Normen
AlVG 1977 §10 Abs1;
AlVG 1977 §10 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 lita;
AlVG 1977 §10 Abs1;
AlVG 1977 §10 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 lita;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführerin wurde von der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice eine Stelle als Nageldesignerin mit möglichem Arbeitsantritt am 8. November 2001 zugewiesen. Über das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses wurde mit der Beschwerdeführerin am 21. November 2001 eine Niederschrift bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice aufgenommen. Auf die Frage, weshalb das Beschäftigungsverhältnis nicht zu Stande gekommen sei, antwortete die Beschwerdeführerin:
"... weil ich das Geld von 12.000,-- für einen Kurs, der unbedingt Bedingung ist, die Stelle anzutreten, nicht habe. Fr. L. hat mir am 8.11.01 bei einem Telefonat gesagt, das ist kein Job, das ist harte Arbeit und sie glaubt, dass das für mich nichts ist."
Die am Tage des Vorstellungsgespräches erstattete Rückmeldung der potenziellen Dienstgeberin lautete dahingehend, dass die Beschwerdeführerin bereits bei der telefonischen Terminvereinbarung für ein Vorstellungsgespräch beleidigend gewesen sei. Trotzdem sei mit ihr für den 9. November die persönliche Vorsprache zum Ausfüllen des Bewerbungsbogens vereinbart worden. Sie habe aber nur den "Stempel" wollen und sei im Geschäft zur Frau L. in Anwesenheit von sechs Personen und der Chefin äußerst unverschämt im Auftreten gewesen. U.a. habe sie angegeben, sie bewerbe sich um den "Job". Als sie daraufhin informiert worden sei, dass lediglich eine "Arbeit" zu vergeben sei, habe die Beschwerdeführerin ihnen unterstellt, "dann nicht Englisch zu können". Das Gespräch sei von Seiten der Beschwerdeführerin "laufend äußerst unverschämt" gewesen. Auf Grund dieses Bewerbungsverhaltens sei es zu keiner Anstellung gekommen. Bei entsprechendem Verhalten wäre eine sofortige Anstellung möglich gewesen, wobei die erforderliche Ausbildung auf Firmenkosten erfolgt wäre.
Befragt zu diesen Angaben der Dienstgeberin erklärte die Beschwerdeführerin Folgendes:
"Fr. C. sagte mir, ich brauche den Kurs, der 12.000,- kostet, den ich bezahlen muss in Voraus. Ich sagte ihr, dass ich diesen Betrag nicht habe aber ob sie weiß, ob mir das AMS diesen Kurs bezahlt. Ich wusste bei der Ausgabe des Stellenvorschlages nichts von einem Kurs, der im Vorhinein bezahlt werden muss. Laut Fr. C. ist der Kurs Bedingung für die Aufnahme bei dem Job. Weiters haben sich Frau L. und Frau C. wechselweise für einander ausgegeben. Mein Bezug zu ihren Englischkenntnissen war der, dass ich gesagt habe, dass sie wahrscheinlich doch nichts gegen Englisch haben wird, wo sie doch ihr Institut mit P. bezeichnet, und daher sicher auch eine Beziehung zu Englisch hat. Ich sagte ihr auch, dass ich mich beim AMS beschweren werde über ihr Verhalten und das habe ich auch am 12. November 2001 bei Frau F. gemacht. In diesem Gespräch habe ich auch einen Wechsel des Betreuers verlangt."
Als berücksichtigungswürdige Gründe machte die Beschwerdeführerin geltend, sie habe fünf unversorgte Kinder und Schulden in der Höhe von ca. vier Millionen Schilling. Sie habe noch nie einen Job abgelehnt und komme ihren Verpflichtungen gegenüber dem AMS immer nach.
