VwGH 2003/02/0033

VwGH2003/02/003329.8.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde des RM in E, vertreten durch Dr. Josef Lindlbauer, Rechtsanwalt in Enns, Bräuergasse 3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 12. Dezember 2002, Zl. VwSen-108604/9/Bi/Be, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, I. den Beschluss gefasst:

Die Behandlung der Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte 1. und 2. des angefochtenen Bescheides (Übertretungen nach § 4 Abs. 1 lit. a und lit. c StVO) abgelehnt. Ein Kostenzuspruch findet hier nicht statt.

II. zu Recht erkannt:

Normen

AVG §45 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs2 idF 1994/518;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs4;
StVO 1960 §5 Abs6;
StVO 1960 §99 Abs1 litb idF 1994/518;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
AVG §45 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs2 idF 1994/518;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs4;
StVO 1960 §5 Abs6;
StVO 1960 §99 Abs1 litb idF 1994/518;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen Spruchpunkt 4. des angefochtenen Bescheides richtet, als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 127,30 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zu I: Übertretungen nach § 4 Abs. 1 lit. a und lit. c StVO (Spruchpunkt 1. und 2.):

Gemäß § 33a VwGG in der Fassung BGBl. Nr. I 136/2001 kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid eines unabhängigen Verwaltungssenates durch Beschluss ablehnen, wenn die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil sie von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird, in Verwaltungsstrafsachen außerdem nur dann, wenn eine Geldstrafe von höchstens EUR 726,-- verhängt wurde.

Die Voraussetzungen für eine Ablehnung der Beschwerde in diesem Umfang sind nach dieser Gesetzesstelle erfüllt. Es wurde jeweils keine EUR 726,-- übersteigende Geldstrafe verhängt. Die Fällung einer Sachentscheidung über die Beschwerde hängt hier auch von keiner Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Gemäß § 58 Abs. 1 VwGG hat - da nach §§ 47 - 56 leg. cit. für den Fall der Ablehnung der Behandlung einer Beschwerde gemäß § 33a leg. cit. nicht anderes bestimmt ist - jede Partei den ihr im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erwachsenden Aufwand selbst zu tragen. Ein Kostenzuspruch findet daher - ungeachtet des entsprechenden Antrages der belangten Behörde in der Gegenschrift -

hier nicht statt.

Zu II: Übertretung nach § 5 Abs. 2 StVO (Spruchpunkt 4.):

Mit diesem Spruchpunkt wurde der Beschwerdeführer im Instanzenzug für schuldig befunden, er habe am 23. März 2002 gegen 23.00 Uhr an einem näher umschriebenen Ort ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt, wobei er sich vermutlich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe, und entgegen der von einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Straßenaufsichtsorgan an ihn gerichteten Aufforderung am 24. März 2002 um 05.05 Uhr an einem näher bezeichneten Ort eine Untersuchung seiner Atemluft auf Alkohol verweigert. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 StVO begangen; es wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt die Verwaltungsübertretung des § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO bereits dann vor, wenn der zur Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt Aufgeforderte lediglich im Verdacht steht, ein Kraftfahrzeug im alkoholisierten Zustand gelenkt zu haben; darauf ob im weiteren Verfahren der Nachweis erbracht wird, dass ein Beschuldigter ein Kraftfahrzeug nicht gelenkt hat, kommt es nicht an, weil das Delikt bereits mit der Verweigerung der Vornahme der Atemluftuntersuchung vollendet ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. November 2001, Zl. 98/02/0212). Das Vorbringen des Beschwerdeführers, diese Judikatur sei "vom Gesetz nicht gedeckt", weil danach "die bloße Verweigerung tatsächlich schon tatbestandsmäßig sein" würde, ist nicht nachvollziehbar. Der Beschwerdeführer erkennt in der Folge ohnedies richtig, dass das Straßenaufsichtsorgan "erst nach dem Denkschritt der Überprüfung der Verdachtsmomente" die Aufforderung zur Untersuchung der Atemluft auszusprechen hat.

