Normen
B-VG Art139 Abs1 / Prüfungsgegenstand
B-VG Art139 Abs1 / Prüfungsmaßstab
Haushaltssatzung 1995 der Stadt Salzburg vom 14.12.94
Sbg AnkündigungsabgabeG §4 Abs1
F-VG 1948 §7 Abs5, §8 Abs5
FAG 1993 §14 Abs1 Z13
FAG 1993 §15 Abs3 Z4
Sbg Stadtrecht 1966 §65, §66
B-VG Art139 Abs1 / Prüfungsgegenstand
B-VG Art139 Abs1 / Prüfungsmaßstab
Haushaltssatzung 1995 der Stadt Salzburg vom 14.12.94
Sbg AnkündigungsabgabeG §4 Abs1
F-VG 1948 §7 Abs5, §8 Abs5
FAG 1993 §14 Abs1 Z13
FAG 1993 §15 Abs3 Z4
Sbg Stadtrecht 1966 §65, §66
Spruch:
I. §4 Abs1 des Salzburger Ankündigungsabgabegesetzes 1972, LGBl. Nr. 49, in der Fassung des Gesetzes LGBl. Nr. 21/1974, wird als verfassungswidrig aufgehoben.
Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.
Der Landeshauptmann von Salzburg ist verpflichtet, diese Aussprüche unverzüglich im Landesgesetzblatt kundzumachen.
II. Der Beschluß des Gemeinderates der Landeshauptstadt Salzburg vom 20. Juli 1972, Amtsblatt Nr. 15/1972, in der Fassung des Gemeinderatsbeschlusses vom 13. Juli 1994, Amtsblatt Nr. 13/1994, wird nicht als gesetzwidrig aufgehoben.
III. Im übrigen wird das Verordnungsprüfungsverfahren eingestellt.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die im gegebenen Zusammenhang in Betracht zu ziehenden Vorschriften des (zuletzt durch die Novelle LGBl. 68/1994 geänderten) Salzburger Ankündigungsabgabegesetzes 1972, LGBl. 49, des die Ankündigungsabgabe betreffenden Beschlusses des Gemeinderates der Landeshauptstadt Salzburg vom 20. Juli 1972, Amtsblatt Nr. 15/1972, idF des Gemeinderatsbeschlusses vom 13. Juli 1994, Amtsblatt Nr. 13/1994, sowie der Haushaltssatzung 1995 (Beschluß des Gemeinderates der Landeshauptstadt Salzburg vom 14. Dezember 1994) haben folgenden Wortlaut:
a) Salzburger AnkündigungsabgabeG 1972:
"Erhebung einer Ankündigungsabgabe
§1
Die Stadtgemeinde Salzburg wird ermächtigt, durch Beschluß des Gemeinderates von öffentlichen Ankündigungen im Gebiete der Stadt Salzburg nach Maßgabe dieses Gesetzes im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde eine Abgabe (Ankündigungsabgabe) zu erheben.
Gegenstand der Abgabepflicht
§2
(1) Als Ankündigungen im Sinne dieses Gesetzes sind alle Ankündigungen durch Druck, Schrift, Bild oder Ton anzusehen, die an oder auf öffentlichen Verkehrsanlagen (Verkehrs- oder Erholungsflächen, Eisenbahnen, Flußläufen u. dgl.) oder in öffentlichen Räumen angebracht, ausgestellt oder vorgenommen, insbesondere auch durch Licht- oder Schallwirkungen oder durch besondere Apparate hervorgebracht werden.
(2) Öffentlich im Sinne dieses Gesetzes sind auch Ankündigungen auf Privatliegenschaften, in Privaträumen oder in dem über der Stadt Salzburg gelegenen Luftraum, wenn sie öffentlich wahrgenommen werden können.
(3) Privaträume sind öffentlichen Räumen gleichzuhalten, wenn sie dem allgemeinen Zutritt offenstehen wie Gastwirtschaften, Vergnügungslokale, Theater, Ausstellungsräume, Verkaufsläden, Bahnhofräume, Gartenanlagen u. dgl. Der Umstand, daß solche Räume nur vorübergehend oder nur gegen Entgelt betreten werden können, nimmt ihnen nicht die Eigenschaft eines öffentlichen Raumes im Sinne dieses Gesetzes.
