Normen
EStG §22 Z2;
FamLAG 1967 §41 Abs1;
FamLAG 1967 §41 Abs2;
FamLAG 1967 §41 Abs3;
EStG §22 Z2;
FamLAG 1967 §41 Abs1;
FamLAG 1967 §41 Abs2;
FamLAG 1967 §41 Abs3;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Nach einer abgabenbehördlichen Prüfung wurden der beschwerdeführenden GmbH mit Bescheid vom 8. Mai 1996 Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag für die Jahre 1994 und 1995 von den Bezügen ihres Alleingesellschafters und Geschäftsführers Michael S. vorgeschrieben.
In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde insbesondere vorgebracht, der Geschäftsführer sei eigenverantwortlich und nicht unter dem Willen eines anderen tätig. Auch die anderen Merkmale der Weisungsungebundenheit wie freie Arbeitszeiteinteilung, freie Urlaubseinteilung, freie Arbeitsortbestimmung seien erfüllt. Die Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung würden vom "Steuerpflichtigen" selbst in seiner Einkommensteuererklärung geltend gemacht. Die nicht betrieblich veranlassten Kosten der PKW-Benützung würden von Michael S. selbst getragen. Der Geschäftsführer trage das Unternehmerrisiko, da seine Bezüge von der Höhe der Gewinne abhingen (Bezüge 1994 S 535.412,-- und 1995 S 262.442,--). Es bestehe kein Anspruch auf eine regelmäßige Überweisung der Geschäftsführervergütung. Der Geschäftsführer könne sich nicht vertreten lassen; er trage das volle Unternehmerrisiko, da er im Krankheitsfalle keine Geschäfte für die GmbH abschließen könne.
In einer nach einem entsprechenden Vorhalt eingereichten Eingabe vom 12. Dezember 1997 wurde unter anderem ausgeführt, der Geschäftsführer erhalte keine Sachbezüge. Die Privatnutzung des PKW werde mit den Geschäftsführerbezügen verrechnet. Der Geschäftsführer habe keinen Anspruch auf Abfertigung und auf Fortzahlung im Krankheitsfall. Die Bezüge des Geschäftsführers wurden folgendermaßen aufgegliedert:
1/94 | S | 30.000,-- |
2/94 | S | 60.000,-- |
3/94 | S | 50.000,-- |
4/94 | S | 30.000,-- |
5/94 | S | 30.000,-- |
6/94 | S | 40.000,-- |
7/94 | S | 30.000,-- |
11/94 | S | 181.100,-- |
12/94 | S | 88.312,29 |
Entnahmen 1995: | ||
1/95 | keine Entnahmen | |
2/95 | S | 110.617,3 |
3/95 | S | 53.312,-- |
4/95 | S | 60.000,-- |
5/95 | S | 17.450,-- |
6/95 | S | 248,-- |
7/95 | S | 6.270,-- |
8/95 | keine Entnahmen | |
9/95 | S | 60.209,23 |
10/95 | keine Entnahmen | |
11/95 | S | 17.450,-- |
12/95 | S | 39.285,-- |
Entnahme 1996 (vorläufig, da noch keine Bilanz erstellt wurde):
1/96 | S | 11.488,30 |
2/96 | S | 110.617,37 |
3/96 | keine Entnahmen | |
4/96 | S | 867,49 |
5/96 | S | 155.829,80 |
6/96 | S | 4.925,40 |
7/96 | keine Entnahme | |
8/96 | S | 3.197,17 |
9/96 | keine Entnahmen | |
10/96 | S | 537,64 |
11/96 | S | 25.000,-- |
12/96 | S | 19.972,45 |
Entnahmen 1997 (vorläufig, da noch keine Bilanz erstellt wurde):
1/97 | S | 116.000,-- |
2/97 | S | 27.067,-- |
3/97 | S | 53,99 |
4/97 | S | 68,-- |
5/97 | S | 73.688,-- |
6/97 | S | 792,73 |
7/97 | S | 70.013,-- |
8/97 | S | 28.357,80 |
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde insbesondere ausgeführt, das in der Berufung angesprochene Fehlen von Fremdbestimmungsmöglichkeiten in Belangen der Geschäftsführung und Vertretung, die vollkommen freie Arbeits- und Zeiteinteilung und das Fehlen disziplinärer Folgen seien nicht wesentlich. Die Ausführungen über das Fehlen eines Urlaubsanspruches, über das Fehlen von Aufzeichnungen von Krankenständen ließen die Eingliederung in den betrieblichen Organismus ausreichend erkennen. Nicht maßgeblich sei die arbeitsrechtliche Beurteilung. Ein Zusammenhang der "Entnahmen" mit dem Betriebsergebnis sei nicht hergestellt worden. Es sei auf Grund der übermittelten Aufgliederung der Bezüge zu schließen, dass die Unterschiedlichkeit der "Entnahmen" sich nach dem Bedarf des Geschäftsführers gerichtet habe. Es sei daher von einer laufenden Gehaltszahlung auszugehen. Die Überlassung eines PKW durch die Beschwerdeführerin könne ein Indiz für ein Dienstverhältnis sein.
