VwGH 98/14/0048

VwGH98/14/004824.2.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Sulyok, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerden des J E in R, vertreten durch Dr. Karl Mandl, Rechtsanwalt in 4950 Altheim, Wiesnerstraße 2, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich 1. vom 26. November 1997, Zl. 8/32/3-Bk/Mi-1997, betreffend u.a. Einkommen- und Gewerbesteuer 1982 bis 1986, und 2. vom 30. Dezember 1997, Zl. 8/17/2-BK/Mi-1992, betreffend u.a. Einkommensteuer 1987 bis 1991 und Gewerbesteuer 1987 bis 1989,

1. den Beschluss gefasst:

Soweit die Beschwerde Einkommensteuer 1990 und 1991 betrifft, wird sie als unzulässig zurückgewiesen;

2. zu Recht erkannt:

Normen

AVG §60;
BAO §116 Abs1;
BAO §167 Abs2;
BAO §198;
BAO §288 Abs1 litd;
BAO §4 Abs1;
BAO §93 Abs3 lita;
EStG 1972 §22;
EStG 1972 §23;
EStG 1972 §25;
EStG 1972 §47;
EStG §22;
EStG §23;
EStG §25;
EStG §47;
StPO §109;
StPO §259;
StPO §458 Abs2;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;
AVG §60;
BAO §116 Abs1;
BAO §167 Abs2;
BAO §198;
BAO §288 Abs1 litd;
BAO §4 Abs1;
BAO §93 Abs3 lita;
EStG 1972 §22;
EStG 1972 §23;
EStG 1972 §25;
EStG 1972 §47;
EStG §22;
EStG §23;
EStG §25;
EStG §47;
StPO §109;
StPO §259;
StPO §458 Abs2;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Soweit die angefochtenen Bescheide Einkommen- und Gewerbesteuer 1982 bis 1989 betreffen, werden sie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 2.345,76 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Zuge einer beim Beschwerdeführer für den Zeitraum 1982 bis 1986 durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung ging der Prüfer davon aus, dass der Beschwerdeführer neben seiner nichtselbständigen Tätigkeit als selbständiger Unternehmer einen Viehhandel betreibe. In Tz 5 des Betriebsprüfungsberichtes vom 22. März 1988 wird ausgeführt, der Beschwerdeführer habe keine Aufzeichnungen vorgelegt, trotz Aufforderung habe er auch keine Bankunterlagen vorgelegt. Diese Unterlagen seien im Zuge eines Finanzstrafverfahrens von den Kreditinstituten angefordert worden. Auskünfte über die Kreditrückzahlungen habe der Beschwerdeführer verweigert. In Anlehnung an die festgestellten Bankumsätze seien die Gewinne und Umsätze aus der gewerblichen Tätigkeit als Viehhändler wie folgt zu schätzen

 

198282

1983

1984

1985

1986

Umsatz laut BP

900.000

900.000

1,800.000

700.000

500.000

davon vorläufiger Gewinn

45.000

45.000

63.000

35.000

25.000

Zinsaufwand

-10.000

-10.000

- 60.000

-110.000

-110.000

Umsatzsteuer

-72.000

- 72.000

-180.000

-70.000

- 50.000

Verlust laut BP

-37.000

-37.000

- 177.000

-145.000

-135.000

Der Betriebsprüfer ging auch davon aus, dass der Beschwerdeführer bisher noch nicht erklärte Einkünfte aus Kapitalvermögen sowie aus Vermietung und Verpachtung erzielt habe.

Das Finanzamt erließ den Prüfungsfeststellungen entsprechende Bescheide betreffend Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer 1982 bis 1986 (Gewerbesteuerfestsetzung mit Null S).

In der Berufung gegen diese Bescheide brachte der Beschwerdeführer vor, er sei Angestellter der Vieh-GmbH. Diese GmbH habe ihn mit dem Einkauf von Vieh betraut. Er sei nur im Rahmen seiner nichtselbständigen Tätigkeit mit Vieheinkäufen beschäftigt gewesen. Bei den - im Zuge der abgabenbehördlichen Prüfung festgestellten - Bankumsätzen handle es sich jeweils um die Vorfinanzierung für von der Vieh-GmbH zu leistende Beträge. Damit sollte den verkaufenden Landwirten früher die Verfügungsmacht über die Verkaufserlöse verschafft werden. Außer diversen Bankbewegungen seien im Zuge der abgabenbehördlichen Prüfung keinerlei Feststellungen über eine selbständige Handelstätigkeit des Beschwerdeführers getroffen worden.

Der Beschwerdeführer habe ständig zum Ausgleich von "Rechnungsdifferenzen" Beträge aus seiner eigenen Tasche zugeschossen. Bei diesen "Rechnungsdifferenzen" handle es sich um Abzüge der Vieh-GmbH von den durch den Beschwerdeführer (den Viehverkäufern im Namen der Vieh-GmbH) ausgestellten Einkaufsgutschriften. Um sich seine künftigen Einkaufsmöglichkeiten und damit sein künftiges Einkommen zu sichern, habe der Beschwerdeführer diese Abzüge (teilweise) ausgeglichen. Er habe aus diesem Titel folgende Beträge aufgewendet, deren Berücksichtigung als Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit er beantrage:

1992 S 65.879,97

1983 S 63.385,80

1984 S 300.869,61

1985 S 109.535,32

1986 S 12.873,64.

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung ab. Es existierten Rechnungen über 120 Stück Ferkel (Rechnungsbetrag S 874.160,--) des Ferkelhändlers Walter R. Diese Rechnungen lauteten auf den Beschwerdeführer. Die Umsätze auf den in Tz 7 des Berichtes über die abgabenbehördliche Prüfung genannten Bankkonten hätten im Prüfungszeitraum ein Vielfaches der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit betragen. Die wiederholt vorgebrachte Erklärung, dass es sich nur um durchlaufende Gelder aus der Vorfinanzierung von Umsätzen des Arbeitgebers handle, sei unglaubwürdig, weil der Umfang der Geldbewegungen in keinem Verhältnis zum Einkommen stehe. Es sei auch behauptet worden, dass den Zahlungen an den Arbeitgeber in Höhe von durchschnittlich S 120.000,-- pro Jahr lediglich der laufende Gehalt als Einnahme gegenüberstehe. Auch dies sei auf Grund der Höhe des Jahresgehaltes (durchschnittlich S 155.000,-- netto) unglaubwürdig. Das Finanzamt nehme daher als erwiesen an, dass der Beschwerdeführer auch als selbständiger Viehhändler tätig sei. Weder im Prüfungsverfahren noch im Berufungsverfahren werde zur Schätzungsmethode oder zur Höhe der Schätzung ein Vorbringen erstattet. Die in der Berufung erwähnten Zahlungen an den Arbeitgeber seien im Rahmen der Einkünfte aus der Tätigkeit als selbständiger Viehhändler zu berücksichtigen.

Der Beschwerdeführer beantragte die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

In der ersten Berufungsverhandlung vom 23. April 1996 brachte der Beschwerdeführer u.a. vor, dass er keinen Eigenhandel betreibe. Er sei seit 26 Jahren bei der Vieh-GmbH beschäftigt und erbringe dort einen Jahresumsatz von ca. S 100 Mio. Die Beträge auf seinen Bankkonten erklärten sich daraus, dass der Beschwerdeführer den Bauern, die Vieh verkauften, Akontozahlungen geleistet und damit den Kaufpreis vorfinanziert habe. Die Vieh-GmbH habe den Kaufpreis erst später (z.B. vier Wochen später) geleistet. Die Zahlungen des Beschwerdeführers an die Vieh-GmbH erklärten sich wie folgt: Der Beschwerdeführer habe beispielweise 50 Ferkel gekauft, beim Transport seien beispielsweise zwei Ferkel eingegangen; in einem solchen Fall wolle der Verkäufer das Entgelt für 50 Stück. Die Vieh-GmbH sage aber, wenn sie nur 48 Stück bekomme, wolle sie nur für 48 Stück bezahlen. Der Beschwerdeführer habe dann die verbleibenden zwei Ferkel selber bezahlt.

In der an den Beschwerdeführer (persönlich) adressierten Ladung zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung wird ergänzend mitgeteilt, dass nach Ansicht der belangten Behörde im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer geleisteten Zahlungen an die Vieh-GmbH für Rechnungsdifferenzen eine Beurteilung der bisher als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit qualifizierten Einkünfte als solche aus Gewerbebetrieb in Erwägung zu ziehen sei.

In der mündlichen Berufungsverhandlung vom 4. September 1997 brachte der Beschwerdeführer vor, er sei stets Angestellter der Vieh-GmbH gewesen. Er habe ein gewisses Naheverhältnis zu Herrn Ra gehabt. Auf Grund dieses Naheverhältnisses habe er Rechnungen vorfinanziert, weil Ra in diesen Jahren der Zahlungsunfähigkeit nahe gewesen sei und ihm die Möglichkeit gegeben sein sollte, den Mastbetrieb aufrecht zu erhalten. Der Viehhändler Walter R habe Ra nicht mehr getraut; daher sei der Beschwerdeführer zum Zwecke der Vorfinanzierung eingesprungen und stehe zur Sicherheit für Walter R auch als Käufer auf der Rechnung. Der Beschwerdeführer sei Einkäufer in Außenstelle R der Vieh-GmbH gewesen. Er habe bei den Bauern Tiere für die Vieh-GmbH gekauft. In dem Augenblick, in welchem er auf dem Hof zum Bauern gesagt habe, er nehme die Rinder, sei der Kauf für die Vieh-GmbH perfekt gewesen. Die Einkaufsrechnung über die Rinder sei im Büro der Vieh-GmbH erstellt worden. Das Vieh sei sodann mit Lkw der Vieh-GmbH abgeholt worden. Manchmal habe der Beschwerdeführer die Tiere (z.B. mit S 30.000,--) vorfinanziert. Nach der Lieferung durch den Bauern habe er von diesem das Geld zurückerhalten. In der Außenstelle R seien sieben oder acht Einkäufer tätig. Die Vorfinanzierung werde auch von den anderen Einkäufern betrieben. Der Beschwerdeführer habe von der Vieh-GmbH ein Fixgehalt bezogen. Bei der "Gewährleistung" sei es um Folgendes gegangen: Wenn z.B. ein Tier krank beim Bauern in Niederösterreich angekommen sei, so habe sich die Frage gestellt, wo es krank geworden sei (am Markt, beim Lieferanten oder erst beim Empfänger). Irgendjemand müsse den Schaden tragen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab und änderte die Abgabenvorschreibungen zu Lasten des Beschwerdeführers, weil sie die bisher als Dienstnehmerbezüge behandelten Einnahmen als solche aus der gewerblichen Tätigkeit qualifizierte. In der Bescheidbegründung wird ausgeführt, es sprächen folgende Umstände für eine selbständige (im Gegensatz zu einer unselbständigen) Tätigkeit:

1. Der Beschwerdeführer habe auf der Rechnung Nr. 141 des Ferkelhändlers Walter R vom 24. Mai 1984 als Käufer unterschrieben. Auch weitere Rechnungen dieses Ferkelhändlers seien auf den Namen des Beschwerdeführers ausgestellt, wobei allerdings jeweils Ra und somit nicht der Beschwerdeführer als Käufer unterschrieben habe. Bei der mündlichen Verhandlung vom 4. September 1997 sei das Aufscheinen des Namens des Beschwerdeführers mit dem Sicherheitsbedürfnis des Verkäufers (Ferkelhändlers) begründet worden. Bei der mündlichen Verhandlung vom 23. April 1996 sei das Aufscheinen des Namens des Beschwerdeführers noch geleugnet worden. Den Umstand, dass Ra unterschrieben habe, erkläre die belangte Behörde damit, dass dieser mit dem Mästen der Ferkel des Beschwerdeführers beauftragt gewesen sei und bei Übernahme der Ferkel offensichtlich für den Beschwerdeführer unterschrieben habe.