(4) Als öffentliche Räume gelten auch die öffentlichen Verkehrsmittel
- 1. insoweit sie ausschließlich oder überwiegend in der Stadt Salzburg verkehren;
- 2. wenn sie zwar nur teilweise, aber linienmäßig in der Stadt Salzburg verkehren und
a) die von ihnen im Stadtgebiet befahrene Strecke mindestens 40 v. H. der Gesamtstrecke beträgt oder
b) wenn der Sitz der Unternehmung, der sie angehören, in der Stadt Salzburg gelegen ist.
(5) Ankündigungen im Sinne dieses Gesetzes sind ferner alle Ankündigungen durch Rundfunk (Hörrundfunk und Fernsehrundfunk), die von einem Studio im Gebiet der Stadt Salzburg ihren Ausgang nehmen und nicht das Rundfunkunternehmen selbst betreffen.
Steuersatz, Berechnung der Abgabe und
Feststellung der Bemessungsgrundlage
§4
(1) Die Abgabe beträgt für Ankündigungen, für die ein Entgelt zu leisten ist, 20 v. H., bei Ankündigungen gemäß §2 Abs5 jedoch 10 v. H. des gesamten, vom Ankündigenden zu leistenden Entgeltes einschließlich eines allfälligen Vermittlungsentgeltes, jedoch unter Ausschluß der Abgabe und der Umsatzsteuer.
..."
b) Gemeinderatsbeschluß vom 20. Juli 1972:
"...
1. Die Stadtgemeinde Salzburg erhebt auf Grund des §1 Salzburger Ankündigungsabgabegesetz 1972, LGBl. Nr. 49/1972 in der Fassung der Gesetze LGBl. Nr. 21/1974, 73/1990 und 68/1994 von öffentlichen Ankündigungen im Gebiet der Stadt Salzburg nach Maßgabe dieses Gesetzes eine Abgabe (Ankündigungsabgabe).
..."
c) Haushaltssatzung 1995:
"§4
Die Gemeindeabgaben werden nach folgenden Rechtsgrundlagen im nachstehenden Ausmaß erhoben:
...
11. Ankündigungsabgabe:
Salzburger Ankündigungsabgabegesetz 1972, LGBl. Nr. 49/1972 i. d.F. LGBl. Nr. 21/1974, 73/1990 und 68/1994; Beschluß des Gemeinderates vom 20. Juli 1972, Amtsblatt Nr. 15/1972, i.d.F. des Gemeinderatsbeschlusses vom 13. Juli 1994, Amtsblatt Nr. 13/1994.
Für alle Ankündigungen durch Druck, Schrift, Bild oder Ton, die an oder auf öffentlichen Verkehrsanlagen (Verkehrs- oder Erholungsflächen, Eisenbahnen, Flußläufen u. dgl.) oder in öffentlichen Räumen angebracht, ausgestellt oder vorgenommen, insbesondere auch durch Licht- oder Schallwirkungen oder durch besondere Apparate hervorgebracht werden, sowie für alle Ankündigungen durch Rundfunk (Hörrundfunk und Fernsehrundfunk), die von einem Studio im Gebiet der Stadt Salzburg ihren Ausgang nehmen und nicht das Rundfunkunternehmen selbst betreffen, wird die Abgabe in der Höhe von 20 v. H., bei Ankündigungen durch den Rundfunk (durch ein Studio im Gebiet der Stadt Salzburg) jedoch in der Höhe von 10 v. H. des gesamten, vom Ankündigenden zu leistenden Entgeltes einschließlich eines allfälligen Vermittlungsentgeltes, jedoch unter Ausschluß der Abgabe sowie der Kosten der Herstellung des Ankündigungsmittels, eingehoben. Für Ankündigungen, für die kein Entgelt gefordert wird, ist von der Abgabenbehörde die Bemessungsgrundlage durch Vergleich mit Entgelten für ähnliche Ankündigungen festzusetzen. Das gleiche gilt, wenn sich das wahrheitsgemäße Entgelt nicht oder nicht verläßlich feststellen läßt oder das angeblich zu leistende Entgelt nicht den ortsüblichen Entgelten entspricht."
2. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 20. März 1996 schrieb der Stadtsenat der Landeshauptstadt Salzburg dem Österreichischen Rundfunk unter Berufung auf Bestimmungen des Salzburger AnkündigungsabgabeG 1972 für vom Landesstudio Salzburg aus vorgenommene Werbesendungen im Zeitraum Feber bis April 1995 unter Zugrundelegung eines Abgabensatzes von 10 % Ankündigungsabgabe in betragsmäßig bestimmter Höhe vor. Dieser Berufungsbescheid ist Gegenstand der unter B1185/96 eingetragenen, mit Bezugnahme auf Art144 B-VG erhobenen Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in welcher die beschwerdeführende Partei insbesondere geltend macht, daß die Rechtsgrundlagen der Abgabenvorschreibung hinsichtlich ihrer Verfassungsmäßigkeit bzw. Gesetzmäßigkeit bedenklich seien.
II. Aus Anlaß der eben beschriebenen Beschwerdesache faßte der Verfassungsgerichtshof den Beschluß, gemäß Art140 Abs1 B-VG bzw. Art139 Abs1 B-VG Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §4 Abs1 des Salzburger AnkündigungsabgabeG 1972 (LGBl. 49 idF der Novelle LGBl. 21/1974) sowie der Gesetzmäßigkeit des die Ankündigungsabgabe betreffenden Beschlusses des Gemeinderates der Landeshauptstadt Salzburg vom 20. Juli 1972 (idF des Gemeinderatsbeschlusses vom 13. Juli 1994) und des §4 Z11 der vom Gemeinderat der Landeshauptstadt Salzburg beschlossenen Haushaltssatzung 1995 von Amts wegen einzuleiten.
1. Der Gerichtshof ging dabei vorläufig davon aus, daß der im Beschwerdeverfahren angefochtene Bescheid in materieller Beziehung, insbesondere was die Höhe des Abgabensatzes anlangt, auf den Bestimmungen der genannten Verordnungen beruht, obgleich diese in der Bescheidbegründung nicht angeführt worden waren. Er nahm weiters vorläufig an, daß die Verordnungsvorschriften, soweit sie ausdrücklich oder implizit die Abgabenhöhe zum Gegenstand haben, auf §4 Abs1 des Salzburger AnkündigungsabgabeG 1972 beruhen.
2. Von der eben erwähnten Annahme ausgehend, daß die bezogenen Verordnungen auf dem Salzburger AnkündigungsabgabeG 1972 beruhen, legte der Verfassungsgerichtshof seine Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des §4 Abs1 des Salzburger AnkündigungsabgabeG 1972 (in der näher bezeichneten Fassung) wie folgt dar:
"Im Erk. VfSlg. 14269/1995 hat sich der Verfassungsgerichtshof mit der Ankündigungsabgabe unter finanzausgleichsrechtlichen Aspekten näher befaßt und hat in diesem Zusammenhang auf §14 Abs1 Z12 sowie §15 Abs3 Z4 FAG 1989 Bezug genommen, denen die im vorliegenden Fall maßgeblichen Vorschriften des §14 Abs1 Z13 und des §15 Abs3 Z4 FAG 1993, BGBl. 30, entsprechen. Dem in diesen finanzausgleichsrechtlichen Vorschriften enthaltenen Ausdruck 'Ankündigung(en)' ist - wie der Gerichtshof mit näherer Begründung dargelegt hat - auch die Verbreitung von Werbung und ähnlicher Mitteilungen durch den Rundfunk (Hörfunk und Fernsehen) zu unterstellen, den Gemeinden kommt auch insoweit nach den zitierten Bestimmungen das Recht auf Ausschreibung einer Gemeindeabgabe für die betreffenden Ankündigungen zu. Es kann nun anscheinend auf sich beruhen, ob die Ankündigungsabgabe, soweit es sich um durch den Rundfunk verbreitete Ankündigungen nach Maßgabe des Salzburger AnkündigungsabgabeG 1972, also im abgabenrechtlichen Sinn handelt, in Ansehung des von der Stadtgemeinde Salzburg gehandhabten freien Beschlußrechtes