VwGH 2001/11/0299

VwGH2001/11/029928.10.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des J in H, vertreten durch Dr. Longin Josef Kempf und Dr. Josef Maier, Rechtsanwälte in 4722 Peuerbach, Steegenstraße 3, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 1. August 2001, Zl. VerkR-394.123/4-2001-Si, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

Normen

StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §99 Abs1 lita;
VStG §3;
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §99 Abs1 lita;
VStG §3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In Erledigung der Vorstellung des Beschwerdeführers gegen ihren Mandatsbescheid vom 24. Mai 2000 entzog die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen mit Bescheid vom 19. Dezember 2000 dem Beschwerdeführer die für die Gruppe B erteilte Lenkberechtigung gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1, § 25 Abs. 1 und Abs. 3 FSG auf die Dauer von 26 Monaten, gerechnet vom Tag der Zustellung des Mandatsbescheides (das ist der 26. Mai 2000) an. Die aufschiebende Wirkung einer allenfalls eingebrachten Berufung wurde gemäß § 64 Abs. 2 AVG ausgeschlossen. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen ging erkennbar von dem im Mandatsbescheid wie folgt festgestellten Sachverhalt aus:

"Sie haben am 17.04.2000 gegen 00.30 Uhr im Ortsgebiet Geboltskirchen auf öffentlichen Straßen, insbesondere der Geboltskirchner-Landesstraße 1074 auf der Zufahrtsstraße zum Gasthaus Franz Mayrhuber, Geboltskirchen Nr. 20 vom dortigen Parkplatz weg auf die Geboltskirchner-Landesstraße 1074 in Höhe der Einmündung der ggst. Zufahrtsstraße rückwärts fahrend, den Kombi mit dem Kennzeichen GR-59TG in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt. Beim Rückwärtsfahren auf dem dortigen öffentlichen Parkplatz verursachten Sie einen Verkehrsunfall mit fremdem Sachschaden, indem Sie einen dort vorschriftsmäßig geparkten PKW seitlich streiften, wobei Sie es in der Folge unterließen, die nächste Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen und an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, weil Sie den Unfallort verlassen wollten.

Am 17.04.2000 um 00.40 Uhr haben Sie im Ortsgebiet Geboltskirchen, auf der Geboltskirchner-Landesstraße 1074 auf Höhe der Einmündung der Zufahrtsstraße zum Gasthaus Franz Mayrhuber, Geboltskirchen Nr. 20, die von einem besonders geschulten und hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht auf Grund der festgestellten Alkoholisierungssymptome, wie deutlicher Alkoholgeruch der Atemluft, schwankender Gang, lallende Sprache und deutlich gerötete Augen, berechtigter Weise verlangte Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt mittels Alkomaten verweigert.

Des weiteren steht fest, dass Ihnen die Lenkberechtigung wegen auf gleicher schädlicher Neigung basierender Alkoholdelikte vom 08.12.1989 bis 08.12.1990 und vom 31.05.1991 bis 30.11.1992 entzogen wurde."

Die Erstbehörde führte weiters aus, es sei im Hinblick auf das Vorbringen des Beschwerdeführers, es habe seine Diskretions_ und Dispositionsfähigkeit im Tatzeitpunkt gefehlt, ein Gutachten des Amtsachverständigen eingeholt worden, auf Grund dessen erwiesen sei, dass der Beschwerdeführer im Tatzeitpunkt diskretions- und dispositionsfähig gewesen sei. Auf Grund des festgestellten Sachverhaltes sei der Beschwerdeführer als verkehrsunzuverlässig anzusehen, die in der Vergangenheit liegenden Entziehungen der Lenkerberechtigung hätten bei ihm keine Änderung seiner Einstellung bzw. seines Verhaltens bezüglich Alkoholkonsums und Lenken von Kraftfahrzeugen auf Straßen mit öffentlichem Verkehr bewirken können, weshalb es der ausgesprochenen Zeit bedürfe, um wieder die Verkehrszuverlässigkeit des Beschwerdeführers annehmen zu können.

Der dagegen erhobenen Berufung wurde vom Landeshauptmann von Oberösterreich mit dem angefochtenen Bescheid vom 1. August 2001 gemäß § 66 Abs. 4 AVG insofern Folge gegeben, als die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung auf 20 Monate herabgesetzt wurde. Begründend wurde ausgeführt, Grundlage für die vorgenommene Entziehung der Lenkberechtigung sei der Umstand gewesen, dass der Beschwerdeführer ein Kraftfahrzeug auf einer öffentlichen Verkehrsfläche in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt und anschließend die Untersuchung seiner Atemluft auf Alkohol verweigert habe. Es liege daher ein bestimmte Tatsache gemäß § 7 Abs. 3 Z 1 FSG vor. Alkoholdelikte, zu denen sowohl das alkoholisierte Lenken als auch die Verweigerung des Alkotests zählen, seien als besonders gefährlich für die anderen Verkehrsteilnehmer und damit als besonders verwerflich anzusehen. Auch wenn das letzte Alkoholdelikt in strafrechtlicher Hinsicht bereits getilgt sei, sei die Prognose für die Wiedererlangung der Verkehrszuverlässigkeit beim Beschwerdeführer ungünstig, es sei aber doch die Herabsetzung der Dauer der Entziehung auf 20 Monate vertretbar, in der er die Verkehrszuverlässigkeit wieder erlangen werde.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (seine Zustellung erfolgte nach der Aktenlage am 6. August 2001) ist für die Überprüfung seiner Rechtmäßigkeit durch den Verwaltungsgerichtshof das FSG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 25/2001 maßgeblich. Die im Beschwerdefall einschlägigen Bestimmungen lauten (auszugsweise):

"Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung

§ 3. (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die:

...

2. verkehrszuverlässig sind (§ 7),

...

Verkehrszuverlässigkeit

§ 7. (1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 5) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit gefährden wird, insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr, Trunkenheit oder einen durch Suchtgift oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand.

...

(3) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand:

1. ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz - SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zu beurteilen ist;

...

(5) Für die Wertung der in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

...

5. Abschnitt

Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung

Allgemeines

§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder

...

Dauer der Entziehung

§ 25. (1) Bei der Entziehung ist auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

...

(3) Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) ist eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen. Wurden begleitende Maßnahmen gemäß § 24 Abs. 3 angeordnet, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung.

Sonderfälle der Entziehung

§ 26.

...

(2) Wird beim Lenken eines Kraftfahrzeuges erstmalig eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 begangen, so ist die Lenkberechtigung für die Dauer von mindestens vier Monaten zu entziehen.

..."

§ 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 lautet (auszugsweise):

"§ 99. Strafbestimmungen

(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht ...

...

b) wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen, oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht,

..."

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind die Kraftfahrbehörden an die rechtskräftigen Bestrafungen durch die Strafbehörden gebunden (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. April 2002, Zl. 2000/11/0099, mwN). Wegen des auch hier relevanten Alkoholdeliktes wurde der Beschwerdeführer mit dem Straferkenntnis des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 13. März 2001, dem Beschwerdeführer zugestellt am 27. März 2001, rechtskräftig bestraft. An dieses Straferkenntnis war die belangte Behörde gebunden. Schon aus diesem Grund geht das Beschwerdevorbringen, soweit es darauf gerichtet ist zu zeigen, eine Verweigerung der Atemluftalkoholuntersuchung habe gar nicht stattgefunden, der Beschwerdeführer sei zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Ablegung des Alkomattests nicht diskretions- und dispositionsfähig gewesen, die Behörde habe es unterlassen, dies hinreichend zu prüfen, und das vom Beschwerdeführer beantragte (weitere) Sachverständigengutachten nicht eingeholt, ins Leere. Abgesehen davon zeigt der Beschwerdeführer nicht durch konkrete sachverhaltsbezogene Behauptungen auf, weshalb das schon von der Erstbehörde eingeholte Sachverständigengutachten, aus dem sich in schlüssiger Weise die Beurteilung nachvollziehen lässt, der Beschwerdeführer sei zum Tatzeitpunkt zurechnungsfähig gewesen, der Entscheidung der Behörde nicht hätte zu Grunde gelegt werden dürfen. Es entspricht im Übrigen der ständigen hg. Rechtsprechung, dass es schon auf Grund des situationsbezogenen Verhaltens des bei einem Alkoholdelikt im Straßenverkehr Betretenen entbehrlich ist, ein ärztliches Sachverständigengutachten über seine Zurechnungsfähigkeit einzuholen. Aus dem Akteninhalt ist ersichtlich, dass der die Amtshandlung durchführende Gendarmeriebeamte (am 24. Juli 2000) aussagte, der Beschwerdeführer habe nach der Aufforderung zum Alkomattest sofort damit geantwortet, er sei nicht gefahren, und habe nach der Aufforderung, Führerschein und Zulassungsschein vorzulegen, danach in seiner Bekleidung und im Wageninneren gesucht. Diese Aussage hat der Beschwerdeführer nicht bestritten, es lag daher ein derartiges situationsbezogenes Verhalten des Beschwerdeführer vor. Umso mehr war es entbehrlich, weitere vom Beschwerdeführer geforderte Beweise einzuholen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6.

November 2002, Zl. 2002/02/0246 mwN.).

Die belangte Behörde hatte daher vom Vorliegen einer

bestimmten Tatsache im Sinn des § 7 Abs. 3 Z. 1 FSG auszugehen.

Gegen die Verneinung der Verkehrszuverlässigkeit des

Beschwerdeführers im Rahmen der nach § 7 Abs. 5 FSG vorzunehmenden Wertung durch die belangte Behörde, die sich auch darauf stützte, dass dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung - wie aus dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt ersichtlich - bereits zwei Mal wegen Begehung von Alkoholdelikten entzogen wurde, hegt der Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken. Im Hinblick auf das einschlägige Verhalten des Beschwerdeführers vor dem nunmehr verfahrensgegenständlichen Verstoß gegen die StVO 1960 hegt der Verwaltungsgerichtshof auch gegen die von der belangten Behörde zu Grunde gelegte Annahme, der Beschwerdeführer sei für die Zeit von 20 Monaten (ab der Zustellung des Mandatsbescheides) verkehrsunzuverlässig gewesen, keine Bedenken. Dabei lässt es für den Standpunkt des Beschwerdeführers auch nichts gewinnen, dass die letzte aktenkundige Entziehung der Lenkberechtigung schon länger (1992) zurückliegt. Diese Entziehung in der Dauer von 18 Monaten hat - wie schon die dem vorangegangene Entziehung - beim Beschwerdeführer offensichtlich keine nachhaltige Wirkung entfaltet, weil er erneut mit einem auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Delikt auffällig wurde. Wie schon die belangte Behörde richtig hervorgehoben hat, sind Alkoholdelikte - dazu zählt auch die Verweigerung des Alkomattests - besonders verwerflich, sie zählen zu den schwerst wiegenden Delikten im Straßenverkehr.

Den noch von der Erstbehörde im Rahmen der Wertung berücksichtigten "Vorfall" aus dem Jahr 1995 hat die belangte Behörde entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ohnehin im Ergebnis außer Betracht gelassen, zumal sie darauf hinwies, dass das diesbezügliche Strafverfahren und das Entziehungsverfahren eingestellt wurden, und die Dauer der Entziehung auf 20 Monate herabgesetzt hat. Dass es dieses Zeitraumes bedurfte, um wieder die Verkehrszuverlässigkeit des Beschwerdeführers annehmen zu können, kann nicht als rechtswidrig erkannt werden. Die vom Beschwerdeführer gemäß § 26 Abs. 2 FSG ins Auge gefasste Entziehungsdauer von "höchstens" vier Monaten - der Zeitraum von vier Monaten stellt sich nach der genannten Bestimmung als Mindestzeitraum dar - kam unter Berücksichtigung des hier maßgeblichen Sachverhalts nicht in Betracht.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 28. Oktober 2003

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