Mit Bescheid vom 29. November 2001 sprach die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice gemäß § 38 AlVG in Verbindung mit § 10 AlVG aus, die Beschwerdeführerin habe ihren Anspruch auf Notstandshilfe für den Zeitraum vom 9. November 2001 bis 20. Dezember 2001 verloren, weil sie eine vom Arbeitsmarktservice vermittelte, zumutbare Beschäftigung nicht angenommen habe. Berücksichtigungswürdige Gründe für eine Nachsicht lägen nicht vor.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung und führte aus, sie habe die Annahme einer zumutbaren zugewiesenen Beschäftigung nicht verweigert. Eine Verweigerung einer Nach- bzw. Umschulung habe nicht erfolgen können, weil ihr die finanzielle Basis für eine Entscheidung betreffend einen Kurs in Höhe von S 12.000,-- fehle. Ihre Anfrage an die mögliche Dienstgeberin über eine Bezahlung durch das AMS habe von dieser nicht beantwortet werden können.
Ihrer Berufung legte die Beschwerdeführerin ein von ihr verfasstes, mit 21. November 2001 datiertes Gedächtnisprotokoll bei, in welchem sie sowohl den Verlauf des Telefon- als auch des persönlichen Vorstellungsgespräches bei der Firma "P." in Dialogform schilderte. Die belangte Behörde nahm mit der Beschwerdeführerin am 21. Februar 2002 eine Niederschrift betreffend die Berufung auf und hielt mit der Beraterin der Beschwerdeführerin Rücksprache.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, bei dem zugewiesenen Stellenangebot - die angebotene Beschäftigung wäre kollektivvertraglich entlohnt worden - habe es sich um eine zumutbare Beschäftigung im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen gehandelt. Die Beschwerdeführerin sei zuletzt 1982 in einem Dienstverhältnis als Verkäuferin gestanden; seither habe sie Notstandshilfe bezogen. Im Hinblick auf die bereits längere Arbeitslosigkeit und die bisherigen erfolglosen Vermittlungsversuche bestehe keine Aussicht auf eine Beschäftigung in einem ihrer bisherigen Tätigkeit entsprechenden Beruf. Die Beschwerdeführerin sei daher verpflichtet gewesen, sich nachhaltig um ein Zustandekommen des Dienstverhältnisses zu bemühen und ihre Arbeitsbereitschaft zu zeigen. Nach den Angaben der Dienstgeberin habe die Beschwerdeführerin am 8. November 2001 einen Vorstellungstermin vereinbart; sie sei schon am Telefon beleidigend gewesen. Bei der Vorsprache am 9. November 2001 sei sie äußerst unverschämt im Auftreten gewesen. Sie habe u.a. der Dienstgeberin unterstellt, nicht Englisch zu können. Auf Grund dieses Bewerbungsverhaltens sei es zu keiner Anstellung gekommen. Bei einer Anstellung wären die Kosten der Ausbildung von der Firma getragen worden. Die Rückmeldung der Dienstgeberin an das Arbeitsmarktservice sei gleich nach dem Vorstellungsgespräch mit der Beschwerdeführerin am 9. November 2001 erfolgt. Die Dienstgeberin habe zu diesem Zeitpunkt keinerlei Kenntnis von möglichen Rechtsfolgen für die Beschwerdeführerin und auch kein Interesse am Verfahrensausgang gehabt. Der zuständige Ausschuss habe daher keine Veranlassung gesehen, diese Angaben anzuzweifeln. Insbesondere sei davon auszugehen gewesen, dass die Ausbildungskosten von der Dienstgeberin übernommen worden wären. Das von der Beschwerdeführerin übermittelte Gedächtnisprotokoll sei am 21. November 2001 - somit 12 Tage nach dem Vorstellungsgespräch und nach Kenntnis von der Einstellung der Notstandshilfe - erstellt worden. Der zuständige Ausschuss habe davon auszugehen gehabt, dass sich die Beschwerdeführerin zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in allen Einzelheiten an das Gespräch habe erinnern können. Meinungsverschiedenheiten im Laufe der Gespräche mit der Dienstgeberin ließen sich auch aus den Angaben der Beschwerdeführerin ableiten, wobei die Beschwerdeführerin naturgemäß eine für sie günstige Sicht der Gespräche