auf §7 Abs5 F-VG oder auf einer landesgesetzlichen Ermächtigung beruht, mit welcher die in §15 Abs3 Z4 FAG 1993 erteilte Ermächtigung ('... vorbehaltlich weitergehender Ermächtigung durch die Landesgesetzgebung ...') ausgedehnt wurde. Die Festlegung des Abgabensatzes mit 10 % in §4 Abs1 des Salzburger AnkündigungsabgabeG 1972 erscheint nämlich unter beiden Prämissen als bedenklich: Nimmt man an, daß der Stadtgemeinde das freie Beschlußrecht zur Abgabenausschreibung kraft §7 Abs5 F-VG zukommt, so wäre in der Festlegung eines von der in Betracht kommenden Bemessungsgrundlage zu berechnenden Prozentsatzes wohl eine unzulässige, nämlich dem Landesgesetzgeber nicht zukommende Einschränkung des freien Beschlußrechtes der Gemeinde zu erblicken (vgl. VfSlg. 11294/1987 S. 329), der wohl (auch) die autonome Bestimmung des Hundertsatzes gewährleistet ist. Nimmt man hingegen an, daß die landesgesetzliche Festlegung des Abgabensatzes verfassungsrechtlich aus §8 Abs5 F-VG abzuleiten ist, so ist es zweifelhaft, ob der Landesgesetzgeber, welcher der Gemeinde jedenfalls einen gewissen Freiraum belassen muß, im Hinblick auf das in §8 Abs5 F-VG als wesentliches Merkmal bei der Bestimmung der Abgabe ausdrücklich hervorgehobene 'zulässige(s) Höchstausmaß' überhaupt ein fixes Ausmaß der Abgabe vorgeben darf."
3. Im eingeleiteten Prüfungsverfahren erstatteten sowohl der Gemeinderat der Landeshauptstadt Salzburg als auch die Salzburger Landesregierung Äußerungen.
III. Die Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des §4 Abs1 des Salzburger AnkündigungsabgabeG 1972 (in der näher bezeichneten Fassung) erweisen sich als berechtigt:
1. Der Gemeinderat der Landeshauptstadt Salzburg hielt den Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der bezogenen Gesetzesstelle im wesentlichen folgendes entgegen:
"Gemäß §1 Salzburger Anzeigenabgabegesetz (gemeint: Ankündigungsabgabegesetz) 1972, LGBl. Nr. 49/1972, ist die Stadtgemeinde Salzburg ermächtigt, durch Beschluß des Gemeinderates von öffentlichen Ankündigungen im Gebiete der Stadt Salzburg nach Maßgabe dieses Gesetzes im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde eine Abgabe (Ankündigungsabgabe) zu erheben.
Anders als in dem dem (vom Beschwerdeführer im Bescheidprüfungsverfahren B1185/96 mehrfach zitierten) dg. Erkenntnis VfSlg. Nr. 2170/1951 zugrundegelegenen Fall, in dem ein Teil des Kärntner Lustbarkeitsabgabegesetzes als verfassungswidrig aufgehoben wurde, weil dieses eine Gemeinde zur Einhebung einer Abgabe 'nach den Bestimmungen dieses Gesetzes' verpflichtet hat, worin der Verfassungsgerichtshof einen Verstoß gegen das F-VG erblickt hat, liegt im gegenständlichen Fall lediglich eine Ermächtigung der Stadtgemeinde Salzburg vor, die Ankündigungsabgabe nach Maßgabe dieses Gesetzes zu erheben. Die Stadtgemeinde Salzburg muß somit nicht die Ankündigungsabgabe nach Maßgabe dieses Gesetzes erheben, sondern kann dies (seit dem FAG 1985) auch aufgrund des ihr gemäß §15 Abs3 Z. 4 FAG 1985 bzw. der jeweiligen analogen Regelung späterer Finanzausgleichsgesetze eingeräumten freien Beschlußrechtes tun. Die Stadtgemeinde Salzburg wird somit durch das Salzburger Ankündigungsabgabegesetz 1972 hinsichtlich ihres freien Beschlußrechtes nicht eingeengt. Dies gilt insbesondere auch für die in Prüfung gezogenen Bestimmungen des §4 Abs1 dieses Gesetzes.
