Normen
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art7 Abs1 / Verordnung
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art83 Abs2
B-VG Art133 Z4
ASVG §31 Abs3 Z12, §351c Abs9, Abs10
EMRK Art6 Abs1 / Tribunal
StGG Art5
StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübungsfreiheit
Verfahrensordnung zur Herausgabe des Erstattungskodex nach §351g ASVG §23, §24, §25 Abs2 Z3
Richtlinie 89/105/EWG
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art7 Abs1 / Verordnung
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art83 Abs2
B-VG Art133 Z4
ASVG §31 Abs3 Z12, §351c Abs9, Abs10
EMRK Art6 Abs1 / Tribunal
StGG Art5
StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübungsfreiheit
Verfahrensordnung zur Herausgabe des Erstattungskodex nach §351g ASVG §23, §24, §25 Abs2 Z3
Richtlinie 89/105/EWG
Spruch:
I. Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
II. Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren
1. Am 28. Februar 2011 stellte die beschwerdeführende Partei den Antrag auf Aufnahme von Onbrez Breezhaler 150 Mikrogramm Hartkapseln mit Pulver zur Inhalation (10 und 30 Stück) sowie 300 Mikrogramm Hartkapseln mit Pulver zur Inhalation (30 Stück) in den grünen Bereich des Erstattungskodex. Im Rahmen der pharmakologischen Evaluation erfolgte eine Einstufung nach dem Innovationsgrad gemäß §23 Abs2 Z5 VO‑EKO ("Die beantragte Arzneispezialität hat einen neuen Wirkstoff einer im Erstattungskodex angeführten Wirkstoffgruppe mit einheitlichem Wirkprinzip."). Als therapeutische Alternativen wurde gemäß §23 Abs1 Z2 VO‑EKO die Heranziehung der Arzneispezialitäten mit den aktiven Wirkstoffen Formoterol und Salmeterol (sog. LABAs d.s. "long acting beta-2-agonists") sowie auch Tiotropium beantragt. Für die medizinisch-therapeutische Evaluation wurden drei klinische Studien sowie eine Reihe von Expertenstatements eingereicht, auf Grund derer eine Einstufung nach §24 Abs2 Z6 VO‑EKO ("Die beantragte Arzneispezialität hat einen wesentlichen zusätzlichen therapeutischen Nutzen für die Mehrzahl der Patienten/Patientinnen, welche für die Behandlung mit dem beantragten Mittel in Frage kommen, im Vergleich zu therapeutischen Alternativen.") beantragt wurde. Als Regeltext für die bestimmte Verwendung wurde "stabile mittelgradige bis schwere COPD" beantragt. Für die gesundheitsökonomische Evaluation legte das Unternehmen ein pharmakoökonomisches Gutachten vor. Davon ausgehend stellte die beschwerdeführende Partei ein Preisangebot von 8,00 Euro für die 10Stück-Packung (150 Mikrogramm und 300 Mikrogramm) und 24,00 Euro für die 30Stück-Packung (300 Mikrogramm).
2. Nach den Feststellungen enthält die Arzneispezialität Onbrez Breezhaler als pharmakologisch aktiven Wirkstoff Indacaterol, welcher als Agonist an Beta-2-Rezeptoren der Bronchien zu einer aktiven Erweiterung der Bronchialmuskulatur führt und zur Behandlung der chronisch-obstruktiven Pulmonalerkrankung (im Folgenden: COPD) zugelassen ist. Wegen seiner langen Wirkdauer muss Indacaterol nur ein Mal täglich angewendet werden. Nach dem ATC-Code ist Indacaterol unter R03AC18 (Respirationstrakt > Mittel bei obstruktiven Atemwegserkrankungen > Inhalative Sympathomimetika > Selektive Beta-2-Adrenozeptor-Agonisten > Indacaterol) eingeordnet.
