VwGH 2000/17/0188

VwGH2000/17/018825.6.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der G GmbH in V, vertreten durch Rechtsanwälte-Partnerschaft Dr. Hermann Tschiderer, Dr. Reinhold Wolf und Mag. Gerhard Mader in 6600 Reutte, Claudiastraße 8, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat V der Region Linz) vom 3. August 2000, Zl. ZRV 95/1-L5/00, betreffend Vorschreibung von Mineralölsteuer, zu Recht erkannt:

Normen

MinStG 1995 §4 Abs1 Z9 lita idF 1996/427;
MinStG 1995 §4 Abs1 Z9 lita idF 1996/427;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesministerium für Finanzen) Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom 4. Oktober 1995 beantragte die Beschwerdeführerin die Befreiung von der Mineralölsteuer (Freischein) gemäß § 12 iVm § 4 Abs. 1 Z 9 lit. a Mineralölsteuergesetz (MinStG), BGBl. Nr. 630/1994 in der Fassung des Strukturanpassungsgesetzes BGBl. Nr. 297/1995, Artikel XXXIV, mit der Begründung, das bei der Erzeugung von Stuckgips (Baugips) eingesetzte Heizöl schwer werde nicht "zum Verheizen" verwendet.

Das Hauptzollamt Innsbruck gab dem Antrag der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 5. Dezember 1995 nicht statt. Dies mit der Begründung, Mineralöl werde zum Heizen verwendet, wenn durch sein Verbrennen Wärme gewonnen und diese ganz oder zum Teil in irgendeiner Form verwendet werde. Die durch die Verbrennung von Mineralöl entstehende Wärme werde für das Entwässern von Gips benötigt. Demnach werde das Mineralöl zum Heizen verwendet.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung vertrat die Beschwerdeführerin die Ansicht, die im Verbrennungsprozess freigesetzte Wärme diene der Aufrechterhaltung chemischer Prozesse, nämlich der Stoffumwandlung durch Wasser- bzw. CO2- Freisetzung. Die mineralogische Substanz ändere dabei ihre Zusammensetzung, ihren Aufbau und ihre Eigenschaften. Es finde eine chemische Reaktion statt. Diese chemische Reaktion benötige die Wärmezufuhr. Es handle sich um eine Energieübertragung von der chemischen Energie des Heizöls auf die chemische Energie der Baustoffe. Das Mineralöl werde durch das Verheizen nicht zur bloßen Wärmgewinnung eingesetzt, sondern diene als Reaktionsmittel dem Herstellungsprozess.

Mit Berufungsentscheidung vom 27. August 1997, gab die Finanzlandesdirektion für Tirol der Berufung keine Folge.

Infolge Erlassung dieses Bescheides wurde das beim Verwaltungsgerichtshof anhängige Säumnisbeschwerdeverfahren mit Beschluss vom 29. September 1997, Zl. 97/17/0151, eingestellt.

Mit dem in der Folge ergangenen angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die gegen die Berufungsentscheidung vom 27. August 1997 an den Verfassungs-, in eventu an den Verwaltungsgerichtshof gerichtete, jedoch zufolge des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Jänner 2000, Zl. 99/17/0458- 3, als Administrativbeschwerde an den Berufungssenat V der Region Linz (die belangte Behörde) zu wertende Eingabe als unbegründet ab. In der Begründung heißt es, Mineralöl werde dann zum Heizen verwendet, wenn durch seine Verbrennung Wärme gewonnen werde. Im Sprachgebrauch sei unter "heizen" ganz allgemein die Wärmzuführung oder Hitzeabgabe und nicht nur die künstliche Erwärmung eines Raumes zu verstehen, sodass dieser Begriff nur die Bedeutung von Gewinnung von Wärme durch Verbrennung von Mineralöl haben könne. Von einer "Gewinnung" von Wärme könne dann gesprochen werden, wenn die durch die Verbrennung entstehende Wärme "ganz oder zum Teil" in irgendeiner Form verwertet werde. Demnach sei eine Wärmzufuhr in physikalisch-chemischen Prozessen, um bestimmte Reaktionen auszulösen, unter den Begriff des "Heizens" zu subsumieren.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof wird sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Befreiung von der Mineralölsteuer verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 1 Z 9 lit. a MinStG, BGBl. Nr. 630/1994 idF BGBl. Nr. 427/1996, ist von der Mineralölsteuer Mineralöl der im § 2 Abs. 8 Z 1 bis 4 bezeichneten Art befreit, das zu anderen Zwecken als zur Verwendung als Treibstoff oder zur Herstellung von Treibstoffen oder zum Verheizen oder zur Herstellung eines Mineralöls zum Verheizen verwendet werden soll.

Gemäß § 12 Abs. 1 leg. cit. bedarf, wer Mineralöl der im § 4 Abs. 1 Z 9 bezeichneten Art zu einem im § 4 Abs. 1 Z 9 angeführten Zweck außerhalb eines Steuerlagers steuerfrei verwenden will, einer Bewilligung (Freischein).

