VfGH G103/2018

VfGHG103/20183.12.2018

Abweisung eines Gerichtsantrags auf Aufhebung einer Bestimmung des Betrieblichen Mitarbeiter- und SelbständigenvorsorgeG betreffend die Geltendmachung des Anspruchs auf Todfallsabfertigung; kein Schutz vor (nachteiligen) Gesetzesänderungen durch den Gleichheitssatz; dreimonatige Frist zur Geltendmachung der Todfallsabfertigung im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art140 Art1 Z1 lita
Betriebliches Mitarbeiter- und SelbständigenvorsorgeG §14 Abs5
VfGG §7 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2018:G103.2018

 

Spruch:

Der Antrag wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Antrag

Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 lita B‑VG gestützten Antrag begehrt das Bezirksgericht Villach, §14 Abs5 BMSVG, BGBl I 100/2002 idF BGBl I 135/2009, in eventu die Wortfolgen "innerhalb von drei Monaten ab dem Zeitpunkt des Todes des Anwartschaftsberechtigten", "nach Ablauf dieser Frist", "innerhalb der Frist von drei Monaten", "Melden sich" und "binnen der dreimonatigen Frist," in §14 Abs5 BMSVG, BGBl I 100/2002 idF BGBl I 135/2009, als verfassungswidrig aufzuheben.

II. Rechtslage

1. §14 BMSVG, BGBl I 100/2002 idF BGBl I 135/2009, lautet wie folgt (die angefochtene Bestimmung ist hervorgehoben):

"Leistungsrecht

Anspruch auf Abfertigung

 

§14. (1) Der Anwartschaftsberechtigte hat bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen die BV-Kasse Anspruch auf eine Abfertigung.

 

(2) Der Anspruch auf eine Verfügung nach §17 Abs1 über die Abfertigung besteht nicht bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses

1. durch Kündigung durch den Anwartschaftsberechtigten, ausgenommen bei Kündigung während einer Teilzeitbeschäftigung nach dem MSchG oder dem Väter-Karenzgesetz (VKG), BGBl Nr 651/1989,

2. durch verschuldete Entlassung,

3. durch unberechtigten vorzeitigen Austritt, oder

4. sofern noch keine drei Einzahlungsjahre (36 Beitragsmonate) seit der ersten Beitragszahlung gemäß §6 oder §7 nach der erstmaligen Aufnahme der Erwerbstätigkeit im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses oder der letztmaligen Verfügung (ausgenommen Verfügungen nach §17 Abs1 Z2 oder Z3 oder Abs2a) über eine Abfertigung vergangen sind. Beitragszeiten nach §6 oder §7 sind zusammenzurechnen, unabhängig davon, ob sie bei einem oder mehreren Arbeitgebern zurückgelegt worden sind. Beitragszeiten nach §6 oder §7 aus zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs weiterhin aufrechten Arbeitsverhältnissen sind nicht einzurechnen. Für Abfertigungsbeiträge auf Grund einer Kündigungsentschädigung, einer Ersatzleistung nach dem Urlaubsgesetz, BGBl Nr 390/1976, oder auf Grund eines nach §9 Abs1 AngG oder §5 des Entgeltfortzahlungsgesetzes, BGBl Nr 399/1974 fortgezahlten Entgelts sind als Beitragszeiten auch Zeiten nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses in dem sich aus §11 Abs1 oder Abs2 ASVG ergebenden Ausmaß anzurechnen.

 

(3) Die Verfügung über diese Abfertigung (Abs2) kann vom Anwartschaftsberechtigten erst bei Anspruch auf Verfügung über eine Abfertigung bei Beendigung eines oder mehrerer darauf folgender Arbeitsverhältnisse verlangt werden.

 

(4) Die Verfügung über die Abfertigung kann, sofern der Arbeitnehmer in keinem Arbeitsverhältnis steht, jedenfalls verlangt werden

1. ab der Inanspruchnahme einer Eigenpension aus der gesetzlichen Pensionsversicherung oder gleichartigen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten des Europäischen Wirtschaftsraumes (Zeitpunkt der Zustellung des rechtskräftigen Bescheides), oder

2. nach Vollendung des Anfallsalters für die vorzeitige Alterspension aus der gesetzlichen Pensionsversicherung oder nach Vollendung des 62. Lebensjahres (Korridorpension nach §4 Abs2 des Allgemeinen Pensionsgesetzes – APG, BGBl I Nr 142/2004), wenn dieses Anfallsalter zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses niedriger ist als das Anfallsalter für die vorzeitige Alterspension aus der gesetzlichen Pensionsversicherung oder gleichartigen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten des Europäischen Wirtschaftsraumes oder

3. wenn für den Arbeitnehmer seit mindestens fünf Jahren keine Beiträge nach diesem Bundesgesetz oder gleichartigen österreichischen Rechtsvorschriften zu leisten sind.

 

(4a) Besteht bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses, das nach Inanspruchnahme einer Eigenpension aus einer gesetzlichen Pensionsversicherung oder gleichartigen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten des Europäischen Wirtschaftsraumes begründet wurde, Anspruch auf eine Abfertigung, kann nur noch eine Verfügung nach §17 Abs1 Z1 oder 4 über die Abfertigung verlangt werden, ohne dass die in Abs2 festgelegten Voraussetzungen für die Verfügung über die Abfertigung vorliegen müssen. Gleiches gilt bei Beendigung eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses gemäß §5 Abs2 ASVG nach der Inanspruchnahme einer Eigenpension aus einer gesetzlichen Pensionsversicherung oder gleichartigen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten des Europäischen Wirtschaftsraumes, das vor diesem Zeitpunkt begründet wurde.

 

(5) Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Tod des Anwartschaftsberechtigten gebührt die Abfertigung unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs2 dem Ehegatten oder dem eingetragenen Partner sowie den Kindern (Wahl-, Pflege- und Stiefkinder) des Anwartschaftsberechtigten zu gleichen Teilen, sofern für diese Kinder zum Zeitpunkt des Todes des Anwartschaftsberechtigten Familienbeihilfe gemäß §2 des Familienlastenausgleichsgesetzes (FLAG), BGBl Nr 376/1967 bezogen wird. Die anspruchsberechtigten Personen können nur die Auszahlung der Abfertigung verlangen. Diese haben den Auszahlungsanspruch innerhalb von drei Monaten ab dem Zeitpunkt des Todes des Anwartschaftsberechtigten gegenüber der BV-Kasse schriftlich geltend zu machen. Die Abfertigung ist binnen fünf Werktagen nach dem nächstfolgenden Monatsletzten nach Ablauf dieser Frist an die von der BV-Kasse festgestellten anspruchsberechtigten Personen mit schuldbefreiender Wirkung für die BV-Kasse auszuzahlen. Anspruchsberechtigte Personen, die ihren Anspruch innerhalb der Frist von drei Monaten gegenüber der BV-Kasse nicht geltend gemacht haben, können diesen Anspruch gegenüber dem Ehegatten oder dem eingetragenen Partner oder den Kindern im Sinne des 1. Satzes, an die eine Abfertigung im Sinne des 3. Satzes bereits ausgezahlt wurde, anteilig geltend machen. Melden sich keine anspruchsberechtigten Personen binnen der dreimonatigen Frist, fällt die Abfertigung in die Verlassenschaft gemäß §531 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches, JGS. Nr 946/1811.

 

(6) Der Anwartschaftsberechtigte hat die von ihm beabsichtigte Verfügung über die Abfertigung der BV-Kasse schriftlich bekannt zu geben. Darin kann der Anwartschaftsberechtigte die BV-Kasse weiters beauftragen, auch die Verfügungen im Sinne des §17 Abs1 über Abfertigungen aus anderen BV-Kassen zu veranlassen.

