VfGH B340/07

VfGHB340/0715.12.2008

Verletzung im Gleichheitsrecht durch Abweisung einer Maßnahmenbeschwerde gegen die abfallpolizeiliche Anordnung der Räumung einer Grundfläche von gefährlichen Abfällen; willkürliche Beurteilung des Liegenschaftseigentümers als Anlageninhaber im Sinne des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002; Beendigung des Mietverhältnisses zum früheren Anlagenbetreiber sowie dessen Konkurs kein ausreichender Grund für die Annahme des Übergangs der Anlageninhaberschaft

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
AbfallwirtschaftsG 2002 §62 Abs4, §74
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
AbfallwirtschaftsG 2002 §62 Abs4, §74

 

Spruch:

Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft) ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.340,- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die beschwerdeführende Partei ist Rechtsnachfolgerin von N. L., des verstorbenen Eigentümers zweier Liegenschaften in Wien, auf denen aufgrund eines Mietvertrages mit N. L. von einem näher bezeichneten Dritten eine - auch auf gefährliche Abfälle bezogene - Abfallbehandlungsanlage betrieben wurde.

2. Anlässlich einer am 24. Mai 2006 unter Beiziehung mehrerer Sachverständiger seitens der Magistratsabteilung 22 (für den Landeshauptmann von Wien als Anlagenbehörde) gemäß §62 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) idF BGBl. I 34/2006 vorgenommenen Revision wurden diverse Missstände v.a. hinsichtlich der Lagerung von Abfällen sowie "Gefahr im Verzug" konstatiert, weshalb dem (nach Aufhebung des Konkurses über das Vermögen des früheren Anlagenbetreibers und dessen Löschung aus dem Firmenbuch) als Anlageninhaber angesehenen Liegenschaftseigentümer N. L. gemäß §62 Abs4 AWG 2002 im Wege unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt die unverzügliche Durchführung bestimmter (Sofort-)Maßnahmen aufgetragen wurde.

Da der Genannte diesen Anordnungen keine Folge leistete, wurden die Maßnahmen im Auftrag des Landeshauptmannes von Wien gemäß §62 Abs4 AWG 2002 im Wege der Ersatzvornahme am 30. und 31. Mai 2006 durchgeführt.

3. Gegen die Anordnung der Maßnahmen erhob der Liegenschaftseigentümer N. L. mit Schriftsatz vom 4. Juli 2006 beim Unabhängigen Verwaltungssenat Wien (im Folgenden: UVS) Maßnahmenbeschwerde, die nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Bescheid vom 11. Jänner 2007 als unbegründet abgewiesen wurde.

4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Unversehrtheit des Eigentums sowie auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt wird.

5. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie den angefochtenen Bescheid verteidigt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Die vorliegende Beschwerde entspricht in allen entscheidungswesentlichen Belangen der dem hg. Erkenntnis vom 3. Dezember 2008, B1702/07, zugrunde liegenden Beschwerde derselben beschwerdeführenden Partei, mit der sie sich gegen einen in einem anderen Maßnahmenbeschwerdeverfahren in Bezug auf dieselbe Anlage ergangenen (und hinsichtlich der Frage der Anlageninhabereigenschaft des N. L. im Kern gleichlautend wie hier begründeten) Bescheid des UVS wandte.

2. Der Verfassungsgerichtshof kann sich daher darauf beschränken, auf die Entscheidungsgründe seines zu B1702/07 am 3. Dezember 2008 gefällten Erkenntnisses zu verweisen; aus diesem ergibt sich auch für den vorliegenden Fall, dass die beschwerdeführende Partei durch den nunmehr angefochtenen Bescheid in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt wurde und der Bescheid daher aufzuheben war.

3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 360,- sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 180,-

enthalten.

4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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