Normen
GewO 1994 §13 Abs1 Z1 litb idF 2002/I/111;
GewO 1994 §13 Abs1 Z2 idF 2002/I/111;
GewO 1994 §26 Abs1 idF 2002/I/111;
StGB §146;
StGB §147 Abs3;
StGB §148 Fall2;
StGB §15;
StGB §43 Abs2;
GewO 1994 §13 Abs1 Z1 litb idF 2002/I/111;
GewO 1994 §13 Abs1 Z2 idF 2002/I/111;
GewO 1994 §26 Abs1 idF 2002/I/111;
StGB §146;
StGB §147 Abs3;
StGB §148 Fall2;
StGB §15;
StGB §43 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer beantragte mit Ansuchen vom 5. Juni 2002 die Erteilung der Nachsicht vom Gewerbeausschluss wegen gerichtlicher Verurteilungen zur Ausübung des Gewerbes der "Güterbeförderung".
Zur Begründung seines Ansuchens führte er aus:
"Bezüglich des Strafregisterauszuges wird festgehalten wie auch aus dem Registerauszug ersichtlich, dass die bedingte Strafe längst getilgt ist, jedoch die Löschung vom Beginn der Eintragung, erst nach zehn Jahren durchgeführt wird".
Dem Ansuchen waren die Geburtsurkunde des Beschwerdeführers, ein Meldezettel und ein Staatsbürgerschaftsnachweis angeschlossen.
Mit Bescheid vom 24. Oktober 2002 gab der Landeshauptmann von Oberösterreich diesem Ansuchen keine Folge. Der Landeshauptmann stellte fest, dass der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes Wels vom 12. November 1993, rechtskräftig am 5. Juli 1994, "zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren, bedingt, Probezeit zwei Jahre, nach den §§ 148, 146, 147/3 und 15 StGB, verurteilt wurde. Diese Verurteilung erfolgte wegen des Verbrechens des teilweise versuchten, teils vollendeten gewerbsmäßigen, schweren Betruges". Diese Strafe sei auf Grund des vorliegenden Strafregisterauszuges vom 17. April 2002 noch nicht getilgt. Die dieser Verurteilung zugrunde liegenden Tathandlungen ("teils versuchter, teils vollendeter gewerbsmäßiger schwerer Betrug") seien "keinesfalls eine strafbare Handlung, ... nach deren Eigenart die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes nicht zu befürchten sei". Die beantragte Nachsicht gemäß § 26 Abs. 1 GewO sei daher nicht zu erteilen gewesen.
Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Berufung.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 26. November 2002 gab die belangte Behörde der Berufung ohne Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung keine Folge. Aus dem erwähnten Urteil des Landesgerichtes Wels gehe hervor, dass der Beschwerdeführer als Transportunternehmer und Geschäftsführer sowie Gesellschafter mehrerer Güterbeförderungsunternehmen in Ausübung des Güterbeförderungsgewerbes die ihm zur Last gelegten Straftaten des "Versicherungsbetruges" begangen habe. Neben dieser seit 5. Juli 1994 rechtskräftigen Verurteilung seien im Strafregisterauszug weiters eine Verurteilung zu einer Geldstrafe von S 700.000,-- (EUR 50.870,98) wegen des Vergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 und 2 lit. a Finanzstrafgesetz mit dem "Vollzugsdatum" 19. April 1994 sowie eine Verurteilung durch das Bezirksgericht Peuerbach vom 4. November 1999 wegen Körperverletzung nach § 83 Abs. 2 StGB, rechtskräftig mit 12. Jänner 2000, ersichtlich. Nach dem Tilgungsgesetz 1972 (idF BGBl. I Nr. 44/2001) sei weder die "verhängte Freiheitsstrafe als Einzelstrafe" getilgt, noch sei eine Tilgung "unter Berücksichtigung der späteren Verurteilung aus dem Jahr 2000" eingetreten, sodass der Gewerbeausschließungsgrund gemäß § 13 Abs. 1 Z. 1 lit. b