 

(7) Die BV-Kasse ist verpflichtet, begründete Einwendungen eines Arbeitnehmers im Zusammenhang mit der Beitragsleistung oder dem Abfertigungsanspruch und Urgenzen hinsichtlich von Kontonachrichten zu prüfen und, sofern die Ursache dafür nicht im eigenen Bereich liegt, unverzüglich dem jeweils zuständigen Träger der Krankenversicherung zur Klärung zu übermitteln."

2. §23 Bundesgesetz vom 11. Mai 1921 über den Dienstvertrag der Privatangestellten – Angestelltengesetz (AngG), BGBl 292/1921 idF BGBl I 64/2004, lautet wie folgt:

"Abfertigung

 

§23. (1) Hat das Dienstverhältnis ununterbrochen drei Jahre gedauert, so gebührt dem Angestellten bei Auflösung des Dienstverhältnisses eine Abfertigung. Diese beträgt das Zweifache des dem Angestellten für den letzten Monat des Dienstverhältnisses gebührenden Entgeltes und erhöht sich nach fünf Dienstjahren auf das Dreifache, nach zehn Dienstjahren auf das Vierfache, nach fünfzehn Dienstjahren auf das Sechsfache, nach zwanzig Dienstjahren auf das Neunfache und nach fünfundzwanzig Dienstjahren auf das Zwölffache des monatlichen Entgeltes. Alle Zeiten, die der Angestellte in unmittelbar vorausgegangenen Dienstverhältnissen als Arbeiter oder Lehrling zum selben Dienstgeber zurückgelegt hat, sind für die Abfertigung zu berücksichtigen; Zeiten eines Lehrverhältnisses jedoch nur dann, wenn das Dienstverhältnis einschließlich der Lehrzeit mindestens sieben Jahre ununterbrochen gedauert hat. Zeiten eines Lehrverhältnisses allein begründen keinen Abfertigungsanspruch.

 

(1a) Bei der Berechnung der Abfertigung ist eine geringfügige Beschäftigung nach §7b Abs1 Väter-Karenzgesetz (VKG), BGBl Nr 651/1989, §15e Abs1 Mutterschutzgesetz 1989, BGBl Nr 221 (MSchG), oder gleichartigen österreichischen Rechtsvorschriften nicht zu berücksichtigen.

 

(2) Im Falle der Auflösung eines Unternehmens entfällt die Verpflichtung zur Gewährung einer Abfertigung ganz oder teilweise dann, wenn sich die persönliche Wirtschaftslage des Dienstgebers derart verschlechtert hat, daß ihm die Erfüllung dieser Verpflichtung zum Teil oder zur Gänze billigerweise nicht zugemutet werden kann.

 

(3) Wird ein Unternehmen an einen anderen übertragen, so besteht ein Anspruch auf Abfertigung nicht, wenn der Angestellte die Fortsetzung des Dienstverhältnisses ablehnt, obwohl ihm der Erwerber die Fortsetzung des Dienstverhältnisses unter den bisherigen Bedingungen angeboten und sich verpflichtet hat, die bei seinem Vorgänger geleistete Dienstzeit als bei ihm selbst verbracht zu betrachten.

 

(4) Die Abfertigung wird, soweit sie den Betrag des Dreifachen des Monatsentgeltes nicht übersteigt, mit der Auflösung des Dienstverhältnisses fällig; der Rest kann vom vierten Monat an in monatlichen im voraus zahlbaren Teilbeträgen abgestattet werden.

 

(5) Beträge, die der Dienstnehmer auf Grund einer öffentlich-rechtlichen Versicherung bezieht, dürfen in die Abfertigung nur insoweit eingerechnet werden, als sie die gesetzlichen Mindestleistungen übersteigen.

 

(6) Wird das Dienstverhältnis durch den Tod des Angestellten aufgelöst, so beträgt die Abfertigung nur die Hälfte des im Abs1 bezeichneten Betrages und gebührt nur den gesetzlichen Erben, zu deren Erhaltung der Erblasser gesetzlich verpflichtet war.

 

(7) Der Anspruch auf Abfertigung besteht, vorbehaltlich des §23a, nicht, wenn der Angestellte kündigt, wenn er ohne wichtigen Grund vorzeitig austritt oder wenn ihn ein Verschulden an der vorzeitigen Entlassung trifft.

 

(8) Wird das Dienstverhältnis während einer Teilzeitbeschäftigung nach MSchG oder VKG infolge Kündigung durch den Arbeitgeber, unverschuldete Entlassung, begründeten Austritt oder einvernehmlich beendet, so ist bei Ermittlung des Entgelts (Abs1) die frühere Normalarbeitszeit des Angestellten zugrunde zu legen."

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Vor dem Bezirksgericht Villach (im Folgenden: BG Villach) ist seit 2015 ein Verlassenschaftsverfahren anhängig. Gegenstand dieses Verfahrens bildet unter anderem eine Abfertigung des Verstorbenen, die aus dessen unselbständiger Beschäftigung resultiert. Der Anwartschaftsberechtigte verstarb am 21. November 2015 und hinterließ zwei Kinder. Mit Schreiben vom 3. Dezember 2015 informierte die betreffende Vorsorgekasse über den Abfertigungsanspruch und über die Modalitäten der Geltendmachung. Das Schreiben erging an die letzte bekannte Adresse des Verstorbenen, an der die Kinder nicht wohnhaft waren. Mit Errichtung des Nachlassinventars im Dezember 2016 wurde die Überschuldung des Nachlasses bestätigt, die Abfertigung allerdings nicht in das Inventar aufgenommen. Anschließend wurde ein Konkursverfahren über die Verlassenschaft durchgeführt.

Im Jänner 2018 verständigte die Vorsorgekasse das Verlassenschaftsgericht, dass die Abfertigung von keiner Seite angefordert wurde. Das Gericht forderte sodann den Abfertigungsbetrag iHv € 7.120,45 zwischenzeitig treuhändig zum Verlassenschaftsakt an. In Reaktion darauf beantragten die beiden Kinder des verstorbenen Anwartschaftsberechtigten, das BG Villach möge aussprechen, dass die bei der Vorsorgekassa erliegende Abfertigung einen Direktanspruch der Kinder darstelle und daher nicht in das Verlassenschaftsinventar aufzunehmen sei.

2. Das BG Villach legt die Bedenken, die es zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof bestimmt haben, wie folgt dar:

"A. Zum Anlassfall und zum Stand des Verlassenschaftsverfahrens

[...]

Wenn das Verlassenschaftsverfahren bereits abgeschlossen ist, hat das Gericht bei nachträglich hervorkommendem Verlassenschaftsvermögen gemäß §183 AußStrG eine Nachtragsabhandlung in die Wege zu leiten, das Inventar wäre vom Gerichtskommissär um diesen Vermögenswert zu ergänzen. Im besonderen Fall des Nachlasskonkurses, der den Abschluss des Verlassenschaftsverfahrens ersetzt, wäre das nachträgliche Vermögen, wenn es als verlasszugehörig anzusehen ist, den Konkursorganen für eine Nachtragsverteilung gemäß §138 IO weiterzumelden.

[…] Ob die Abfertigung nun direkt den beiden Kindern zusteht oder ob diese in die Verlassenschaft fällt und damit hier als Teil der Insolvenzmasse den Gläubigern zukäme, hängt davon ab, ob die in §14 Abs5 BMSVG seit dem Jahre 2008 normierte Befristung des Direktanspruches des Ehegatten und der Kinder auf drei Monate als verfassungswidrig anzusehen ist oder nicht.

