Normen
AlVG 1977 §10 Abs1;
AlVG 1977 §10 Abs2;
AlVG 1977 §10;
AlVG 1977 §38;
AlVG 1977 §9 Abs1 idF idF 1993/502 ;
AlVG 1977 §9 Abs1;
AlVG 1977 §9;
AVG §45 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AlVG 1977 §10 Abs1;
AlVG 1977 §10 Abs2;
AlVG 1977 §10;
AlVG 1977 §38;
AlVG 1977 §9 Abs1 idF idF 1993/502 ;
AlVG 1977 §9 Abs1;
AlVG 1977 §9;
AVG §45 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde gegenüber dem Beschwerdeführer der Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe für den Zeitraum vom 4. Juni bis 29. Juli 2002 ausgesprochen. Nach der Begründung dieses Bescheides habe sich der Beschwerdeführer ohne triftigen Grund geweigert, an der Schulungsmaßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt bei der "Firma Proba ...(Transitarbeitsplatz)" teilzunehmen. Die belangte Behörde ist dabei in Erwiderung des Berufungsvorbringens des Beschwerdeführers u.a. davon ausgegangen, dass die von dem die Wiedereingliederungsmaßnahmen durchführenden Verein angebotene Entlohnung von EUR 1031,95 monatlich "die laut Vereinsstatut ... festgesetzt ist", angemessen sei. Proba unterliege als gemeinnütziger Verein keinem Kollektivvertrag.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerde behauptet der Sache nach die Unzulässigkeit der Zuweisung zur in Rede stehenden Wiedereingliederungsmaßnahme wegen unterkollektivvertraglicher, jedenfalls aber unangemessen niedriger Entlohnung. Im Rahmen des solcherart umschriebenen Beschwerdepunktes hatte der Verwaltungsgerichtshof - ohne Bindung an die konkret geltend gemachten Beschwerdegründe - die Frage der Zulässigkeit der Zuweisung zu der strittigen Wiedereingliederungsmaßnahme vor dem Hintergrund seiner ständigen Rechtsprechung zu untersuchen.
Nach § 9 Abs. 1 AlVG gilt ein Arbeitsloser nur dann als arbeitswillig, wenn er bereit ist,
- eine durch die regionale Geschäftsstelle des AMS vermittelte zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder
- sich zum Zwecke beruflicher Ausbildung nach- und umschulen zu lassen oder
- an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen oder
- von einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit Gebrauch zu machen und
- auch sonst alle gebotenen Anstrengungen von sich aus unternimmt, eine Beschäftigung zu erlangen, soweit ihm dies nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbar ist.
Der in § 10 Abs. 1 AlVG für den Fall der Weigerung, eine vom Arbeitsamt zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen, vorgesehene Verlust des Anspruches auf Arbeitslosengeld tritt gemäß § 10 Abs. 1 letzter Satz AlVG auch dann ein, wenn der Arbeitslose sich ohne wichtigen Grund weigert, einem Auftrag zur Nach(Um)schulung oder zur Teilnahme an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung zu entsprechen, oder durch sein Verschulden den Erfolg solcher Maßnahmen vereitelt.
Die Bestimmungen des § 9 Abs. 1 und § 10 Abs. 1 AlVG (auf die Notstandshilfe sinngemäß anwendbar gemäß § 38 AlVG) sind Ausdruck des dem gesamten Arbeitslosenversicherungsrecht zu Grunde liegenden Gesetzeszweckes, den arbeitslos gewordenen Versicherten, der trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keinerlei Beschäftigung gefunden hat, möglichst wieder durch Vermittlung in eine ihm zumutbare Beschäftigung einzugliedern und ihn so in die Lage zu versetzen, seinen Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten. Wer eine Leistung der Versichertengemeinschaft der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt, muss sich daher darauf einstellen, nicht nur eine zumutbare Beschäftigung anzunehmen, sondern - erforderlichenfalls - auch an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen. Um sich durch die Teilnahme an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich einerseits eines auf die Teilnahme ausgerichteten aktiven Handelns des Arbeitslosen, andererseits aber auch der Unterlassung jedes Verhaltens, welches objektiv geeignet ist, den Erfolg der Maßnahme zu vereiteln (vgl. das Erkenntnis vom 8. September 2000, Zl. 2000/19/0035 u.a.).