2. Für eine selbständige Tätigkeit spreche auch der Umstand, dass "Reklamationen" vom Beschwerdeführer getragen und entsprechende Beträge der Vieh-GmbH bezahlt worden seien. Dass dies, wie der Beschwerdeführer behaupte, geschehen sei, damit er seine Anstellung und damit den Bezug nichtselbständiger Einkünfte sichern könne, sei nach Ansicht der belangten Behörde unglaubwürdig. Es entspreche nicht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass ein Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber Zahlungen bis zur doppelten Höhe des ausbezahlten Lohnes erstatte, um sich damit seine Bezüge zu sichern. Die Übernahme des Gewährleistungsrisikos sei ein deutlicher Hinweis auf das Vorliegen eines selbständig ausgeübten gewerblichen Viehhandels.

3. Auch die Höhe der vom Betriebsprüfer festgestellten Geldumsätze auf den Bankkonten des Beschwerdeführers spreche dafür, dass der Viehhandel auf Rechnung des Beschwerdeführers und auf dessen Gefahr betrieben worden sei. Die vom Beschwerdeführer vorgetragene Begründung, er habe die Viehkäufe im Rahmen seiner nichtselbständigen Tätigkeit durch Bankkredite und Darlehen vorfinanziert, damit die Viehverkäufer möglichst schnell zu ihrem Geld gekommen seien, sei nach Ansicht der belangten Behörde in Anbetracht der Höhe der angeblich vorfinanzierten Viehkäufe, insbesondere im Verhältnis zu seinen nichtselbständigen Einkünften, nicht glaubhaft.

4. Aus einem Aktenvermerk vom 9. Juni 1987 über ein Gespräch des Ferkellieferanten Ze betreffend dessen Geschäftsverbindung zum Beschwerdeführer und zu Ra gehe hervor, dass der Beschwerdeführer in die Preisgestaltung eingegriffen und erklärt habe, Ra fungiere nur als Mäster. Aus den Überweisungsbelegen von Ra an den Beschwerdeführer ergebe sich, dass pro Ferkel fixe Beträge als Aufschlag vereinbart worden seien. Die Abrechnung sei jeweils nach einer Mastdauer von vier Wochen erfolgt. Die Vergütung werde zwar als Zins bezeichnet, wirtschaftlich liege jedoch ein Gewinn aus Schweinemast vor, welcher mit Ra in dessen Funktion als Mäster ausgehandelt worden sei.

5. Der Beschwerdeführer habe einen Bankkredit aufgenommen. Im Kreditvertrag werde vermerkt, dass damit "Betriebsmittel für Schweinemast" beschafft worden seien. Zahlungen an den Ferkellieferanten Ze seien durch den Beschwerdeführer unter Ausnutzung dieses Kredites erfolgt. Auch ein anderer Darlehensvertrag (vom 30. August 1984) weise als Verwendungszweck "Betriebsmittel (Ferkelkauf)" auf.

Der Beschwerdeführer sei nach außen im wirtschaftlichen Verkehr als Unternehmer, welcher eine Schweinemast betreibe, aufgetreten. Die belangte Behörde sei zur Ansicht gelangt, dass die gesamte Viehhandelstätigkeit vom Beschwerdeführer auf eigene Rechnung und Gefahr ausgeübt worden sei. Auch die als Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit behandelten Einnahmen seien nach Ansicht der belangten Behörde offensichtlich unter Tragung von unternehmerischem Risiko, somit selbständig erzielt worden und von der Tätigkeit als Viehhändler nicht zu trennen. Diese Einnahmen seien daher den gewerblichen Einkünften zuzurechnen.

Im Berufungsverfahren sei eine Geldverkehrsrechnung erstellt worden. Die Abgabenbehörde habe die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, weil die bei der Geldverkehrsrechnung festgestellten Unterdeckungen nicht aufgeklärt worden seien. Die Behörde gehe - statistischen Angaben folgend - von jährlichen Lebenshaltungskosten des Beschwerdeführers in Höhe von ca. S 120.000,-- aus. Dieser Betrag werde in den Geldverkehrsrechnungen für die Jahre 1982, 1983 und 1985 nicht erreicht, sodass von einer Unterdeckung auszugehen sei. Hinsichtlich der Jahre 1987 bis 1991 sei die Geldverkehrsrechnung unvollständig, weil der Beschwerdeführer entgegen seiner Offenlegungspflicht den Stand der Forderungen und Schulden nicht offengelegt habe. Es ergäben sich zum Teil Unterdeckungen (1987, 1989) und zum Teil Überschüsse (1988). Aus der Geldverkehrsrechnung ergebe sich, dass der Beschwerdeführer jedenfalls für die Jahre 1982, 1983 und 1985 weitere Einkünfte gehabt haben müsse, um die durchschnittlichen Lebenshaltungskosten abzudecken. Nach Ansicht der belangten Behörde habe der Beschwerdeführer die fehlenden Einkünfte aus dem gewerblichen Viehhandel erwirtschaftet. Er habe weder Bücher noch Aufzeichnungen geführt, weshalb eine Schätzung vorzunehmen sei. Wie bereits ausgeführt, seien alle Einnahmen, auch jene, die von der Vieh-GmbH unter dem Titel "nichtselbständige Einkünfte" ausgezahlt worden seien, dem selbständig ausgeübten Viehhandel zuzurechnen. Die beim Lohn abgezogenen Sozialversicherungsbeiträge seien als Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Die abgezogene Lohnsteuer sei auf die ermittelte Einkommensteuer anzurechnen. Zur Deckung der durchschnittlichen Lebenshaltungskosten von S 120.000,-