Das Verlassenschaftsgericht hat bei der Entscheidung über sein weiteres Vorgehen diese Norm anzuwenden.

[…]

B. Zur Rechtslage bei der Todfallsabfertigung

1) Allgemeines

Die Rechtslage zur Abfertigung wurde im Jahre 2002 mit der Erlassung des Betrieblichen Mitarbeitervorsorgegesetzes (BMVG BGBI I 100/2002; seit 1.1.2008 durch die Einbeziehung freier Dienstnehmer und sonstiger Selbstständiger umbenannt in Betriebliches Mitarbeiter- und SelbständigenvorsorgeG - BMSVG) weitreichend geändert. An die Stelle einer Zahlungspflicht des Arbeitgebers bei Beendigung des Dienstverhältnisses ist ein über Vorsorgekassen geführtes System mit laufenden Beitragszahlungen getreten.

Der ursprünglich ausschließlich arbeitsrechtliche Anspruch hat sich zu einer Art sozialrechtlicher Leistung gewandelt. Stellte die Abfertigung nach dem alten Typus eine bestandsichernde Treueprämie dar, die auch als einmalige Abschlagszahlung für geleistete Dienste gesehen werden kann sowie zudem Elemente der Versorgung und Überbrückung beinhaltet, so liegt der Schwerpunkt des neuen Systems allein auf der (Zukunfts‑)Vorsorge.

(vgl RV 1131 BIgNR XXI.GP, 46f, Löschnigg, Arbeitsrecht 12. Aufl (2015) Rz 8/445f).

Da die neue Rechtslage grundsätzlich nur auf jene Arbeitsverhältnisse anzuwenden ist, die nach dem 31.12.2002 abgeschlossen worden sind (Ausnahme: Optieren in das neue System nach §47 BMSVG), bestehen noch für geraume Zeit beide Systeme nebeneinander fort.

2) Zur Abfertigung alt:

Die zentrale Bestimmung zur Hinterbliebenenabfertigung findet sich - wie generell für die Abfertigung aus historischer Sicht - im Angestelltengesetz. §23 Abs6 AngG, welcher schon in der Stammfassung BGBl 292/1921 aufscheint und auf die Abfertigung von bis zu zwölf Monatsgehältern in Abs1 Bezug nimmt, lautet wie folgt:

'Wird das Dienstverhältnis durch den Tod des Angestellten aufgelöst, so beträgt die Abfertigung nur die Hälfte des im Abs1 bezeichneten Betrages und gebührt nur den gesetzlichen Erben, zu deren Erhaltung der Erblasser gesetzlich verpflichtet war.'

Im Jahre 1979 wurde durch das Arbeiterabfertigungsgesetz BGBl 107/1979 die Regelung des AngG zur Abfertigung auf die Dienstverhältnisse der Arbeiter erstreckt, gleichlautende Regelungen zur Todfallsabfertigung bestehen jedoch auch bei fast allen weiteren Berufsgruppen:

in §22 Gutsangestelltengesetz (BGBI 538/1923); in §35 Vertragsbedienstetengesetz (BGBI 86/1948; bezeichnet als Sterbekostenbeitrag, subsidiär allerdings auch jenen Personen zustehend, die die Begräbniskosten getragen oder den Verstorbenen in seiner letzten Krankheit gepflegt haben); in §17 Hausgehilfen- und Hausangestelltengesetz (BGBI 235/1962); in §31 (zuvor §30) Landarbeitsgesetz (BGBI 782/1974; hier ohne Reduktion auf die Hälfte); in §13a Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz (BGBI 618/1987; in dieser Fassung gültig bis 2013).

Bei der Todfallsabfertigung handelt es sich um einen Anspruch der Hinterbliebenen eigenen Rechts, der der Disposition des verstorbenen Arbeitnehmers völlig entzogen ist; er gilt als Direktanspruch der begünstigten Personen, die Abfertigung fällt daher nicht in die Verlassenschaft (vgl 9ObA 2012/96i = SZ 69/120; 9 ObA 102/99m). Fehlen anspruchsberechtigte Personen, entfällt der Abfertigungsanspruch.

Für die Todfallsabfertigung nach altem Recht gilt, wie für Abfertigungsansprüche insgesamt, die (dispositive) dreijährige Verjährungsfrist nach §1486 Z5 ABGB (vgl 14 Ob 167/86; 8 ObA 34/07v: Die Argumente für die hier gebilligte kollektivvertragliche Verfallsfrist von drei Monaten treffen bei der Hinterbliebenenabfertigung wohl nicht in gleicher Weise zu).

3) Zur Abfertigung neu:

Die Todfallsabfertigung als Direktanspruch der unterhaltsberechtigten gesetzlichen Erben wurde bei der Erlassung des BMVG 2002 in §14 Abs5 beibehalten. Die Kürzung auf die Hälfte des Anspruches im Todesfall wurde gestrichen. Neu eingeführt wurde, dass bei Fehlen derartiger Personen die nunmehr von der Vorsorgekasse geschuldete Abfertigung der Verlassenschaft zusteht. §14 Abs5 BMVG in der von 1.7.2002 bis 31.12.2007 geltenden Fassung lautete wie folgt:

'Bei Tod des Anwartschaftsberechtigten gebührt die Abfertigung den gesetzlichen Erben, zu deren Erhaltung der Erblasser gesetzlich verpflichtet war. Sind keine solchen Erben vorhanden, fällt die Abfertigung in die Verlassenschaft gemäß §531 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches, JGS. Nr 946/1811.'

Aufgrund der Ergebnisse eines Evaluierungsverfahrens wurde mit BGBI I 102/2007 u.a. die Regelung zur Todesfallabfertigung im BMVG zum Zwecke der Präzisierung und Vereinfachung der Anspruchsvoraussetzungen 'im Sinn einer leichteren Vollziehbarkeit' (vgl RV 300 BIgNR XXIII.GP 1.3f.9) — mit Ausnahme des danach noch ergänzten eingetragenen Partners - in die derzeit gültige unter Abschnitt D. wiedergegebene Fassung umgestaltet; eine zu §14 Abs5 BMSVG parallele Bestimmung wurde auch für Selbständige unter §55 Abs3 BMSVG erlassen.

Diese Neuregelung ändert den Kreis der anspruchsberechtigten Personen teilweise ab: der seltene Fall der unterhaltsberechtigten Eltern fällt weg; beim Ehegatten kommt es auf das Bestehen einer Unterhaltsberechtigung nicht mehr an; der Kreis der Kinder, deren Unterhaltsberechtigung im Todeszeitpunkt nunmehr anhand des Bezuges der Familienbeihilfe gemessen wird — wer die Familienbeihilfe tatsächlich bezieht, kann nach dem System des FLAG dabei nicht ausschlaggebend sein ‑, wird um Stief- und Pflegekinder erweitert. Ausdrücklich normiert wird, was schon bisher so gesehen wurde, die Teilung des Anspruches bei mehreren Berechtigten zu gleichen Teilen.

Die Neuregelung sieht weiters vor, dass sich die anspruchsberechtigten Personen binnen drei Monaten bei der Vorsorgekasse melden müssen und die Vorsorgekasse schuldbefreiend bereits an eine Person den gesamten Betrag auszahlen darf, wenn deren Anspruchsberechtigung nachgewiesen ist; sie braucht also keine weiteren Nachforschungen anzustellen. Weitere Berechtigte sind in diesem Fall auf einen anteiligen Regressanspruch gegen jene Person verwiesen, an die ausgezahlt worden ist.

(vgl Geiger, Arbeitsrechtliche Folgen beim Tod eines Dienstnehmers, ASoK 2010/12, 446 (448f), Mayr in ZellKomm2 §14 BMSVG (Stand 1.9.2011, rdb.at) Rz 17f).