Wenn nun der Gemeinderat der Landeshauptstadt Salzburg in seiner Sitzung am 20.7.1972 beschlossen hat (Kundmachung im Amtsblatt Nr. 15/1972), aufgrund des §1 Salzburger Ankündigungsabgabegesetz 1972, LGBl. Nr. 49/1972, eine Ankündigungsabgabe nach Maßgabe dieses Gesetzes zu erheben, so lag diesem damaligen Beschluß, der noch im zeitlichen Geltungsbereich des FAG 1967 erfolgt ist, welches die Möglichkeit der Erhebung einer Ankündigungsabgabe aufgrund freien Beschlußrechtes der Gemeinde noch nicht vorsah, jedenfalls (nur) die Ermächtigung des §1 Salzburger Anzeigenabgabegesetz (gemeint: Ankündigungsabgabegesetz) 1972 zugrunde. Erst durch das FAG 1985, BGBl. Nr. 544/1984, wurden die Gemeinden erstmals ermächtigt, eine Abgabe von Ankündigungen (vorbehaltlich weitergehender Ermächtigung durch die Landesgesetzgebung) auch durch Beschluß der Gemeindevertretung auszuschreiben und erhielt der Gemeinderatsbeschluß vom 20.7.1972 damit eine weitere gesetzliche Deckung."
2. Auch die Salzburger Landesregierung erachtete die im Einleitungsbeschluß dargelegten Bedenken für nicht gerechtfertigt und begegnete ihnen im wesentlichen mit folgender Argumentation:
"2. Auffassung der Landesregierung:
2.1. Zu §4 Abs1 des Salzburger Ankündigungsabgabegesetzes 1972:
Zur Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Bestimmung sind verschiedene Rechtsfragen zu erörtern, die sich aus den §§7 Abs5 und 8 Abs5 F-VG ergeben.
2.1.1. Zur Frage der Einschränkung einer bundesgesetzlichen Ermächtigung gemäß §7 Abs5 F-VG durch die Landesgesetzgebung:
a) Nach §7 Abs5 F-VG kann die Bundesgesetzgebung die Gemeinden ermächtigen, bestimmte Abgaben aufgrund eines Beschlusses der Gemeindevertretung auszuschreiben. Davon hat der Bundesgesetzgeber Gebrauch gemacht und gemäß §15 Abs3 Z4 FAG 1993 bzw FAG 1997 die Gemeinden ermächtigt, vorbehaltlich weitergehender Ermächtigung durch die Landesgesetzgebung ua Abgaben für Ankündigungen aufgrund eines Beschlusses der Gemeindevertretung auszuschreiben. Nach ständiger Rechtsprechung und herrschender Lehre steht eine bundesgesetzliche Ermächtigung gemäß §7 Abs5 F-VG zur Ausschreibung einer bestimmten Abgabe einer landesgesetzlichen Ermächtigung gemäß §8 Abs5 F-VG zur Ausschreibung derselben Abgabe nicht entgegen (siehe VfSlg 2170; Pfaundler, Die Finanzausgleichsgesetzgebung 1948/58, 42 f). Wird die bundesgesetzliche Ermächtigung allerdings 'vorbehaltlich weitergehender Ermächtigung durch die Landesgesetzgebung' (vgl §15 Abs3 FAG) erteilt, darf der Landesgesetzgeber gemäß §8 Abs1 und 5 F-VG weitergehende, nicht aber die bundesgesetzliche Ermächtigung einschränkende Regelungen erlassen (s zB VfSlg 11273, 11274). Ermächtigungen gemäß §7 Abs5 F-VG beschneiden die Zuständigkeit des Landesgesetzgebers aber nur soweit, als die Ermächtigung reicht (s insb VfSlg 2170). Dh: Bezieht sich die bundesgesetzliche Ermächtigung gemäß §7 Abs5 F-VG 'nur' auf den Besteuerungsgegenstand, ist auch die Frage der Einschränkung nur auf den Besteuerungsgegenstand zu beziehen (vgl auch Mayer, B-VG Kurzkommentar, 2. Auflage, Anm V.2. zu §8 F-VG, wonach mwN der Landesgesetzgeber den Besteuerungsgegenstand nur erweitern darf, wenn eine Ermächtigung gemäß §7 Abs5 F-VG besteht).