und Z. 2 GewO vorliege. Der Beschwerdeführer habe in Ausübung des Güterbeförderungsgewerbes bzw. im Zusammenhang mit der Ausübung dieses Gewerbes als Unternehmer, beteiligter Gesellschafter und Geschäftsführer schweren gewerbsmäßigen Betrug begangen. Auch nach dem nunmehrigen Antrag auf Nachsichterteilung sei die Ausübung des Güterbeförderungsgewerbes beabsichtigt und daher eine besondere Gelegenheit zur Begehung desselben Tatverhaltens gegeben. Es sei daher zu befürchten, dass der Beschwerdeführer eine gleiche oder ähnliche Straftat bei seiner Gewerbeausübung begehen und "zur Begehung der strafbaren Handlungen die erteilte Gewerbeberechtigung ausnutzen werde". Auch das Verstreichen eines längeren Zeitraumes seit der Tat lasse diese Befürchtung nicht hinfällig werden. Der Abweisung des Ansuchens durch die Erstbehörde sei daher nicht entgegenzutreten.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Die belangte Behörde ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Verurteilung des Beschwerdeführers durch das Landesgericht Wels im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (4. Dezember 2002) noch nicht getilgt ist. Selbst wenn man die Verurteilungen nach dem Finanzstrafgesetz sowie wegen Körperverletzung bei der Berechnung der Tilgungsfrist außer Betracht ließe, so käme eine Tilgung der Verurteilung wegen des Verbrechens des Betruges aufgrund der dafür verhängten Freiheitsstrafe von zwei Jahren, welche laut dem vorliegenden Strafregisterauszug mit dem 5. Juli 1994 als vollzogen gilt, gemäß § 3 Abs. 1 Z. 3 Tilgungsgesetz 1972, BGBl. Nr. 68 idF BGBl. Nr. 599/1988, erst mit Ablauf von zehn Jahren ab dem Vollzugsdatum - somit mit 5. Juli 2004 - in Betracht (zu der im vorliegenden Fall überdies eintretenden Verlängerung der Tilgungsfrist bei mehreren Verurteilungen siehe § 4 Tilgungsgesetz 1972 idF BGBl. Nr. 762/1996).
Nach § 13 Abs. 1 Z. 1 lit. b und Z. 2 GewO 1994, BGBl. Nr. 194 in der Fassung BGBl. I Nr. 111/2002, sind natürliche Personen von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen, wenn sie von einem Gericht wegen einer strafbaren Handlung zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen verurteilt worden sind und die Verurteilung nicht getilgt ist.
§ 26 Abs. 1 GewO (in der angeführten Fassung) bestimmt hinsichtlich der Nachsicht vom Ausschluss von der Gewerbeausübung:
"§ 26. (1) Die Behörde hat im Falle des Ausschlusses von der Gewerbeausübung gemäß § 13 Abs. 1 oder 2 die Nachsicht von diesem Ausschluss zu erteilen, wenn nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes nicht zu befürchten ist."
Die Behörde hat bei der Prüfung der Frage, ob nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach dem Persönlichkeitsbild des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten ist, im allgemeinen die Erfüllung der gesetzlichen Tatbestandsmerkmale für die Erteilung der Nachsicht selbständig zu beurteilen, ohne dabei an gerichtliche Strafzumessungsgründe bzw. den Inhalt einer gerichtlichen Entscheidung über die bedingte Strafnachsicht oder den Strafaufschub gebunden zu sein, handelt es sich hiebei doch um einen ausschließlich von ihr zu beurteilenden gewerberechtlichen Tatbestand (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Jänner 2004, Zl. 2003/04/0201, vom 6. November 2002, Zl. 2001/04/0050 und vom 5. September 2001, Zl. 2001/04/0116, mwN).