Mit diesen Änderungen wird auf Probleme reagiert, die sich schon bei der Abfertigung alt bei der Feststellung, ob ein Unterhaltsanspruch tatsächlich vorlag, und bei der Frage des geschuldeten Anteiles an der Abfertigung ergeben haben (vgl dazu die Kritikpunkte aus Anlass der Neuregelung im BMVG in Adamovic, Todfallsabfertigung, NZ 2003, 7 ff).

Anzumerken ist, dass über Initiativanträge in Reaktion auf diese Änderung des BM(S)VG die Todfallsabfertigung auch im BUAG umgestaltet wurde: Mit BGBI I 137/2013 wurde zunächst in §13a die Beschränkung auf die Hälfte der Abfertigung beseitigt, als Anspruchsberechtigte wurden allerdings der Ehegatte und die Kinder ohne Rücksicht auf einen Familienbeihilfebezug und damit Unterhalt vorgesehen. Sodann wurde, anwendbar auf alle Todesfälle nach dem 31.7.2017, durch BGBI I 114/2017 (vgl 2241/A BIgNR XXV.GP) §13a BUAG in §3c BUAG verschoben und - nunmehr als Überbrückungsabgeltung bezeichnet - eine Dreimonatsfrist für diese Berechtigten sowie ein subsidiärer Anspruch der Verlassenschaft eingeführt.

C. Zu den Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit:

1) Nach Art7 B‑VG bzw Art2 StGG sind alle Staatsbürger vor dem Gesetz gleich. Dieser verfassungsrechtliche Gleichheitsgrundsatz, der für Gesetzgebung wie Vollziehung Gültigkeit hat, beinhaltet in erster Linie ein Gleichbehandlungsgebot und - damit verknüpft - auch ein umfassendes Willkürverbot. Demnach sind rechtliche Unterschiede nur dort vorzusehen, wo sie sachlich gerechtfertigt sind.

Der Gleichheitsgrundsatz wurde im Rahmen der Rechtsprechung des VfGH zu einem allgemeinen Sachlichkeitsgebot weiterentwickelt. Danach hat jede gesetzliche Regelung unabhängig von einem Vergleich mit einer anderen gesetzlichen Regelung sachlich zu sein.

Der Gleichheitssatz ist etwa dort von Relevanz, wo es zu einer unterschiedlichen rechtlichen Regelung zwischen vergleichbaren Berufs- oder Personengruppen kommt. Es dürfen keine ungerechtfertigten Differenzierungen vorgenommen werden und die Regelungen oder Maßnahmen müssen sachlich gerechtfertigt sein (vgl u.a. Grabenwarter/Krauskopf, I. Gesundheitsrecht und Verfassung Rz 62ff mwN in Resch/Wallner, Handbuch Medizinrecht 2. Aufl (Jänner 2015)).

2) §14 Abs5 BMSVG ordnet an, dass der Ehegatte (eingetragene Partner) und/oder Kinder des Verstorbenen, welche Familienbeihilfe beziehen, binnen drei Monaten ihren Anspruch auf die Abfertigung bei der Vorsorgekasse geltend machen müssen, widrigenfalls der Anspruch in die Verlassenschaft fällt.

Wird die dreimonatige Frist versäumt, treten zusammengefasst folgende finanzielle Nachteile für den primären Personenkreis ein:

- Im jedem Fall, somit auch dem Fall, in dem sich der Kreis der Erben mit dem primären Personenkreis zur Gänze deckt, fallen durch die Einbeziehung des Anspruches in die Verlassenschaft Gerichts- und Gerichtskommissärsgebühren an; im übrigen wird in der gesetzlichen Erbfolge bei Ehegatte und Kind(ern) die Verlassenschaft gerade nicht nach Köpfen geteilt.

- Bei gesetzlicher Erbfolge partizipieren an der Abfertigung im Erbwege weitere bereits selbsterhaltungsfähige Kinder, der Anteil des primären Personenkreises wird geschmälert.

- Bei Erbseinsetzung partizipieren nicht bedachte Personen des primären Personenkreises nur mehr indirekt und reduziert über den Pflichtteil (Hälfte des gesetzlichen Erbteils).

- Bei Überschuldung des Nachlasses entfällt jeglicher Anspruch für Ehegatten und Kinder.

3) Die Regelung des §14 Abs5 BM(S)VG lautete von 1.7.2002 bis 31.12.2007 zunächst dahingehend, dass bei Tod des Anwartschaftsberechtigten die Abfertigung den gesetzlichen Erben gebührt, zu deren Erhaltung der Erblasser gesetzlich verpflichtet war, und entsprach den bisherigen Regelungen zur Todfallsabfertigung mit nachstehenden primären Abweichungen: Von einer Halbierung des Anspruches wurde Abstand genommen; waren keine solchen Erben vorhanden, sollte die Abfertigung nicht mehr wegfallen, sondern der Verlassenschaft zukommen. Der Direktanspruch unterhaltsberechtigter Personen wurde also beibehalten, der Höhe nach sogar verbessert und schloss jenen der Verlassenschaft, die nun subsidiär zum Zug kam, aus.

§14 Abs5 BMSVG in der seit 1.1.2008 geltenden Fassung definiert den Kreis der Personen mit Direktanspruch abweichend mit dem Ehegatten (eingetragenen Partner) und den Kindern mit Familienbeihilfenbezug, wohl um an klare Fakten anzubinden; gleichzeitig wurde mit der Gesetzesänderung der Direktanspruch dieses Personenkreises davon abhängig gemacht, dass die Berechtigten sich binnen drei Monaten bei der Vorsorgekasse melden.

a) Die Neuregelung bewirkt eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung dahingehend, dass Personen mit Direktanspruch auf die Todfallsabfertigung im Rahmen der Abfertigung neu seit 1.1.2008 nur mehr drei Monate Zeit haben, diesen Anspruch geltend zu machen, während in jenen Fällen, in denen die alte Rechtslage zur Abfertigung in Anwendung geblieben ist (im Wesentlichen also bei Abfertigungsansprüchen der Arbeiter und Angestellten aus vor dem 1.1.2003 begründeten Dienstverhältnissen), der Direktanspruch nur der Verjährung unterliegt und damit — wenn nicht (kollektiv‑)vertraglich eine kürzere Verfallsfrist vereinbart wurde ‑ drei Jahre für die Verfolgung dieses Anspruches zur Verfügung stehen. In diesem Zusammenhang kann wegen der Versorgungs- und Unterhaltsfunktion der Todfallsabfertigung auch auf die originären Unterhaltsansprüche hingewiesen werden, welche nach §1480 ABGB ebenfalls erst nach drei Jahren verjähren.

Dass die (nicht auf die Hälfte reduzierte) Todfallsabfertigung nach dem BMSVG nach den drei Monaten nicht verloren geht, sondern in die Verlassenschaft fällt, vermag diese Ungleichheit nicht zu beseitigen, weil sich, wie unter oben 2) skizziert, der Kreis der (im Ergebnis) Begünstigten oft nur im eingeschränkten Ausmaß und im Fall der Überschuldung des Nachlasses gar nicht deckt.

b) Die Neuregelung durch Befristung des Direktanspruches auf die Todfallsabfertigung ist auch für sich gesehen als unsachlich anzusehen:

Der Todfallsabfertigung kommt seit jeher Unterhalts- und Versorgungscharakter zu, entsprechend der Funktion der Abfertigung als Überbrückungshilfe für den ausscheidenden Arbeitnehmer (und dessen Familie). Mit der Einführung der Abfertigung neu durch das BMVG im Jahre 2002 wurde die Todfallsabfertigung vom Gesetzgeber beibehalten, ja sogar durch den Entfall der Halbierung verbessert; sonstige Erben sollten davon profitieren, wenn es keine unterhaltsberechtigten Personen gab, was als Folge der Umstellung des Systems weg von einer endfälligen Arbeitgeberleistung hin zu Vorsorgekassen zu sehen ist.