Weitere im grünen Bereich des Erstattungskodex als erstattungsfähig angeführte langwirkende Beta-2-Agonisten (LABAs) sind Formoterol (ATC-Code R03AC13; Arzneispezialitäten Foradil, Oxis, Formoterol "ratiopharm" und Novolizer Formoterol "Meda") sowie Salmeterol (ATC-Code R03AC12; Arzneispezialität Serevent), die jeweils für die zwei Mal tägliche Inhalation vorgesehen sind. Die Arzneispezialitäten, die für diese beiden Wirkstoffe im Erstattungskodex gelistet sind, sind neben der Behandlung der COPD auch für die Behandlung von Patienten mit Asthma erstattungsfähig.
Die im Antrag als weitere therapeutische Alternative angeführte Arzneispezialität Spiriva enthält als aktiven Wirkstoff Tiotropium (ATC-Code R03BB04; Respirationstrakt > Mittel bei obstruktiven Atemwegserkrankungen > Andere inhalative Mittel bei obstruktiven Atemwegserkrankungen > Anticholinergika > Tiotropiumbromid), welches als Agonist an muskarinischen Acetylcholinrezeptoren die bronchokonstriktorische Wirkung von Acetylcholin verhindert. Erstattungsfähig ist diese Arzneispezialität ebenso wie Onbrez nur für Patienten mit COPD, nicht aber bei Asthma. Tiotropium wird bestimmungsgemäß ebenso wie Onbrez nur ein Mal täglich angewendet.
3. Die Heilmittel-Evaluierungs-Kommission (im Folgenden: HEK) gab im erstinstanzlichen Verfahren zuletzt eine Empfehlung des Inhalts "Keine Aufnahme in den grünen Bereich des Erstattungskodex" ab. Der festgestellte pharmakologische Innovationsgrad gemäß §23 Abs2 Z5 VO‑EKO entspreche der Angabe im Antrag. Als therapeutische Alternativen seien die im Erstattungskodex befindlichen, pharmakologisch verwandten Präparate Foradil, Oxis und Serevent heranzuziehen, nicht aber Spiriva, da es sich dabei um eine Arzneispezialität einer anderen Wirkstoffgruppe mit einem anderen Wirkprinzip als die beantragte Arzneispezialität handle. Zur medizinisch-therapeutischen Evaluation führte die HEK aus, dass die von der beschwerdeführenden Partei vorgenommene Einstufung gemäß §24 Abs2 Z6 VO‑EKO nicht nachvollziehbar sei. Es habe den vorgelegten Studien nur die statistisch signifikante und klinisch relevante Überlegenheit gegenüber Placebo entnommen werden können. Ein wesentlicher zusätzlicher klinisch relevanter therapeutischer Patientennutzen gegenüber den im Rahmen der pharmakologischen Evaluation festgelegten therapeutischen Alternativen sei nicht belegt worden. Es bestehe aber auf Grund der längeren Wirkungsdauer von Indacaterol ein zusätzlicher therapeutischer Nutzen für eine Untergruppe von Patienten (die HEK ging dabei von einem von 15 behandelten Patienten aus) im Verhältnis sowohl zum Wirkstoff Salmeterol als auch zu Formoterol. Die Wirtschaftlichkeit sei jedoch nicht gegeben, wobei zum Vergleich die günstigste im grünen Bereich des Erstattungskodex enthaltene Arzneispezialität (ein Generikum) herangezogen wurde.
4. Der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger (im Folgenden: Hauptverband) wies die Anträge der beschwerdeführenden Partei mit Bescheid vom 3. Oktober 2011 ab und verfügte die Streichung der beantragten Arzneispezialität aus dem Erstattungskodex. In der Begründung dieser Entscheidung stützte sich der Hauptverband auf die Empfehlung der HEK.
5. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde gab die belangte Behörde mit Entscheidung vom 26. Jänner 2012 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung keine Folge.
6. Gegen diese als Bescheid zu qualifizierende Entscheidung richtet sich die vorliegende Beschwerde "wegen Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten sowie wegen Anwendung gesetzwidriger Verordnungen und wegen Anwendung verfassungswidriger Gesetze".
7. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und sah von der Erstattung einer Gegenschrift ab; der Hauptverband erstattete eine Äußerung, in der er den Beschwerdeausführungen entgegentritt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.