Daraus kann aber - nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - zunächst nicht abgeleitet werden, dass es im freien Belieben des Arbeitsamtes stünde, einem Arbeitslosen (auch einem Langzeitarbeitslosen) entweder eine Arbeitsstelle zu vermitteln oder ihn zu einer Nach- oder Umschulung oder zu einer Wiedereingliederungsmaßnahme zuzuweisen. Eine solche Zuweisung vermag sich insbesondere auch nicht auf die vom Arbeitslosen (auch wiederholt) an den Tag gelegte Arbeitsunwilligkeit, eine ihm durch das Arbeitsamt zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen, zu stützen. Für eine solche Maßnahme ist vielmehr Voraussetzung, dass die Kenntnisse des Arbeitslosen für die Vermittlung einer zumutbaren Beschäftigung nach Lage des in Betracht kommenden Arbeitsmarktes nicht ausreichend sind (vgl. zu Schulungs- und Umschulungsmaßnahmen u.a. die Erkenntnisse vom 21. Dezember 1993, Zl. 93/08/0215, und vom 20. Dezember 1994, Zl. 93/08/0134, zur Anwendung auf Wiedereingliederungsmaßnahmen nach Änderung der Rechtslage durch Art. IV Z. 1 der Beschäftigungssicherungsnovelle 1993, BGBl. Nr. 502/1993, das Erkenntnis vom 26. September 1995, Zl. 94/08/0131, uva.). Es ist also nicht darauf abzustellen, in welcher Weise sich der Arbeitslose selbst um eine Stelle auf dem Arbeitsmarkt bemüht hat; die mit einer derartigen Wiedereingliederungsmaßnahme für das Arbeitsmarktservice verbundenen Kosten sind nur dann gerechtfertigt, wenn dem Betroffenen die in dieser Maßnahme zu vermittelnden Fähigkeiten auch tatsächlich fehlen (vgl. das Erkenntnis vom 6. Mai 1997, Zl. 95/08/0339 uva.). Eine Wiedereingliederungsmaßnahme ist daher auch nur dann zumutbar im Sinne des § 9 AlVG, wenn sie allein oder gemeinsam mit anderen Maßnahmen im Hinblick auf eine tatsächliche Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt Erfolg versprechend erscheint (vgl. das Erkenntnis vom 30. April 2002, Zl. 2002/08/0042). Die im Gesetz erwähnten Maßnahmen zur beruflichen Ausbildung oder zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt dienen hingegen nicht dazu, Arbeitsunwilligkeit zu sanktionieren, weil der belangten Behörde hiefür andere Instrumente an die Hand gegeben sind (vgl. die Erkenntnisse vom 6. Mai 1997, Zl. 95/08/0339, sowie vom 26. Jänner 2000, Zl. 99/03/0132).
Abgesehen davon kann von einer ungerechtfertigten Weigerung des Arbeitslosen, an Maßnahmen zur Schulung, Umschulung oder Wiedereingliederung teilzunehmen, nur dann gesprochen werden, wenn sich die Zuweisung auf eine zulässige Maßnahme bezieht (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom 26. Jänner 2000, Zl. 99/03/0132, vom 18. Oktober 2000, Zl. 99/08/0027, und vom 22. Februar 2002, Zl. 99/02/0291) und die Weigerung in objektiver Kenntnis des Inhaltes, der Zumutbarkeit und der Erforderlichkeit einer solchen Maßnahme erfolgt. Dazu muss die Behörde die Voraussetzungen für eine solche Zuweisung ermittelt und das Ergebnis ihres Ermittlungsverfahrens dem Beschwerdeführer - unter Hinweis auf die Rechtsfolgen einer Weigerung - zur Kenntnis gebracht haben. Ein Arbeitsloser, dem Maßnahmen im Sinne des § 9 Abs. 1 AlVG ohne nähere Spezifikation und ohne Vorhalt jener Umstände zugewiesen werden, aus denen sich das Arbeitsamt zur Zuweisung berechtigt erachtet, kann im Falle der Weigerung, einer solchen Zuweisung Folge zu leisten, nicht vom Bezug der Geldleistung aus der Arbeitslosenversicherung im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG ausgeschlossen werden (vgl. z.B. zur Zuweisung zu einem "Renovierungsprojekt" ausschließlich unter dem Gesichtspunkt des "Arbeitstrainings" das Erkenntnis vom 26. September 1995, Zl. 94/08/0131). Diesbezügliche Versäumnisse anlässlich der Zuweisung des Arbeitslosen zur Schulungsmaßnahme können im Rechtsmittelverfahren nicht nachgeholt werden (vgl. neuerlich das Erkenntnis vom 21. Dezember 1993, Zl. 93/08/0215, sowie jene vom 5. September 1995, Zl. 94/08/0246, und vom 13. April 1999, Zl. 97/08/0025). Verweigert der Arbeitslose hingegen die Teilnahme an einer solchen Maßnahme in objektiver Kenntnis ihres Inhaltes sowie ihrer Zumutbarkeit und Erforderlichkeit, liegt eine ungerechtfertigte Weigerung vor, die den Verlust des Anspruches auf Arbeitslosengeld nach sich zieht (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 20. Dezember 1994, Zl. 93/08/0134).