b) §4 Abs1 des Salzburger Ankündigungsabgabegesetzes 1972 enthält nun einen bestimmten Steuersatz für bestimmte Ankündigungen. Ob dieser Steuersatz bei Gebrauch der Ermächtigung zur Abgabenausschreibung verpflichtend heranzuziehen oder lediglich als zulässiges Höchstausmaß zu verstehen ist (s unten), kann für die Frage einer unzulässigen Einschränkung der bundesgesetzlichen Ermächtigung gemäß §15 Abs3 Z4 FAG dahingestellt bleiben. Weder die Festlegung eines verpflichtend heranzuziehenden Steuersatzes noch die Festlegung eines zulässigen Höchstausmaßes schränkt nämlich die bundesgesetzliche Ermächtigung gemäß §15 Abs3 Z4 FAG ein. Diese bezieht sich nämlich nur darauf, daß für Ankündigungen von der Gemeinde überhaupt Abgaben ausgeschrieben werden dürfen. Nur eine Einschränkung dieses Besteuerungsgegenstandes hätte verfassungsrechtliche Relevanz. Dieser wird aber im §4 Abs1 des Salzburger Ankündigungsgesetzes 1972 nicht geregelt. Diese Bestimmung schränkt daher die Ermächtigung, für Ankündigungen Abgaben auszuschreiben, nicht ein.
2.1.2. Zum zulässigen Höchstausmaß im Sinn des §8 Abs5 F-VG:
Während die Bundesgesetzgebung bei der Einräumung des freien Beschlußrechtes gemäß §7 Abs5 F-VG keinerlei sachlichen Beschränkungen unterliegt, müssen Landesgesetze gemäß §8 Abs5 F-VG - der zentralistischen Ausrichtung der Finanzverfassung entsprechend - die wesentlichen Merkmale dieser Abgaben, insbesonders auch ihr zulässiges Höchstausmaß, bestimmen. §4 Abs1 des Salzburger Ankündigungsabgabegesetzes 1972 lautet:
'Die Abgabe beträgt für Ankündigungen, für die ein Entgelt zu leisten ist, 20 vH, bei Ankündigungen gemäß §2 Abs5 jedoch 10 vH des gesamten, vom Ankündigenden zu leistenden Entgeltes einschließlich eines allfälligen Vermittlungsentgeltes, jedoch unter Ausschluß der Abgabe.'
Diese Bestimmung ist durchaus einer verfassungskonformen Interpretation im Sinn des §8 Abs5 F-VG dahingehend zugänglich, daß der bestimmte Steuersatz von 20 % bzw 10 % jeweils als zulässiges Höchstausmaß zu verstehen ist. Die Stadt Salzburg könnte daher im Sinn des §8 Abs5 F-VG die Abgabe auch niedriger als mit 10 % des Entgelts bemessen."
3. Nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofs kann es weiterhin auf sich beruhen, ob die in §4 Abs1 des Salzburger AnkündigungsabgabeG 1972 enthaltene Regelung ausschließlich oder bloß teilweise auf §7 Abs5 F-VG oder auf einer gemäß §8 Abs5 F-VG durch den Landesgesetzgeber erteilten Ermächtigung beruht.
