VfGH B428/08

VfGHB428/0815.12.2008

Verletzung im Gleichheitsrecht durch Abweisung einer Maßnahmenbeschwerde gegen die abfallpolizeiliche Anordnung der Räumung einer Grundfläche von gefährlichen Abfällen; willkürliche Beurteilung des Liegenschaftseigentümers als Anlageninhaber im Sinne des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002; Beendigung des Mietverhältnisses zum früheren Anlagenbetreiber sowie dessen Konkurs kein ausreichender Grund für die Annahme des Übergangs der Anlageninhaberschaft

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
AbfallwirtschaftsG 2002 §62 Abs4, §74
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
AbfallwirtschaftsG 2002 §62 Abs4, §74

 

Spruch:

Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft) ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.340,- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die beschwerdeführende Partei ist Rechtsnachfolgerin von N. L., des verstorbenen Eigentümers zweier Liegenschaften in Wien, auf denen von einem näher bezeichneten Dritten aufgrund eines mit N. L. abgeschlossenen Mietvertrages eine - auch auf gefährliche Abfälle bezogene - Abfallbehandlungsanlage betrieben wurde.

2. Anlässlich einer am 24. Mai 2006 unter Beiziehung von Sachverständigen seitens der Magistratsabteilung 22 (für den Landeshauptmann von Wien als Anlagenbehörde) gemäß §62 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) idF BGBl. I 34/2006 vorgenommenen Revision wurden dem (nach Aufhebung des Konkurses über das Vermögen des früheren Betreibers und dessen Löschung aus dem Firmenbuch) als Anlageninhaber angesehenen (damaligen) Liegenschaftseigentümer N. L. wegen Vorliegens von Gefahr im Verzug gemäß §62 Abs4 AWG 2002 im Wege unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt die unverzügliche Durchführung bestimmter Sofortmaßnahmen angeordnet; nach Unterbleiben der umgehenden Befolgung des Auftrages seitens des Verpflichteten erfolgte die Durchführung aufgrund behördlicher Veranlassung am 30. und 31. Mai 2006.

Der beim Verfassungsgerichtshof bekämpfte Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien (UVS) vom 11. Jänner 2007 (Abweisung der wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art129a Abs1 Z2 B-VG erhobenen Maßnahmenbeschwerde) wurde mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 15. Dezember 2008, B340/07, aufgehoben.

3. Mit dem nunmehr angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid des UVS vom 8. Jänner 2008 wurde der beschwerdeführenden Partei (in ihrer Eigenschaft als Rechtsnachfolgerin des Grundeigentümers N. L.) der Ersatz der Kosten für die vom Landeshauptmann von Wien veranlasste Durchführung der genannten abfallpolizeilichen Sofortmaßnahmen am 30. und 31. Mai 2006 iHv € 15.416,62 aufgetragen.

4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Unversehrtheit des Eigentums sowie auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt wird.

5. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie dem Beschwerdevorbringen entgegentritt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Die vorliegende Beschwerde entspricht in allen entscheidungswesentlichen Belangen der dem hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 2008 zugrunde liegenden, zu B427/08 protokollierten Beschwerde derselben beschwerdeführenden Partei, mit der sie einen im Zusammenhang mit der behördlichen Durchführung (anderer) abfallpolizeilicher Sofortmaßnahmen in Bezug auf dieselbe Anlage ergangenen - vergleichbar begründeten - (Kostenvorschreibungs-)Bescheid des UVS bekämpfte.

2. Der Verfassungsgerichtshof kann sich daher darauf beschränken, auf die Entscheidungsgründe des zu B427/08 am 15. Dezember 2008 gefällten Erkenntnisses zu verweisen; aus diesem ergibt sich auch für den vorliegenden Fall, dass die beschwerdeführende Partei durch den nunmehr angefochtenen Bescheid in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt wurde und der Bescheid daher aufzuheben war.

3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 360,- sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 180,-

enthalten.

4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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