Die Zulässigkeit einer Zuweisung zu einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt setzt somit voraus, dass das Arbeitsmarktservice davor seiner Verpflichtung nachgekommen ist, dem Arbeitslosen die Gründe, aus denen das Arbeitsamt eine solche Maßnahme für erforderlich erachtet, zu eröffnen, ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (vgl. das Erkenntnis vom 26. September 1995, Zl. 94/08/0131) und den Arbeitslosen über die Rechtsfolgen einer Weigerung, an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen, zu belehren (vgl. die Erkenntnisse vom 5. September 1995, Zl. 94/08/0246, vom 16. September 1997, Zl. 96/08/0308, vom 26. Jänner 2000, Zl. 98/08/0306, vom 23. Februar 2000, Zl. 98/08/0322, und vom 15. November 2000, Zl. 96/08/0042).
Die Voraussetzungen für die Zuweisung zu einer Maßnahme der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt müssen aber nicht notwendigerweise im Bescheid über die Verhängung einer Sperrfrist genannt werden. Es ist ausreichend, wenn dem Arbeitslosen die objektive Notwendigkeit der in Rede stehenden Maßnahme anlässlich der Zuweisung zu der selben, das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens in Ansehung seiner fehlenden Kenntnisse und Fähigkeiten für die Vermittlung einer zumutbaren Beschäftigung nach Lage des in Betracht kommenden Arbeitsmarktes und die Notwendigkeit gerade dieser Maßnahme zur Wiedereingliederung dargelegt werden und er auf die Rechtsfolgen einer Weigerung aktenkundig hingewiesen wurde (vgl. das Erkenntnis vom 22. Jänner 2003, Zl. 2000/08/0041).
Nach dem Inhalt der - allerdings nicht vollständig (vgl. dazu die Belehrung in der Berichterverfügung vom 19. November 2002 über die Rechtsfolgen des § 38 Abs. 2 VwGG) - vorgelegten Verwaltungsakten, soweit sie sich auf den Beschwerdefall beziehen, hat die belangte Behörde am 10. Juni 2002 mit dem Beschwerdeführer eine Niederschrift aufgenommen, in der er - in Ergänzung des auf dem Formular enthaltenen Vordrucks - dem Vorhalt, es sei ihm am 27. Mai 2002 "der Auftrag erteilt" worden, "an der Maßnahme Transitarbeitsplatz zur Wiedereingliederung bei Firma Proba teilzunehmen. Beginn der Wiedereingliederungsmaßnahme am 4.6.2002" mit der Behauptung begegnete, dass er wegen diverser Termine vorgeschlagen habe, erst im Juli "einzusteigen". Er wäre bei der "Firma Proba" nur im Baugewerbe eingesetzt worden und der Kollektivvertrag liege über den angebotenen EUR 1000,--, mit welcher Entlohnung es ihm auch unmöglich sei, seine "Fixkosten" (wie z.B. Alimente) abzudecken. Als "Stellungnahme des Arbeitsmarktservice" findet sich der Vermerk "(Der Beschwerdeführer) ist seit 11.3.1998 arbeitslos. Mehrere Maßnahmenangebote des AMS waren bereits erfolglos. Hätte am 4.6.2002 bei der Fa. Proba Transitarbeitsplatz anfangen können".
