VwGH 2000/15/0090

VwGH2000/15/009022.12.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde der J GmbH in B, vertreten durch LBG Wirtschaftstreuhand- und Beratungsgesellschaft m. b. H., Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 1014 Wien, Schauflergasse 6, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom 28. März 2000, GZ. RV 206/1-9/98, betreffend Nachforderung von Lohnsteuer, Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen samt Zuschlag für den Zeitraum 1. Jänner 1995 bis 31. Dezember 1997, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §67 Abs8 litb;
EStG 1988 §9 Abs1 Z2;
EStG 1988 §67 Abs8 litb;
EStG 1988 §9 Abs1 Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin hat ihrem zu 25 % beteiligten Geschäftsführer Johann D, geboren am 27. Mai 1948, mit Wirkung ab 1. Jänner 1992 eine betriebliche Pensionszusage erteilt, wonach ihm im Wesentlichen eine monatliche Pension von 80 % des letzten laufenden Aktivbezuges gewährt werden sollte. Gemäß § 1 Z 1 der Pensionszusage sei die Betriebspension keine Gesamtpension, weshalb insbesondere Leistungen aus der gesetzlichen Pensionsversicherung auf die Betriebspension nicht angerechnet würden. Die Betriebspension gebührte Johann D gemäß § 1 Punkt 2 der Pensionszusage unter folgenden Voraussetzungen:

"2.1.) Wenn während der Dauer des Angestelltenvertrages die Berufsunfähigkeit des Herrn D im Sinne des § 273 ASVG eintritt und dies durch Bescheid des zuständigen Pensionsversicherungsträgers bestätigt wird.

2.2.) Wenn Herr D während der Dauer des Angestelltenvertrages das 65. Lebensjahr vollendet.

2.3.) Wenn der Angestelltenvertrag vor Vollendung des 65. Lebensjahres gelöst und nicht mehr verlängert wird, ab dem Zeitpunkt, von dem an Herrn D eine vorzeitige Alterspension gebührt.

2.4.) Die Pension gebührt nicht, wenn der Anstellungsvertrag aus wichtigem Grund vorzeitig aufgelöst wird."

Die monatliche Pension wurde mit 80 % des letzten laufenden Aktivbezuges vereinbart.

Die Beschwerdeführerin schloss im Dezember 1995 mit einer Pensionskasse einen Pensionskassenvertrag für Johann D ab, wonach, beginnend ab 1. Jänner 1995, jährlich 10 % des Bruttojahresbezuges des Johann D als Arbeitgeberbeiträge aufzuwenden seien. Laut einem Schreiben der Pensionskasse an die Beschwerdeführerin belief sich der Jahresbeitrag 1995 auf S 84.665,-- zuzüglich Aufnahmekosten.

In einer "Beilage zur Bilanz und den Steuererklärungen 1995" teilte die Beschwerdeführerin mit, dass die Pensionszusage für Johann D durch eine Pensionskassenregelung abgelöst worden sei. Als Abfindung sei Johann D im Dezember 1995 ein Betrag von S 400.000,-- ausbezahlt worden, der annähernd dem Wert des versicherungsmathematischen Deckungskapitals entsprochen habe.

Im Zuge einer Lohnsteuerprüfung wurde die von der Beschwerdeführerin gemäß § 67 Abs 8 lit b EStG 1988 vorgenommene Versteuerung der Pensionsabfindung mit der Begründung versagt, eine solche begünstigte Besteuerung gemäß § 67 Abs 8 lit b EStG 1988 stehe nur zu, wenn die Pensionszusage mindestens 7 Jahre zurückliege und ein statutarischer Anspruch (verbrieftes Recht) gegeben sei. Maßgeblich sei nicht der Abfindungszeitraum, sondern der Zeitraum des "Ansparens". Das Dienstverhältnis sei nach wie vor aufrecht. Die einmalige Zahlung müsse als sonstiger Bezug gemäß § 67 Abs 1 EStG 1988 behandelt werden.