Geht man davon aus, daß die der Gemeinde kraft §7 Abs5 F-VG erteilte Ermächtigung, Abgaben nach Maßgabe des in Betracht kommenden Finanzausgleichsgesetzes aufgrund eines Beschlusses der Gemeindevertretung auszuschreiben, nicht bloß den Abgabengegenstand, sondern auch die Abgabenhöhe umfaßt, wofür die in §14 Abs1 Z13 und §15 Abs3 Z4 FAG 1993, BGBl. 30, gebrauchten allgemeinen, also in keiner Richtung eingeschränkten Formulierungen ("Abgaben von Ankündigungen" und "die gemäß §14 Abs1 ... Z13 bezeichneten Abgaben ... von Ankündigungen") sprechen, so läge schon unter diesem Aspekt eine verfassungswidrige Einschränkung des freien, mithin auch die Abgabenhöhe umfassenden Beschlußrechtes der Gemeinde vor. Folgte man hingegen der Meinung der Salzburger Landesregierung, daß die bezogenen finanzausgleichsrechtlichen Vorschriften nur den Abgabengegenstand, nicht aber auch die Abgabenhöhe umschreiben, so läge eine verfassungswidrige Einschränkung in Ansehung der durch §4 Abs1 festgelegten Abgabenhöhe durch den Landesgesetzgeber vor. Eine verfassungskonforme Interpretation in der von der Landesregierung vorgeschlagenen Weise, nämlich die den jeweiligen Hundertsatz ohne jeglichen Vorbehalt festlegende Vorschrift als bloße Festlegung eines Höchstausmaßes zu verstehen, muß an ihrem völlig eindeutigen Wortlaut scheitern. Das gleiche gilt auch dann, wenn man die landesgesetzliche Ermächtigung überhaupt und insgesamt als auf §8 Abs5 F-VG gestützt ansieht: Die genannte Verfassungsvorschrift verpflichtet den Landesgesetzgeber, "die wesentlichen Merkmale dieser Abgaben, insbesondere auch ihr zulässiges Höchstausmaß" zu bestimmen; sie zählt also zu den "wesentlichen Merkmale(n)" der Abgaben auch deren "zulässiges Höchstausmaß" und bringt damit deutlich zum Ausdruck, daß dem Landesgesetzgeber eine vollständige Festsetzung des Abgabenausmaßes verwehrt ist. Der Gerichtshof nimmt daher an, daß der Verfassungsgesetzgeber der Gemeinde in §8 Abs5 F-VG durch die zitierte Wendung einen gewissen Freiraum gegenüber dem Landesgesetzgeber sichern wollte, nämlich so, daß dieser im Fall der Handhabung der finanzverfassungsrechtlichen Ermächtigung zwar einerseits verpflichtet ist, das zulässige Höchstausmaß der Abgabe zu regeln, es ihm aber andererseits verwehrt bleibt, die Gemeinde darüber hinaus bei der Festlegung des Abgabensatzes zu beschränken.
Die in Prüfung gezogene Gesetzesvorschrift ist daher als verfassungswidrig aufzuheben, wobei sich die übrigen in diesem Zusammenhang getroffenen Anordnungen auf Art140 Abs6 erster Satz und Abs5 erster Satz B-VG stützen.
IV. Was die Beurteilung des vom Gemeinderat der Landeshauptstadt Salzburg gefaßten Beschlusses vom 20. Juli 1972, Amtsblatt 15/1972 (in der Fassung des erwähnten späteren Gemeinderatsbeschlusses) auf seine Gesetzmäßigkeit anlangt, ist nunmehr auf das gewonnene Teilergebnis, also die Aufhebung des §4 Abs1 des Salzburger AnkündigungsabgabeG 1972 als verfassungswidrig, Bedacht zu nehmen. Demgemäß ist so vorzugehen, als ob die Bindung des Salzburger Gemeinderates an die bezogene Gesetzesbestimmung bereits zum Zeitpunkt der Verordnungserlassung nicht bestanden hätte. Unter diesem Aspekt gewinnt der in der Äußerung des Gemeinderates im gegebenen Zusammenhang erhobene Einwand Gewicht, dem sich der Verfassungsgerichtshof grundsätzlich anschließt:
"Selbst bei gänzlichem Wegfall des Salzburger Ankündigungsabgabegesetzes 1972 würde die Verordnung weiterhin von §15 Abs3 Z4 FAG 1993 getragen und käme ihr in materieller Hinsicht weiterhin der Inhalt des Salzburger Ankündigungsabgabegesetzes 1972 in der Fassung des Gemeinderatsbeschlusses vom 13.7.1994 zu. Die in Prüfung gezogene Verordnung (als in formaler Hinsicht unmittelbare Rechtsgrundlage des den Anlaßfall bildenden angefochtenen Bescheides) erweist sich somit nicht als gesetzwidrig."