II. Rechtslage
1. Die im Beschwerdefall in Betracht zu ziehenden Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes – ASVG, BGBl 189/1955, in der hier maßgeblichen Fassung, lauten auszugsweise:
1.1. Gemäß §31 Abs3 Z12 ASVG gehört zu den Aufgaben des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger:
"12. die Herausgabe eines Erstattungskodex der Sozialversicherung für die Abgabe von Arzneispezialitäten auf Rechnung eines Sozialversicherungsträgers im niedergelassenen Bereich; in dieses Verzeichnis sind jene für Österreich zugelassenen, erstattungsfähigen und gesichert lieferbaren Arzneispezialitäten aufzunehmen, die nach den Erfahrungen im In- und Ausland und nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft eine therapeutische Wirkung und einen Nutzen für Patienten und Patientinnen im Sinne der Ziele der Krankenbehandlung (§133 Abs2) annehmen lassen. Die Arzneispezialitäten sind nach dem anatomisch-therapeutisch-chemischen Klassifikationssystem der Weltgesundheitsorganisation (ATC-Code) zu ordnen. Sie sind im Erstattungskodex jeweils einem der folgenden Bereiche zuzuordnen:
a) Roter Bereich (red box): Dieser Bereich beinhaltet zeitlich befristet jene Arzneispezialitäten, die erstmalig am österreichischen Markt lieferbar sind und für deren Aufnahme in den Erstattungskodex ein Antrag nach §351c Abs1 gestellt wurde. Sie unterliegen der ärztlichen Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes der Sozialversicherungsträger nach Maßgabe der Richtlinie nach §31 Abs5 Z13. Zur Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit darf einem Sozialversicherungsträger für eine Arzneispezialität dieses Bereiches der ermittelte EU-Durchschnittspreis verrechnet werden.
b) Gelber Bereich (yellow box): Dieser Bereich beinhaltet jene Arzneispezialitäten, die einen wesentlichen zusätzlichen therapeutischen Nutzen für Patienten und Patientinnen aufweisen und die aus medizinischen oder gesundheitsökonomischen Gründen nicht in den grünen Bereich aufgenommen werden. Arzneispezialitäten dieses Bereiches unterliegen der ärztlichen Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes der Sozialversicherungsträger nach Maßgabe der Richtlinie nach §31 Abs5 Z13. Bezieht sich die Aufnahme von Arzneispezialitäten in diesen Bereich auch auf bestimmte Verwendungen (zB Gruppen von Krankheiten, ärztliche Fachgruppen, Altersstufen von Patient(inn)en, Mengenbegrenzung oder Darreichungsform), kann die ärztliche Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes durch eine nachfolgende Kontrolle der Einhaltung der bestimmten Verwendung ersetzt werden. Zur Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit darf einem Sozialversicherungsträger für eine Arzneispezialität dieses Bereiches höchstens der ermittelte EU-Durchschnittspreis verrechnet werden.
c) Grüner Bereich (green box): Dieser Bereich beinhaltet jene Arzneispezialitäten, deren Abgabe ohne ärztliche Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes der Sozialversicherungsträger auf Grund ärztlicher Verschreibung medizinisch und gesundheitsökonomisch sinnvoll und vertretbar ist. Die Aufnahme von Arzneispezialitäten in diesem Bereich kann sich auch auf bestimmte Verwendungen (zB Gruppen von Krankheiten, ärztliche Fachgruppen, Altersstufen von Patient(inn)en oder Darreichungsform) beziehen.
d) Die Stoffe für magistrale Zubereitungen gelten als Teil des grünen Bereiches, es sei denn, sie werden auf Grund einer Empfehlung der Heilmittel-Evaluierungs-Kommission ausdrücklich im gelben Bereich angeführt.
Arzneispezialitäten und Stoffe für magistrale Zubereitungen können nur dann als Leistung der Krankenbehandlung auf Rechnung eines Sozialversicherungsträgers abgegeben werden, wenn sie im Erstattungskodex angeführt sind (§350). In begründeten Einzelfällen ist die Erstattungsfähigkeit auch dann gegeben, wenn die Arzneispezialität nicht im Erstattungskodex angeführt ist, aber die Behandlung aus zwingenden therapeutische Gründen notwendig ist und damit die Verschreibung in diesen Einzelfällen nicht mit Arzneispezialitäten aus dem Erstattungskodex durchgeführt werden kann. Diese unterliegen der ärztlichen Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes. Die nähere Organisation und das Verfahren zur Herausgabe des Erstattungskodex regelt der Hauptverband in der Verordnung nach §351g. Er hat dazu als beratendes Gremium eine Heilmittel-Evaluierungs-Kommission einzurichten."
