VfGH G110/00

VfGHG110/007.3.2001

Keine Verfassungswidrigkeit von Bestimmungen des FamilienlastenausgleichsG 1967 hinsichtlich der durch Verweis auf das EStG 1988 bewirkten Einbeziehung von Beschäftigungsvergütungen an einer Kapitalgesellschaft wesentlich beteiligter Personen in die Berechnung des zu leistenden Dienstgeberbeitrags

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art18 Abs1
EStG 1988 §22 Z2
FamilienlastenausgleichsG 1967 §41 Abs2, Abs3
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art18 Abs1
EStG 1988 §22 Z2
FamilienlastenausgleichsG 1967 §41 Abs2, Abs3

 

Spruch:

Der Antrag wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluß vom 26. September 2000, A15/2000, aus Anlaß einer bei ihm anhängigen, unter Zl. 2000/13/0074 protokollierten Beschwerde gemäß Art140 Abs1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag gestellt,

1) a) die Wortfolge ", sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinne des §22 Z2 des Einkommensteuergesetzes 1988" im §41 Abs2 des Bundesgesetzes vom 24. Oktober 1967, betreffend den Familienlastenausgleich durch Beihilfen (Familienlastenausgleichsgesetz 1967), idF des Steuerreformgesetzes 1993, BGBl. 818/1993, und

b) die Wortfolge "sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art im Sinne des §22 Z2 des Einkommensteuergesetzes 1988" im zweiten Satz des §41 Abs3 des Bundesgesetzes vom 24. Oktober 1967, betreffend den Familienlastenausgleich durch Beihilfen (Familienlastenausgleichsgesetz 1967), idF des Steuerreformgesetzes 1993, BGBl. 818/1993,

2) hilfsweise zusätzlich zu den zu Punkt 1) lita) und b) genannten Gesetzestexten

c) die Bestimmung des §22 Z2 Teilstrich 2 EStG 1988 (mit Ausnahme ihres durch das Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl. 201/1996, eingefügten letzten Satzes),

3) hilfsweise zusätzlich zu den zu Punkt 1) lita) und b) sowie 2) litc) genannten Gesetzestexten

d) die Bestimmung des §25 Abs1 Z1 litb EStG 1988,

e) den mit der Novelle BGBl. 680/1994 angefügten letzten Satz der Bestimmung des §47 Abs2 EStG 1988 und

f) den Ausdruck "und b" nach dem Verweis auf §25 Abs1 Z1 lita des Einkommensteuergesetzes 1988 im zweiten Satz des §41 Abs3 des Bundesgesetzes vom 24. Oktober 1967, betreffend den Familienlastenausgleich durch Beihilfen (Familienlastenausgleichsgesetz 1967), idF des Steuerreformgesetzes 1993, BGBl. 818/1993,

als verfassungswidrig aufzuheben.

2. Gemäß §41 Abs1 des Bundesgesetzes vom 24. Oktober 1967, betreffend den Familienlastenausgleich durch Beihilfen (Familienlastenausgleichsgesetz 1967), BGBl. 376, im folgenden FLAG, haben den Dienstgeberbeitrag alle Dienstgeber zu leisten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen. Dienstnehmer sind nach §41 Abs2 FLAG, idF des Steuerreformgesetzes 1993, BGBl. 818, Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des §47 Abs2 des EStG 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinne des §22 Z2 des EStG 1988. §41 Abs3 FLAG, idF des Steuerreformgesetzes 1993, BGBl. 818, bestimmt in seinem ersten Satz, daß der Beitrag des Dienstgebers von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen ist, die jeweils in einem Kalendermonat an die im Abs1 genannten Dienstnehmer gewährt worden sind, gleichgültig, ob die Arbeitslöhne beim Empfänger der Einkommensteuer unterliegen oder nicht (Beitragsgrundlage). "Arbeitslöhne sind Bezüge gemäß §25 Abs1 Z1 lita und b des Einkommensteuergesetzes 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art im Sinne des §22 Z2 des Einkommensteuergesetzes 1988."

Nach §22 Z2 EStG 1988 gehören zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit auch die "Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit". Neben den im ersten Teilstrich genannten Einkünften aus einer vermögensverwaltenden Tätigkeit (z.B. für die Tätigkeit als Hausverwalter oder als Aufsichtsratsmitglied) gehören dazu nach dem zweiten Teilstrich (idF vor dem Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl. 201/1996):

"Die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§47 Abs2) aufweisende Beschäftigung gewährt werden. Eine Person ist dann wesentlich beteiligt, wenn ihr Anteil am Grund- oder Stammkapital der Gesellschaft mehr als 25 % beträgt. Die Beteiligung durch Vermittlung eines Treuhänders oder einer Gesellschaft steht einer unmittelbaren Beteiligung gleich. Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit sind auch die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die für eine ehemalige Tätigkeit einer Person gewährt werden, die in einem Zeitraum von zehn Jahren vor Beendigung ihrer Tätigkeit durch mehr als die Hälfte des Zeitraumes ihrer Tätigkeit wesentlich beteiligt war."

Die in §41 Abs3 FLAG u.a. zitierte Vorschrift des §25 Abs1 Z1 litb EStG 1988 lautet:

"(1) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) sind:

1. a) ...

b) Bezüge und Vorteile von Personen, die an Kapitalgesellschaften nicht wesentlich im Sinne des §22 Z2 beteiligt sind, auch dann, wenn bei einer sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§47 Abs2) aufweisenden Beschäftigung die Verpflichtung, den Weisungen eines anderen zu folgen, auf Grund gesellschaftsvertraglicher Sonderbestimmung fehlt."

§47 Abs2 EStG 1988, idF vor dem Budgetbegleitgesetz 2001, BGBl. I 142/2000, definiert das (steuerliche) Dienstverhältnis mit folgendem Wortlaut:

"(2) Ein Dienstverhältnis liegt vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist. Ein Dienstverhältnis ist weiters dann anzunehmen, wenn bei einer Person, die an einer Kapitalgesellschaft nicht wesentlich im Sinne des §22 Z2 beteiligt ist, die Voraussetzungen des §25 Abs1 Z1 litb vorliegen."

3. Zur Begründung seines - oben unter Punkt 1 wiedergegebenen - Antrages führt der Verwaltungsgerichtshof folgendes aus:

Beim Verwaltungsgerichtshof sei die Beschwerde einer GmbH gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 3. März 2000 anhängig, mit dem der beschwerdeführenden Gesellschaft im Instanzenzug u.a. für den Zeitraum der Jahre 1994 und 1995 Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen unter Berufung auf §41 Abs1 FLAG, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (Handelskammerumlage) unter Berufung auf §57 Abs4 und 5 des Handelskammergesetzes und Säumniszuschlag unter Berufung auf die §§217 ff. BAO vorgeschrieben worden sei. In der Begründung dieses Bescheides werde im Ergebnis die Auffassung vertreten, die Beschäftigung des Geschäftsführers der beschwerdeführenden Gesellschaft weise ungeachtet seiner gleichzeitigen Eigenschaft als Alleingesellschafter mit Ausnahme der Weisungsgebundenheit sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses im Sinne des §47 Abs2 EStG 1988 auf. Da der Alleingesellschafter-Geschäftsführer der beschwerdeführenden Gesellschaft aus der Geschäftsführertätigkeit demnach Einkünfte im Sinne des §22 Z2, Teilstrich 2, EStG 1988 erziele, sei er im Sinne des §41 Abs2 FLAG in der ab dem Jahre 1994 anzuwendenden Fassung als Dienstnehmer anzusehen. Dies habe die Pflicht der beschwerdeführenden Gesellschaft ausgelöst, von den Bezügen des Geschäftsführers den Dienstgeberbeitrag samt Zuschlag abzuführen. In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde werde geltend gemacht, daß die Beschäftigung des Alleingesellschafter-Geschäftsführers "sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§47 Abs2 EStG 1988)" nicht aufweise.

Der Verwaltungsgerichtshof führt aus, daß er in Erledigung dieser Beschwerde die Bestimmungen des §41 Abs2 und 3 FLAG, idF des Steuerreformgesetzes 1993, BGBl. 818, anzuwenden habe, gegen deren Verfassungsmäßigkeit bei ihm Bedenken entstanden seien.

Die vom Verwaltungsgerichtshof nun im einzelnen dargelegten Bedenken entsprechen zum Teil wortgleich, zum Teil der Sache nach (jedoch auf den Dienstgeberbeitrag zum Familienlastenausgleich bezogen) jenen, die dem unter G109/00 protokollierten, die Kommunalsteuer betreffenden Antrag dieses Gerichtshofes zugrunde liegen. Der Verfassungsgerichtshof verweist daher der Vereinfachung wegen auf das dort wiedergegebene Antragsvorbringen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 1. März 2001, G109/00).

4.1. Die Bundesregierung erstattete innerhalb der ihr gesetzten Frist eine Äußerung, welche in allen wesentlichen Punkten jener gleicht, die in dem zu G109/00 protokollierten Verfahren von der Bundesregierung eingebracht wurde; der Verfassungsgerichtshof verweist daher auch an dieser Stelle auf das hg. Erkenntnis vom 1. März 2001, G109/00, in dem die Ausführungen der Bundesregierung wiedergegeben werden.

4.2. Die Bundesregierung stellt außerdem den Antrag, der Verfassungsgerichtshof wolle den vorliegenden Gesetzesprüfungsantrag zur Gänze abweisen. Für den Fall der Aufhebung stellt die Bundesregierung den Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge gemäß Art140 Abs5 B-VG für das Außerkrafttreten eine Frist von einem Jahr bestimmen, um legistische Vorkehrungen treffen zu können.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über den Antrag erwogen:

1. Der Verfassungsgerichtshof hegt keinen Zweifel, daß die vom Verwaltungsgerichtshof in seinem Hauptantrag angefochtenen Bestimmungen im Anlaßbeschwerdefall präjudiziell sind: Da der Verwaltungsgerichtshof über die Beschwerde betreffend Dienstgeberbeitragspflicht nach dem FLAG der Bezüge eines an einer GmbH zu 100 % beteiligten Geschäftsführers abzusprechen hat, hat er offensichtlich nicht nur §41 Abs2 und 3 FLAG, sondern auch die in diesen Bestimmungen genannte Norm des §22 Z2 EStG 1988 anzuwenden.

Da auch die sonstigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist der Antrag zulässig.

2. Der Antrag ist jedoch nicht begründet.

Die in den Hauptanträgen angefochtenen Wortfolgen (", sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinne des §22 Z2 des Einkommensteuergesetzes 1988" in §41 Abs2 FLAG; "sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art im Sinne des §22 Z2 des Einkommensteuergesetzes 1988" in §41 Abs3 FLAG) finden sich ebenso in den Bestimmungen der §§2 und 5 Abs1 KommStG 1993, an deren Verfassungsmäßigkeit beim Verwaltungsgerichtshof ebenfalls Zweifel entstanden sind, weshalb er - wie bereits erwähnt - in dem zu G109/00 protokollierten Antrag u.a. die Aufhebung der oben genannten Wortfolgen in diesen Bestimmungen begehrte.

Es genügt somit hier - hinsichtlich der Entscheidungsgründe - auf das hg. Erkenntnis vom 1. März 2001, G109/00, - eine Ausfertigung desselben ist diesem Erkenntnis angeschlossen - zu verweisen, aus welchem sich auch für den vorliegenden Gesetzesprüfungsantrag des Verwaltungsgerichtshofes ergibt, daß dieser als unbegründet abzuweisen war.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4, erster Satz, VerfGG 1953 ohne vorangegangene mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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