VwGH 2001/15/0053

VwGH2001/15/00539.9.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch über die Beschwerde der E in W, vertreten durch Petsch, Frosch & Klein, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Eschenbachgasse 11, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, vom 24. Jänner 2001, Zl. AO 670/34-06/06/2000, betreffend Übergang der Entscheidungspflicht (Devolutionsantrag), den Beschluss gefasst:

Normen

AuskunftspflichtG 1987 §1 Abs1;
AuskunftspflichtG 1987 §1;
AuskunftspflichtG 1987 §4;
VwRallg;
AuskunftspflichtG 1987 §1 Abs1;
AuskunftspflichtG 1987 §1;
AuskunftspflichtG 1987 §4;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin richtete an das Finanzamt einen Schriftsatz vom 5. April 2000 mit folgendem Inhalt:

"Betreff: Auskunft

Nachdem Sie mehrere Rechnungen des E. V., L. P., insbesondere solche, die Buchverkäufe an mich dokumentierten, nicht anerkannt haben, ergibt sich logisch, daß ich bei Weiterverkauf dieser Bücher die Erlöse nicht zu versteuern habe.

Ich stelle hiermit den Antrag auf Auskunft,

wie Sie dieses von Ihnen verursachte Problem lösen wollen."

Mit Schriftsatz vom 6. Juni 2000 wandte sich die Beschwerdeführerin mit folgendem Begehren an das Finanzamt:

"Betr.: Mein Antrag auf Auskunft vom 05.04.2000 Mein gegenständlicher Antrag auf Auskunft wurde nicht

beantwortet. Ich stelle daher den Antrag, einen Bescheid darüber zu erlassen."

Schließlich richtete die Beschwerdeführerin einen Schriftsatz vom 7. Dezember 2000 an die belangte Behörde, gab als Betreff an "Mein Antrag vom 06.06.2000 an das Finanzamt ..." und führte aus:

"Wegen Säumnis der I. Instanz stelle ich an die 2. Instanz den Antrag, über meinen gegenständlichen Antrag auf einen Bescheid zu entscheiden."

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin vom 7. Dezember 2000 "auf Übergang der Entscheidungspflicht hinsichtlich eines Antrages vom 6. Juni 2000" als unzulässig zurück. Die Beschwerdeführerin habe am 5. April 2000 "einen Antrag auf Auskunft des 'vom Finanzamt verursachten Problems' hinsichtlich mehrerer Umsätze" zwischen ihr und dem E.V. gestellt und mitgeteilt, dass sie bei Weiterverkauf beabsichtige, diese Erlöse nicht zu versteuern. Voraussetzung für einen zulässigen Antrag auf Übergang der Zuständigkeit (Devolution) sei ein in den Abgabenvorschriften vorgesehenes Anbringen im Sinne des § 85 BAO. Unter einem Anbringen im Sinne des § 85 BAO sei ein solches zur Geltendmachung von Rechten zu verstehen. § 311 BAO erfasse nicht Parteianträge schlechthin, sondern nur die in den Abgabenvorschriften ausdrücklich vorgesehenen Anbringen solcher Art, über die eine bescheidmäßige Erledigung zu ergehen habe. Es sei bereits in mehreren Bescheidbegründungen, Berufungsvorentscheidungen und Berufungsentscheidungen (wie vom 5. Juli 2000 und vom 17. August 2000) der Sachverhalt betreffend die Behandlung der Umsätze zwischen der Beschwerdeführerin und dem E.V. dargelegt und rechtlich gewürdigt worden. Da es sich bei dem Antrag auf Auskunft nicht um ein in § 85 Abs. 1 BAO vorgesehenes Anbringen gehandelt habe, habe der Antrag einer Erledigung nicht bedurft. Dadurch, dass die Abgabenbehörden mehrere meritorische Erledigungen dieses Antrages erlassen hätten, sei die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auch nicht verletzt worden. Es bestehe auch keine Entscheidungspflicht in Fällen, in denen jemand ohne Rechtsanspruch und ohne rechtliches Interesse die Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehme. Für die belangte Behörde liege somit kein entscheidungspflichtiges Anbringen vor. Es sei keine Säumnis der ersten Instanz vorgelegen, weshalb die Zuständigkeit zur Entscheidung nicht auf die zweite Instanz übergegangen sein könne. Der Devolutionsantrag erfülle nicht die gesetzlichen Voraussetzungen und sei deshalb als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

