VwGH 2001/20/0213

VwGH2001/20/021327.2.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Nichtowitz, über die Beschwerde des E in A, vertreten durch Prof. Dipl.-Ing. Mag. iur. Andreas O. Rippel, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Maxingstraße 34, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 20. Februar 2001, Zl. Wa-292/00, betreffend Waffenverbot, zu Recht erkannt:

Normen

WaffG 1996 §12 Abs1;
WaffG 1996 §12 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 31. Oktober 2002 verbot die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen dem Beschwerdeführer den Besitz von Waffen und Munition. Dieser Bescheid stützte sich im Wesentlichen darauf, dass beim Beschwerdeführer am 24. und 29. August 2000 eine näher beschriebene Menge an Waffen und Munition gefunden worden sei, darunter eine verbotene Waffe (Schussapparat als Kugelschreiber getarnt) und zwei als Kriegsmaterial einzustufende Waffen (ein Sturmgewehr und eine Maschinenpistole). Weiters habe der Beschwerdeführer die in § 41 Abs. 1 WaffG vorgeschriebene Meldung nicht erstattet. Ein "zusätzliches Detail" sei der Umstand, dass er beim Betreten eines Bezirksgerichtes eine Faustfeuerwaffe bei sich gehabt und somit geführt habe, woran auch der gerichtliche Freispruch in Bezug auf den Vorwurf des Führens dieser Waffe nichts ändere. Weiters trete hinzu, dass der Beschwerdeführer am 24. August 2000 noch nicht alle Waffen herausgegeben habe und ihm schon 1988 - damals wegen einer inzwischen getilgten Verurteilung - erstmals die Waffenbesitzkarte entzogen worden sei.

Diesen Argumenten der Behörde erster Instanz trat der Beschwerdeführer in seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid im Einzelnen und zum Teil mit Beweisanträgen entgegen.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Sie stützte ihre Entscheidung - unter Ausklammerung aller anderen Feststellungen der Behörde erster Instanz - ausschließlich darauf, dass der Beschwerdeführer das Sturmgewehr, die Maschinenpistole und den "schießenden Kugelschreiber" besessen habe. Ausgehend von dem hg. Erkenntnis vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0246, gelangte die Behörde in rechtlicher Hinsicht zu dem Ergebnis, "infolge dieses illegalen Besitzes von zwei Schnellfeuerwaffen nach dem Kriegsmaterialgesetz und einer verbotenen Waffe" sei die Annahme gerechtfertigt, dass der Beschwerdeführer durch missbräuchliches Verwenden von Waffen "eine Gefährdung nach § 12 Abs. 1 WaffG 1996 darstellen" könne. Bei einer Person, die sich wie der Beschwerdeführer "über derartig wichtige Bestimmungen des Waffengesetzes hinwegsetzt", scheine die in § 12 Abs. 1 WaffG normierte Gefahr ausreichend belegt zu sein. "Entsprechend der angeführten Judikatur" sei der Beschwerdeführer "nicht nur im Besitz einer verbotenen Waffe" gewesen, sondern habe er "zusätzlich auch noch zwei Schnellfeuerwaffen (Kriegsmaterial)" in seinem Besitz gehabt. Seinen Rechtfertigungen in der Berufung könne diesbezüglich nicht gefolgt werden. So würde es am Ergebnis nichts ändern, wenn er sich - wie schon in erster Instanz behauptet und in der Berufung verbunden mit dem Antrag auf Parteienvernehmung wiederholt - bei der Bezirkshauptmannschaft um eine Ausnahmebewilligung für verbotene Waffen bemüht hätte, weil ein derartiger Antrag ihn noch nicht zu deren Besitz berechtigt hätte. Auch der Hinweis des Beschwerdeführers auf seine "Umbauarbeiten bzw. Patentabsichten" werde "in diesem Zusammenhang nicht schlagend, weil dieser Umstand keine entschuldbare Rechtfertigungen für den Besitz von Kriegsmaterial und verbotenen Waffen darstellen".