1.2. Die §§351c ff. ASVG lauten auszugsweise:
"Erstattungskodex
Aufnahme von Arzneispezialitäten in den Erstattungskodex
§351c. (1) Das vertriebsberechtigte Unternehmen beantragt beim Hauptverband die Aufnahme einer Arzneispezialität in den gelben oder den grünen Bereich des Erstattungskodex. Mit Einlangen des Antrages, mit dem zumindest die Zulassungsnummer und ein Preis bekannt gegeben wird und dem eine Bestätigung der Lieferfähigkeit und eine Bestätigung über die Dauer der Patentlaufzeit angeschlossen ist, wird die Arzneispezialität zeitlich befristet in den roten Bereich aufgenommen. Stellt der Hauptverband innerhalb von 90 Tagen (wird auch über den Preis entschieden, innerhalb von 180 Tagen) nach Einlangen des Antrages fest, dass die Arzneispezialität nicht in den gelben oder grünen Bereich des Erstattungskodex aufzunehmen ist, so ist sie aus dem roten Bereich des Erstattungskodex zu streichen. Der Hauptverband hat die Änderungen des Erstattungskodex monatlich im Internet kundzumachen.
(2) – (6) […]
(7) Sonderbestimmungen für den roten Bereich (red box) des Erstattungskodex:
1. Der Preis der Arzneispezialität darf den EU Durchschnittspreis nicht überschreiten.
2. So lange ein EU-Durchschnittspreis nicht festgestellt werden kann, ist vorläufig der vom vertriebsberechtigten Unternehmen gemeldete Preis heranzuziehen. Die Preiskommission hat spätestens alle sechs Monate eine Preisevaluierung durchzuführen. Wird dabei festgestellt, dass der vorläufige österreichische Erstattungspreis über dem ermittelten EU Durchschnittspreis liegt, so hat das vertriebsberechtigte Unternehmen den Differenzbetrag innerhalb von sechs Monaten ab begründeter Aufforderung an die Sozialversicherungsträger zurückzuzahlen.
(8) Sonderbestimmungen für den gelben Bereich (yellow box) des Erstattungskodex: Eine Arzneispezialität kann in den gelben Bereich aufgenommen werden, wenn die Heilmittel-Evaluierungs-Kommission (§351g) eine wesentliche therapeutische Innovation festgestellt hat.
(9) Sonderbestimmungen für den grünen Bereich (green box) des Erstattungskodex:
1. Eine Arzneispezialität wird dann in den grünen Bereich aufgenommen, wenn die Heilmittel-Evaluierungs-Kommission in ihrer Empfehlung eine gleiche oder ähnliche therapeutische Wirkung im Vergleich zu bereits im grünen Bereich vorhandenen Arzneispezialitäten festgestellt hat, und ein ausreichend großer Preisunterschied zu diesen Produkten vereinbart werden kann.
2. Wird für die beantragte Arzneispezialität ein höherer Preis, als der für die in diesem Bereich angeführten Vergleichspräparate geltende Preis angestrebt, so muss die Heilmittel-Evaluierungs-Kommission in ihrer Empfehlung einen therapeutischen Mehrwert im Vergleich zu Arzneispezialitäten im grünen Bereich feststellen.
(10) Liegt für eine Arzneispezialität ein wirkstoffgleiches Nachfolgeprodukt (Generikum) vor, so gilt zur Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit Folgendes:
1. Der Hauptverband hat mit dem vertriebsberechtigten Unternehmen des Originalprodukts eine Preisreduktion von 30 % zu vereinbaren, womit die Arzneispezialität weiter im Erstattungskodex bleibt. Für die Aufnahme des Generikums in den Erstattungskodex vereinbart der Hauptverband mit dem vertriebsberechtigten Unternehmen einen Preis, der um 25,7 % unter dem abgesenkten Preis des Originalprodukts liegt. Alle weiteren Generika werden vom Hauptverband in den Erstattungskodex aufgenommen, wenn ein genügend großer Preisunterschied zum ersten Generikum besteht. Sobald durch ein Generikum eine dritte Preisreduktion erfolgt ist, kann der Hauptverband mit dem vertriebsberechtigten Unternehmen des Originalprodukts eine neuerliche Preisreduktion vereinbaren. Kann eine Einigung nicht erzielt werden, so ist die Arzneispezialität aus dem Erstattungskodex zu streichen.
