VwGH 2002/03/0156

VwGH2002/03/01563.9.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über den Antrag des M in K, vertreten durch Dr. Peter Hoffmann-Ostenhof, Rechtsanwalt in 1015 Wien, Seilergasse 16/V, auf Wiederaufnahme des mit hg. Erkenntnis vom 29. April 2002, Zl. 2002//03/0048, abgeschlossenen Beschwerdeverfahrens, den Beschluss gefasst:

Normen

VwGG §45 Abs1 Z4;
ZPO §292 Abs2;
ZustG §17;
ZustG §22 Abs1;
VwGG §45 Abs1 Z4;
ZPO §292 Abs2;
ZustG §17;
ZustG §22 Abs1;

 

Spruch:

Dem Antrag wird nicht stattgegeben.

Begründung

1. Mit dem dem Antragsteller am 29. Mai 2002 zugestellten hg. Erkenntnis vom 29. April 2002, Zl. 2000/03/0048, wurde die vom Antragsteller gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 28. Dezember 2000, Zl. UVS 30.2-41, 42/2000-17, betreffend 1. Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, und 2. Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, gerichtete Beschwerde abgewiesen.

Der Antragsteller stützt seinen folgenden Antrag auf Wiederaufnahme dieses Beschwerdeverfahrens ausdrücklich auf § 45 Abs. 1 Z 4 VwGG. Eine Verletzung des Parteiengehörs im Sinne dieser Bestimmung könne auch im Zusammenhang mit eigenen Sachverhaltsfeststellungen des Verwaltungsgerichtshofes gegeben sein. Der Gerichtshof habe in seinem Beschluss vom 29. Mai 2001, Zl. 2001/03/0136, die Auffassung vertreten, dass der Ausschluss des Beschwerdeführers von der mündlichen Verhandlung vor dem genannten unabhängigen Verwaltungssenat nicht durch Wiedereinsetzung, sondern durch Anfechtung des Straferkenntnisses dieser Behörde selbst geltend zu machen sei. Es sei erwiesen, dass der Antragsteller von der von ihm vor dem besagten unabhängigen Verwaltungssenat beantragten mündlichen Strafverhandlung deshalb ausgeschlossen worden sei, weil das Postamt 1150 Wien einen Nachsendeauftrag missachtet gehabt habe. Auf Seite 9 des Erkenntnisses vom 29. April 2002 werde ausgeführt, dass ein Nachsendeauftrag nicht gültig erteilt werden könne, wenn der Beschwerdeführer ohnedies "üblicherweise" die Woche über in Wien sei. Vielmehr sei der Gerichtshof sogar der Auffassung gewesen, der Beschwerdeführer hätte den Nachsendeauftrag deshalb gestellt, weil sein Ersuchen um Zustellung in die Steiermark missachtet worden sei. Wie aus dem genannten Erkenntnis vom 29. April 2002, auf Seite 8, hervorgehe, habe der Antragsteller im Zeitraum vom 28. Mai 2000 bis 15. September 2000 einen Nachsendeauftrag erteilt. Die Behauptung, von einem Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat rechtswidrig ausgeschlossen worden zu sein, sei ein neues Vorbringen, das in der Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof zu erstatten sei. Der Beschwerdeführer habe auf den Nachsendeauftrag hingewiesen. Wenn der Gerichtshof der Auffassung gewesen sei, dass dieser Nachsendeauftrag ungültig sei, und der Beschwerdeführer wohl nicht seiner Arbeit in Wien elf Wochen nicht nachgegangen sein könne, werde dem im Rahmen der Wiederaufnahme wie folgt entgegengetreten: Der Beschwerdeführer sei im Jahr 1999, als sich der verfahrensgegenständliche Vorfall ereignet habe, bei B ....., Rechtsanwälte tätig gewesen. Im folgenden Jahr 2000 sei er bei S ... & Partner tätig gewesen. Dies allerdings nur bis zum 3. August. Bereits Ende Juni habe der Antragsteller seinen Resturlaub in Anspruch genommen. Dadurch erkläre sich der frühe Nachsendeauftragstermin gegenüber dem Ausscheiden aus der Liste für Rechtsanwaltsanwärter bei der Rechtsanwaltskammer Wien. Durch Nachfrage bei der Rechtsanwaltskammer Wien könne auch überprüft werden, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2000 dann letztlich auch gar nicht mehr in Wien tätig gewesen sei. Der lange Urlaub erkläre sich dadurch, dass der Antragsteller während seiner Zeit bei B ..... Rechtsanwälte eine Woche und bei S ..... & Partner vor Ende Juni überhaupt nicht auf Urlaub gewesen sei, und in dieser Zeit nebenher noch zwei näher genannte Bücher herausgebracht habe.

Wenn der Verwaltungsgerichtshof Zweifel an der Redlichkeit des Nachsendeauftrages gehabt habe, dann hätte er dies mit dem Beschwerdeführer erörtern müssen und kein überraschendes Erkenntnis zu seinen Lasten fällen dürfen. Entspreche der Nachsendeauftrag daher wirklich einer Abwesenheit - was eigentlich implizit üblicherweise der Grund sei, dass ein solcher erteilt werde - hätte das Erkenntnis vom 29. April 2002 anders lauten müssen.

2.1. § 45 Abs. 1 Z. 4 VwGG lautet:

"(1) Die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis oder Beschluss abgeschlossenen Verfahrens ist auf Antrag einer Partei zu bewilligen, wenn ...