Zur Klarstellung sei noch auf Folgendes verwiesen:

Wohl wurde dem Beschwerdeführer spruchgemäß (im Instanzenzug) in Hinsicht auf diese Verwaltungsübertretung der Vorwurf gemacht, das Fahrzeug "gelenkt" zu haben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat allerdings in seiner Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht, der Vorwurf des "Lenkens" im Sinne des § 5 Abs. 2 StVO schließe den bloßen "Verdacht" des Lenkens in sich. Von daher gesehen wurde somit im Beschwerdefall ein "überschießendes" Tatbestandselement in den Spruch aufgenommen, welches nicht Gegenstand der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung ist. Eine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers hiedurch ist jedoch nicht erkennbar (vgl. etwa das zitierte hg. Erkenntnis vom 23. November 2001, Zl. 98/02/0212).

Die Vermutung des Vorliegens einer Alkoholbeeinträchtigung des Lenkers liegt schon dann vor, wenn dieser selbst angibt, vor der Beanstandung Alkohol konsumiert zu haben (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 2003, Zlen. 2002/02/0192, 0193). Ob es sich dabei um einen "Nachtrunk" gehandelt hat, ist unerheblich, weil damit diese Vermutung (dieser Verdacht) nicht entkräftet werden kann; ein "Nachtrunk" berechtigt nicht zur Verweigerung des Alkotests (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 18. Februar 1997, Zl. 96/11/0019). Von da her gesehen braucht auf allfällige Alkoholisierungssymptome beim Beschwerdeführer nicht eingegangen werden und es bedurfte daher in diesem Zusammenhang auch nicht der vom Beschwerdeführer beantragten Einholung eines medizinischen Gutachtens.

Eines solchen Gutachtens bedurfte es - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - auch nicht in Hinsicht auf die Frage, ob im Hinblick auf die seit dem Zeitpunkt, zu dem der Verdacht des Lenkens bestand, bis zur allfälligen Messung seiner Atemluft verstrichene Zeit noch "brauchbare Ergebnisse" zu erwarten gewesen wären, wobei der Beschwerdeführer einen vermuteten Zeitraum von "6 3/4" Stunden ins Treffen führt:

Der Verwaltungsgerichtshof hat nämlich im Erkenntnis vom 9. Mai 1990, Zl. 89/03/0070, unter Hinweis auf seine diesbezügliche Vorjudikatur, zum Ausdruck gebracht, auch eine sieben Stunden nach der Tat erfolgte Blutabnahme lasse ein verwertbares Ergebnis erwarten, da sich unter der gesicherten Annahme eines durchschnittlichen stündlichen Verbrennungswertes des Alkohols im Blut in der Größenordnung von 0,10 bis 0,12 Promille der Blutalkoholgehalt zu einer auch mehrere Stunden vor der Blutabnahme liegenden Tatzeit zurückrechnen lasse. Diese Rechtsprechung ist auch auf die Rückrechnung im Zusammenhang mit der Messung des Atemalkoholgehalts (vgl. zum Umrechnungsschlüssel vom Blutalkoholgehalt zum Wert des Atemluftalkoholgehaltes mit dem Faktor 2:1 das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 2003, Zl. 2001/03/0174) anwendbar. Wieso damit das hg. Erkenntnis vom 25. April 1997, Zl. 97/02/0050, "überstrapaziert" werden sollte - so der Beschwerdeführer -, ist unklar, war doch der damals verstrichene diesbezügliche Zeitraum lediglich 35 Minuten. Was aber das von der belangten Behörde in diesem Zusammenhang zitierte hg. Erkenntnis vom 14. Juni 1996, Zl. 96/02/0020, anlangt, so bedarf es in dieser Hinsicht - entgegen der offenbaren Ansicht des Beschwerdeführers - schon deshalb keiner Bildung eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes, weil dort (unter Hinweis auf die Vorjudikatur) zum Ausdruck gebracht wurde, ein verwertbares Ergebnis könne nach Verstreichen eines Zeitraumes bis zu 6 Stunden "(jedenfalls)" erwartet werden (siehe gleich lautend auch das hg. Erkenntnis vom 15. November 2001, Zl. 2000/03/0348) und daher kein Widerspruch zur oben angeführten Zeitspanne von 7 Stunden vorliegt.

Die Beschwerde erweist sich sohin zu diesem Spruchpunkt als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich zu Spruchpunkt 4. auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Dabei war eine Reduzierung der von der belangten Behörde beantragten Gesamtsumme um zwei Drittel - entsprechend der Nichtzuerkennung von Kosten zu den Spruchpunkten 1. und 2. - vorzunehmen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 29. April 2003, Zl. 2001/02/0186).

Wien, am 29. August 2003

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