2. Der Hauptverband kann bei ausgewählten Indikationsgruppen zur Förderung der Verfügbarkeit eines Generikums abweichende Regelungen zur Anwendung bringen.
3. Ist abzusehen, dass bei einer Arzneispezialität trotz rechtlicher Möglichkeit in Österreich kein Generikum vorliegen wird und der Hauptverband mit dem vertriebsberechtigten Unternehmen ab diesem Zeitpunkt keine Preisreduktion vereinbaren kann, so kann der Hauptverband ein Jahr davor den Wirkstoff oder die Wirkstoffklasse auf Empfehlung der Heilmittel-Evaluierungs-Kommission ausschreiben.
Entscheidung des Hauptverbandes
§351d. (1) Der Hauptverband hat über den Antrag auf Aufnahme in den gelben oder grünen Bereich des Erstattungskodex innerhalb von 90 Tagen (wird auch über den Preis entschieden, innerhalb von 180 Tagen) ab Antragstellung auf Grundlage der Empfehlung der Heilmittel-Evaluierungs-Kommission zu entscheiden. Der Fristenlauf wird gehemmt, wenn die vom vertriebsberechtigten Unternehmen vorzulegenden Unterlagen (zB Studien, Gutachten usw.) nicht, nicht vollständig oder nicht in der aktuellen Fassung vorgelegt werden. Bei der Entscheidung über die Aufnahme in den Erstattungskodex sind für alle Arzneispezialitäten dieselben Prüfmaßstäbe anzulegen.
(2) Der Hauptverband hat seine Entscheidung nur dann zu begründen, wenn dem Antrag nicht stattgegeben wird. Der Antragsteller ist über die Möglichkeit der Beschwerde an die Unabhängige Heilmittelkommission sowie über die Rechtsmittelfristen nach §351i Abs3 zu belehren.
(3) Ist ein Verfahren abgeschlossen, so ist der Hauptverband zur Entscheidung über einen neuerlichen Antrag hinsichtlich ein und derselben Arzneispezialität erst dann verpflichtet, wenn das vertriebsberechtigte Unternehmen dem Hauptverband das Vorliegen wesentlicher neuer Erkenntnisse nachweist."
"Streichung aus dem Erstattungskodex
§351f. (1) Der Hauptverband hat den Erstattungskodex regelmäßig daraufhin zu überprüfen, ob die angeführten Arzneispezialitäten den Prüfmaßstäben nach den §§31 Abs3 Z12 und 351c entsprechen. Er hat eine Arzneispezialität aus dem Erstattungskodex zu streichen, in einen anderen Bereich zu übernehmen oder die Anführung auf bestimmte Verwendungen einzuschränken, wenn die Voraussetzungen für die Aufnahme nicht oder nur mehr für bestimmte Verwendungen erfüllt sind, insbesondere weil neue pharmakologische oder medizinisch-therapeutische oder gesundheitsökonomische Umstände eingetreten sind. Der Hauptverband hat vor der Entscheidung, eine Arzneispezialität aus dem Erstattungskodex zu streichen oder in einen anderen Bereich zu übernehmen, dem vertriebsberechtigten Unternehmen Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 30 Tagen zu geben. Das vertriebsberechtigte Unternehmen legt dem Hauptverband auf Verlangen binnen 60 Tagen jene Unterlagen vor, die geeignet sind, die Zweifel aus pharmakologischer oder medizinisch-therapeutischer oder gesundheitsökonomischer Sicht auszuräumen. Allfällige Kosten für die Erstellung diesbezüglicher Gutachten oder Studien trägt das vertriebsberechtigte Unternehmen.