Hinweise auf konkrete Defizite des Beschwerdeführers, die einer Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt entgegenstünden und deren Behebung mit der Wiedereingliederungsmaßnahme auf geeignete Weise angestrebt würde, finden sich weder in den vorgelegten Verwaltungsakten der regionalen Geschäftsstelle noch in jenen der belangten Behörde:
Nach den auf eine "Auskunft des AMS Vöcklabruck" gestützten Feststellungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides würden von "Proba" - einem gemeinnützigem Verein - schwierige Fälle von Langzeitarbeitslosen übernommen und eingeschult. Dabei würde der Beschwerdeführer zu Renovierungs-, Garten- und Bauhilfsarbeiten eingesetzt werden. Seien "diese Arbeitslosen lern- und arbeitswillig, werden sie an andere Firmen weiter vermittelt". Solange die Arbeitslosen jedoch in der Einschulungsphase seien, erhielten sie von der Fa. Proba eine Entlohnung von derzeit brutto EUR 1.031,95, "die dem Vereinsstatut zu entnehmen ist". Bei Erfolg der Maßnahme "also bei Überlassung an eine Firma werden sie dann von dieser Firma entlohnt, dies dann nach freier Vereinbarung, zumindest nach dem entsprechenden Kollektivvertrag". Die Höhe des Arbeitsentgelts bei "Proba" wird damit begründet, dass sich der Arbeitslose auf Grund "seiner Problematik in einer verbindlichen Schulungsmaßnahme und nicht in einem Beschäftigungsverhältnis auf dem freien Arbeitsmarkt" befinde. "Diesbezüglich" sei der Beschwerdeführer auch hinreichend informiert worden.
Auch für Langzeitarbeitslose ist die Zuweisung zu einer Wiedereingliederungsmaßnahme nur zulässig, wenn ihre Kenntnisse und Fähigkeiten für die Vermittlung einer zumutbaren Beschäftigung nach Lage des in Betracht kommenden Arbeitsmarktes nicht ausreichend sind und die betreffende Maßnahme gerade diesen spezifischen Mängeln abhelfen könnte (vgl. das ebenfalls die belangte Behörde betreffende Erkenntnis vom 23. März 2001, Zl. 2000/19/0091).
Gründe dafür, dass der Beschwerdeführer als "schwieriger Fall" einzustufen sei, der einer Unterweisung u.a. in "Renovierungs-, Garten- und Bauhilfsarbeiten" bedarf, um vermittelbar zu sein, finden sich - abgesehen davon, dass eine Nachholung des Versäumten im Rechtsmittelverfahren nach der oben wiedergegebenen Rechtsprechung gar nicht mehr möglich gewesen wäre - auch im Berufungsbescheid nicht. Zweifel an der Notwendigkeit einer solchen Maßnahme werden - im Gegenteil - durch die Aktenlage eher genährt, zumal nach dem Inhalt elektronischer Aktenvermerke des AMS vom 31. Juli 2002 (also in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Zuweisung zu "Proba") erwartet wurde, dass sich der Beschwerdeführer im Bereich "Messelektronik" selbständig machen werde.
Hingegen vermöchte die von der belangten Behörde in einem Aktenvermerk festgehaltene, telefonisch geäußerte Vermutung eines Mitarbeiters der regionalen Geschäftsstelle, der Beschwerdeführer wolle keine Beschäftigung aufnehmen, "da er Schulden und hohe mtl. Unterhaltsverpflichtungen hat", keine Defizite darzutun, die einer Eingliederung des Beschwerdeführers auf dem Arbeitsmarkt objektiv entgegenstünden, sondern vielmehr nur ein mutmaßliches Verhalten des Beschwerdeführers aufzuzeigen, welches - wäre es aus seinem Gesamtverhalten erschließbar - das Arbeitsmarktservice uU auch zur gänzlichen Einstellung der Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung wegen dauernden Fehlens der Arbeitswilligkeit berechtigen würde (vgl. die Erkenntnisse vom 30. Mai 1995, Zl. 93/08/0151, und vom 5. September 1995, Zl. 94/08/0231). Insoweit wäre die regionale Geschäftsstelle des AMS anstelle der im Gesetz vorgesehenen Vorgangsweise der Zuweisung des Beschwerdeführers zu einer ihm zumutbaren Beschäftigung durch die Zuweisung zu einer Wiedereingliederungsmaßnahme zu einer im Gesetz nicht vorgesehenen Sanktionierung mutmaßlicher Arbeitsunwilligkeit geschritten, wozu dieses Instrument aber vom Gesetz nicht vorgesehen ist.