- müssten im Jahre 1982 mindestens S 81.197,--, im Jahr 1983 mindestens S 211.110,-- und im Jahr 1985 mindestens S 80.837,-- den Einkünften hinzugerechnet werden. Die bisher als nichtselbständige Einkünfte behandelten Beträge seien (inklusive der als Dienstnehmerbezüge steuerfrei behandelten Teile sowie der mit den festen Sätzen des § 67 Abs. 1 EStG besteuerten Beträge) Einnahmen aus Gewerbebetrieb; da sie die Umsatzsteuer beinhalteten, seien nur die Beträge nach Abzug der Umsatzsteuer (Nettobeträge) anzusetzen.

Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb errechneten sich daher wie

folgt:

 

1982

1983

1984

1985

1986

bisherige Einkünfte aus NsA (ohne USt)

170.271,29

178.468,51

190.847,27

214.389,09

224.257,27

minus Sozial-versicherungs- beiträge

- 26.737,--

- 28.803,--

- 32.134,--

- 37.278,--

- 38.993,--

plus Zuschätzung auf Lebensbedarf

+ 81.197,--

+ 211.110,--

0,--

+ 80.837,--

 

Einkünfte aus Gewerbebetrieb

224.731,29

360.775,51

158.713,27

257.948,09

185.264,27

Die Erhöhung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb führe auch zu einer Erhöhung des Gewerbeertrages im Sinne des Gewerbesteuergesetzes. Die Berufungen gegen die Gewerbesteuerbescheide seien daher ebenfalls abzuweisen und die Steuerfestsetzungen zum Nachteil des Beschwerdeführers abzuändern.

Auch hinsichtlich Umsatzsteuer wurde die Berufung abgewiesen und der Bescheid zu Lasten des Beschwerdeführers abgeändert, indem die bislang als Dienstnehmerbezüge behandelten Einnahmen den Umsätzen hinzugerechnet wurden, sodass sich Umsätze von S 1,070.271,-- (1982), S 1,078.468,-- (1983), S 1,990.847,-- (1984), S 914.389,-- (1985) und S 724.257,-- (1986) ergaben.

Für die Jahre 1987 bis 1991 hatte der Beschwerdeführer in seinen Einkommensteuererklärungen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sowie solcher aus Vermietung und Verpachtung und aus Kapitalvermögen erklärt. Bei Erlassung der Einkommensteuerbescheide 1987 bis 1989 brachte das Finanzamt zusätzlich zu den genannten Einkünften solche aus Gewerbebetrieb (aus einem gewerblichen Viehhandel) in Höhe von jährlich S 10.000,-

- zum Ansatz. Es erließ für die Jahre 1987 bis 1989 auch Gewerbesteuerbescheide. Schließlich erließ das Finanzamt für die Jahre 1987 bis 1989 Umsatzsteuerbescheide, mit welchem es jährliche Umsätze aus der Viehhandelstätigkeit von S 1 Mio. zum Ansatz brachte. Zur Begründung führte das Finanzamt aus, der Beschwerdeführer habe keine Aufzeichnungen über die Tätigkeit als selbständiger Viehhändler vorgelegt, deshalb würden die Einkünfte aus Gewerbebetrieb und die Umsätze in Anlehnung an die Ergebnisse der abgabenbehördlichen Prüfung für den Zeitraum 1982 bis 1986 geschätzt.

