Normen
VfGG §33
ZPO §146
B-VG Art20 Abs4
UniversitätsG 2002 §46 Abs2
AuskunftspflichtG §1 Abs2
VfGG §33
ZPO §146
B-VG Art20 Abs4
UniversitätsG 2002 §46 Abs2
AuskunftspflichtG §1 Abs2
Spruch:
I. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird stattgegeben.
II. Die Behandlung der Beschwerde wird abgelehnt.
Begründung
Begründung
I.1. Mit am 28. Juni 2013 überreichtem Schriftsatz begehrt der Antragsteller die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid des Vizerektors für Lehre und Studienangelegenheiten der Medizinischen Universität Innsbruck vom 21. Dezember 2012, mit dem die vom Beschwerdeführer beantragte Auskunft gemäß §1 Abs2 Bundesgesetz vom 15. Mai 1987 über die Auskunftspflicht der Verwaltung des Bundes und eine Änderung des Bundesministeriengesetzes 1986 (Auskunftspflichtgesetz), BGBl 287/1987 idF BGBl I 158/1998, nicht erteilt wird, und stellt unter einem einen Antrag auf Verfahrenshilfe zur Erhebung einer Beschwerde nach Art144 B-VG.
Zur Begründung seines Wiedereinsetzungsantrages führt der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass er in der Rechtsmittelbelehrung des Bescheides des Vizerektors für Lehre und Studienangelegenheiten der Medizinischen Universität Innsbruck vom 21. Dezember 2012 darauf hingewiesen worden sei, dass gegen diesen Bescheid innerhalb von zwei Wochen ab seiner Zustellung beim Vizerektor für Lehre und Studienangelegenheiten der Medizinischen Universität Innsbruck Berufung eingebracht werden könne. Daraufhin hat der Beschwerdeführer Berufung an den Senat der Medizinischen Universität Innsbruck erhoben (und diese auch unmittelbar beim Senat eingebracht). Mit Bescheid vom 11. Juni 2013, dem Beschwerdeführer zugestellt am 14. Juni 2013, hat der Vizerektor für Lehre und Studienangelegenheiten der Medizinischen Universität Innsbruck diese Berufung zurückgewiesen, weil der Bescheid vom 21. Dezember 2012 ein letztinstanzlicher gewesen sei. Erst dadurch sei der Beschwerdeführer darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass ein Rechtsmittel gegen den Bescheid vom 21. Dezember 2012 nicht mehr zulässig gewesen wäre. Aufgrund der fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung im Bescheid vom 21. Dezember 2012 habe der Beschwerdeführer die sechswöchige Frist zur Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof versäumt.
2. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der oben genannten Frist ist begründet.
2.1. Gemäß §33 VfGG kann in den Fällen des Art144 B-VG wegen Versäumung einer Frist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattfinden. Da das VfGG die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind nach §35 VfGG die entsprechenden Bestimmungen der §§146 ff. ZPO sinngemäß anzuwenden.
2.1.1. Nach §146 ZPO ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozesshandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für die Partei den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozesshandlung zur Folge hatte. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Unter einem "minderen Grad des Versehens" ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes leichte Fahrlässigkeit zu verstehen, die dann vorliegt, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (s. etwa VfSlg 9817/1983, 14.639/1996, 15.913/2000 und 16.325/2001 mwN).
Aus §39 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG ergibt sich, dass das Verschulden des Bevollmächtigten eines Beschwerdeführers einem Verschulden der Partei selbst gleichzuhalten ist.
2.1.2. Der Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung muss gemäß §148 Abs2 ZPO innerhalb von vierzehn Tagen gestellt werden. Diese Frist beginnt mit dem Tage, an welchem das Hindernis, welches die Versäumung verursachte, weggefallen ist; sie kann nicht verlängert werden. Zugleich mit dem Antrag ist dem §149 Abs1 ZPO zufolge auch die versäumte Prozesshandlung nachzuholen.
2.2. Das Hindernis für die rechtzeitige Einbringung der Beschwerde fiel am 14. Juni 2013 mit der Zustellung des die Berufung zurückweisenden Bescheides des Vizerektors für Lehre und Studienangelegenheiten der Medizinischen Universität Innsbruck an den Beschwerdeführer weg. Mit dem am 28. Juni 2013 überreichten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde daher diese Frist gewahrt.
2.3. Mit Beschluss vom 3. Dezember 2013, B753/2013-2, wurde dem Antrag des Beschwerdeführers auf Bewilligung der Verfahrenshilfe stattgegeben. Die vom Beschwerdeführer sodann fristgerecht erhobene, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde gilt als zum Zeitpunkt der Stellung des Antrages auf Verfahrenshilfe erhoben (vgl. VfSlg 11.748/1988). Das Erfordernis der gleichzeitigen Nachholung der versäumten Prozesshandlung (§35 VfGG iVm §149 Abs1 ZPO) ist dadurch erfüllt.
