VwGH 2001/16/0621

VwGH2001/16/062121.3.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, in der Beschwerdesache des A in S (Schweiz), vertreten durch Dr. Robert Eiter, Rechtsanwalt in Landeck, Malser Straße 13/II, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom 7. November 2001, Zl. ZRV 39/1-T4/01 , betreffend Beschlagnahme, den Beschluss gefasst:

Normen

FinStrG §89 Abs1;
FinStrG §91 Abs2;
VwGG §33 Abs1;
FinStrG §89 Abs1;
FinStrG §91 Abs2;
VwGG §33 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als gegenstandslos erklärt und das Verfahren wird eingestellt.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit der an den Beschwerdeführer nach § 89 Abs. 1 FinStrG ergangenen Beschlagnahmeanordnung vom 3. August 2001 beschlagnahmte das Hauptzollamt Innsbruck als Finanzstrafbehörde I. Instanz einen Sattelschlepper der Marke Scania 124 sowie einen Fahrzeugausweis und zwei Fahrzeugschlüssel.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde beantragte der Beschwerdeführer die Aufhebung der Beschlagnahme mangels Vorliegens der Voraussetzungen sowie die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 7. November 2001 gab die belangte Behörde der Beschwerde keine Folge und verwies den Beschwerdeführer "mit seinem Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, auf diese Entscheidung". In der Begründung führte die belangte Behörde aus, Tatbestandsvoraussetzung für die Verfügung der Beschlagnahme sei neben dem Verdacht der Begehung eines Finanzvergehens die Bedrohung des Gegenstandes mit der Strafe des Verfalls oder der Umstand, dass der Gegenstand als Beweismittel in Betracht komme. Der Lkw sei verfallsbedroht und komme im Finanzstrafverfahren als Beweismittel in Betracht. Die Beschlagnahme sei daher zur Sicherung der angeführten Belange geboten, weil das Fahrzeug dem Zugriff der Finanzstrafbehörde entzogen werden könnte.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem aus der Beschwerde erkennbaren Recht auf Nichtbeschlagnahme des Lkws verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Nach dem Inhalt der Verwaltungsakten wurde der Beschwerdeführer mit Erkenntnis des Spruchsenates I des Hauptzollamtes Innsbruck als Finanzstrafbehörde I. Instanz vom 30. November 2001 schuldig erkannt, den auf die M GmbH mit Sitz in Samnaun (Schweiz) zugelassenen und zur vorübergehenden gewerblichen Verwendung in das Zollgebiet der Gemeinschaft eingebrachten Sattelschlepper der Marke Scania 124 (Eingangsabgaben von S 242.968,--) anlässlich einzelner von ihm selbst durchgeführter Transportfahrten von Deutschland nach Italien und zurück im Jahre 1996 und im Frühjahr 1997 zur gewerblichen Beförderung innerhalb des Zollgebietes der Europäischen Gemeinschaft (Kabotage) verwendet zu haben, und als Verantwortlicher der M GmbH den bei diesem Transportunternehmen beschäftigten Kraftfahrer E in der Zeit zwischen 16. April 1997 bis Mitte Februar 1998 dazu bestimmt zu haben, diesen Sattelschlepper zu Kabotagefahrten zu verwenden, obwohl ihm der Umstand bekannt gewesen sei, dass hiefür eine güterbeförderungsrechtliche Bewilligung erforderlich gewesen wäre. Der Beschwerdeführer habe dadurch das Finanzvergehen der Hinterziehung von Eingangsabgaben nach §§ 11 iVm 35 Abs. 3 FinStrG begangen. Gemäß § 35 Abs. 4 iVm § 21 FinStrG werde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von S 45.000,-- verhängt (Ersatzfreiheitsstrafe 25 Tage). Gemäß §§ 35 Abs. 4 iVm 19 Abs. 1 lit. b, 3 und 5 FinStrG werde statt auf Verfall des Sattelschleppers auf Teilwertersatz in Höhe von S 80.000,-- erkannt (Ersatzfreiheitsstrafe 40 Tage).

Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer Berufung. Eine Berufung des Amtsbeauftragten befindet sich nicht in den vorgelegten Verwaltungsakten.

Gemäß § 161 Abs. 3 FinStrG ist eine Änderung des Erkenntnisses zum Nachteil des Beschuldigten oder der Nebenbeteiligten nur bei Anfechtung durch den Amtsbeauftragten zulässig.

Mit Bescheid vom 22. Jänner 2002 machte das Hauptzollamt Innsbruck gemäß § 80 Abs. 4 ZollR-DG iVm § 225 Abs. 1 BAO die Sachhaftung bezüglich des in Rede stehenden Sattelschleppers geltend. In einem Hinweis heißt es in diesem Bescheid:

"Die mit Bescheid vom 03. August 2001, GZ. 800/90478/12/98, nach § 89 FinStrG erfolgte Beschlagnahme des im obigen Bescheid näher bezeichneten Sattelschleppers ist mit dieser Entscheidung aufgehoben und damit gegenstandslos."

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung und beantragte die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Über diese Berufung erging nach dem Inhalt der vorgelegten Akten bislang keine Entscheidung.

