VwGH 2001/01/0116

VwGH2001/01/011618.2.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski und Dr. Pelant als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Nichtowitz, über die Beschwerde der I, geboren 1979, vertreten durch Dr. Georg Uher, Rechtsanwalt in 2130 Mistelbach, Hauptplatz 38, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 15. Dezember 2000, Zl. 220.186/0-V/13/00, betreffend § 5 AsylG (weitere Partei: Bundesminister für Inneres) zu Recht erkannt:

Normen

Dubliner Übk 1997 Art1 Abs1 litf;
Dubliner Übk 1997 Art1 Abs1 litg;
Dubliner Übk 1997 Art1 Abs2;
Dubliner Übk 1997 Art5;
Dubliner Übk 1997 Art1 Abs1 litf;
Dubliner Übk 1997 Art1 Abs1 litg;
Dubliner Übk 1997 Art1 Abs2;
Dubliner Übk 1997 Art5;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der (damaligen) Bundesrepublik Jugoslawien, reiste am 3. Juni 2000 von Deutschland kommend in das Bundesgebiet ein und beantragte hier am 4. Juni 2000 Asyl. Mit Bescheid vom 1. Dezember 2000 wies das Bundesasylamt den Asylantrag der Beschwerdeführerin ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurück. Das Bundesasylamt verband diese Entscheidung mit der Feststellung, für die Prüfung des Asylantrages sei gemäß Art. 8 des Dubliner Übereinkommens (in der Folge: DÜ) Deutschland zuständig, und mit der Ausweisung der Beschwerdeführerin "nach Deutschland". Die dagegen erhobene Berufung wies die belangte Behörde gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ab.

Über die gegen diesen Berufungsbescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

Der bekämpfte Bescheid ist in mehrfacher Hinsicht widersprüchlich. Während er zunächst - insoweit in Übereinstimmung mit der Aktenlage - ausführt, Deutschland habe dem Übernahmeersuchen der österreichischen Asylbehörde erster Instanz gemäß Art. 8 DÜ entsprochen, betont er im Zuge der rechtlichen Beurteilung, dass Deutschland seine Zuständigkeit nach Art. 5 Abs. 4 DÜ ausdrücklich bestätigt habe. An anderer Stelle ist gleichfalls von der Zustimmungserklärung gemäß Art. 5 Abs. 4 DÜ (durch Italien!) die Rede, was in Verbindung mit den allgemeinen Ausführungen zu Art. 5 DÜ den Schluss nahe legt, die belangte Behörde habe im Hinblick auf eine festgestellte "deutsche Duldung" bezüglich der Beschwerdeführerin - diese hatte sich nach ihrem Vorbringen im Verwaltungsverfahren von 1992 bis 2000 in Deutschland aufgehalten - diesen letztgenannten Zuständigkeitstatbestand als verwirklicht erachtet. Dem steht freilich die uneingeschränkte Bestätigung des Spruches des erstinstanzlichen Bescheides, demzufolge sich die Zuständigkeit Deutschlands nach Art. 8 DÜ ergebe, entgegen. In diesem Zusammenhang ist im Übrigen darauf hinzuweisen, dass eine "deutsche Duldung" nicht ohne Weiteres als Aufenthaltserlaubnis bzw. Aufenthaltsgenehmigung iS von Art. 5 DÜ zu werten ist (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 17. September 2002, Zl. 2001/01/0221); noch weniger kommt sie als Visum iS dieses Artikels in Frage (vgl. dazu die Definitionen in Art. 1 Abs. 1 lit. f und lit. g sowie in Abs. 2 DÜ).

Abgesehen von dem eben Gesagten ist der bekämpfte Bescheid insoweit mit Rechtswidrigkeit belastet, als er über das Berufungsvorbringen der Beschwerdeführerin, ihr Ehegatte lebe bereits seit 1991 als "Arbeits-Migrant" in Österreich und sie sei im zweiten Monat schwanger, kommentarlos hinweggeht. Diesem Vorbringen wäre jedoch im Hinblick auf die im hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 23. Jänner 2003, Zl. 2000/01/0498, dargestellten Erwägungen Bedeutung zugekommen. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird des Näheren auf dieses Erkenntnis verwiesen (vgl. auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 11. Juni 2001, Zl. B 1749/00). Insgesamt betrachtet liegt daher Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, weshalb der bekämpfte Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG abgesehen werden.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.

Wien, am 18. Februar 2003

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