dargestellt habe. In Hinblick auf die Angaben der Dienstgeberin sei davon auszugehen gewesen, dass die Beschwerdeführerin kein ernsthaftes Interesse an der Aufnahme der angebotenen Beschäftigung gezeigt habe. Ein entsprechendes kooperatives Verhalten gegenüber der Dienstgeberin, um eine Verbesserung des Gesprächsklimas herbeizuführen, lasse sich aus den gesamten vorliegenden Unterlagen nicht ableiten. Dadurch, dass die Beschwerdeführerin bei ihrer Vorstellung ein Verhalten gesetzt habe, welches die Dienstgeberin von einer Einstellung abgehalten habe, habe sie das Zustandekommen des Dienstverhältnisses vereitelt. Nachsicht sei nicht zu gewähren gewesen, weil die Sorgepflichten der Beschwerdeführerin sie nicht härter träfen als andere Arbeitslose.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zum Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde habe bei der Entscheidung über den Verlust des Anspruches der Beschwerdeführerin auf Notstandshilfe "ihren Ermessensspielraum überschritten", ist auf Folgendes hinzuweisen:
Gemäß § 9 Abs. 1 AlVG ist arbeitswillig, wer unter anderem bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vermittelte zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder von einer sich sonst bietenden Arbeitsmöglichkeit Gebrauch zu machen. Gemäß § 10 Abs. 1 AlVG verliert ein Arbeitsloser, der sich weigert, eine ihm von der regionalen Geschäftsstelle zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, für die Dauer der Weigerung, jedenfalls aber für die Dauer der auf die Weigerung folgenden sechs Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Auf Grund des § 38 AlVG sind diese Regelungen auch auf die Notstandshilfe sinngemäß anzuwenden. Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 23. April 2003, 2002/08/0275) sind die genannten Bestimmungen Ausdruck des dem gesamten Arbeitslosenversicherungsrecht zu Grunde liegenden Gesetzeszweckes, den arbeitslos gewordenen Versicherten, der trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keinerlei Beschäftigung gefunden hat, möglichst wieder durch Vermittlung in eine ihm zumutbare Beschäftigung einzugliedern und ihn so in die Lage zu versetzen, seinen Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten. Wer eine Leistung der Versichertengemeinschaft der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt, muss sich daher darauf einstellen, eine ihm angebotene zumutbare Beschäftigung auch anzunehmen, das heißt bezogen auf eben diesen Arbeitsplatz arbeitswillig zu sein.
Um sich in Bezug auf eine von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vermittelte zumutbare Beschäftigung arbeitswillig zu zeigen, bedarf es einerseits eines auf die Erlangung dieses Arbeitsplatzes ausgerichteten, unverzüglich zu entfaltenden aktiven Handelns des Arbeitslosen und andererseits auch der Unterlassung jedes Verhaltens, welches objektiv geeignet ist, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern. Das Nichtzustandekommen eines die Arbeitslosigkeit beendenden zumutbaren Beschäftigungsverhältnisses kann vom Arbeitslosen - abgesehen vom Fall der ausdrücklichen Weigerung, eine angebotene Beschäftigung anzunehmen - somit auf zwei Wegen verschuldet, die Annahme der Beschäftigung also auf zwei Wegen vereitelt werden: Nämlich dadurch, dass der Arbeitslose ein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln erst gar nicht entfaltet (etwa durch Unterlassen der Vereinbarung eines Vorstellungstermins oder Nichtantritt der Arbeit), oder dadurch, dass er den Erfolg seiner (nach außen zu Tage getretenen) Bemühungen durch ein Verhalten, welches nach allgemeiner Erfahrung geeignet ist, den potenziellen Dienstgeber von der Einstellung des Arbeitslosen abzubringen, zunichte macht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 15. Oktober 2003, 2003/08/0064).