Mit dem zweitangefochtenen Bescheid entschied die belangte Behörde über die gegen diese Bescheide eingebrachten Berufungen. Sie gelangte zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer bis 1989 einen gewerblichen Viehhandel betrieben habe und auch die bisher als Bezüge aus einem Dienstverhältnis behandelten Einnahmen steuerpflichtige Einnahmen im Rahmen des Gewerbebetriebes seien bzw die steuerpflichtigen Umsätze erhöhten. Die belangte Behörde änderte aus diesem Grund die Abgabenfestsetzung zu Lasten des Beschwerdeführers. Lediglich hinsichtlich Einkommensteuer 1990 und 1991 gab sie der Berufung teilweise Folge und schrieb, ausgehend von einem Einkommen von lediglich S 58.700,-- (1990) bzw. S 55.940,-- (1991) die gesamte einbehaltene Lohnsteuer gut. In der Bescheidbegründung verwies die belangte Behörde zunächst auf den erstangefochtenen Bescheid; dort sei bereits dargelegt, aus welchen Gründen von einem gewerblichen Viehhandel auszugehen sei und davon, dass die bisher als nicht selbständige Einkünfte behandelten Zahlungen der Vieh-GmbH ebenfalls der gewerblichen Tätigkeit als Viehhändler zuzuordnen seien. Ein wesentlicher Grund für die Annahme einer gewerblichen Tätigkeit habe darin bestanden, dass der Beschwerdeführer der Vieh-GmbH ("Arbeitgeber") sogenannte "Rechnungsdifferenzen" (für von ihm abgeschlossene Geschäfte, bei denen Schäden aufgetreten seien) gezahlt habe. Die Übernahme des "Gewährleistungsrisikos" sei ein typisches Merkmal der Selbständigkeit. Solche Zahlungen seien in den Jahren 1988 (S 9.164,--) und 1989 (S 24.695,--) geleistet worden, nicht jedoch in den Jahren 1987, 1990 und 1991. Die Zahlungen seien jedenfalls wesentlich geringer als in den Jahren 1982 bis 1986, in welchen sie bis zu S 300.870,-- betragen hätten (Gesamthöhe rund S 550.000,--). Für die Jahre 1987 bis 1989 ergebe sich daraus, dass von einer gewerblich ausgeübten Viehhandelstätigkeit auszugehen sei. Anderes gelte jedoch für die Jahre 1990 und 1991; für diese Jahre habe der Beschwerdeführer keine "Rechnungsdifferenzen" an die Vieh-GmbH bezahlt, weshalb nicht zweifelsfrei angenommen werden könne, dass er ein "Gewährleistungsrisiko" übernommen habe. Zweitens sei in der mündlichen Berufungsverhandlung vom 4. September 1997 vorgebracht worden, dass ein Konkurrenzunternehmen der Vieh-GmbH seine Tätigkeit wegen Insolvenz eingestellt habe, sodass sich der Konkurrenzdruck und damit die "Veranlassung, auf eigene Rechnung tätig zu werden", verringert habe. Zudem hätten sich ab 1990 die erklärten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit merklich erhöht, weshalb eine geringere Notwendigkeit bestanden habe, zusätzliche gewerbliche Einkünfte zu erzielen. Der belangten Behörde erscheine es daher als nicht unwahrscheinlich, dass 1990 und 1991 keine gewerbliche Tätigkeit mehr ausgeübt worden sei. Für die Jahre 1987 bis 1989 errechneten sich die gewerblichen Einkünfte wie folgt:

 

1987

1988

1989

bisherige Einkünfte aus nsA (ohne Ust.)

229.748,10

239.781,81

247.736,36

minus Sozialversicherungsbeiträge

- 39.962,74

-42.747,96

-43.932,66

plus Zuschätzung laut Erstbescheid

10.000,00

10.000,00

10.000,00

Einkünfte aus Gewerbebetrieb

199.785,36

207.033,85

213.803,70

Da somit von der Aufgabe des Gewerbebetriebes im Jahre 1989 auszugehen sei und Aktiva, die zur Tilgung der betrieblichen Schulden hätten herangezogen werden können, nicht bekannt seien, seien die im Zusammenhang mit diesen bisherigen betrieblichen Schulden in den Jahren 1990 und 1991 angefallenen Zinsen als nachträgliche Betriebsausgaben (§ 32 Z 2 EStG anzusehen). Die negativen Einkünfte aus Gewerbebetrieb (1990: -S 146.290,01; 1991:

-S 137.285,07) seien daher mit den positiven Ergebnissen anderer Einkunftsarten (insb den nichtselbständigen Einkünften) zu verrechnen.

Mit Beschluss des Landesgerichtes vom 20. April 1998 wurde im gegebenen Zusammenhang gegen den Beschwerdeführer die gerichtliche Voruntersuchung wegen des Verdachtes der Aufgabenhinterziehung eingeleitet. Mit Beschluss der Ratskammer vom 8. April 1999 wurde ausgesprochen, dass dem Gericht die Ahndung der Taten des Beschwerdeführers als Finanzvergehen nicht zukomme. Im letztgenannten Beschluss wird zur Begründung ausgeführt, in den angefochtenen Entscheidungen der belangten Behörde sei angenommen worden, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum 1982 bis 1989 als gewerblicher Viehhändler tätig gewesen sei. Die belangte Behörde habe dies daraus abgeleitet, dass der Beschwerdeführer für Reklamationen der Qualität des Viehs Beträge an die Vieh-GmbH bezahlt habe, sodass ihm das Gewährleistungsrisiko oblegen sei. Auch die Höhe der Geldumsätze auf den Bankkonten des Beschwerdeführers hätte nach Ansicht der belangten Behörde für einen gewerblichen Viehhandel gesprochen; zudem seien Rechnungen des Ferkelhändlers Re auf den Namen des Beschwerdeführers ausgestellt gewesen. Nach Ansicht der Ratskammer sei hingegen von einem selbständig ausgeübten Viehhandel keinesfalls auszugehen. Der Beschwerdeführer sei von 1969 bis 1996 bei der Vieh-GmbH als Angestellter beschäftigt gewesen und habe ein monatliches Bruttofixgehalt bezogen. Seit 1982 bzw. 1993 sei der Beschwerdeführer auch mit dem Ein- und Verkauf von Vieh (im Wesentlichen Rinder und Schweine) für die Vieh-GmbH betraut gewesen. Er habe in den Jahren 1982 bis 1989 ausschließlich als Angestellter der Vieh-GmbH Ankäufe und Verkäufe von Vieh durchgeführt. Dies ergebe sich einerseits aus den übereinstimmenden Zeugenaussagen der Zeugen Ze, Pu und He, wonach der Beschwerdeführer während ihrer oft jahrelangen Geschäftskontakte ausschließlich für die Vieh-GmbH An- und Verkäufe getätigt habe. Die Verantwortung des Beschwerdeführers, wonach er die Differenzbeträge für erkrankte bzw. verendete Tiere selbst bezahlt habe, da ihn sein Arbeitgeber, die Vieh-GmbH, einerseits dazu gedrängt habe und "andererseits er dies aus falsch verstandenem Ehrgeiz und aus Angst vor einem Arbeitsplatzverlust gemacht habe", werde durch den Zeugen Ro, der ehemals Prokurist bei der Vieh-GmbH gewesen sei, bestätigt. Die hohen Umsätze auf seinen Bankkonten habe der Beschwerdeführer dadurch erklärt, dass er durch Bankkredite im Rahmen seiner unselbständigen Tätigkeit Viehkäufe vorfinanziert habe, damit die Viehverkäufer möglichst schnell zu ihrem Geld kämen. Der Zeuge Pu habe ausgeführt, dass ihm der Beschwerdeführer oftmals für mehrere Wochen einen Kredit eingeräumt habe, der dann mit einem Viehverkauf an die Vieh-GmbH gegenverrechnet worden sei. Der Zeuge Ro habe zu diesen sogenannten "Mästerkrediten" ausgeführt, dass die Vieh-GmbH diese auch eingeräumt habe, der Beschwerdeführer aber für die Vergabe derartiger Kredite die Bewilligung der Zentrale in Linz benötigt habe, wobei es aber auch vorgekommen sei, dass er ohne Bewilligung derartige Mästerkredite vergeben habe. Auf Grund der übereinstimmenden Zeugenaussagen und der Verantwortung des Beschwerdeführers ergeben sich nach Ansicht der Ratskammer keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer neben seiner Tätigkeit als angestellter Viehankäufer der Vieh-GmbH noch einen selbständigen Viehhandel betrieben habe. Somit verringere sich der strafbestimmende Wertbetrag der dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Abgabenhinterziehung in einem solchen Ausmaß, dass die gerichtliche Zuständigkeit zur Ahndung des Finanzvergehens nicht gegeben sei.