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der zum Teil - mit dem Hinweis, dass der angefochtene Bescheid sich aber nicht darauf stütze - auch auf die lediglich im erstinstanzlichen Bescheid herangezogenen Gründe für die Verhängung eines Waffenverbotes eingegangen wird. Dem hält die belangte Behörde in der Gegenschrift entgegen, "dass der Beschwerdeführer im Besitz von zwei Schnellfeuerwaffen und einer verbotenen Waffe war und stellte dies die Grundlage für die

Erlassung des Waffenverbotes dar ... Aggressionshandlungen,

Tätlichkeiten und Körperverletzungen wurden dem Beschwerdeführer von der Behörde niemals unterstellt, sondern war Grundlage des Waffenverbotes einzig und allein das oben dargelegte Verhalten".

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 12 Abs. 1 WaffG lautet:

"Die Behörde hat einem Menschen den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten (Waffenverbot), wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dieser Mensch durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte."

Die Verhängung eines Waffenverbotes dient der Verhütung von Gefährdungen der in § 12 Abs. 1 WaffG bezeichneten Art und setzt nicht voraus, dass es schon zu einem missbräuchlichen Verwenden von Waffen durch den Betroffenen gekommen ist. Es genügt, wenn konkrete Umstände vorliegen, durch die die im Gesetz umschriebene Annahme für die Zukunft gerechtfertigt erscheint. Bei der Beurteilung diese Frage ist nach dem Schutzzweck des Waffengesetzes ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. zuletzt etwa die hg. Erkenntnisse vom 17. Oktober 2002, Zl. 2001/20/0478, und vom 12. Dezember 2002, Zl. 2001/20/0096, mit weiteren Nachweisen).

Zur Frage, inwieweit der unbefugte Besitz von Waffen und Kriegsmaterial ein Waffenverbot rechtfertigen kann, kann für das geltende Gesetz gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die - unter anderem an das noch zur früheren Rechtslage ergangene Erkenntnis vom 6. November 1997, Zl. 96/20/0745, anknüpfenden - hg. Erkenntnisse vom 25. März 1999, Zl. 98/20/0279 (einen Antrag auf Aufhebung eines Waffenverbotes betreffend), vom 24. Februar 2000, Zl. 99/20/0149, vom 27. September 2001, Zl. 2001/20/0433, und vom 17. Oktober 2002, Zl. 2001/20/0478, verwiesen werden. Die bloße Tatsache eines allenfalls auch vorsätzlichen Verstoßes gegen Waffenrecht rechtfertigt danach nicht losgelöst von der Art des Verstoßes und den Umständen des Einzelfalles die Verhängung eines Waffenverbotes (vgl. insbesondere das zuletzt erwähnte Erkenntnis sowie - in Auseinandersetzung mit dem im vorliegenden Fall von der belangten Behörde zitierten, noch zur alten Rechtslage ergangenen Erkenntnis vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0246, das zitierte Erkenntnis vom 27. September 2001). Ein Waffenverbot kann aber beispielsweise zu verhängen sein, wenn die festgestellten Verstöße im Sinne des Erkenntnisses vom 20. Februar 1985, Zl. 85/01/0039, auf einer "kaum noch als rational einzustufenden Leidenschaft" für den Besitz von Waffen beruhen (so etwa die zitierten Erkenntnisse vom 25. März 1999 und vom 17. Oktober 2002), oder wenn in Bezug auf Kriegsmaterial auch die Gefahr seiner unkontrollierten Weitergabe besteht (vgl. insoweit das zitierte Erkenntnis vom 24. Februar 2000; allgemein zur Gefahr der Ermöglichung eines Missbrauches durch Dritte als Grund für die Verhängung eines Waffenverbotes zuletzt die Erkenntnisse vom 22. November 2001, Zl. 99/20/0400, und vom 18. Juli 2002, Zl. 99/20/0189).

Die den angefochtenen Bescheid tragende Annahme der belangten Behörde, schon die bloße Tatsache des Besitzes zweier Schnellfeuerwaffen und eines "schießenden Kugelschreibers" rechtfertige ohne Auseinandersetzung mit den übrigen Einzelheiten des Falles die Verhängung eines Waffenverbotes, steht mit dieser Judikatur nicht im Einklang. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.

Wien, am 27. Februar 2003

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