4. im Verfahren vor dem Gerichtshof den Vorschriften über das Parteiengehör nicht entsprochen wurde und anzunehmen ist, dass sonst das Erkenntnis oder der Beschluss anders gelautet hätte ...".

2.2. Die Passage im zitierten hg. Erkenntnis vom 29. April 20002, die das Vorbringen des Antragstellers im Auge hat, lautet wie folgt (Seite 9f dieses Erkenntnisses):

"Eine Nachsendung im Sinn des § 18 des Zustellgesetzes setzt voraus, dass sich der Empfänger nicht regelmäßig an der Abgabestelle im Sinne des § 17 Abs. 1 leg. cit. aufhält. Diese Voraussetzung fehlt im Fall des Beschwerdeführers, hat doch dieser selbst angegeben, dass er während der Woche in Wien tätig sei und "üblicherweise" (lediglich) Freitag bis Sonntag in der Steiermark in A K verbringe. Der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Nachsendeauftrag kann daher nicht bewirken, dass ihm die Ladung zur mündlichen Verhandlung am 20. September 2000 gemäß § 18 des Zustellgesetzes von seiner Wiener Adresse nach K nachgesendet hätte werden müssen, vielmehr erweist sich die Rechtsauffassung des Beschwerdeführers, dass in einem Fall wie dem seinen nur wirksam an die Nachsendeadresse zugestellt werden können, ohne dass eine Ortsabwesenheit nachgewiesen werden müsste, als rechtsirrig."

In seiner Beschwerde gegen den genannten Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark hatte der nunmehrige Antragsteller in diesem Zusammenhang insbesondere Folgendes ausgeführt:

"Wegen der bereits erfolgten wiederholten Zustellmängel beim Postamt A-1150 Wien hatte der Beschwerdeführer im Verfahren UVS 30.2-41,42/2000 beantragt und wiederholt darauf hingewiesen, Zustellungen an seinen Wohnsitz in A K zuzustellen (siehe Einspruch, siehe Berufung, sämtliche Schriftsätze mit Korrespondenzadresse K). Der Beschwerdeführer ist während der Woche in Wien tätig und verbringt üblicherweise Freitag bis Sonntag in der Steiermark in A K. Dies ist auch der ständige und einzige Standort des die angeblichen Verwaltungsstraftaten betreffenden PKW.. ." (Hervorhebung im Original nicht wiedergegeben).

Die zitierte Passage in dem genannten Erkenntnis kann sich somit auf das vom Antragsteller in seiner Beschwerde selbst erstattete Vorbringen stützen. Schon von daher kann keine Rede davon sein, dass der Verwaltungsgerichtshof im Beschwerdeverfahren mit dem nunmehrigen Antragsteller die Umstände im Zusammenhang mit dem Nachsendeauftrag erörtern hätte müssen, und diesen nicht mit einem überraschenden Erkenntnis zu seinen Lasten überraschen hätte dürfen. Weiters ergibt sich aus dem Rückschein betreffend die Ladung des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die öffentliche mündliche Verhandlung am 20. September 2000 in dem Verwaltungsstrafverfahren, das zu dem vom Antragsteller später in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 28. Dezember 2000 führte, dass die Ladung nach zwei erfolglosen Zustellversuchen am 30. August 2000 beim Postamt 1153 Wien hinterlegt wurde (vgl. Blatt 57f der Verwaltungsstrafakten). Nach der hg. Rechtsprechung ist der vom Zusteller erstellte Zustellnachweis (Rückschein) eine öffentliche Urkunde, die den Beweis dafür erbringt, dass die Zustellung vorschriftsmäßig erfolgt ist, doch ist der Gegenbeweis gemäß § 292 Abs. 2 ZPO zulässig. Behauptet jemand, es lägen Zustellmängel vor, so hat er diese Behauptungen auch entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzubieten, die geeignet sind, die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen. Eine weder zeitlich konkretisierte noch in irgendeiner Weise belegte Behauptung, ortsabwesend gewesen zu sein, genügt dafür nicht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. September 2000, Zl. 2000/03/0043). Es hätte daher dem Antragsteller im Beschwerdeverfahren oblegen, ein solches zeitlich konkretisiertes und belegtes Vorbringen, ortsabwesend gewesen zu sein, zu erstatten. Ein solches Vorbringen ist der Beschwerde im Lichte der daraus zitierten Stelle - in der eine derartige Ortsabwesenheit gar nicht behauptet wird - nicht entnehmbar. Das nunmehr im Wiederaufnahmeantrag erstattete Vorbringen betreffend die Ortsabwesenheit des Antragstellers bei Zustellung der Ladung zur besagten mündlichen Verhandlung am 20. September 2000 an seine Adresse in Wien vermag nichts daran zu ändern, dass der Beweis, dass diese Zustellung nicht vorschriftsmäßig erfolgt sei, bereits im Beschwerdeverfahren erbracht hätte werden müssen. Vor diesem Hintergrund hat der Verwaltungsgerichtshof - entgegen dem Wiederaufnahmeantrag - keine eigenständigen Sachverhaltsfeststellungen getroffen, weshalb auch das Vorbringen des Antragstellers, dass vom Gerichtshof hiezu Parteiengehör zu gewähren gewesen wäre, nicht zielführend ist.

2.3. Nach dem Gesagten war dem vorliegenden Wiederaufnahmeantrag daher nicht stattzugeben.

Wien, am 3. September 2002

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