenzahlung bestimmten Zeiträumen zugeordnet, um der Beschwerdeführerin in diesen Zeiträumen die Arbeit an ihrer Dissertation zu ermöglichen, so kann nicht davon ausgegangen werden, dass die zur Erzielung dieser Einkünfte dienende Tätigkeit bereits vor dem Zeitraum, für den das Stipendium gewährt wurde, aufgenommen worden wäre. In diesem Fall wäre daher die Feststellung der Versicherungspflicht in den Monaten Jänner und Februar 1998 nicht rechtmäßig erfolgt.

4. Soweit sich die Beschwerdeführerin schließlich dagegen wendet, dass die "Beitragsvorschreibung jedenfalls zu hoch erfolgt" sei, ist sie darauf hinzuweisen, dass mit dem angefochtenen Bescheid über die Versicherungspflicht, nicht aber über die Beitragshöhe - hinsichtlich derer im Übrigen auch eine Berufung an die belangte Behörde nicht vorgesehen ist - abgesprochen wurde.

5. Der angefochtene Bescheid war daher, soweit darin die Versicherungspflicht für die Monate Jänner und Februar 1998 festgestellt wurde, wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. a VwGG aufzuheben. Im Übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Schriftsatzaufwand war nur im Rahmen des hinter den Pauschalsätzen zurückbleibenden Begehrens zuzusprechen. Das Begehren auf Ersatz der Beschwerdegebühr war im Hinblick auf die auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof geltende sachliche Gebührenfreiheit gemäß § 46 GSVG abzuweisen.

Wien, am 24. Jänner 2006

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