Durch die Gesetzesänderung ab 2008 erfolgt die Abgrenzung zwischen einem Direktanspruch der bevorrechteten Angehörigen und einem Anspruch der Verlassenschaft nicht mehr durch den Umstand, ob es solche in der Regel unterhaltsberechtigte Angehörigen gibt, sondern ob die berechtigten Personen sich gegenüber der Vorsorgekasse binnen drei Monaten melden, also zeitnah Anspruch darauf erheben.

Wie den Gesetzesmaterialien entnommen werden kann, wollte der Gesetzgeber mit dieser Änderung die Vorsorgekasse bei ihren administrativen Tätigkeiten entlasten und nicht etwa eine Entscheidung dahingehend treffen, dass — was ohnehin nicht zutreffend sein kann und auch der nunmehr zentralen Vorsorgefunktion des Abfertigungssystems zuwider liefe — ein Bedarf an Überbrückungshilfe bei in der Regel unterhaltsberechtigten Personen über drei Monate nach dem Tod des Unterhaltspflichtigen hinaus nicht mehr gegeben sein kann.

Diese Orientierung des Gesetzgebers an administrativen Gesichtspunkten der abwickelnden Vorsorgekasse anstatt an der Unterhalts- und Vorsorgefunktion der Todfallsabfertigung ist als unsachlich anzusehen. In besonderer Weise gilt dies für die mit drei Monaten äußerst kurz bemessene Frist für die Geltendmachung des Anspruches. In §14 Abs5 BMSVG sind keine Verständigungspflichten vorgesehen, die Dreimonatsfrist knüpft am Todestag an. Mögen sich die Vorsorgekassen auch (ohne gesetzlich dazu verpflichtet zu sein) bemühen, den Hinterbliebenen bzw der Verlassenschaft Nachricht über den Abfertigungsanspruch und die Notwendigkeit fristgerechter Geltendmachung zu geben, so bleibt es dennoch vielfach zufälligen Umständen überlassen, ob die Berechtigten binnen drei Monaten davon Kenntnis erlangen. Sowohl vom Ablauf eines Verlassenschaftsverfahrens her, das nicht nur in komplexeren Fällen eine gewisse Anlaufzeit erfordert und in dem für die Betroffenen in der ersten Zeit oft viele andere Dinge im Vordergrund stehen, als auch im Blick auf die zunehmende Zersplitterung familiärer Verhältnisse durch Scheidung bzw Trennung ist eine Frist von drei Monaten als viel zu kurz anzusehen, sofern eine Befristung des Anspruches überhaupt als sachlich gerechtfertigt zu ansehen ist.

Wird während des Verlassenschaftsverfahrens der Abfertigungsanspruch bekannt, so kann in diesem Verfahren — ähnlich wie dies bei (Lebens‑)Versicherungen der Fall ist ‑ zumeist auch, zumal ja die Daten zu den gesetzlichen Erben vorliegen, über die Nachlasszugehörigkeit der Abfertigung befunden werden, ohne dass Zweifel verbleiben. Die Abfertigung wäre, wenn bevorrechtete Personen fehlen, in die Vermögenserklärung bzw das Nachlassinventar aufzunehmen; eine Notwendigkeit, den Direktanspruch unterhaltsberechtigter Personen durch eine Frist für die Geltendmachung vom subsidiären Anspruch der Verlassenschaft abzugrenzen, ist daher nicht erkennbar." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

3. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie den im Antrag erhobenen Bedenken wie folgt entgegentritt:

"I.

Zur Rechtslage:

[...]

3. 'Abfertigung alt'

Gemäß §23 Angestelltengesetz (AngG), BGBl Nr 292/1921, gebührt Angestellten unter näher geregelten Voraussetzungen bei Auflösung des Dienstverhältnisses ein Anspruch auf Abfertigung, der je nach Dauer des Dienstverhältnisses ein Vielfaches des monatlichen Entgelts beträgt. §23 Abs6 AngG regelt die sog Todfallsabfertigung: Wird das Dienstverhältnis durch den Tod des Angestellten aufgelöst, so beträgt die Abfertigung nur die Hälfte des im Abs1 bezeichneten Betrages und gebührt nur den gesetzlichen Erben, zu deren Erhaltung der Erblasser gesetzlich verpflichtet war.

Die Todfallsabfertigung ist ein Direktanspruch der begünstigten Erben; sie fällt daher nicht in die Verlassenschaft (RS0028721). Fehlen anspruchsberechtigte Personen, entfällt der Abfertigungsanspruch.

Für die Todfallsabfertigung gilt, wie für Abfertigungsansprüche generell (Preiss in ZellKomm2 §1486 ABGB Rz 18), die (dispositive) dreijährige Verjährungsfrist des §1486 Z5 ABGB (OGH 30.8.2007, 8 ObA 34/07v).

4. 'Abfertigung neu'

4.1. Durch die Erlassung des Betrieblichen Mitarbeitervorsorgegesetzes – BMVG, BGBl I Nr 100/2002, wurde das Rechtsinstitut der Abfertigung grundlegend neugestaltet (vgl ausführlich zum neuen System RV 1131 BlgNR 21. GP 46 f). (Der Gesetzestitel wurde durch die Novelle BGBl I Nr 102/2007 in 'Betriebliches Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz – BMSVG' geändert.)

Das BMSVG regelt – auf das Wesentliche zusammengefasst – das Abfertigungsrecht für Arbeitsverhältnisse, die auf einem privatrechtlichen Vertrag beruhen und deren vertraglich vereinbarter Beginn nach dem 31. Dezember 2002 liegt (§1 Abs1, §46 Abs1 BMSVG). Die Abfertigung nach BMSVG ist ein beitragsfinanziertes betriebliches Vorsorgekassensystem. Die Beiträge sind vom Arbeitgeber zu leisten. Die Beitragszahlung wirkt für den Arbeitgeber schuldbefreiend. Gemäß §14 Abs1 BMVSG hat der Anwartschaftsberechtigte bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses einen Anspruch auf Abfertigung gegenüber der BV-Kasse.

4.2.1. Die sog Todfallsabfertigung ist in §14 Abs5 BMSVG geregelt. In der Stammfassung lautete diese Bestimmung wie folgt:

(5) Bei Tod des Anwartschaftsberechtigten gebührt die Abfertigung den gesetzlichen Erben, zu deren Erhaltung der Erblasser gesetzlich verpflichtet war. Sind keine solchen Erben vorhanden, fällt die Abfertigung in die Verlassenschaft gemäß §531 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches, JGS. Nr 946/1811.

In den Gesetzesmaterialien wird dazu ausgeführt (RV 1131 BlgNR 21. GP 53):

'Abs5 übernimmt – abgesehen von der Reduktion des Abfertigungsanspruchs auf die Hälfte – die bisherigen Anspruchsvoraussetzungen hinsichtlich des direkten Anspruchs der begünstigten Erben (§23 Abs6) auf Abfertigung bei Tod des Arbeitnehmers. Sind keine begünstigten Erben vorhanden, fällt die Abfertigung bei Tod des Arbeitnehmers in die Verlassenschaft wie jeder andere vermögenswerte Anspruch; diesfalls bestimmt sich die Anspruchsberechtigung nach den erbrechtlichen Bestimmungen des ABGB.'