Im vorliegenden Fall wurde der am 26. Jänner 1940 geborene Beschwerdeführer wegen im Zeitraum von Juni 1984 bis April 1991 in zahlreichen (insgesamt 28) Tathandlungen begangenen, teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Betruges zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, weil er als Geschäftsführer und Gesellschafter mehrerer Transportunternehmen Versicherungsunternehmungen durch unrichtige Angaben über Unfallsabläufe zur Erbringung von Versicherungsleistungen für versicherte Kraftfahrzeuge verleitet oder zu verleiten versucht hatte. Die Schadenshöhe sämtlicher (vollendeter oder versuchter) Betrugshandlungen ist im Berufungsurteil des OLG Linz vom 5. Juli 1994 mit S 1,257.135,-- (EUR 91.359,56) angegeben, wobei es in zehn Fällen mit einer Gesamtsumme von S 407.505,-- (EUR 29.614,54) beim Versuch geblieben ist. Dieser vom Beschwerdeführer anlässlich der Ausübung des Güterbeförderungsgewerbes über einen längeren Zeitraum und verbunden mit einem hohen Schaden begangene gewerbsmäßige schwere (Versicherungs-)Betrug gemäß § 146, § 147 Abs. 3 und § 148 zweiter Fall StGB rechtfertigt jedenfalls die Annahme der Begehung gleichartiger Delikte im Falle der neuerlichen Ausübung desselben Gewerbes (vgl. dazu - auch im Hinblick auf die Ausübung eines anderen als des früher ausgeübten Gewerbes - die oben angeführten Erkenntnisse vom 28. Jänner 2004, vom 6. November 2002 und vom 5. September 2001). Dass (allein) durch die verstrichene Zeit eine Änderung des aus dieser Straftat abzuleitenden Persönlichkeitsbildes indiziert wäre, weil die dieser Verurteilung zugrunde liegenden strafbaren Handlungen bereits elf Jahre zurückliegen, kann im Hinblick auf die Vielzahl der Tathandlungen und die Gesamtschadenssumme noch nicht gesagt werden (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. November 2002, Zl. 2001/04/0050, und vom 25. April 1995, Zl. 94/04/0237). Der belangten Behörde kann daher im vorliegenden Fall nicht entgegen getreten werden, wenn sie von der erwähnten Befürchtung ausgegangen ist.
Der Beschwerdeführer hat auch weder in seinem Ansuchen noch im Zuge des Verwaltungsverfahrens konkret vorgebracht, inwieweit nach seiner Persönlichkeit die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende, nach dem Gesagten gerechtfertigte Befürchtung der neuerlichen Begehung der gleichen oder ähnlicher Straftaten nicht zutrifft. In seinem Ansuchen vom 5. Juni 2002 brachte der Beschwerdeführer der Sache nach nur zum Ausdruck, dass die bedingte Nachsicht der über ihn verhängten Freiheitsstrafe nicht im Sinne des § 43 Abs. 2 StGB widerrufen worden sei. Auch in seiner im erstinstanzlichen Verfahren abgegebenen Stellungnahme vom 18. Oktober 2002 und in seiner Berufung hat der Beschwerdeführer lediglich ausgeführt, dass er sich seit seiner - neun Jahre zurückliegenden - Verurteilung durch das Landesgericht Wels "rechtskonform verhalten hat und auch keine weiteren Strafverfahren gegen ihn anhängig sind". Besondere Umstände, die es nahegelegt hätten, dass beim Beschwerdeführer die vom Strafgericht für die bedingte Strafnachsicht als maßgeblich angesehenen Gründe auch im Nachsichtsverfahren zu einer günstigeren Prognose hätten führen können, hat der Beschwerdeführer damit nicht dargelegt. Der bloße Hinweis auf den seit der Verurteilung verstrichenen Zeitraum, in dem sich der Beschwerdeführer wohlverhalten habe, reicht im vorliegenden Fall - der durch ein gewerbsmäßiges Vorgehen, einen langen Deliktszeitraum und eine hohe Schadenssumme gekennzeichnet ist - jedenfalls nicht aus, um besondere Umstände, wie sie in dem dem Erkenntnis vom 22. Mai 2003, Zl. 2002/04/0147, zugrundeliegenden Fall vorgebracht worden waren, annehmen zu können.
Wenn der Beschwerdeführer nunmehr geltend macht, die belangte Behörde hätte ungeachtet des fehlenden Antrages auf Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung eine solche anzuberaumen und von Amts wegen weitere Ermittlungen im Hinblick auf die von ihr anzustellende Zukunftsprognose durchzuführen gehabt, so ist ihm das erwähnte Fehlen eines entsprechenden Vorbringens im erstinstanzlichen Verfahren und in seiner Berufung entgegenzuhalten. Der belangten Behörde kann nicht entgegen getreten werden, wenn sie im vorliegenden Fall die Durchführung einer Berufungsverhandlung gemäß § 67d Abs. 1 AVG 1991 idF BGBl. I Nr. 137/2001 nicht für erforderlich gehalten hat.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 28. April 2004
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