Der Beschwerdefall wirft aber darüber hinaus die Frage auf, ob jenes Rechtsverhältnis, das der Beschwerdeführer zum Verein "Proba" einzugehen gehabt hätte, nämlich augenscheinlich ein unbefristeter Arbeitsvertrag, im Rahmen einer solchen Wiedereingliederungsmaßnahme zulässig ist:
Zunächst erweist sich schon die Zuweisung zu einer Wiedereingliederungsmaßnahme auf unbestimmte Zeit (d.h. ohne zeitliche Befristung) als rechtswidrig:
Im Gegensatz zu der im Regelfall auf Dauer angelegten Vermittlung einer Beschäftigung ist eine Schulungs-, Umschulungs- oder Wiedereingliederungsmaßnahme ihrem Zweck nach auf die Herbeiführung oder Verbesserung der Vermittelbarkeit gerichtet, findet sie - als Alternative zur Vermittlung eines Arbeitsplatzes -
doch allein darin ihre sachliche Rechtfertigung und mit Erreichen des Schulungsziels (d.h. des Endes des Programmes, mit welchem dieses Ziel erreicht werden soll) auch ihr von Anfang an absehbares zeitliches Ende. Soweit sich danach weitere Schulungen als erforderlich erweisen, ist nach einer entsprechenden Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen hiefür allenfalls eine neuerliche Zuweisung zu einer solchen Maßnahme angezeigt und zulässig. Da also einer solchen Maßnahme, soll sie geeignet sein, notwendigerweise ein entsprechendes Schulungs- (Umschulungs-, Wiedereingliederungs-)programm mit einem zielorientierten zeitlichen Ablauf der jeweiligen Maßnahme zugrunde liegen muss, erweist sich die Zuweisung zu einer Wiedereingliederungsmaßnahme auf unbestimmte Zeit, d.h. ohne im Vorhinein bestimmten Zeitpunkt der Überprüfung der Erreichung (der Erreichbarkeit) von Maßnahmezielen als unzulässig.
Als unzulässig erweist es sich ferner, eine solche Schulung in das rechtliche Kleid eines Arbeitsverhältnisses zu jener Einrichtung zu kleiden, welche die Schulung durchzuführen hat, und sodann die - nach erfolgreicher Durchführung der Maßnahme - erforderliche weitere Arbeitsvermittlung dieser Einrichtung zu überlassen, wobei sich der Arbeitslose in einem Arbeitsvertrag offenbar dieser Vorgangsweise zu unterwerfen hat:
Das gesetzliche Konzept der Arbeitsmarktpolitik, wie sie vom Arbeitsmarktservice zu vollziehen ist, sieht nämlich vor, dass die arbeitslose Person während der Maßnahmen zur Schulung, Umschulung oder Wiedereingliederung im Bezug des Arbeitslosengeldes oder der Notstandshilfe verbleibt. Dies zeigen nicht nur die Bestimmungen über die zu diesen Leistungen hinzutretenden Beihilfen im Sinne der §§ 34ff AMSG, zu welchen der Verwaltungsgerichtshof bereits klargestellt hat, dass auf Grund des § 39 AMSG von einer solchen Beihilfe die Ansprüche auf Arbeitslosengeld und Notstandshilfe unberührt bleiben (vgl. dazu das Erkenntnis vom 8. September 1998, Zl. 98/08/0151), sondern auch § 12 Abs. 5 AlVG, wonach die Teilnahme an Maßnahmen der Nach- und Umschulung sowie zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt, die im Auftrag des Arbeitsmarktservice erfolgt, nicht als Beschäftigung nach § 12 Abs. 1 AlVG gilt, d.h. die Arbeitslosigkeit durch eine solche Maßnahme nicht beendet wird. Diese Bestimmung soll nach den Materialien zum Strukturanpassungsgesetz 1996 (RV: 72 und zu 72 Blg. NR XX. GP, Erl. zu Art. 23 Z. 7 und Z. 42) ermöglichen, dass während einer Maßnahme der Nach- und Umschulung bzw. zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt (ersichtlich gemeint:
neben allfälligen Zuschüssen mit Entgeltcharakter, die seitens der Schulungseinrichtung für Arbeitsleistungen in diesem Zusammenhang gewährt werden) auch Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe bezogen werden kann, wenn die Teilnahme im Auftrag des Arbeitsmarktservice erfolgt.