Liegt einer der einzelnen in § 10 Abs. 1 AlVG genannten Tatbestände vor, hat es zu den im zweiten Teil dieses Absatzes vorgesehenen Sanktionen zu kommen. Angesichts des klaren Wortlautes dieser Regelung und ihrer Funktion liegt deren Anwendung nicht im Ermessen des Arbeitsmarktservice. Diese hat nur insofern Spielraum, als der Anspruchsverlust in berücksichtigungswürdigen Fällen ganz oder teilweise nachzusehen ist (§ 10 Abs. 2 AlVG). Die Entscheidung der belangten Behörde hinsichtlich der Nichterteilung der Nachsicht des Anspruchsverlustes wird jedoch in der Beschwerde nicht bekämpft.
Die Beschwerdeführerin führt aus, der angefochtene Bescheid sei mit Aktenwidrigkeit behaftet, weil die belangte Behörde davon ausgegangen sei, dass die von der Beschwerdeführerin gemachten Angaben über den Verlauf des Vorstellungsgespräches erst 12 Tage nach diesem erstellt worden seien - dies obwohl die Beschwerdeführerin bereits am darauf folgenden Werktag bei der Abteilungsleiterin des AMS vorstellig geworden sei und Angaben über das Bewerbungsgespräch gemacht habe, welche sich mit ihrem später vorgelegten Gedächtnisprotokoll deckten; außerdem habe die belangte Behörde festgestellt, aus den vorliegenden Unterlagen lasse sich kein kooperatives Verhalten der Beschwerdeführerin gegenüber der Dienstgeberin zur Verbesserung des Gesprächsklimas ableiten - dies obwohl die Beschwerdeführerin angegeben habe, sich im Zuge des Telefongespräches für die Bezeichnung "Job" entschuldigt zu haben und es in weiterer Folge unterlassen habe, diese Bezeichnung zu wählen.
Zu diesen Vorbringen der Beschwerdeführerin ist zunächst auszuführen, dass Aktenwidrigkeit im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. a VwGG nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann vorliegt, wenn sich die Behörde bei der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes mit dem Akteninhalt hinsichtlich der dort festgehaltenen Tatsachen in Widerspruch gesetzt hat, nicht aber, wenn die belangte Behörde bei widersprechenden Beweisergebnissen zu Feststellungen in einer bestimmten Richtung gelangt, die in den Beweisergebnissen ihre Deckung finden (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 20. Juni 2000, 2000/15/0020, vom 2. Juli 2002, 99/14/0056, u.v.a.).
Ein etwaiger Widerspruch zwischen dem festgestellten Sachenverhalt und dem Akteninhalt, welcher den angefochtenen Bescheid mit Aktenwidrigkeit behaften würde, liegt nicht vor. Aus den Verwaltungsakten ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin zwar - wie sie selbst angab - bereits am 12. November 2001 beim AMS erschien, jedoch nach Information über die Sperre nach § 10 AlVG am 21. November 2001, somit 12 Tage nach dem am 9. November 2001 abgehaltenen Bewerbungsgespräch, bei der regionalen Geschäftsstelle vorsprach und die - oben wiedergegebene - Niederschrift unterfertigte, in der keine Rede von einem von ihr verfassten Gedächtnisprotokoll ist.
Die belangte Behörde hat im Verhalten der Beschwerdeführerin während des Vorstellungsgespräches eine Vereitelung erblickt. Nach den Feststellungen sei die Beschwerdeführerin auf Grund ihrer Erklärung, sie bewerbe sich um den "Job", darauf hingewiesen worden, dass "Arbeit" zu vergeben sei. In Reaktion auf diesen Hinweis habe die Beschwerdeführerin der Dienstgeberin und einer Angestellten in Anwesenheit von mehreren Kunden unterstellt, nicht Englisch zu können. Die präsumtive Dienstgeberin habe dies zum Anlass genommen, die Beschwerdeführerin nicht einzustellen.