Die Behandlung der gegen diese Bescheide der belangten Behörde erhobenen Beschwerden lehnte der Verfassungsgerichtshof mit Beschlüssen vom 6. März 1998, B 347/98, und vom 12. März 1998, B 487/98 ab. Er trat die Beschwerden gemäß Art 144 Abs 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Behandlung ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zusammengefasst und über sie erwogen:

1. Einkommensteuer 1990 und 1991:

Der Beschwerdeführer bringt vor, im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer 1990 und 1991 habe er Zinsausgaben als Werbungskosten geltend gemacht. Mit dem angefochtenen Bescheid habe die belangte Behörde die "Umqualifizierung dieser Werbungskosten in nachträgliche Betriebsausgaben - dies auf Grund der von der bel. Behörde irrig angenommenen Existenz eines Gewerbebetriebes und der Betriebsaufgabe im Jahre 1989" - vorgenommen. Durch die Umqualifizierung der Werbungskosten sei eine Verletzung in subjektiven Rechten gegeben, "auch wenn sie keine Auswirkung auf die Einkommensteuervorschreibung hat".

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer nicht auf, dass er durch den zweitangefochtenen Bescheid in subjektiven Rechten verletzt sein könnte. Die belangte Behörde hat die Zinszahlungen in einer Weise berücksichtigt, dass sie das Einkommen des Beschwerdeführers und die damit darauf entfallende Einkommensteuer gemindert bzw. in Wegfall gebracht haben (Gutschrift der gesamten einbehaltenen Lohnsteuer). Durch die Berücksichtigung der in Rede stehenden Zinszahlungen als Werbungskosten statt als Betriebsausgaben (also im Rahmen einer anderen Einkunftsart) träte in der Rechtsstellung des Beschwerdeführers keine Änderung ein.

Wie sich aus dem Vorstehenden ergibt, war die Beschwerde gegen den zweitangefochtenen Bescheid, soweit sie Einkommensteuer 1990 und 1991 betrifft, mangels Rechtsverletzungsmöglichkeit gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

2. Sonstige Abgaben:

Die Bezeichnung des Beschwerdepunktes im Sinne des § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht Selbstzweck, sondern vielmehr unter dem Gesichtspunkt von rechtlicher Relevanz, dass es dem Gerichtshof nicht zu prüfen obliegt, ob irgendein subjektives Recht des Beschwerdeführers verletzt wurde, sondern nur, ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung der Beschwerdeführer behauptet. Durch den Beschwerdepunkt wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Bescheides gebunden ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 3. Juli 2003, 2001/15/0131 und vom 15. März 2001, 99/16/0136).

Die Beschwerdeergänzungen sowohl zu der unter 99/14/0048 als auch zu der unter 99/14/0049 protokollierten Beschwerde enthaltenen einen Abschnitt "IV. Beschwerdepunkte gem. § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG". In diesen Abschnitten werden im Wesentlichen wortgleich die Beschwerdepunkte formuliert.

Der Beschwerdeführer erachtet sich demnach im Recht verletzt, dass "seine Einkünfte aus nsA durch Abzug vom Arbeitslohn (Lohnsteuer) besteuert werden, damit er nicht gegenüber anderen Beziehern von Lohn oder Gehalt ... benachteiligt wird". Zudem verletze der angefochtene Bescheid den Beschwerdeführer in seinem Recht, "die im Gesetz vorgesehenen Abzüge und Steuerfreibeträge geltend zu machen, indem er ohne ausreichende Grundlage das Einkommen des Bf aus nichtselbständiger Arbeit rückwirkend als gewerbliches Einkommen qualifiziert und dem Bf dadurch die Möglichkeit abschneidet, seine steuerlichen Möglichkeiten auszunützen". Schließlich verletzten die angefochtenen Bescheide bei der Ermittlung des "selbständigen Einkommens des Bf" im Wege der Schätzung die von Gesetz und Rechtsprechung entwickelten Grundsätze.

Mit diesen Formulierungen haben die Beschwerden in tauglicher Weise den Prozessgegenstand umschrieben. Aus diesen Formulierungen ergibt sich in eindeutiger Weise, dass die angefochtenen Bescheide nicht hinsichtlich Umsatzsteuer, sondern lediglich hinsichtlich Einkommensteuer (und Gewerbesteuer) bekämpft sind. Weil - wie nachstehend ausgeführt - kein weiterer tauglicher Beschwerdepunkt vorgetragen wird, ist die Beschwerde nur hinsichtlich Einkommensteuer und Gewerbesteuer zu behandeln.

