VwGH 2002/21/0016

VwGH2002/21/001622.3.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Bauernfeind, in der Beschwerdesache des J in Wien, geboren am 19. Mai 1981, vertreten durch Mag. Sonja Scheed, Rechtsanwalt in 1220 Wien, Brachelligasse 16, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wiener Neustadt vom 5. Dezember 2001, Zl. FRB 2518/01, betreffend Abschiebungsaufschub, den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;

 

Spruch:

1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Beschwerdeerhebung wird abgewiesen.

2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

In der am 24. Jänner 2002 persönlich überreichten Beschwerde wird das Zustelldatum des angefochtenen Bescheides mit 11. Dezember 2001 angegeben. Da demzufolge die sechswöchige Frist zur Beschwerdeerhebung am 22. Jänner 2002 geendet hat, wurde dem Beschwerdeführer die Möglichkeit eingeräumt, binnen zwei Wochen zur Frage der Verspätung Stellung zu nehmen.

Innerhalb dieser Frist langte der Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit folgender Begründung ein: Der angefochtene Bescheid sei der Vertreterin des Beschwerdeführers am 11. Dezember 2001 zugestellt worden. Diese habe vorerst ohne weitere Prüfung der Sachlage eine 14-tägige Frist zur allfälligen Erhebung eines Rechtsmittels, sohin eine Frist bis 27. Dezember 2001 vorgemerkt, weil das kalendermäßige Ende der Frist auf den 25. Dezember 2001 gefallen sei, jedoch sowohl der 25. als auch der 26. Dezember Feiertage seien. Am 27. Dezember 2001 habe sie bemerkt, dass gegen den angefochtenen Bescheid lediglich die VwGH-Beschwerde zulässig sei und habe daher die Frist um weitere vier Wochen, somit bis zum 24. Jänner 2002, verlängert. Dabei habe sie nicht bemerkt, dass infolge der gesetzlichen Feiertage keine rein vierzehntägige Frist bis 27. Dezember 2001 eingetragen gewesen sei, sondern diese bereits am 25. Dezember 2001 geendet hätte, somit auch irrtümlich die weitere Frist um zwei Tage zu lang eingetragen worden sei.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Das Verschulden des Parteienvertreters trifft die von diesem vertretene Partei (vgl. für viele etwa den hg. Beschluss vom 21. April 1998, Zl. 98/18/0013). Demnach ist im vorliegenden Fall zu beurteilen, ob die unrichtige Eintragung des Endes der Beschwerdefrist durch den Rechtsanwalt auf einem bloß minderen Grad des Versehens beruht. In einer Rechtsanwaltskanzlei ist für die richtige Berechnung der jeweiligen Rechtsmittelfrist in einem bestimmten Fall stets der Anwalt verantwortlich. Dieser hat die entsprechende Frist festzustellen und - sofern er sie nicht selbst einträgt - ihre Vormerkung anzuordnen sowie die richtige Eintragung im Kalender im Rahmen der gebotenen Aufsichtspflicht zu überwachen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 1999, Zl. 98/18/0217). Der Wiedereinsetzungswerber (oder sein Vertreter) darf nicht die im Verkehr mit Gerichten und Verwaltungsbehörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben. Dabei ist an rechtskundige Personen ein strengerer Maßstab anzulegen als an rechtsunkundige oder bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte. Die Einhaltung von Rechtsmittelfristen erfordert von der Partei und ihrem Vertreter größtmögliche Sorgfalt (vgl. den hg. Beschluss vom 9. Juli 1998, Zl. 98/03/0188).

Unter Zugrundelegung des dargestellten Maßstabes kann der der Vertreterin des Beschwerdeführers bei der Fristberechnung unterlaufene Irrtum nicht bloß als Versehen minderen Grades bewertet werden, wäre es doch erforderlich und zumutbar gewesen, bei der Fristberechnung vom Tag der Zustellung auszugehen und nicht vom Ende einer durch die Feiertage verlängerten Frist für ein unzulässiges Rechtsmittel. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt wesentlich von demjenigen, der dem bereits zitierten Beschluss Zl. 98/18/0013 zu Grunde lag, in dem das Überblättern eines Wochenblattes im Kalender als nicht auffallend sorgloses Handeln gewertet wurde.

Dem Wiedereinsetzungsantrag konnte daher nicht stattgegeben werden.

Wegen der unbestrittenen Versäumung der Beschwerdefrist war die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 22. März 2002

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