VwGH 2000/13/0135

VwGH2000/13/013519.12.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zehetner, über die Beschwerde des J in W, vertreten durch Mag. Maria-Elisabeth Steinwandtner, Wirtschaftsprüferin in Wien XIII, St. - Veit-Gasse 50, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz vom 19. Juni 2000, Zl. RV/310-10/98, betreffend Zurückweisung einer Berufung, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §83 Abs1;
BAO §83 Abs2;
BAO §83 Abs3;
RAO 1868 §8 Abs1;
WTBG 1999 §3 Abs1 Z3;
WTBO §33 Abs1 litc;
ZustG §8a Abs1;
BAO §83 Abs1;
BAO §83 Abs2;
BAO §83 Abs3;
RAO 1868 §8 Abs1;
WTBG 1999 §3 Abs1 Z3;
WTBO §33 Abs1 litc;
ZustG §8a Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem an den Beschwerdeführer persönlich ergangenen Bescheid vom 16. September 1996 leitete das Finanzamt für Körperschaften als Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen den Beschwerdeführer das Finanzstrafverfahren gemäß § 83 Abs. 1 FinStrG ein. Es bestehe der Verdacht, er habe als Geschäftsführer einer GmbH verschiedene Finanzvergehen begangen. Im Finanzstrafverfahren fanden in der Folge zwei mündliche Verhandlungen gemäß § 135 FinStrG am 22. Jänner 1997 und 5. März 1997 vor dem Spruchsenat als Organ des Finanzamtes für Körperschaften statt. Der persönlich vorgeladene Beschwerdeführer nahm an der Verhandlung vom 22. Jänner 1997 teil, zu der am 5. März 1997 erschien er nicht, obwohl der Beschwerdeführer diesen Termin unter Ladungsverzicht zur Kenntnis genommen hatte. Nach den Niederschriften zu den beiden Verhandlungen schritt für den Beschwerdeführer kein Verteidiger ein.

Nach der am 5. März 1997 in Abwesenheit des Beschwerdeführers durchgeführten mündlichen Verhandlung erging ein Straferkenntnis des Finanzamtes für Körperschaften als Finanzstrafbehörde erster Instanz, Spruchsenat, vom 5. März 1997, mit dem der Beschwerdeführer wegen Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit a FinStrG zu einer Geldstrafe von 350.000 S verurteilt wurde. Das Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer zu eigenen Handen am 7. Oktober 1997 durch Hinterlegung zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 27. November 1997 (eingelangt beim Finanzamt für Körperschaften am 28. November 1997) erhob eine Wirtschaftstreuhandgesellschaft (im Folgenden: WT-GmbH) namens des Beschwerdeführers gegen das Straferkenntnis Berufung.

Diese Berufung wurde vom Finanzamt für Körperschaften als Finanzbehörde erster Instanz mit Bescheid vom 3. Dezember 1997 wegen Ablauf der einmonatigen Berufungsfrist als verspätet zurückgewiesen.

In dem dagegen erhobenen, mit 29. Dezember 1997 datierten Rechtsmittel wurde unter Verweis auf § 9 Abs. 1 ZustellG geltend gemacht, die Zustellung eines Schriftstückes gelte erst in dem Zeitpunkt als vollzogen, in dem das Schriftstück dem Zustellbevollmächtigten tatsächlich zugekommen sei. Es werde auf die bereits am 16. August 1991 dem Finanzamt für den 21. und 22. Bezirk vorgelegte Zustellvollmacht der WT-GmbH hingewiesen. Das Erkenntnis des Spruchsenates vom 5. März 1997 sei "fälschlicherweise" zu Handen des Beschwerdeführers zugestellt und hinterlegt worden. Der Beschwerdeführer habe es erst am 27. Oktober 1997 abgeholt und per 24. November 1997 der WT-GmbH vorgelegt. Die Rechtsmittelfrist sei daher mit Aufgabe des Schreibens vom 27. November 1997 gewahrt.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde diesem Rechtsmittel keine Folge. Nach Darstellung des Verfahrensganges wird im angefochtenen Bescheid ausgeführt, eine im Abgabenverfahren angezeigte Vertretungsbefugnis (mit einer auch Finanzstrafverfahren einschließenden Vollmachtsurkunde) gelte nur in dem Abgabenverfahren und nicht auch in Finanzstrafverfahren. Dies gelte auch für eine in dieser Weise erteilte Zustellvollmacht. Maßgebend für den Umfang der Vertretungsbefugnis sei die Erklärung der Partei, sich in einem bestimmten Verfahren vertreten zu lassen, und nicht die (weiter gehende) Vollmachtsurkunde. Die WT-GmbH sei als Vertreterin der nebenbeteiligten GmbH sowohl zur mündlichen Verhandlung am 22. Jänner 1997 als auch zu jener am 5. März 1997 geladen worden. Während zum Verhandlungstermin am 22. Jänner 1997 die steuerliche Vertretung der Nebenbeteiligten nicht erschienen sei, sei in der Verhandlung am 5. März 1997 Dr. M von der WT-GmbH als Zeuge einvernommen worden. Obwohl also die WT-GmbH nachweislich vom Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer gewusst habe, habe sie sich in keiner Lage des Verfahrens auf eine ihr erteilte Vollmacht des Beschwerdeführers berufen. Erstmals in der Berufung vom 27. November 1997 sei das Vertretungsverhältnis angezeigt worden. Eine im Jahr 1991 beim Finanzamt für den 21. und 22. Bezirk in Abgabenverfahren des Beschwerdeführers eingereichte Vollmacht samt Zustellvollmacht für die WT-GmbH, welche dem Finanzamt für Körperschaften und auch dem Spruchsenat bis zum Abschluss des Finanzstrafverfahrens nicht zur Kenntnis gelangt sei, sei nicht geeignet, die Zustellung an den Beschwerdeführer als mangelhaft zu qualifizieren. Da die Zustellung an den Beschwerdeführer somit zu Recht erfolgt sei, sei wegen des Ablaufes der Berufungsfrist am 7. November 1997 der Zurückweisungsbescheid der Finanzstrafbehörde erster Instanz rechtmäßig ergangen.