(2) Das Bundesministerium für Gesundheit und Frauen hat jede Aufhebung der Zulassung einer Arzneispezialität dem Hauptverband mitzuteilen. Die Arzneispezialität ist unverzüglich aus dem Erstattungskodex zu streichen.
Verordnungsermächtigung, Werbeverbot
§351g. (1) Die nähere Organisation zur Aufnahme einer Arzneispezialität und das Verfahren zur Herausgabe des Erstattungskodex regelt der Hauptverband durch Verordnung, die der Genehmigung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen bedarf. Vor Genehmigung hat eine Anhörung der Wirtschaftskammer Österreich zu erfolgen. Diese Verfahrensordnung hat insbesondere Zahl, Qualität und Form der vorzulegenden Unterlagen festzulegen und Regeln darüber zu enthalten, in welchen Fällen weiterführende Studien notwendig sind. Die Verordnung ist vom Hauptverband im Internet kundzumachen.
(2) In der Verordnung nach Abs1 wird das Verfahren der Heilmittel-Evaluierungs-Kommission geregelt. Dieser Kommission sind alle Anträge auf Aufnahme (einschließlich aller Änderungen) einer Arzneispezialität in den Erstattungskodex vorzulegen. Diese Kommission ist auch anzuhören, wenn der Hauptverband von sich aus eine Veränderung im Erstattungskodex beabsichtigt. Die Kommission hat dem Hauptverband insbesondere zu empfehlen,
1. ob und für welche Indikationen und Gruppen von Patienten und Patientinnen ein wesentlicher zusätzlicher therapeutischer Nutzen einer Arzneispezialität vorliegt und wie dieser ökonomisch bewertet werden kann, damit die Arzneispezialität in den gelben Bereich aufgenommen werden oder dort verbleiben kann,
2. ob und welcher therapeutische Mehrwert (Zusatznutzen für Patienten und Patientinnen) einer Arzneispezialität vorliegt und wie dieser ökonomisch bewertet werden kann, damit die Arzneispezialität in den grünen Bereich aufgenommen werden oder dort verbleiben kann,
3. ob im Sinne einer sicheren und wirtschaftlichen Versorgung der Patienten und Patientinnen ein Vergabeverfahren für Wirkstoffe oder Wirkstoffgruppen eingeleitet werden sollte, um günstigere Bedingungen für die Heilmittelerstattung zu erreichen (zB wenn das Preisband zu breit oder keine Nachfolge durch ein Generikum möglich ist) und
4. bei welchen medizinischen Bedürfnissen und epidemiologischen Notwendigkeiten die ärztliche Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes der Sozialversicherungsträger angewendet werden sollte.
Die Empfehlungen der Heilmittel-Evaluierungs-Kommission haben den Kriterien der Wissenschaft, der Transparenz und der gesundheitsökonomischen Bewertungen zu entsprechen.
(3) Der Heilmittel-Evaluierungs-Kommission gehören zehn Vertreter der Sozialversicherung, drei unabhängige Vertreter der Wissenschaft aus einschlägigen Fachrichtungen (Pharmakologen und Mediziner von Universitätsinstituten), je zwei Vertreter der Wirtschaftskammer Österreich, der Bundesarbeitskammer und der Österreichischen Ärztekammer sowie ein Vertreter der Österreichischen Apothekerkammer an. Weiters gehört der Heilmittel-Evaluierungs-Kommission eine Vertreterin/ein Vertreter der Bundesländer an, mit der/dem Empfehlungen, ob neue Arzneispezialitäten intra- und/oder extramural verabreicht werden können, abzustimmen sind, ohne dass sich die Mehrheitsverhältnisse in der Kommission dadurch ändern.
(4) Der Hauptverband hat durch Verordnung pauschalierte Kostenersätze für die Kosten der Verfahren nach den §§351c Abs1 und 351e festzusetzen. Die Höhe der pauschalierten Kostenersätze hat sich nach den Kosten eines durchschnittlichen Verfahrens zu richten, wobei jedenfalls zwischen Verfahren zur Aufnahme einer Arzneispezialität in den Erstattungskodex und Verfahren zur Änderung der Verschreibbarkeit oder zur Preiserhöhung der im Erstattungskodex angeführten Arzneispezialitäten zu unterscheiden ist. Die Antragsteller/Antragstellerinnen haben die Kostenersätze gleichzeitig mit der Antragstellung an den Hauptverband zu entrichten, anderenfalls der Antrag als unvollständig gilt. Die Verordnung ist im Internet zu veröffentlichen.