4.2.2. Auf Grund einer Evaluierung wurde in Reaktion auf Erfahrungen aus den ersten Jahren des Vollzuges des BMSVG dieses durch die Novelle BGBl I Nr 102/2007 geändert. Dabei sollten auch die Anspruchsvoraussetzungen für die Todfallsabfertigung und deren Vollziehung vereinfacht werden (vgl RV 300 BlgNR 23. GP 3 f).

Durch diese Novelle erhielt §14 Abs5 BMSVG – von einer hier nicht relevanten Änderung durch die Novelle BGBl I Nr 135/2009 (Berücksichtigung eingetragener Partnerschaften) abgesehen – seine geltende Fassung. Geändert wurde zum einen der anspruchsberechtigte Personenkreis: Anstelle der gesetzlichen Erben, zu deren Unterhalt der Erblasser verpflichtet war, gebührt die Abfertigung den Ehegatten (und seit der Novelle BGBl I Nr 135/2009 auch den eingetragenen Partnern) sowie den Kindern (Wahl‑, Pflege- und Stiefkinder) des Anwartschaftsberechtigten, sofern für diese Kinder zum Zeitpunkt des Todes des Anwartschaftsberechtigen Familienbeihilfe bezogen wird. Zum anderen wurde eine Frist für die Geltendmachung des Auszahlungsanspruches eingeführt: Dieser muss von einem Anspruchsberechtigten innerhalb von drei Monaten ab dem Zeitpunkt des Todes des Anwartschaftsberechtigten gegenüber der BV-Kasse schriftlich geltend gemacht werden. Melden sich innerhalb dieser Frist keine Anspruchsberechtigten, fällt die Abfertigung in die Verlassenschaft.

In den Gesetzesmaterialien wird zu diesen Änderungen Folgendes ausgeführt (RV 300 BlgNR 23. GP 9):

'Die Regelung über die Todfallsabfertigung wird im Sinn einer leichteren Vollziehbarkeit so umgestaltet, dass an die Stelle der unterhaltsberechtigten gesetzlichen Erben, der/die Ehegatte/in des/der verstorbenen Anwartschaftsberechtigten und seine/ihre Kinder, soweit für diese Familienbeihilfe bezogen wird, treten. Soweit sich anspruchsberechtigte Erben innerhalb von drei Monaten nach dem Tod des/der Anwartschaftsberechtigten melden, ist die Abfertigung an diese zu gleichen Teilen auszuzahlen; anspruchsberechtigte Personen, die sich innerhalb der Frist nicht melden, haben einen Ausgleichsanspruch gegen jene Personen, die bereits die Todfallsabfertigung erhalten haben. Melden sich keine anspruchsberechtigten Personen binnen der dreimonatigen Frist, fällt die Abfertigung in die Verlassenschaft gemäß §531 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches, JGS. Nr 946/1811.'

II.

In der Sache:

1. Die Bundesregierung verweist einleitend auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach dieser in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B‑VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen beschränkt ist und ausschließlich beurteilt, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (vgl zB VfSlg 19.160/2010, 19.281/2010, 19.532/2011, 19.653/2012). Die Bundesregierung beschränkt sich daher im Folgenden auf die Erörterung der im Antrag dargelegten Bedenken.

2. Das antragstellende Gericht hegt ausschließlich das Bedenken, dass die dreimonatige Frist zur Geltendmachung des Auszahlungsanspruches gegen den Gleichheitssatz verstoße.

2.1.1. Es behauptet zunächst eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung zwischen Anspruchsberechtigten auf eine Todfallsabfertigung nach dem System der 'Abfertigung alt', die ihren Anspruch – wenn nicht (kollektiv‑)vertraglich eine kürzere Frist vereinbart wurde – innerhalb von drei Jahren geltend machen können, und solchen Anspruchsberechtigten nach dem System der 'Abfertigung neu', die nur mehr eine dreimonatige Frist für die Geltendmachung des Anspruches haben.

2.1.2. Damit vergleicht das antragstellende Gericht eine einzelne Regelung des Systems der 'Abfertigung neu' mit der entsprechenden Regelung des Systems der 'Abfertigung alt'. Ein solcher Vergleich ist aber schon vom Ansatz her verfehlt:

Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes bleibt es der Gesetzgebung, wenn sie den Anwendungsbereich von Gesetzen von Stichtagen abhängig macht, grundsätzlich überlassen, den Stichtag festzulegen, ohne dass es für die Wahl des Stichtages einer Rechtfertigung bedarf. In diesem Sinn weist jede Stichtagsregelung ein gewisses Maß an Beliebigkeit auf. Es müsste besondere Gründe geben, warum gerade ein bestimmter Stichtag unsachlich ist (VfSlg 17.238/2004, 19.308/2011; VfGH 8.3.2017, G399/2016; 28.6.2017, G34‑35/2017).

Auch steht der Gleichheitssatz nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs Gesetzesänderungen generell nicht entgegen. Eine geänderte Rechtslage stellt keinen zulässigen Maßstab für die Beurteilung der Sachlichkeit der neuen Rechtslage dar oder umgekehrt. Es kommt lediglich darauf an, dass ein Gesetz in der jeweiligen Fassung für sich genommen den Anforderungen des Gleichheitssatzes entspricht (vgl VfSlg 19.434/2011, wonach der Gleichheitssatz die Gesetzgebung nicht in ihrer Entscheidung über das 'Ob' einer Gesetzesänderung beschränkt, solange nur das Gesetz in der geänderten Fassung den Anforderungen des Gleichheitssatzes entspricht).

Dem entsprechend hat der Verfassungsgerichtshof auch in seinem Erkenntnis vom 9. Oktober 2016, E2536/2016, eine Ungleichbehandlung wegen der unterschiedlichen Besteuerung von Abfertigungen aus dem System der 'Abfertigung alt' im Vergleich zu Abfertigungen aus dem System der 'Abfertigung neu' verneint.

2.1.3. Vor diesem Hintergrund geht die Bundesregierung davon aus, dass eine einzelne Anspruchsvoraussetzung für die Todfallsabfertigung im System der 'Abfertigung neu', wie hier die Frist für deren Geltendmachung, nicht mit der entsprechenden Regelung im – gänzlich unterschiedlichen – System der 'Abfertigung alt' verglichen werden kann, und dass der bloße Umstand, dass diese Regelungen im einen und im anderen System unterschiedlich sind, keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung darstellt.

2.2.1. Das antragstellende Gericht behauptet weiters, dass die Befristung des Auszahlungsanspruches mit drei Monaten zu kurz sei, 'sofern eine Befristung überhaupt als sachlich gerechtfertigt [anzusehen] ist' (Antrag S 10). Die dieser Befristung zu Grunde liegende 'Orientierung der Gesetzgebung an administrativen Gesichtspunkten der abwickelnden Vorsorgekasse anstatt an der Unterhalts- und Vorsorgefunktion der Todfallsabfertigung' sei unsachlich.

2.2.2. Die Bundesregierung weist zunächst darauf hin, dass schon nach der Rechtslage vor der Novelle BGBl I Nr 102/2007 die Geltendmachung des Auszahlungsanspruches für die Todfallsabfertigung nach BSVG nicht unbefristet möglich war. Auch die Geltendmachung der Todfallsabfertigung nach §23 Abs6 AngG unterliegt der Verjährung. Die Bundesregierung hat schon aus diesem Grund keinen Zweifel, dass eine Befristung der Geltendmachung des Anspruches auf die Todfallsabfertigung nach BMSVG prinzipiell sachlich gerechtfertigt ist.