In der Beschwerde wird zu den Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid vorgebracht, die von der belangten Behörde zitierte Niederschrift zum Ablauf der mündlichen Verhandlung vom 22. Jänner 1997 sei "offensichtlich unrichtig bzw. aufklärungsbedürftig". So werde im angefochtenen Bescheid unter Berufung auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung einerseits behauptet, dass an der mündlichen Verhandlung der Beschwerdeführer persönlich und ein - namentlich nicht genannter - Vertreter der WT-GmbH als Vertreter der Nebenbeteiligten teilgenommen habe, andererseits werde im angefochtenen Bescheid festgestellt, die steuerliche Vertreterin der Nebenbeteiligten sei zum Verhandlungstermin am 22. Jänner 1997 nicht erschienen. Am 5. März 1997 sei nach Darstellung der belangten Behörde der Einzelprokurist der WT-GmbH Dr. M als Zeuge gehört worden, ohne dass näher ausgeführt werde, ob und in welcher Weise die Regelung des § 78 FinStrG, dass Personen, die in der mündlichen Verhandlung als Zeugen geladen sind, nicht als Verteidiger zugelassen seien, Auswirkungen auf den weiteren Verlauf des Verfahrens gehabt habe. Die belangte Behörde behaupte weiters, sie habe niemals Kenntnis von der dem Finanzamt für den 21. und 22. Bezirk als Wohnsitzfinanzamt des Beschwerdeführers vorgelegten Vollmacht, in der die steuerliche Vertreterin des Beschwerdeführers insbesondere auch zur Vertretung in Finanzstrafverfahren gemäß § 77 FinStrG bevollmächtigt worden sei, erlangen können. Dies sei unrichtig, weil sich die belangte Behörde im Straferkenntnis vom 5. März 1997 auf die Einsichtnahme in die Veranlagungsakten und auf die Verlesung des Strafaktes des Beschwerdeführers berufe, wobei aus beiden Akten die Bevollmächtigung der steuerlichen Vertreterin des Beschwerdeführers auch zur Verteidigerin im Finanzstrafverfahren hervorgehe und seitens der "bel. Behörde z.B. in der Niederschrift vom 25. 9. 1992 bzw. im Erkenntnis vom 19.10.1992 zur Kenntnis genommen wird (Erkenntnis des FA f. Körperschaften als Finanzstrafbehörde I. Instanz, St.Nr.: 238/92, vom 19.10.1992, bzw. Niederschrift vom 25.9.1992, Beilage 2 und 3)".Unrichtig sei jedenfalls die Ansicht der belangten Behörde, der Beschwerdeführer hätte im laufenden Finanzstrafverfahren die Bestellung seiner steuerlichen Vertreterin als Verteidigerin gesondert anzeigen müssen, damit die Zustellung der belangten Behörde rechtsrichtig an diese durchgeführt werde. Unabhängig von der Bestellung der WT-GmbH als Verteidigerin im Finanzstrafverfahren stehe jedenfalls fest, dass seitens des Beschwerdeführers eine Zustellvollmacht für die Zustellung aller an ihn gerichteter Schriftstücke der Finanzbehörde "der Behörde" vorgelegt worden sei, wobei gemäß § 9 ZustellG die Behörde diesen Zustellbevollmächtigten als Empfänger zu bezeichnen habe. Die Meinung der belangten Behörde, diese Zustellbevollmächtigung sei dem Finanzamt für Körperschaften als Finanzstrafbehörde erster Instanz bzw. dem Spruchsenat niemals zur Kenntnis gelangt, sei ebenfalls - unter Verweis auf das Erkenntnis vom 5. März 1997, in welchem ausgeführt werde, "Studium der Straf- bzw. des Veranlagungsaktes sei Grundlage für das Urteil gewesen", und auf den Umstand, dass die vorgelegte Vollmacht in diesen Akten eindeutig auf die Zustellung zu Handen der steuerlichen Vertreterin des Beschwerdeführers hinweise - unrichtig.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Bestellung eines Vertreters (auch zum Zustellungsbevollmächtigten) wird erst mit der Vorlage der Vollmachtsurkunde oder mit der mündlichen Erteilung der Vollmacht der Behörde gegenüber oder mit der Berufung auf die Vollmacht gegenüber der Behörde wirksam (vgl. z.B. den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Juni 1999, 97/15/0131). Die Bevollmächtigung muss im jeweiligen Verfahren geltend gemacht werden. Auch wenn nach der Vollmachtsurkunde die Vollmacht etwa alle Verfahren vor Abgabenbehörden des Bundes umfasst, ist sie dennoch von der Abgabenbehörde nur in dem Verfahren, in dem darauf hingewiesen wird, zu beachten (vgl. Ritz, BAO2, Tz. 14 zu § 8a ZustellG). In dem auch von der belangten Behörde angesprochenen Erkenntnis vom 10. Mai 1994, 93/14/0140, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass zwischen einem Steuerfestsetzungsverfahren und einem Finanzstrafverfahren kein so enger Zusammenhang bestehe, dass das Verhalten des Beschwerdeführers anlässlich der Bekanntgabe der Bevollmächtigung im Finanzstrafverfahren (auch wenn es sich dabei um eine uneingeschränkte Vollmacht handle) als Vollmachtsanzeige auch für Zwecke von Steuerfestsetzungsverfahren verstanden werden dürfe.