Der in Prüfung genommene Gemeinderatsbeschluß war somit nicht als gesetzwidrig aufzuheben.
V. 1. Die §§65 und 66 des Salzburger Stadtrechtes 1966, LGBl. 47 (welches zuletzt durch die Novelle 5/1998 geändert wurde) haben folgenden Wortlaut:
"4. Haushalt
Haushaltsplan
§65. (1) Grundlage der Führung des Gemeindehaushaltes ist der Haushaltsplan.
(2) Die Stadt hat für jedes Rechnungsjahr einen Haushaltsplan festzustellen. Das Rechnungsjahr der Stadt deckt sich mit dem Rechnungsjahr des Bundes.
(3) Die Gliederung des Haushaltsplanes richtet sich nach den bundes- und landesgesetzlichen Vorschriften.
(4) Der Haushaltsplan hat alle voraussehbaren ordentlichen und außerordentlichen Ausgaben (Erfordernis) und Einnahmen (Bedeckung) zu enthalten. Zur Bedeckung der ordentlichen und außerordentlichen Ausgaben dienen zunächst die ordentlichen Einnahmen. Reichen diese hiezu nicht aus, so sind außerordentliche Einnahmen heranzuziehen. Die Ausgaben sind mit den Einnahmen auszugleichen, wobei Fehlbeträge und Überschüsse aus den Vorjahren einzubeziehen sind.
(5) Der Haushaltsplan für die Gebarung der Stadt hat auch die Gebarung der Gemeindeunternehmungen und der in der Verwaltung der Stadt stehenden rechtlich unselbständigen Fonds und Stiftungen zu enthalten.
Feststellung des Haushaltsplanes
§66. (1) Der Bürgermeister hat jährlich, spätestens sechs Wochen vor Beginn des Rechnungsjahres, dem Gemeinderat den Entwurf eines Haushaltsplanes vorzulegen, der auf Grund der Gebarungsergebnisse der letzten Jahre zu erstellen ist.
(2) Vor der Beratung durch den Gemeinderat ist der Entwurf des Haushaltsplanes durch eine Woche zur öffentlichen Einsicht aufzulegen. Die Auflegung ist öffentlich kundzumachen. Es steht allen eigenberechtigten österreichischen Staatsbürgern, die in der Stadt ihren ordentlichen Wohnsitz haben, frei, gegen den Entwurf Erinnerungen beim Magistrat einzubringen. Über solche Erinnerungen sind Niederschriften aufzunehmen, die bei der Beratung in Erwägung zu ziehen sind.
(3) Der Haushaltsplan ist vom Gemeinderat zu beschließen.
(4) Im Zusammenhang mit der Beschlußfassung über den Haushaltsplan hat der Gemeinderat auch zu bestimmen, inwiefern die im Haushaltsplan enthaltenen einzelnen Ansätze gegenseitig deckungsfähig sind."
2. Vor dem Hintergrund dieser Gesetzeslage ist es unmittelbar einsichtig, daß die in Prüfung gezogene Teilbestimmung der "Haushaltssatzung 1995" eine bloß interne, die Gemeindeorgane bindende Rechtsvorschrift beinhaltet; sie wirkt nicht nach außen und ist sohin nicht geeignet, Rechte oder Pflichten der Rechtsunterworfenen zu begründen. Es erweist sich daher die vorläufige Annahme des Prüfungsbeschlusses als verfehlt, daß (auch) Bestimmungen der (in der Begründung des im Anlaßbeschwerdeverfahren angefochtenen Bescheides nicht zitierten) "Haushaltssatzung 1995" dem eben erwähnten Bescheid materiell zugrundeliegen.
Das Verordnungsprüfungsverfahren in Ansehung der teilweise in Prüfung gezogenen Haushaltssatzung 1995 war sohin einzustellen.
VI. Diese Entscheidung wurde gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne vorangegangene mündliche Verhandlung getroffen.
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