Das Mineralöl ist nach diesen Bestimmungen somit dann von der Mineralölsteuer nicht befreit, wenn es zum Verheizen verwendet wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 15. Oktober 1963, Zl. 1906/62, Slg. Nr. 2955/F, entschieden, dass Mineralöl dann zum Heizen verwendet wird, wenn durch seine Verbrennung Wärme gewonnen wird. Diese Entscheidung ist - wie die Beschwerdeführerin insoweit zutreffend einwendet - zu einer vorangegangenen Rechtslage ergangen, dennoch konnte die belangte Behörde dieses Erkenntnis auch für die bestehende Rechtslage heranziehen, weil es sich dabei um eine allgemein gültige Umschreibung des Begriffs "Heizen" und nicht um eine gesetzliche Definition eines Begriffs nach einer bestimmten Rechtslage handelt.

Im Beschwerdefall wird nicht das Mineralöl, sondern - wie auch die Beschwerdeführerin selbst vorbringt - die aus dem Mineralöl durch Verbrennen in Form von Wärme gewonnene Energie für eine chemische Reaktion eingesetzt. Die belangte Behörde hat diesen Vorgang mit Recht als eine Verwendung des Mineralöls zum Verheizen angesehen. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin kommt es nicht darauf an, zu welchen Zwecken die durch das Verbrennen gewonnene Wärme verwendet wird, ob zur Erwärmung der Raumtemperatur oder zur Produktherstellung. Das Mineralöl wird dann mit Recht als ein zum Verheizen verwendetes Mineralöl von der Mineralölsteuer nicht befreit, wenn es verbrannt wird, um Wärme zu gewinnen, und erst die so entstandene Wärme für einen chemischen Vorgang eingesetzt wird.

§ 4 Abs. 1 Z 9 lit. a MinStG unterscheidet die Tatbestände "zur Verwendung als Treibstoff", "zur Herstellung von Treibstoffen", "zum Verheizen" und "zur Herstellung eines Mineralöls zum Verheizen". Die Beschwerdeführerin meint nun, der Gesetzgeber hätte den Tatbestand der "Herstellung von Treibstoffen" nicht erwähnen müssen, wenn die Ansicht der belangten Behörde zutreffend wäre und die Verwendung von Mineralöl zur Produktherstellung dem "Verheizen" zuordenbar sei, und sieht darin einen Widerspruch in der Argumentation des angefochtenen Bescheides. Dabei verkennt die Beschwerdeführerin allerdings, dass die belangte Behörde keineswegs die Ansicht vertreten hat, dass jegliche Verwendung von Mineralöl zu einer Produktherstellung dem "Verheizen" zuordenbar sei. Solches kann der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht entnommen werden. Die belangte Behörde subsumiert vielmehr zutreffend die durch Wärmegewinnung charakterisierte Verwendung von Mineralöl für die Produktherstellung, die dieses Wärmeeinflusses bedarf, unter eine der vier Kategorien des § 4 Abs. 1 Z 9 lit. a MinStG, nämlich unter "Verheizen". Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass Herstellungsvorgänge z.B. in der Mischung von Rohstoffen bestehen können und die Verwendung von Mineralöl zur Produktherstellung nicht dem "Verheizen" zuordenbar sein muss.

Die Rüge, die belangte Behörde habe es unterlassen, darzustellen, welche anderen Zwecke als zum Verheizen überhaupt noch als steuerbefreiter Tatbestand übrig blieben, ist nicht begründet, weil im verwaltungsbehördlichen Verfahren der Tatbestand "anderer Zweck" im Sinne des § 4 Abs. 1 Z 9 lit. a MinStG nicht strittig war und daher diesbezüglich eine nähere Darstellung unterbleiben konnte. Die Beschwerdeführerin übersieht dabei auch, dass Mineralöl nicht nur "verbrannt" wird, sondern für eine Fülle anderer Zwecke, wie z.B. für Schmier- und Reinigungsmittel udgl., Verwendung finden kann.

Die Beschwerdeführerin bringt in der Beschwerde auch vor, der Bundesverband der deutschen Zementindustrie habe die Auffassung vertreten, dass das zur Herstellung des Klinkers verbrauchte Mineralöl nicht "verheizt" werde, und die belangte Behörde wäre verpflichtet gewesen, ein Sachverständigengutachten darüber einzuholen, zu welchem tatsächlichen Verwendungszweck das Mineralöl bei der Zementherstellung benötigt werde. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass im Beschwerdefall nicht Zement, sondern Stuckgips hergestellt wurde und daher die Einholung eines Gutachtens über die Verwendung von Mineralöl bei der Zementherstellung nicht relevant ist. Da - wie bereits dargestellt - es jedoch nicht darauf ankommt, für welche Zwecke die durch das Verheizen von Mineralöl entstandene Wärme verwendet wird, konnte die belangte Behörde von der Einlassung auf technische Fragen der Produktionsherstellung bei Stuckgips und der Einholung des in der Beschwerde geforderten Sachverständigengutachtens Abstand nehmen.

Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Wien, am 25. Juni 2002

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