Den Beschwerdeausführungen ist gemeinsam, dass sie nicht einmal die Behauptung enthalten, die WT-GmbH hätte sich im gegenständlichen Finanzstrafverfahren (bis zum Einbringen der Berufung vom 27. November 1997) auf eine vom Beschwerdeführer ihr gegenüber erteilte Vollmacht berufen (oder eine entsprechende Vollmachtsurkunde sei der das Verfahren führenden Finanzstrafbehörde erster Instanz vorgelegt worden). Damit ist aber das Schicksal der Beschwerde bereits entschieden. Aufgezeigte allfällige (laut Gegenschrift ohnedies wegen einer von der Schriftführerin vorweg vorgenommenen Formularausfüllung erklärbare) Ungereimtheiten laut Niederschrift vom 22. Jänner 1997 über die Anwesenheit der steuerlichen Vertretung der Nebenbeteiligten oder zur Frage der Einvernahme des Prokuristen der - ohnedies nicht als Verteidiger des Beschwerdeführers auftretenden - WT-GmbH sind nicht wesentlich. Die Vollmachtsvorlage in dem zudem bei einem anderen Finanzamt geführten Steuerfestsetzungsverfahren des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde nach der oben zitierten Rechtsprechung zu Recht als nicht maßgeblich für das gegenständliche Finanzstrafverfahren beurteilt. Dasselbe gilt für die erstmals in der Beschwerde ins Spiel gebrachte Bevollmächtigung der WT-GmbH in einem bereits mit Erkenntnis vom 19. Oktober 1992 abgeschlossenen anderen Finanzstrafverfahren des Beschwerdeführers. Es kann dahingestellt bleiben, ob aus den Ausführungen in der Begründung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses vom 5. März 1997, wonach "auf Grund des durchgeführten Beweisverfahrens, insbesondere Einsichtnahme in die Veranlagungsakten und Verlesung des

Strafaktes ... nachstehender Sachverhalt feststehe", überhaupt der

Schluss berechtigt wäre, die Finanzbehörde erster Instanz hätte auf Grund dieser Akteneinsicht (laut Beschwerde des "Studiums des Straf- bzw. des Veranlagungsaktes") auch von der im Steuerfestsetzungsverfahren des Beschwerdeführers oder im seinerzeitigen Finanzstrafverfahren ausgewiesenen Bevollmächtigung Kenntnis erlangen können. Eine derartige Kenntnisnahme könnte nämlich den notwendigen ausdrücklichen Hinweis bzw. die Berufung des Beschwerdeführers oder seiner steuerlichen Vertretung auf die Vollmacht im vorliegenden Finanzstrafverfahren nicht ersetzen.

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 19. Dezember 2001

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