(5) Für die im Erstattungskodex angeführten Arzneispezialitäten, insbesondere für rezeptfreie Produkte, ist jegliche Werbung, die für die Verbraucher/innen bestimmt ist, zu unterlassen; ausgenommen von diesem Werbeverbot sind rezeptfreie Arzneispezialitäten, die vom Hauptverband von sich aus (§351c Abs5) gegen den Willen des vertriebsberechtigten Unternehmens in den Erstattungskodex aufgenommen wurden.
Einrichtung und Zusammensetzung
der Unabhängigen Heilmittelkommission
§351h. (1) Zur Überprüfung der Entscheidungen des Hauptverbandes über die Aufnahme von Arzneispezialitäten in den Erstattungskodex ist beim Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen eine Unabhängige Heilmittelkommission einzurichten.
(2) Die Unabhängige Heilmittelkommission besteht aus einem Richter (einer Richterin) des Obersten Gerichtshofes oder eines Oberlandesgerichtes als Vorsitzendem (als Vorsitzender) und sieben BeisitzerInnen. Die Mitglieder werden jeweils für eine Amtsdauer von fünf Jahren bestellt. Sachverhalte, die ein Naheverhältnis zur Sozial- oder Privatversicherung oder zu Pharmaunternehmen begründen könnten, sind vor der Bestellung sowie nach ihrem Eintreten gegenüber dem Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen und den nach Abs3 vorschlagsberechtigten Stellen offen zu legen. Wer befangen ist, hat sich im konkreten Verfahren jeglicher Tätigkeit zu enthalten.
(3) Der (die) Vorsitzende der Unabhängigen Heilmittelkommission wird vom Bundesminister für Justiz bestellt. Als Beisitzer(innen) gehören der Unabhängigen Heilmittelkommission jeweils ein(e) von den nachfolgenden Organisationen vorgeschlagene(r) Vertreter(in) an:
1. Österreichische Pharmakologische Gesellschaft,
2. Österreichische Ärztekammer,
3. Österreichische Apothekerkammer,
4. Wirtschaftskammer Österreich,
5. Gesundheit Österreich GmbH,
6. Bundesarbeitskammer,
7. Hauptverband.
Die Beisitzer(innen) sowie jeweils ein(e) Stellvertreter(in) werden von der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen bestellt und haben über die erforderlichen Zeitressourcen zur Ausübung ihres Amtes zu verfügen.
(4) Für den (die) Vorsitzende(n) und die BeisitzerInnen sind gleichzeitig mit ihrer Bestellung und auf dieselbe Weise Stellvertreter(innen) zu bestellen. Der (die) jeweilige Stellvertreter(in) hat das Mitglied der Unabhängigen Heilmittelkommission, zu dessen Vertretung er (sie) bestellt wurde, zu vertreten, wenn dieses an der Ausübung seiner Funktion in der Unabhängigen Heilmittelkommission verhindert ist.
(5) Die Mitglieder der Unabhängigen Heilmittelkommission und ihre Stellvertreter(innen) sind in Ausübung ihres Amtes unabhängig und weisungsfrei; sie sind zur Amtsverschwiegenheit verpflichtet. Entscheidungen der Unabhängigen Heilmittelkommission unterliegen weder der Aufhebung noch der Änderung im Verwaltungsweg. Der Bundesminister für Gesundheit hat das Recht, sich über alle Gegenstände der Geschäftsführung zu unterrichten.
(6) Ein Mitglied der Unabhängigen Heilmittelkommission ist vom bestellenden Bundesminister seines Amtes zu entheben, wenn die Bestellungsvoraussetzungen nach Abs2 nicht mehr vorliegen oder wenn das Mitglied
1. dies beantragt oder
2. seine Pflichten nicht erfüllt oder nicht in der Lage ist, seine Pflichten zu erfüllen.