2.4. Nach dem glaubhaften Vorbringen des Antragstellers kann nicht angenommen werden, dass ihn ein leichte Fahrlässigkeit übersteigender Verschuldensgrad trifft:
2.4.1. Das Auskunftspflichtgesetz regelt die Frage der Berufung gegen einen Bescheid, mit dem die begehrte Auskunft verweigert wird, nicht ausdrücklich, sondern knüpft – bei der allgemeinen Auskunftspflicht nach Art20 Abs4 B-VG, die durch das Auskunftspflichtgesetz näher ausgeführt wird, handelt es sich um eine eigenständige Materie – hinsichtlich der Behördenzuständigkeiten und Instanzenzüge an organisatorische Kriterien an (VwGH 20.5.2010, 2008/04/0093 mwN; Wieser, in Korinek/Holoubek [Hrsg.], Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Art20 Abs4 B-VG, Rz 69; vgl. auch VfSlg 19.572/2011). Der Vizerektor ist Teil des Rektorats als oberstes Leitungsorgan der Universität, dem gemäß §22 Abs6 Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten und ihre Studien (Universitätsgesetz 2002 – UG), BGBl I 120/2002 idF BGBl I 81/2009, in der Geschäftsordnung des Rektorats Aufgaben zur eigenen Erledigung übertragen werden können. Die Leitungsorgane der Universität stehen nach dem UG 2002 in keinem Über- oder Unterordnungsverhältnis zueinander (Muzak, in Mayer [Hrsg.], UG-Kommentar2, 2010, §46 I.4.). Lediglich in Angelegenheiten des Studienrechts sah das UG 2002 in der zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides maßgeblichen Fassung BGBl I 81/2009 einen administrativen Instanzenzug an den Senat vor (§46 Abs2 UG 2002). Auch war mangels ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung ein administrativer Instanzenzug von einem Organ der Universität an eine staatliche Behörde ausgeschlossen (VwSlg. 17.738 A/2009). Da es sich bei der Erledigung eines Auskunftsbegehrens nach dem Auskunftspflichtgesetz um eine eigenständige, von jener Materie, auf die sich das Auskunftsbegehren bezieht, unabhängige Angelegenheit handelt (vgl. VfSlg 19.572/2011), stellte diese keine studienrechtliche Angelegenheit iSd §46 Abs2 UG 2002 dar. Ein Rechtsmittel gegen den das Auskunftsbegehren verweigernden Bescheid des Vizerektors für Lehre und Studienangelegenheiten der Medizinischen Universität Innsbruck vom 21. Dezember 2012 war daher nach der hier maßgeblichen Rechtslage nicht vorgesehen (vgl. Muzak, aaO, §46 II.). Die Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheides enthält aber den Hinweis darauf, dass innerhalb von zwei Wochen ab Bescheidzustellung das Rechtsmittel der Berufung beim Vizerektor für Lehre und Studienangelegenheiten der Medizinischen Universität Innsbruck eingebracht werden kann.
2.4.2. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes stellt die Unrichtigkeit der Rechtsmittelbelehrung ein unvorhergesehenes Ereignis dar. Das Vertrauen auf die Richtigkeit der bekanntgegebenen Rechtsmittelbelehrung kann demnach der Partei nicht als Verschulden angelastet werden. Einer Partei, die im Vertrauen auf eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung rechtzeitig Berufung ergriffen hat und erst durch den ihr Rechtsmittel als unzulässig zurückweisenden Bescheid Kenntnis von der Unrichtigkeit der Rechtsmittelbelehrung erhalten hat, ist – auch wenn sie die Berufung nicht entsprechend der unrichtigen Rechtsmittelbelehrung bei der bescheiderlassenden Behörde, sondern unmittelbar bei der vermeintlichen Behörde zweiter Instanz eingebracht hat – die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist zu bewilligen (vgl. VfSlg 4536/1963, 17.008/2003, 17.441/2005 mwN).
2.5. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist daher gemäß §33 VfGG in nichtöffentlicher Sitzung zu bewilligen.
II. Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde ablehnen, wenn von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist (Art144 Abs2 B–VG in der mit 1. Jänner 2014 in Kraft getretenen Fassung). Ein solcher Fall liegt vor, wenn zur Beantwortung der maßgebenden Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich sind.
Die Beschwerde rügt die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten. Die gerügten Rechtsverletzungen wären im vorliegenden Fall aber nur die Folge einer – allenfalls grob – unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen, insbesondere der Frage, ob die vom Beschwerdeführer begehrte Auskunft vom Vizerektor für Lehre und Studienangelegenheiten der Medizinischen Universität Innsbruck mit der Begründung, dass das Auskunftsbegehren für ein anhängiges verwaltungsgerichtliches Verfahren irrelevant sei und die finanzielle und personelle Ausstattung der Medizinischen Universität Innsbruck die Beantwortung überschießender Anträge nicht zulasse, gemäß §1 Abs2 Auskunftspflichtgesetz rechtmäßig verweigert wurde, nicht anzustellen.
Demgemäß wurde beschlossen, von einer Behandlung der Beschwerde abzusehen (§19 Abs3 Z1 iVm §31 letzter Satz VfGG).
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