2.2.3. Die Bundesregierung erachtet auch die konkrete Länge der Frist für die Geltendmachung dieses Anspruches nicht für unsachlich:

Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes wäre die Bemessung einer Frist nur dann sachlich nicht gerechtfertigt, wenn sie jeglicher Erfahrung entgegenstünde (VfSlg 15.661/1999 mwN). Diese Rechtsprechung betrifft zwar Antrags- und Anspruchsfristen im Verhältnis zwischen dem Bürger und dem Staat. Der Verfassungsgerichtshof hat aber einen vergleichbar zurückhaltenden Prüfungsmaßstab auch auf Fristen in Rechtsverhältnissen der Bürger unter sich angewendet (vgl VfSlg 19.426/2011). So hat der Verfassungsgerichtshof etwa im Erkenntnis VfSlg 18.546/2008 in Bezug auf eine – von den allgemeinen Verjährungsfristen des ABGB abweichende – Frist für die gerichtliche Geltendmachung der Haftung von Spielbanken im Glücksspielgesetz allgemein darauf abgestellt, dass die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen durch eine Verjährungsregelung nicht 'übermäßig erschwer' werden darf.

2.2.4. Nach Auffassung der Bundesregierung liegt es daher im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum der Gesetzgebung, wenn sie auf praktische Probleme, die sich auf Grund einer Evaluierung der Vollziehung der Todfallsabfertigung nach der Stammfassung des BMSVG gezeigt haben (vgl oben Pkt. I.4.2.2.), aus Gründen der Verwaltungsökonomie mit der Einführung einer kürzeren Frist für deren Geltendmachung reagiert. In einer – verfassungsrechtlich zulässigen – Durchschnittsbetrachtung kann nicht die Rede davon sein, dass durch diese Frist die Geltendmachung des Auszahlungsanspruches 'übermäßig erschwert' würde. Denselben Maßstab legt der Oberste Gerichtshof für die Zulässigkeit von Vereinbarungen über Verfallsfristen für Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis an (Preiss aaO Rz 67). So hat der Oberste Gerichtshofes eine kollektivvertraglich vereinbarte – von der allgemeinen Verjährungsfrist des §1486 Z5 ABGB abweichende – Verfallsfrist von drei Monaten zur Geltendmachung der Abfertigung nicht als übermäßige Erschwerung der Rechtsverfolgung und daher nicht als sittenwidrig qualifiziert (OGH 30.8.2007, 8 ObA 34/07v; vgl auch OGH 21.10.1986, 14 Ob 167/86; mwN Preiss aaO Rz 68). Ungeachtet des Umstandes, dass ein Todesfall für die nächsten Angehörige eine belastende Situation darstellen mag, ist es nicht ungewöhnlich, dass sie aus diesem Anlass rechtliche Schritte setzen müssen. Vor diesem Hintergrund erscheint eine Frist von drei Monaten zur Geltendmachung eines direkten Auszahlungsanspruches gegenüber der BV-Kasse bei einer Durchschnittsbetrachtung nicht unsachlich, zumal in der Praxis die – über die Stammdaten der Anwartschaftsberechtigten verfügenden (vgl §27 Abs4 und 6 BMSVG) – BV-Kassen die anspruchsberechtigten Ehegatten (eingetragenen Partner) und Kinder vom Bestehen des Abfertigungsanspruches und den Modalitäten seiner Geltendmachung informieren.

3. Zusammenfassend wird daher festgehalten, dass die angefochtene Bestimmung nach Ansicht der Bundesregierung nicht verfassungswidrig ist." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

IV. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit des Antrages

1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art139 Abs1 Z1 B‑VG bzw des Art140 Abs1 Z1 lita B‑VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

Es ist nichts hervorgekommen, was an der Präjudizialität des §14 Abs5 BMSVG zweifeln ließe.

1.2. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich der Antrag daher als zulässig.

2. In der Sache

2.1. Der Antrag ist jedoch nicht begründet.

2.2. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B‑VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken (vgl VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).

2.3. Das antragstellende Gericht hegt gegen die angefochtene Gesetzesbestimmung zwei unterschiedliche Bedenken im Lichte des Art7 B‑VG: Zum Ersten führe die angefochtene Bestimmung zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung von Personen mit Direktanspruch auf eine Todfallsabfertigung. Während nämlich in Fällen, die der alten Rechtslage unterliegen würden (Arbeitsverhältnisse, die bereits am 31. Dezember 2002 bestanden), drei Jahre für die Verfolgung des Rechtsanspruchs zur Verfügung stünden, hätten anspruchsberechtigte Personen im Rahmen der "Abfertigung neu" seit 2008 lediglich drei Monate Zeit, um ihren Anspruch geltend zu machen. Zum Zweiten sei die angefochtene Bestimmung auch in sich unsachlich, da die Frist mit drei Monaten viel zu kurz bemessen sei, sofern die Befristung eines solchen Anspruchs überhaupt sachlich gerechtfertigt werden könne. Die Orientierung des Gesetzgebers an der Entlastung der Vorsorgekassen bei ihrer administrativen Tätigkeit bilde kein legitimes Ziel für die kurze Frist. Im Vordergrund müsse vielmehr der Unterhalts- und Versorgungscharakter der Todfallsabfertigung stehen. Die kurze Frist sei auch nicht notwendig, um das vom Gesetzgeber formulierte Ziel zu erreichen, da im Verlassenschaftsverfahren über die Nachlasszugehörigkeit der Abfertigung befunden werden könne.

2.4. Die Bundesregierung hält dem antragstellenden Gericht entgegen, dass der Vergleich einzelner Regelungen des Systems "Abfertigung neu" mit dem System "Abfertigung alt" verfehlt sei: Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes bedürfe eine Stichtagsregelung zunächst prinzipiell keiner gesonderten Rechtfertigung und der Gleichheitssatz stünde einer Änderung der Rechtslage auch nicht generell entgegen. Zudem bilde der bloße Umstand, dass sich die Regelung von System zu System unterscheide, keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung. In Hinblick auf die dreimonatige Befristung des Auszahlungsanspruchs führt die Bundesregierung aus, dass die Geltendmachung der Todfallsabfertigung auch nach der alten Rechtslage einer Verjährung unterliege; insofern hege sie keine Zweifel, dass eine Befristung per se sachlich gerechtfertigt sei. Auch gegen die konkrete Dauer der Frist bestünden keine Bedenken: Im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes erschwere eine dreimonatige Frist die Geltendmachung von direkten Auszahlungsansprüchen nicht übermäßig. Es liege daher im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, aus Gründen der Verwaltungsökonomie eine kürzere Frist bei der Todfallsabfertigung einzuführen.

2.5. Wie die Bundesregierung in ihrer Äußerung zutreffend aufzeigt, vermag das Vorbringen des antragstellenden Gerichtes, mit der Einführung der dreimonatigen Frist zur Geltendmachung der Todfallsabfertigung würden Anspruchsberechtigte im System der "Abfertigung neu" gegenüber jenen im System der "Abfertigung alt" sachlich nicht gerechtfertigt ungleich behandelt, nicht zu überzeugen:

2.5.1. Der Gleichheitsgrundsatz bindet auch den Gesetzgeber (s etwa VfSlg 13.327/1993, 16.407/2001). Er setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen (vgl zB VfSlg 14.039/1995, 16.407/2001). Innerhalb dieser Schranken ist es dem Gesetzgeber jedoch von Verfassungs wegen durch den Gleichheitsgrundsatz nicht verwehrt, seine politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verfolgen (s etwa VfSlg 16.176/2001, 16.504/2002). Diese Schranken sind im vorliegenden Fall nicht überschritten. Ob eine Regelung zweckmäßig ist und das Ergebnis in allen Fällen als befriedigend empfunden wird, kann nicht mit dem Maß des Gleichheitssatzes gemessen werden (zB VfSlg 14.301/1995, 15.980/2000 und 16.814/2003).