Dies ergibt sich aber auch aus § 18 Abs. 5 und 6 AlVG, wonach eine der Voraussetzungen für die Anerkennung von Sonderschulungsmaßnahmen - die zu einer Verlängerung des Arbeitslosengeldbezuges gemäß § 18 Abs. 5 AlVG führt - ist, dass "dem Arbeitslosen eine Zuschussleistung vom Träger der Einrichtung während seiner Zugehörigkeit zu ihr gewährt wird" (§ 18 Abs. 6 lit. e und Abs. 7 lit. c AlVG), d.h. eine Leistung, die zu Geldleistungsbezügen nach dem AlVG hinzutritt und - unabhängig von ihrer Höhe - bei Veranlassung der Schulung durch das AMS das Vorliegen von Arbeitslosigkeit nicht beeinträchtigt (§ 12 Abs. 5 AlVG). Schließlich stellt auch § 40a AlVG klar, dass während einer Bezugsdauer nach § 18 Abs. 5 und während der Teilnahme an Maßnahmen nach § 12 Abs. 5 AlVG gemäß § 8 Abs. 1 Z. 3 lit. c ASVG eine Teilversicherung in der gesetzlichen Unfallversicherung besteht und "das bezogene Arbeitslosengeld (Notstandshilfe)" als Beitragsgrundlage gilt (sodass der Bezug solcher Leistungen gedanklich vorausgesetzt wird). Im Gegensatz dazu sollte nach der Vorstellung der regionalen Geschäftsstelle während der ins Auge gefassten Wiedereingliederungsmaßnahme durch die rechtliche Form des Arbeitsvertrages der Bezug von Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung durch das Arbeitsentgelt ersetzt werden.
Hinzu kommt, dass die arbeitslose Person durch die (Schulungs- , Umschulungs-, Wiedereingliederungs-) Maßnahme in die Lage versetzt werden soll, jederzeit einen sich bietenden Arbeitsplatz annehmen zu können, ohne darin durch eine erst zu lösende arbeitsrechtliche Verpflichtung mit der Schulungseinrichtung behindert zu sein.
Der Verwaltungsgerichtshof verkennt dabei keineswegs, dass derartige Projekte - wie das hier in Rede stehende - für die Wiedereingliederung bestimmter sozial benachteiligter Problemgruppen in den Arbeitsmarkt durchaus sehr nützlich und zielführend sein mögen; ihrer Umsetzung im Wege vertraglicher Vereinbarungen, wie sie das AMSG ermöglicht, steht auch nichts im Wege. Davon zu unterscheiden ist aber die Frage, in welchen rechtlichen Formen sich Maßnahmen nach § 9 Abs. 1 AlVG zu bewegen haben, zu denen Arbeitslose verpflichtend (d.h. mit der Sanktion der einer Sperrfrist nach § 10 Abs. 1 AlVG) zugewiesen werden können.
Es war daher rechtswidrig, wenn das AMS den Beschwerdeführer (abgesehen vom Fehlen einer vorherigen Aufklärung, Belehrung und Gelegenheit zum Parteiengehör) zum Zwecke einer Wiedereingliederungsmaßnahme zum Abschluss eines Arbeitsvertrages mit der die Maßnahme durchführenden Einrichtung verpflichten und ihm während dieser Maßnahme keine Leistungen nach dem AlVG (allenfalls auch Beihilfen nach dem AMSG) gewähren, sondern ihn zur Gänze auf Arbeitsentgelt dieser Einrichtung verweisen wollte. Die Weigerung des Beschwerdeführers, an der Maßnahme teilzunehmen, berechtigte die Behörden des Arbeitsmarktservice daher nicht zur Verfügung einer Sperrfrist gemäß § 10 Abs. 1 AlVG.
Der angefochtene Bescheid ist aus all diesen Gründen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 21. April 2004
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