In den Beschwerden wird auch ausgeführt, der Beschwerdeführer erachte sich im Recht auf Parteiengehör, im Recht auf ein faires Verfahren und im Recht, dass Schätzungen nicht den Charakter einer Strafbesteuerung haben dürften, verletzt. Mit solchen Formulierungen haben die Beschwerden keine subjektiven Rechte, deren Verletzung durch die angefochtenen Bescheide eingetreten wäre, formuliert (vgl. Steiner, Beschwerdepunkt und Beschwerdegründe unter Berücksichtigung gemeinschaftsrechtlicher Einflüsse in Holoubek/Lang, Das verwaltungsgerichtliche Verfahren in Steuersachen, 71 und die dort angegebene Rechtsprechung).

Die Beschwerden formulieren übereinstimmend als weiteren Beschwerdepunkt das Recht, "nicht rückwirkenden Bescheiden unterworfen zu werden, durch die ... rückwirkend Zahlungspflichten auferlegt werden". Damit übersieht der Beschwerdeführer, dass er durch die angefochtenen Bescheide in einem solchen Recht nicht verletzt sein kann. Abgabenbescheide sind nicht "rückwirkend", da Abgabenansprüche unabhängig vom behördlichen Tätigwerden, vor allem unabhängig von der Erlassung von Abgabenbescheiden entstehen. Gemäß § 4 Abs. 1 BAO entsteht der Abgabenanspruch bereits, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft (vgl. im einzelnen Abs. 2 des § 4 BAO). Mit Abgabenbescheiden im Sinn des § 198 BAO werden Abgaben festgesetzt, nachdem der Abgabenanspruch im Sinne des § 4 Abs. 1 BAO durch Tatbestandsverwirklichung entstanden ist. Zur Klarstellung sei darauf verwiesen, dass im gegenständlichen Fall der Eintritt der Bemessungsverjährung nach § 207 BAO von keiner der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens behauptet und nach der Aktenlage offenkundig auszuschließen ist.

In den angefochtenen Bescheiden hat die belangte Behörde die Einnahmen, die der Beschwerdeführer bislang als solche aus einem Dienstverhältnis behandelt hat, als Betriebseinnahmen des Gewerbebetriebes Viehhandel qualifiziert. Weil dadurch Steuerbefreiungsbestimmungen nach § 3 und § 67 EStG nicht mehr zur Anwendung gekommen sind, hat dieser Umstand schon für sich allein zu einer Erhöhung des steuerpflichtigen Einkommens geführt. Die belangte Behörde hat weiters zur Ermittlung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb die nunmehr als Betriebseinnahmen qualifizierten bisherigen Dienstnehmerbezüge um zugeschätzte Beträge, welcher aber - abgesehen vom Jahre 1987 - deutlich geringer sind als die erwähnten, vormals als Dienstnehmerbezüge behandelten Beträge, erhöht. Für die Jahre 1984 und 1986 hat sie keine Zuschätzung vorgenommen.

Der Beschwerdeführer bringt vor, im Verwaltungsverfahren sei niemals die Rede davon gewesen, dass auch seine Dienstnehmerbezüge als Betriebseinnahmen des Gewerbebetriebes behandelt würden; dieses Thema sei auch in der Berufungsverhandlung nicht angesprochen worden. Stets sei ausschließlich strittig gewesen, ob er allenfalls neben seinem Dienstverhältnis zur Vieh-GmbH einen Gewerbebetrieb geführt habe. Es sei für ihn nicht vorhersehbar gewesen, dass die belangte Behörde in der Berufungsentscheidung eine völlig andere Rechtsauffassung vertrete und auch die Dienstnehmerbezüge den gewerblichen Einkünften zuordne.

Die belangte Behörde hält diesem Vorbringen entgegen, sie habe in der Ladung zur zweiten Berufungsverhandlung darauf hingewiesen, dass "eine Beurteilung der bisher als Einkünfte aus selbständiger Arbeit qualifizierten Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Erwägung zu ziehen" sei. Ob dieser Hinweis in der Ladung den Beschwerdeführer in hinreichender Weise informiert hat, sodass trotz der Änderung der Rechtsauffassung in der Berufungsentscheidung kein Verstoß gegen das Überraschungsverbot (vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 1999, 98/13/0138) vorliegt, kann im Beschwerdefall dahingestellt bleiben. Der angefochtene Bescheid erweist sich nämlich, soweit er Einkommen- und Gewerbesteuer 1982 bis 1989 betrifft, schon aus einem anderen Grund als rechtswidrig.

Der Begriff des steuerlichen Dienstverhältnisses ist durch § 47 EStG 1972 bzw EStG 1988 nicht abschließend definiert, sondern wird als Typusbegriff durch eine Vielzahl von Merkmalen bestimmt, die nicht alle in gleicher Intensität ausgeprägt sein müssen (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. März 2001, G 109/00). Entscheidend ist das Gesamtbild der Verhältnisse.

Weisungsgebundenheit und Eingliederung in den Betrieb des Arbeitgebers sind nach der Legaldefinition des § 47 EStG 1972 und EStG 1988 Kriterien eines Dienstverhältnisses (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. Juli 1997, 95/13/0289). Zu den weiteren Merkmalen gehören insbesondere die laufende Lohnzahlung sowie das Fehlen eines Unternehmerwagnisses und einer Vertretungsbefugnis (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. September 1996, 92/14/0161).