Den am 20. Dezember 2000 vom Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG gestellten Antrag auf Aufhebung bestimmter, im gegenständlichen Fall zur Anwendung kommender gesetzlicher Bestimmungen hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 14. März 2001, G 148/00 u.a., als unzulässig zurückgewiesen, weil er über die vorgetragenen Bedenken bereits in einem anderen Verfahren mit dem Erkenntnis vom 7. März 2001, G 110/00, unter Verweis auf sein Erkenntnis vom 1. März 2001, G 109/00, entschieden hatte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Erkenntnis vom 1. März 2001, G 109/00, hat der Verfassungsgerichtshof den Antrag des Verwaltungsgerichtshofes auf Aufhebung bestimmter, auch im gegenständlichen Fall zur Anwendung kommender gesetzlicher Bestimmungen abgewiesen. Er hat dazu u. a. ausgeführt, dass verschiedene Merkmale eines Dienstverhältnisses, die im Zusammenhang mit einer weisungsgebundenen Tätigkeit Indizien für ein Dienstverhältnis seien, im Fall der - auf die gesellschaftsrechtliche Beziehung zurückzuführenden - Weisungsungebundenheit ihre Unterscheidungskraft verlieren und daher für die Lösung der Frage, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses im Vordergrund stehen, nicht brauchbar sind. Zu den Merkmalen, die in diesem Sinn vor dem Hintergrund der Weisungsungebundenheit ihre Indizwirkung zur Bestimmung des durch eine Mehrzahl von Merkmalen gekennzeichneten Typusbegriffes des steuerlichen Dienstverhältnisses verlieren, gehören vor allem folgende: fixe Arbeitszeit, fixer Arbeitsort, arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Einstufung der Tätigkeit, Anwendbarkeit typischer arbeitsrechtlicher Vorschriften wie Abfertigungs- und Urlaubsregelung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz, sowie die Heranziehung von Hilfskräften in Form der Delegierung von bestimmten Arbeiten (vgl. dazu und zu den folgenden Ausführungen insbesondere die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. April 2001, 2001/14/0052, 2001/14/0054, und vom 10. Mai 2001, 2001/15/0061, jeweils mwN).
Insgesamt stellt somit das in § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 für wesentlich beteiligte Gesellschafter normierte Vorliegen der sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses - abgesehen vom hinzuzudenkenden Merkmal der Weisungsgebundenheit - vor allem auf die Kriterien der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Kapitalgesellschaft und das Fehlen des Unternehmerwagnisses ab.
Unternehmerwagnis liegt dabei vor, wenn der Erfolg der Tätigkeit des Steuerpflichtigen weitgehend von der persönlichen Tüchtigkeit, vom Fleiß, von der persönlichen Geschicklichkeit sowie von den Zufälligkeiten des Wirtschaftslebens abhängt und der Steuerpflichtige für die mit seiner Tätigkeit verbundenen Aufwendungen selbst aufkommen muss. Dabei kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse an: Im Vordergrund dieses Merkmales steht, ob den Steuerpflichtigen tatsächlich das Wagnis ins Gewicht fallender Einnahmenschwankungen trifft (vgl abermals das oben zitierte Erkenntnis vom 23. April 2001). Dabei kann von solchen Schwankungen der Vergütungen auf ein Risiko des Geschäftsführers aber nur dann geschlossen werden, wenn ein Zusammenhang zwischen diesen Schwankungen und wirtschaftlichen Parametern (insbesondere dem wirtschaftlichen Erfolg) der Gesellschaft besteht. Vom Geschäftsführer frei verfügte Änderungen der Höhe seiner Bezüge haben mit einem Risiko, wie es für Unternehmer eigentümlich ist, nichts gemein (vgl das hg Erkenntnis vom 25. September 2001, Zl 2001/14/0124).
Wie von der Beschwerdeführerin in ihrer im Verwaltungsverfahren eingebrachten Eingabe vom 12. Dezember 1997 dargestellt wurde, traten in den Bezügen des Geschäftsführers tatsächlich ganz außerordentliche Schwankungen auf. Bereits in der Berufung wurde in diesem Zusammenhang behauptet, die Bezüge seien von der Höhe der Gewinne abhängig gewesen. Hiezu wurde von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid festgestellt, ein Zusammenhang der "Entnahmen" mit dem Betriebsergebnis sei nicht hergestellt worden, sodass auf Grund der beigebrachten Aufstellung zu schließen gewesen sei, dass sich die Unterschiedlichkeit der "Entnahmen" nach dem Bedarf des Geschäftsführers gerichtet habe.
Mit dieser Beurteilung wird aber von der belangten Behörde dem Vorbringen der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren nicht ausreichend Rechnung getragen. Aus der Tatsache der Unterschiedlichkeit der "entnommenen" Beträge an sich kann denkfolgerichtig für sich allein nicht geschlossen werden, dass die Schwankungen dieser Beträge auf den Bedarf des Geschäftsführers zurückzuführen gewesen seien. Vielmehr hätte die belangte Behörde im Hinblick auf das Vorbringen der Beschwerdeführerin Feststellungen über das Bestehen oder das Fehlen eines Zusammenhanges zwischen dem jeweiligen wirtschaftlichen Erfolg der Beschwerdeführerin und den jeweils in den einzelnen Monaten an den Geschäftsführer geleisteten Beträgen treffen müssen. Dabei ist zur Vermeidung von Missverständnissen davon auszugehen, dass ein solcher Zusammenhang in aller Regel durch feststehende und nach außen dokumentierte Vereinbarungen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter von vornherein festgelegt sein muss.
Damit bedarf aber der von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung, sodass der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr. 416/1994.
Wien, am 19. Dezember 2001
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