Gemäß § 1 Abs. 1 des Auskunftspflichtgesetzes BGBl. Nr. 287/1987 haben u.a. die Organe des Bundes über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskünfte zu erteilen, soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht. Nach § 3 leg. cit. sind Auskünfte ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber binnen acht Wochen nach Einlangen des Auskunftsbegehrens zu erteilen. Wird eine Auskunft nicht erteilt, so ist nach § 4 Auskunftspflichtgesetz auf Antrag des Auskunftswerbers hierüber ein Bescheid zu erlassen. Als Verfahrensordnung, nach der der Bescheid zu erlassen ist, gilt das AVG, sofern nicht für die Sache, in der die Auskunft erteilt wird, ein anderes Verfahrensgesetz anzuwenden ist.

Ob die Beschwerdeführerin mit ihrem Schriftsatz vom 5. April 2000 überhaupt ein dem § 1 Abs. 1 Auskunftspflichtgesetz unterliegendes Begehren gestellt hat, kann dahingestellt bleiben. Die Wortfolge dieses Schriftsatzes lässt erkennen, dass die Beschwerdeführerin unter der Bezeichnung "Auskunft" in Erfahrung bringen wollte, wie die Behörde "das von ihr verursachte Problem lösen" wolle, sohin in welcher Weise die Behörde die Angelegenheit behandeln wolle. Gegenstand einer Auskunft im Sinne des § 1 Auskunftspflichtgesetz kann aber nur gesichertes Wissen, nicht jedoch Umstände eines noch nicht abgeschlossenen Willensbildungsprozesses sein (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 19. November 1997, 96/09/0192).

Die Beschwerdeführerin beantragte mit ihrem Schriftsatz vom 6. Juni 2000 ausdrücklich, einen Bescheid über ihren Antrag auf Auskunft vom 5. April 2000 zu erlassen. Voraussetzung für die Zulässigkeit eines solchen Antrages ist die Nichterteilung einer begehrten Auskunft im Sinne des § 1 Abs. 1 Auskunftspflichtgesetz. Liegt diese Voraussetzung nicht vor, etwa weil die Auskunft erteilt worden ist, ist der Antrag zurückzuweisen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2003, 2001/11/0090). Liegen die Voraussetzungen jedoch vor, hat die Behörde über den Antrag nach § 4 Auskunftspflichtgesetz meritorisch zu entscheiden.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich in Ausführung des Beschwerdepunktes in folgenden Rechten verletzt:

"a. Recht auf Erlassung eines Auskunftsbescheides gemäß § 311 BAO iVm § 1 AuskG;

b. Recht auf inhaltliche Erledigung meines Antrages auf Auskunft durch Erlassung eines Bescheides gemäß § 92, § 311 BAO iVm § 1 AuskG".

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Bezeichnung des Beschwerdepunktes (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG) nicht Selbstzweck, sondern vielmehr unter dem Gesichtspunkt von rechtlicher Bedeutung, dass es dem Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen obliegt, ob irgendein subjektives Recht des Beschwerdeführers verletzt ist, sondern nur ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung er behauptet. Durch den Beschwerdepunkt wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Gerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Bescheides gebunden ist (vgl. insbesondere das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 19. September 1984, VwSlg. 11.525/A, und die hg. Erkenntnisse vom 12. September 2002, 2002/15/0068, und vom 24. Februar 2004, 98/14/0048, 0049).

Durch die Zurückweisung eines Bescheides, mit dem die belangte Behörde einen Devolutionsantrag betreffend einen Antrag auf Erlassung eines Bescheides nach § 4 Auskunftspflichtgesetz zurückgewiesen hat, konnte die Beschwerdeführerin in dem im Rahmen des Beschwerdepunktes geltend gemachten Recht nicht verletzt werden. Die Beschwerde war daher - durch einen gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat - gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung durch Beschluss zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG und die Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 9. September 2004

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