2.5.2. Das System der Abfertigung wurde mit Erlassung des Betrieblichen Mitarbeitervorsorgegesetzes – BMVG, BGBl I 100/2002, grundlegend umstrukturiert: Anstatt des bestehenden leistungsorientierten Abfertigungssystems wurde ein beitragsorientiertes System eingeführt (s dazu zB RV 1131 BlgNR 21. GP , 46 f.). Das neue Abfertigungssystem gilt für Arbeitsverhältnisse, deren vertraglich vereinbarter Beginn nach dem 31. Dezember 2002 liegt; zu diesem Zeitpunkt bereits bestehende Arbeitsverhältnisse bleiben im alten System, es sei denn, Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbaren einen Übertritt in das neue System.

Die Abfertigung gebührt anders als im alten System bei Tod des Anwartschaftsberechtigten im neuen System in voller Höhe. Mit BGBl I 102/2007 wurde zudem der Kreis der Anspruchsberechtigten sowie die Frist zur Geltendmachung geändert: Während im alten System jene gesetzlichen Erben anspruchsberechtigt sind, zu deren Erhaltung der Erblasser verpflichtet war (§23 Abs6 AngG), kommt die Todfallsabfertigung nach §14 Abs5 BMSVG idgF dessen Ehepartner oder eingetragenem Partner sowie dessen Kindern, für die zum Zeitpunkt des Todes Familienbeihilfe bezogen wird, zu gleichen Teilen zu. Die anspruchsberechtigten Personen im System der "Abfertigung neu" haben die Auszahlung innerhalb von drei Monaten ab dem Tod des Anwartschaftsberechtigten gegenüber der Vorsorgekasse geltend zu machen; andernfalls fällt die Abfertigung in die Verlassenschaft. Im System der "Abfertigung alt" besteht demgegenüber weiterhin eine allgemeine dispositive dreijährige Verjährungsfrist (§1486 Z1 ABGB; vgl dazu R. Madl, in: Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.05,§1486, Rz 17). Den Materialien zur Novelle der Todfallsabfertigung zufolge dient die Umgestaltung in erster Linie der leichteren Vollziehbarkeit (RV 300 BlgNR 23. GP , 9).

2.5.3. Den Bedenken des antragstellenden Gerichtes, wonach im System "Abfertigung neu" andere Regeln gelten als im System "Abfertigung alt" und dadurch eine unzulässige Ungleichbehandlung bewirkt würde, ist entgegenzuhalten, dass der Gleichheitssatz – sieht man von speziellen, hier aber keine Rolle spielenden Problemstellungen im Zusammenhang mit dem verfassungsrechtlich verbürgten Vertrauensschutz einmal ab – weder einen Schutz vor (auch nachteiligen) Gesetzesänderungen bietet noch dem Gesetzgeber Grenzen auferlegt, die ihn bei seiner Entscheidung über das "Ob" der Gesetzesänderung in irgendeiner Weise beschränken würden, sofern nur das Gesetz in der geänderten Fassung den Anforderungen des Gleichheitssatzes entspricht (VfSlg 19.434/2011, 20.151/2017; s. auch VfGH 7.3.2018, G136/2017 ua).

2.5.4. Das System der Abfertigung hat sich insgesamt gewandelt: Im neuen System richtet sich der Abfertigungsanspruch des Arbeitnehmers nicht mehr gegen den Arbeitgeber, sondern gegen die Vorsorgekasse, an die der Arbeitgeber monatlich einen gewissen Prozentsatz des Entgelts leistet. Ebenso steht nun der Anspruch auf Abfertigung prinzipiell bei allen Beendigungsarten von Arbeitsverhältnissen zu – im Gegensatz zum alten System, wonach der Abfertigungsanspruch nur dann besteht, wenn das Arbeitsverhältnis nicht durch Kündigung durch den Arbeitnehmer, verschuldete Entlassung oder ungerechtfertigten Austritt geendet hat (RV 1131 BlgNR 21. GP , 46 f.; s. dazu Neubauer/Rath/Hofbauer/Choholka, BMSVG, 2008, Vorbemerkungen zum 1. Teil des BMSVG, Rz 1 ff.). Während der Abfertigungsanspruch im alten System rein arbeitsrechtlich zu qualifizieren ist, nimmt er im neuen System überwiegend den Charakter einer sozialrechtlichen Leistung an: Da die Anwartschaften der "Abfertigung neu" einzelne Arbeitsverhältnisse überdauern, wird sie etwa nicht mehr als Treueprämie gesehen – anders als die "Abfertigung alt", die insbesondere von der Dauer und der Beendigungsart des Arbeitsverhältnisses abhängig ist (Löschnigg, Arbeitsrecht13, 2017, Rz 8/444 f.). Insofern ist der Bundesregierung zuzustimmen, dass aus einem Vergleich dieser beiden Systeme aus Sachlichkeitsgesichtspunkten nichts zu gewinnen ist; vielmehr hat die Regelung in sich gleichheitskonform ausgestaltet zu sein (vgl VfGH 26.6.2018, G44/2018 mwN).

2.6. Aber auch das Bedenken des antragstellenden Gerichtes, wonach die angefochtene Bestimmung in sich unsachlich sei, da die Frist zur Geltendmachung der Todfallsabfertigung zu kurz bemessen sei, trifft nicht zu:

2.6.1. Mit der sachlichen Rechtfertigung von Fristen unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes hat sich der Verfassungsgerichtshof bereits wiederholt befasst und festgestellt, dass die Bemessung einer Frist nur dann sachlich nicht gerechtfertigt wäre, wenn sie jeglicher Erfahrung entgegenstünde (s VfSlg 5484/1967, 9314/1982, 15.661/1999). So stellte der Verfassungsgerichtshof etwa fest, von einer Durchschnittsbetrachtung ausgehend könne – auch für einen rechtsunkundigen und nicht anwaltlich vertretenen Anspruchsberechtigten – nicht gesagt werden, dass die dreimonatige Antragsfrist für die Geltendmachung einer Entschädigung im Fall einer Enteignung nicht ausreichend ist (VfSlg 9314/1982). Fristen im Rahmen von Rechtsverhältnissen zwischen Privaten dürfen nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes die Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen jedoch nicht übermäßig erschweren (VfSlg 18.546/2008).

2.6.2. Es ist der Bundesregierung zuzustimmen, dass bei einer Durchschnittsbetrachtung die dreimonatige Frist gemäß §14 Abs5 BMSVG die Geltendmachung der Todfallsabfertigung für die nächsten Angehörigen des verstorbenen Anwartschaftsberechtigten nicht übermäßig erschwert, zumal in der Judikatur dreimonatige Präklusionsfristen zur Geltendmachung arbeitsrechtlicher Ansprüche regelmäßig als zulässig erachtet werden (s etwa OGH 30.8.2007, 8 ObA 34/07v, mwN). Zu berücksichtigen ist, dass die Abfertigung nach Fristablauf nicht verfällt, sondern wie jeder andere vermögensrechtliche Anspruch in den Nachlass übergeht. Der Gesetzgeber hat den ihm zukommenden rechtspolitischen Gestaltungsspielraum nicht überschritten, wenn er zur Geltendmachung der Todfallsabfertigung durch die vorrangig Anspruchsberechtigten im Sinne einer Verwaltungsvereinfachung eine dreimonatige Frist normiert.

2.6.3. Der Verfassungsgerichtshof vermag daher auch insofern keinen Verstoß gegen Art7 B‑VG zu erblicken.

V. Ergebnis

1. Die ob der Verfassungsmäßigkeit des §14 Abs5 BMSVG erhobenen Bedenken treffen nicht zu. Der Antrag ist daher abzuweisen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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