Gemäß § 33 Abs. 1 VwGG ist, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde, nach dessen Einvernahme die Beschwerde in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen. Eine derartige Klaglosstellung (im engeren Sinne) setzt allerdings eine Beseitigung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides durch wen und aus welchem Titel auch immer, insbesondere eine formelle Aufhebung durch die belangte Behörde oder die allenfalls in Betracht kommende Oberbehörde oder durch den Verfassungsgerichtshof voraus (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 307, angeführte hg. Rechtsprechung).

Eine zur Verfahrenseinstellung führende Gegenstandslosigkeit der Beschwerde kann jedoch auch dann eintreten, wenn durch Änderung maßgebender Umstände das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung wegfällt (vgl. hiezu etwa die hg. Beschlüsse vom 9. April 1980, Slg. Nr. 10.092/A - verstärkter Senat -, vom 10. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.322/A, vom 29. Oktober 1984, Zl. 83/11/0011, vom 2. Oktober 1991, Zl. 88/07/0061, und vom 27. Februar 1992, Zl. 91/17/0149). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn durch einen behördlichen Akt dasselbe Ergebnis herbeigeführt wird, das der Beschwerdeführer mit der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes anstrebt; in einem so gelagerten Fall wird auch von einer "materiellen" Klaglosstellung gesprochen (vgl. die hg. Beschlüsse vom 26. April 1985, Zl. 83/11/0296, vom 19. Jänner 1988, Zl. 87/11/0051, und vom 22. September 1989, Zl. 88/17/0231).

Ein solcher Fall ist hier gegeben.

Bei dem Rechtsinstitut der Beschlagnahme durch die Finanzstrafbehörde nach § 89 Abs. 1 FinStrG handelt es sich um ein vorläufiges Verfahren, das der zwangsweisen Entziehung der Gewahrsame an einer Sache (Wegnahme) zum Zweck der Verwahrung dient und in dem Entscheidungen im Verdachtsbereich und keine abschließenden Lösungen zu treffen sind. Als vorläufige Maßnahme endet sie entweder durch die Freigabe bzw. Rückgabe des beschlagnahmten Gegenstandes oder durch den rechtskräftigen Ausspruch des Verfalls (vgl. hg. Erkenntnis vom 4. September 1986, Zl. 86/16/0103).

Gemäß § 91 Abs. 2 FinStrG sind beschlagnahmte Gegenstände unverzüglich zurückzugeben, wenn die Aufrechterhaltung der Beschlagnahme nicht gerechtfertigt ist. Demnach sind beschlagnahmte Gegenstände zurückzustellen, wenn die Voraussetzungen für die Beschlagnahme weggefallen sind. Über die Rückgabepflicht ist kein Bescheid zu erlassen. Vielmehr tritt diese Pflicht unmittelbar kraft Gesetzes ein, wenn die Voraussetzungen gegeben sind. Dies unabhängig davon, ob ein Antrag gestellt wurde oder nicht (vgl. Fellner, Finanzstrafgesetz, Rz 38a zu §§ 89 bis 92 FinStrG).

Durch den mit Erkenntnis des Spruchsenates des Hauptzollamtes Tirol als Finanzstrafbehörde I. Instanz erfolgten Ausspruch, statt auf Verfall der Sattelzugmaschine auf Teilwertersatz in Höhe von S 80.000,-- zu erkennen, sind die Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung der Beschlagnahme nach dem Finanzstrafgesetz weggefallen, nachdem der Amtsbeauftragte gegen diese Entscheidung kein Rechtsmittel erhoben hat und damit ein Verfallsausspruch durch die Finanzstrafbehörde II. Instanz nicht mehr in Frage kommt. Gründe für die Aufrechterhaltung der Beschlagnahme zur Beweissicherung sind nach der Aktenlage nicht gegeben. Damit wurde der angefochtene Bescheid zwar nicht formell aus dem Rechtsbestand genommen, durch die Entscheidung der Finanzstrafbehörde I. Instanz ist jedoch dem vom Beschwerdeführer gestellten Antrag auf Aufhebung der Beschlagnahme entsprochen und der angefochtene Bescheid ohne weitere Wirkung. Dies auch unter den im Beschwerdefall gegebenen Umständen, wonach in der Zwischenzeit mit Bescheid des Hauptzollamtes Innsbruck die Sachhaftung geltend gemacht wurde.

Das Interesse des Beschwerdeführers an einer meritorischen Entscheidung über die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid, mit dem der Antrag über die Aufhebung der Beschlagnahme abgewiesen wurde, ist daher weggefallen. Die Beschwerde ist somit unter Bedachtnahme auf die prozessuale Überholung des Beschwerdegegenstandes gegenstandslos geworden.

Die Beschwerde war daher in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG nach Einvernahme des Beschwerdeführers als gegenstandslos zu erklären und das Beschwerdeverfahren war einzustellen.

Bei diesem Ergebnis hatte ein Abspruch des Berichters über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde zu unterbleiben.

Da keine formelle Klaglosstellung eingetreten ist, war bei der Kostenentscheidung nicht § 56 erster Satz VwGG, sondern § 58 VwGG anzuwenden. Bei der Entscheidung über die Kosten nach § 58 Abs. 2 VwGG ist nicht zuletzt das Ergebnis des Finanzstrafverfahrens zu berücksichtigen. Nach der Sachlage erscheint es daher angemessen, dass der im Beschlagnahmeverfahren nach § 89 FinStrG im Ergebnis obsiegende Beschwerdeführer den Kostenzuspruch in Anwendung der VO BGBl. II Nr. 501/2001 erhält.

Wien, am 21. März 2002

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