Das Finanzamt schloss sich der Ansicht des Prüfers an und erließ einen entsprechenden Haftungs- und Abgabenbescheid über die Nachzahlung an Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung und führte aus, das Einkommensteuergesetz normiere keinen Mindestzeitraum zwischen der Pensionszusage und der Pensionsabfindung und gewähre die Begünstigung auch bei aufrechten Dienstverhältnissen. Die vom Verwaltungsgerichtshof vertretene Ansicht, wonach der Abfindungszeitraum mehrere Jahre umfassen müsse, sei bei einem Zeitraum von über vier Jahren erfüllt. Jedenfalls sei ein siebenjähriger Anwartschaftszeitraum, wie ihn die Finanzverwaltung vorsehe, nicht gesetzeskonform. Wenn anlässlich einer Prüfung versucht würde, eine Änderung für drei Jahre rückwirkend einzuführen, widerspräche dies dem Grundsatz von Treu und Glauben.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab und führte im Wesentlichen aus, um von einer Pensionsabfindung sprechen zu können, müsse der Abfindungszeitraum mehrere Jahre umfassen. Der monatliche Pensionsanspruch des Johann D habe S 44.000,-- betragen (80 % von S 55.000,--). Somit entspreche der gesamte im Jahre 1995 als "Pensionsabfindung" gezahlte Betrag von S 400.000,-- nur einem Betriebspensionsbetrag für knapp mehr als 9 Monate. Von einem zusammengeballten Zufließen für mehrere Jahre könne keine Rede sein, weshalb der Abfindungszeitraum auch nicht, wie vom Gesetz gefordert, mehrere Jahre, sondern nicht einmal ein Jahr umfasse. Es handle sich beim gegenständlichen Betrag um keine Pensionsabfindung iSd § 67 Abs 8 lit b EStG 1988.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

Gemäß § 67 Abs 8 lit b EStG 1988 in der für das Streitjahr 1995 geltenden Fassung BGBl. Nr. 818/1993 sind zu versteuern

"mit der Hälfte des Steuersatzes, der sich bei gleichmäßiger Verteilung des Bezugs auf die Monate des Kalenderjahres als Lohnzahlungszeitraum ergibt, Zahlungen für Pensionsabfindungen, soweit sie nicht nach Abs. 6 mit dem Steuersatz des Abs. 1 zu versteuern sind."

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegen Pensionsabfindungen iSd § 67 Abs 8 lit b EStG 1988 nur dann vor, wenn die Zahlungen in Abgeltung eines - auf Renten lautenden - bereits entstandenen Anspruches geleistet werden. Die Abgeltung einer bloßen Pensionsanwartschaft fällt nicht unter den in Rede stehenden Tatbestand. Der Verwaltungsgerichtshof fordert zusätzlich, dass die Pensionsabfindung nach bzw in Zusammenhang mit der Beendigung des Dienstverhältnisses gezahlt wird, sodass ein "potenzieller Versorgungsfall" vorliegt (vgl das hg Erkenntnis vom 16. Dezember 2003, 2001/15/0165, mwN).

Sowohl im allgemeinen Sprachgebrauch als auch im Sprachgebrauch des Gesetzgebers wird zwischen "Pensionen" und "Anwartschaften auf Pensionen" unterschieden (siehe etwa § 9 Abs. 1 Z 2 EStG 1988). Unter dem Begriff "Pensionsabfindung", "Abfindung von Pensionen" sind demnach Zahlungen zu verstehen, die in Abgeltung eines auf Renten lautenden, bereits entstandenen Anspruches geleistet werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. September 2004, 2004/15/0099). Den vorgelegten Verwaltungsakten sowie dem Beschwerdevorbringen ist jedoch nicht zu entnehmen, dass die Bedingungen nach § 1 Punkt 2 der Pensionszusage, die für einen Pensionsanspruch vereinbart sind, bereits erfüllt sind (dh Berufsunfähigkeit oder vorzeitige Alterspension des Johann D bzw. Vollendung des 65. Lebensjahres). Entgegen dem Beschwerdevorbringen stellt die Zusage einer Rente allein noch keinen Pensionsanspruch dar. Eine Anwartschaft auf eine künftige Pension ist nämlich dem Pensionsanspruch nicht gleichzuhalten (vgl das hg Erkenntnis vom 18. Dezember 2001, 2001/15/0190). Im Beschwerdefall handelt es sich daher bei der Abfindung an Johann D entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin auch nicht um eine Pensionsabfindung, sondern um eine Abfindung einer Anwartschaft auf eine Betriebspension.

Aus den "Erläuterungen zur Lohnsteuerprüfung", auf welche zur Begründung des Haftungs- und Abgabenbescheides verwiesen wurde, ergibt sich überdies, dass das Dienstverhältnis des Johann D zum Zeitpunkt der Lohnsteuerprüfung im August 1998 noch nicht beendet war. Im Verwaltungsverfahren sowie in der Beschwerde wurde seitens der Beschwerdeführerin in Übereinstimmung damit vorgebracht, dass mit 1. Jänner 1995 die bisherige betriebliche Pensionszusage lediglich auf Grund der wirtschaftlichen Situation der Beschwerdeführerin "beendet" und dem Geschäftsführer eine Abfindung ausbezahlt wurde.

Auf Grund der obigen Ausführungen ergibt sich aber, dass im Beschwerdefall eine Pensionsabfindung iSd § 67 Abs. 8 lit. b EStG 1988 schon aus den angeführten Gründen nicht vorliegen kann. Es erübrigt sich daher, auf das weitere Beschwerdevorbringen betreffend eines Abfindungszeitraumes einzugehen.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 22. Dezember 2004

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