Unternehmerwagnis liegt vor, wenn der Erfolg einer Tätigkeit weitgehend von der persönlichen Tüchtigkeit, vom Fleiß, von der persönlichen Geschicklichkeit und von den Zufälligkeiten des Wirtschaftslebens abhängt und der Steuerpflichtige für die mit seiner Tätigkeit verbundenen Aufwendungen selbst aufkommen muss (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2000, 97/14/0167). Ein Fixbezug spricht gegen ein Unternehmerwagnis (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 2000, 2000/14/0066).

Es ist möglich, dass eine Person demselben Auftraggeber gegenüber neben einer nichtselbständigen Haupttätigkeit auch eine selbständige Tätigkeit erbringt, wenn beide Tätigkeiten voneinander unabhängig und trennbar sind (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. Juni 1999, 96/15/0099 bzw. aus dem Bereich der Sozialversicherung das hg. Erkenntnis vom 7. August 2002, 99/08/0140).

Die Begründung eines Bescheides hat den Sachverhalt, den die Behörde - als Ergebnis ihrer Überlegungen zur Beweiswürdigung - als erwiesen annimmt, darzustellen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. September 2003, 99/13/0213).

Erwähnt sei im gegebenen Zusammenhang, dass weder die Einstellung einer Voruntersuchung noch ein freisprechendes Urteil des Strafgerichtes eine Bindung der Abgabenbehörde in Bezug auf Sachverhaltsfeststellungen bewirken (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2002, 2002/15/0152).

Die belangte Behörde ist im angefochtenen Bescheid von einer gewerblichen Tätigkeit des Beschwerdeführers als Viehhändler und damit von einer selbständigen Tätigkeit ausgegangen. Dabei hat sie sich im Wesentlichen darauf gestützt, dass einige Rechnungen über den Ankauf von Ferkeln auf den Beschwerdeführer gelautet haben, dieser in bestimmten Schadensfällen Zahlungen an die Vieh-GmbH geleistet hat und bei einem Teil der Vieheinkäufe eine Vorfinanzierung vorgenommen hat.

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid jedoch jegliche Feststellungen darüber unterlassen, welche Tätigkeit der Beschwerdeführer der Vieh-GmbH gegenüber erbracht hat, also welche Tätigkeit es gewesen ist, für die der Beschwerdeführer von der Vieh-GmbH einen monatlichen Fixbezug - den weitaus größten Teil seiner jährlichen Einkünfte - bezogen hat. Ohne nähere Begründung erscheint es als nicht nachvollziehbar, dass die Vieh-GmbH einem Viehhändler, der ausschließlich auf eigene Rechnung Viehhandel betreibt, einen monatlichen Fixbezug bezahlt. Im Zusammenhang mit der in Rede stehenden Tätigkeit für die Vieh-GmbH fehlen weiters Feststellungen insbesondere zur Frage der Weisungsgebundenheit, der Eingliederung in den Betrieb der Vieh-GmbH, der Vertretungsbefugnis, aber auch des Unternehmerwagnisses.

Der Umstand, dass der Beschwerdeführer Käufe der Vieh-GmbH vorfinanziert hat (damit die Verkäufer früher zu Geld kamen), spricht für sich noch nicht für ein Unternehmerwagnis des Beschwerdeführers, zumal die belangte Behörde keine Feststellungen darüber getroffen hat, dass er die vorfinanzierten Beträge nicht zurückerhalten hätte. Im gegebenen Zusammenhang fehlen auch Feststellungen über das Verhältnis der gesamten Vieheinkäufe der Vieh-GmbH, soweit der Beschwerdeführer daran beteiligt war (nach seinem Vorbringen im Verwaltungsverfahren erreichten diese ein Volumen von jährlich ca. S 100 Mio.) zu den vom Beschwerdeführer vorfinanzierten Einkäufen (z.B. in den Jahren 1992, 1993, 1995 und 1996 ca. S 1 Mio.). Die vom Beschwerdeführer der Vieh-GmbH gegenüber geleisteten Zahlungen für Reklamationen mögen ein Indiz für ein Unternehmerwagnis darstellen. Für die Frage, welches Gewicht diesem Indiz bei Beurteilung der Betätigung des Beschwerdeführers im Rahmen des Gesamtbildes der Verhältnisse zukommt, wäre allerdings auch von Bedeutung, ob der Beschwerdeführer von vornherein zu diesen Zahlungen verpflichtet gewesen ist oder ob er sich in jedem einzelnen Fall nachträglich und freiwillig zur Tragung der Kosten entschlossen hat. Im letzteren Fall könnte durchaus - wie dies auch im Beschluss der Ratskammer vom 8. April 1999 zum Ausdruck kommt - "falsch verstandener Ehrgeiz" als Dienstnehmer nicht von vornherein als Grund für die Zahlung ausgeschlossen werden.

Die Feststellungen der belangten Behörde, wonach der Beschwerdeführer in bestimmten Fällen im eigenen Namen Ferkel eingekauft hat, sprechen für eine eigenständige Handelstätigkeit des Beschwerdeführers. Sie lassen aber für sich nicht darauf schließen, dass der Beschwerdeführer nicht daneben in einem Dienstverhältnis als Arbeitnehmer der Vieh-GmbH tätig gewesen ist und die Tätigkeit als Dienstnehmer nicht die Haupttätigkeit des Beschwerdeführers gebildet hat.

Wie sich aus dem Vorstehenden ergibt, waren der erstangefochtene Bescheid, soweit er Einkommensteuer und Gewerbesteuer 1982 bis 1986 betrifft, und der zweitangefochtene Bescheid, soweit er Einkommensteuer und Gewerbesteuer 1987 bis 1989 betrifft, gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II 333/2003.

Wien, am 24. Februar 2004

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte