Normen
31975L0442 Abfallrahmen-RL Art1 lita idF 31991L0156;
31991L0156 Nov-31975L0442;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich AnhC Z5;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art1 Abs1 lita;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art1 Abs1;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art2 Abs1 idF 32000R0609;
32000R0609 Nov-31994R3298;
61977CJ0030 Bouchereau VORAB;
ABGB §2;
EURallg;
GütbefG 1995 §23 Abs1 Z8 idF 1998/I/017;
VStG §5 Abs2;
31975L0442 Abfallrahmen-RL Art1 lita idF 31991L0156;
31991L0156 Nov-31975L0442;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich AnhC Z5;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art1 Abs1 lita;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art1 Abs1;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art2 Abs1 idF 32000R0609;
32000R0609 Nov-31994R3298;
61977CJ0030 Bouchereau VORAB;
ABGB §2;
EURallg;
GütbefG 1995 §23 Abs1 Z8 idF 1998/I/017;
VStG §5 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird hinsichtlich des Schuldspruches als unbegründet abgewiesen. Im Übrigen, also hinsichtlich des Ausspruches über die verhängte Strafe und die diesbezüglichen Kosten des Berufungsverfahrens, wird der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als Lenker eines Sattelkraftfahrzeuges, bestehend aus nach dem Kennzeichen bestimmtem Sattelzugfahrzeug und Sattelanhänger, am 9. August 2000 von Italien kommend eine ökopunktepflichtige Transitfahrt durch das Gebiet der Republik Österreich nach Deutschland durchgeführt und dabei weder ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular noch eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt mitgeführt, wie anlässlich einer Kontrolle am 9. August 2000 um 20.30 Uhr auf der A 13 an der Hauptmautstelle Schönberg. i.St. festgestellt worden sei. Durch das elektronische Abbuchungsgerät Ecotag sei keine Abbuchung von Ökopunkten erfolgt, weil laut elektronischem Abbuchungssystem der Frächter bzw. das vom Beschwerdeführer gelenkte Fahrzeug gesperrt und der im LKW angebrachte Umweltdatenträger für die Durchreise durch Österreich unberechtigterweise auf ökopunktbefreite Fahrt gestellt gewesen sei.
Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs. 1 Z. 8 Güterbeförderungsgesetz 1995 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 lit. a sowie Art. 2 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 in der Fassung der VO (EG) Nr. 1524/96 und Nr. 609/2000 begangen; über ihn wurde eine Geldstrafe von S 20.000,-- (EUR 1.453,46), Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage, verhängt.
Die belangte Behörde ging in der Begründung des angefochtenen Bescheides im Wesentlichen davon aus, dass der Beschwerdeführer die im Spruch näher bezeichnete Transitfahrt durchgeführt habe, welche von Italien nach Deutschland geführt habe. Im Zuge einer Kontrolle seien die Frachtpapiere, Fahrzeugpapiere und der Ecotag überprüft worden. Die Überprüfung des Ecotag habe ergeben, dass der Frächter gesperrt gewesen sei und der Lenker eine ökopunktbefreite Fahrt deklariert habe, sodass für die Durchfahrt durch Österreich keine Ökopunkte abgebucht worden seien. Der im Akt erliegende (näher bezeichnete) Bescheid des Bundesministeriums für Umwelt, Jugend und Familie enthalte lediglich die Zustimmung zur Verbringung von 2,000.000 kg asbesthaltigem Isoliermaterial von Italien zur Beseitigung in Deutschland. Mit diesem Bescheid sei über die Ökopunktepflicht nichts ausgesagt. Gerade diese riesige Menge rechtfertige die Auslegung dahin, dass es sich bei "Müll" iSd Anhanges C der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 lediglich um Hausmüll handeln könne.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Der Beschwerdeführer bestreitet zunächst, eine ökopunktpflichtige Transitfahrt durchgeführt zu haben, und verweist darauf, dass die Beförderung von Müll und Fäkalien gemäß Anhang C der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 von der Ökopunktepflicht befreit sei. Die Bezeichnung "Müll" beziehe sich auf sämtliche Stoffe oder Gegenstände, derer sich der Besitzer entledige oder gemäß den geltenden einzelstaatlichen Vorschriften zu entledigen habe. Eine Einschränkung auf Hausmüll gehe aus den zitierten Gesetzesstellen nicht hervor und sei auch der Terminologie des Rechtes der Europäischen Union fremd. Eine restriktive Auslegung des Begriffes Müll im Sinne von "Hausmüll" stimme auch mit dem Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz nicht überein. Welche Auslegungskriterien man auch immer heranziehe, der Ausnahmetatbestand des Anhanges C der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 sei weit auszulegen und es sei darunter auch Abfall im Sinne von Sondermüll zu subsumieren, welcher wohl auch die Ladung des Beschwerdeführers umfasse.
Dem ist entgegenzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19. März 2003, Zl. 2003/03/0022, ausgeführt hat, dass es sich bei "Müll" im Sinn des Anhanges C Z. 5 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission "grundsätzlich um ein uneinheitliches Gemisch fester Abfallstoffe aus Haushalt, Büros oder der Industrie ..., die gesammelt abgeholt und entsorgt oder wieder verwertet werden" handelt, und Müll "somit grundsätzlich ein uneinheitliches - unsortiertes - Gemisch aus Abfällen" darstellt, "das von sortiertem Schrott zu unterscheiden ist". Nach diesem Begriffsverständnis fällt das Transportgut (20.184 kg asbesthaltiges Isoliermaterial, das als Teillieferung im Zuge eines insgesamt 2 Mio kg umfassenden Transportes von Italien zur Beseitigung nach Deutschland verbracht werden sollte) nicht unter den Begriff "Müll" im Sinn der genannten Bestimmung; stichhältige Argumente, die die gegenteilige Interpretation zuließen, zeigt der Beschwerdeführer auch mit seinem weitwendigen Vorbringen zur Auslegung des Begriffes "Hausmüll" des Tiroler Abfallwirtschaftsgesetzes sowie zur englischen Fassung der genannten Verordnung nicht auf und sind auch sonst nicht ersichtlich. Dass die Richtlinie 75/442/EWG des Rates vom 15. Juli 1975 über Abfälle vom 25. Juli 1975 in ihrem Art. 1 eine Definition des (auch in der englischen Fassung des Anhanges C Z. 5 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 verwendeten Begriffes) Begriffes "waste" enthält, vermag daran nichts zu ändern, weil dieser Verordnung der sich vom Begriff "Müll" unterscheidende Begriff "Abfall" ("alle Stoffe oder Gegenstände, die unter die in Anhang I aufgeführten Gruppen fallen und deren sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss", vgl. Art. 1 lit. a der Richtlinie 75/442/EWG idF der Richtlinie 91/156/EWG) sowie eine gegenüber dem vorliegend übertretenen Gemeinschaftsrecht unterschiedliche Zielsetzung zu Grunde liegt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2004, Zl. 2003/03/0255, mwN).
Der EuGH hielt in seinem Urteil vom 27. Oktober 1977, Rechtssache 30-77 "Bouchereau", fest (Randnr. 13/14), dass verschiedene sprachliche Fassungen einer Gemeinschaftsvorschrift einheitlich ausgelegt werden müssen. Falls die Fassungen voneinander abweichen, muss die Vorschrift daher nach dem allgemeinen Aufbau und dem Zweck der Regelung ausgelegt werden, zu dem sie gehört (vgl. den hg. Beschluss vom 18. März 2003, Zl. 99/21/0018).
Während die Richtlinie 75/442/EWG den grundlegenden gesetzlichen Rahmen für die Abfallbewirtschaftung auf Gemeinschaftsebene überhaupt darstellt, liegt dem Ökopunktesystem, dessen Übertretung dem Beschwerdeführer im Beschwerdefall vorgeworfen wird, die speziellere Zielsetzung der Reduktion der "NOx-Gesamtemission von Lastkraftwagen im Transit durch Österreich" zu Grunde, wobei eine ausdehnende Interpretation der in Anhang C Z. 5 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission vorgesehenen Ausnahmeregelung dieser Zielsetzung zuwiderlaufen würde (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2004, Zl. 2003/03/0255, mwN). Ausgehend davon liegt daher kein Sachverhalt vor, der unter die Ausnahmeregelung der Z. 5 des Anhanges C der zitierten Verordnung fiele.
Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich daher vor diesem rechtlichen Hintergrund nicht veranlasst, der Anregung, ein Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH einzuleiten, nachzukommen.
Soweit sich der Beschwerdeführer hinsichtlich seines mangelnden Verschuldens darauf beruft, dass er sich beim zuständigen Organ seiner Arbeitgeberin hinsichtlich der Ökopunktepflicht erkundigt habe und ihm - sollte auch die Information, die er erhalten habe, unrichtig gewesen sein - dies auch unter Einhaltung sämtlicher gebotener Sorgfalt zum fraglichen Zeitpunkt nicht erkennbar gewesen sei, ist er darauf zu verweisen, dass die Regelungen betreffend das Ökopunktesystem gemeinschaftsrechtlicher Natur sind. Das Ökopunktesystem basiert somit nicht auf einer nur in Österreich geltenden Rechtsvorschrift, die außerhalb Österreichs gänzlich unbekannt wäre (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 7. Juni 2000, Zl. 2000/03/0014). Bei pflichtgemäßer Aufmerksamkeit hätte der Beschwerdeführer die strafbare Handlung als solche zu erkennen vermocht, muss doch von einem eine Transitfahrt mit einem Lastkraftwagen durchführenden Lenker verlangt werden, sich mit den einschlägigen Rechtsnormen vertraut zu machen. Hiezu genügt es nicht, sich bloß auf Auskünfte seines Arbeitgebers zu verlassen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 26. Mai 1999, Zl. 99/03/0099, sowie vom 20. September 2000, Zl. 2000/03/0046), ist doch dieser nicht zu Rechtsauskünften über die den Kraftfahrzeuglenker treffenden Verpflichtungen berufen. Dem Beschwerdeführer wäre es daher oblegen, sich etwa durch eine Anfrage bei den zuständigen österreichischen Behörden oder auf andere geeignete Weise über den aktuellen Stand der für die Durchführung einer Transitfahrt in Österreich maßgebenden Vorschriften zu informieren (vgl. das schon angeführte hg. Erkenntnis vom 7. Juni 2000, Zl. 2000/03/0014).
Aus welchen Gründen es dem Beschwerdeführer weder vor bzw. bei der Einreise in das Hoheitsgebiet der Republik Österreich möglich noch zumutbar gewesen sei, Nachforschungen über die Auslegung des in der VO EG 3298/94 Anhang C Z 5 normierten Ausnahmetatbestandes anzustellen, lässt die Beschwerde nicht erkennen.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag auch den Ausführungen des Beschwerdeführers nicht zu folgen, es wäre in jedem Fall von einem verwaltungsstrafrechtlich nicht relevanten Verschulden bzw. einem unverschuldeten Rechtsirrtum auszugehen, weil im Hinblick auf ein Berufungserkenntnis des UVS Tirol auch im Fall der Nachfrage bei der Behörde nichts anderes mitgeteilt werden wäre, als dass der Transport von Asbestabfällen von der Ökopunktpflicht befreit sei, zumal diese Entscheidung - worauf sogar der Beschwerdeführer verweist - erst zwei Monate nach dem gegenständlichen Vorfall ergangen ist.
Soweit der Beschwerdeführer schließlich vorbringt, dass seine Einvernahme und die des Zeugen S unterblieben sei, kann er die Beschwerde nicht zum Erfolg führen, weil er es unterlassen hat, die Wesentlichkeit des behaupteten Verfahrensmangel im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG darzutun.
Die Beschwerde erweist sich daher, was den Schuldspruch anlangt, als unbegründet.
In seinem Erkenntnis vom 14. Dezember 2001, G 181/01, hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass die Wortfolge "und Z 7 bis 9" im zweiten Satz des § 23 Abs. 2 des Güterbeförderungsgesetzes 1995, BGBl. Nr. 593, idF BGBl. I Nr. 17/1998, verfassungswidrig war. Im genannten Erkenntnis, kundgemacht im Bundesgesetzblatt am 8. Februar 2002 unter BGBl. I Nr. 37, hat der Verfassungsgerichtshof ferner - gestützt auf Art. 140 Abs. 7 zweiter Satz B-VG - Folgendes ausgesprochen:
"(2) Die verfassungswidrige Bestimmung ist insofern nicht mehr anzuwenden, als sie sich auf die Z 8 bezieht."
Da der zuletzt genannte Ausspruch des Verfassungsgerichtshofes die Anwendung der als verfassungswidrig festgestellten gesetzlichen Bestimmung auch im vorliegenden Beschwerdefall ausschließt, erweist sich der Ausspruch über die im Beschwerdefall gemäß § 23 Abs. 2 zweiter Satz des Güterbeförderungsgesetzes 1995 verhängte Mindeststrafe von S 20.000,-- als inhaltlich rechtswidrig.
Von daher war der angefochtene Bescheid in dem im Spruch genannten Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, im Übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 25. Oktober 2006
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