Unter "Vereitelung" im oben ausgeführten Sinne ist ein auf das zugewiesene Beschäftigungsverhältnis bezogenes Verhalten des Vermittelten zu verstehen, das - bei Zumutbarkeit der Beschäftigung - das Nichtzustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses herbeiführt; das Nichtzustandekommen muss in einem darauf gerichteten oder dieses zumindest in Kauf nehmenden Verhalten des Vermittelten seinen Grund haben (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 4. Juli 1995, 95/08/0159). Bei der Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten eines Vermittelten als Vereitelung im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG zu qualifizieren ist, kommt es zunächst darauf an, ob dieses Verhalten für das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses ursächlich war. Ist die Kausalität zwischen dem Verhalten des Vermittelten und dem Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses zu bejahen, dann muss geprüft werden, ob der Vermittelte vorsätzlich gehandelt hat, wobei bedingter Vorsatz (dolus eventualis) genügt. Ein bloß fahrlässiges Handeln, also die Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt, reicht zur Verwirklichung des Tatbestandes nicht hin (vgl. hiezu etwa die hg. Erkenntnisse vom 20. Oktober 1992, 92/08/0042, und vom 16. Juni 2004, 2000/08/0128, und die dort angeführte Judikatur).
Die Frage, wie sich die Beschwerdeführerin bei dem Vorstellungsgespräch verhalten hat, ist für die Beurteilung, ob die Notstandshilfe zu versagen ist, ausschlaggebend. Die Beantwortung der Frage, ob die Beschwerdeführerin das Zustandekommen der Beschäftigung vereitelt hat, erfordert somit präzise Feststellungen über den Verlauf des Vorstellungsgespräches.
Die belangte Behörde führt in der Begründung ihres Bescheides aus, die Beschwerdeführerin sei schon am Telefon "beleidigend" und beim Gesprächstermin "äußerst unverschämt im Auftreten" gewesen; sie habe u.a. der Dienstgeberin unterstellt, "nicht Englisch zu können". Daraus hat die belangte Behörde geschlossen, dass die Beschwerdeführerin auf Grund ihres "unverschämten Auftretens" kein ernsthaftes Interesse an der Aufnahme der angebotenen Beschäftigung gezeigt habe und es auf Grund des "unverschämten Bewerbungsverhaltens" zu keiner Anstellung gekommen sei. Die belangte Behörde geht aber auch davon aus, dass es im Laufe der Gespräche zu "Meinungsverschiedenheiten" zwischen der Beschwerdeführerin und der Dienstgeberin gekommen sei und dass die Beschwerdeführerin es unterlassen habe, eine Verbesserung des Gesprächsklimas herbeizuführen. Daraus ergibt sich, dass auch die belangte Behörde davon ausgeht, dass bei dem Bewerbungsgespräch ein gereiztes Klima vorherrschte; eine Aufklärung, ob die Beschwerdeführerin mit den Provokationen begonnen hat, erfolgte nicht und darüber hinaus setzt sie sich mit der von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Behauptung, sie sei beim Gespräch mit Ausbildungskosten in nicht unbeträchtlicher Höhe erstmalig und somit überraschend konfrontiert worden, nicht auseinander. Da Feststellungen über den konkreten Ablauf der Gespräche zwischen der Beschwerdeführerin und der potenziellen Dienstgeberin erforderlich sind, um beurteilen zu können, ob das Verhalten der Beschwerdeführerin für das Nichtzustandekommen der angebotenen Beschäftigung kausal war und ob der Beschwerdeführerin vorsätzliches Handeln vorgeworfen werden kann, erweist sich der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt ergänzungsbedürftig.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Beim Schriftsatzaufwand handelt es sich um einen Pauschbetrag, in dem die Umsatzsteuer bereits enthalten ist.
Wien, am 7. September 2005
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