Aufgaben der Unabhängigen Heilmittelkommission
§351i. (1) Die Unabhängige Heilmittelkommission entscheidet
1. über Beschwerden des Antragstellers,
a) dessen Antrag auf Aufnahme einer Arzneispezialität in den gelben oder grünen Bereich des Erstattungskodex (teilweise) abgelehnt wurde oder
b) über dessen Antrag nicht fristgerecht (§351d Abs1) entschieden wurde;
2. über Beschwerden des vertriebsberechtigten Unternehmens, dessen Arzneispezialität aus dem Erstattungskodex gestrichen werden soll.
(2) Die Unabhängige Heilmittelkommission entscheidet auch über Beschwerden des vertriebsberechtigten Unternehmens gegen Entscheidungen des Hauptverbandes, mit denen Forderungen nach einer Änderung der Verschreibbarkeit oder nach einer Preiserhöhung von Arzneispezialitäten abgelehnt wurden, oder wenn über diese Forderungen nicht fristgerecht (§351d Abs1) entschieden wurde.
(3) – (5) [...]
(6) Die Unabhängige Heilmittelkommission ist beschlussfähig, wenn der (die) Vorsitzende und mindestens vier andere Mitglieder anwesend sind. Sie trifft ihre Entscheidungen mit einfacher Stimmenmehrheit. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des (der) Vorsitzenden oder seines (ihres) Stellvertreters (ihrer/seiner Stellvertreterin) den Ausschlag."
2. §§23 bis 25 der vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger erlassenen Verfahrensordnung zur Herausgabe des Erstattungskodex nach §351g ASVG (VO-EKO), Verlautbarung 47/2004 idF 106/2008, lauten auszugsweise folgendermaßen:
"Pharmakologische Evaluation
§23. (1) Ziel der pharmakologischen Evaluation ist:
1. Die Zuordnung und Bewertung der beantragten Arzneispezialität aus pharmakologischer Sicht im Kontext der verfügbaren therapeutischen Alternativen,
2. Die Festlegung der therapeutischen Alternativen und deren Dosierung als Grundlage für die medizinisch-therapeutische Evaluation. Soweit zweckmäßig sind dabei therapeutische Alternativen mit der gleichen oder praktisch gleichen Darreichungsform auf Basis der vierten Ebene des ATC-Codes festzulegen.
(2) Der Innovationsgrad der beantragten Arzneispezialität ist dabei wie folgt festzulegen:
1. Die beantragte Arzneispezialität hat den gleichen Wirkstoff, die gleiche Wirkstoffstärke und die gleiche oder praktisch gleiche Darreichungsform wie bereits eine oder mehrere im Erstattungskodex angeführte Arzneispezialitäten (wirkstoffgleiches Nachfolgeprodukt).
2. Die beantragte Arzneispezialität hat den gleichen Wirkstoff, die gleiche oder praktisch gleiche Darreichungsform wie bereits eine oder mehrere im Erstattungskodex angeführte Arzneispezialitäten, jedoch eine neue Wirkstoffstärke.
3. Die beantragte Arzneispezialität hat eine neue Kombination von Wirkstoffen, die bereits im Erstattungskodex angeführt sind.
4. Bei der beantragten Arzneispezialität handelt es sich um eine neue Darreichungsform eines im Erstattungskodex angeführten Wirkstoffes oder einer im Erstattungskodex angeführten Wirkstoffkombination.
5. Die beantragte Arzneispezialität hat einen neuen Wirkstoff einer im Erstattungskodex angeführten Wirkstoffgruppe mit einheitlich definiertem Wirkprinzip.
6. Die beantragte Arzneispezialität hat einen neuen Wirkstoff mit einem neuen Wirkprinzip zur Behandlung einer Erkrankung, zu deren Behandlung bereits Arzneispezialitäten im Erstattungskodex angeführt sind.
7. Mit der beantragten Arzneispezialität ist die erstmalige medikamentöse Behandlung einer Erkrankung möglich, welche bisher nichtmedikamentös behandelt wurde.
8. Mit der beantragten Arzneispezialität ist die erstmalige Behandlung einer Erkrankung möglich.
Medizinisch-therapeutische Evaluation
§24. (1) Ziel der medizinisch-therapeutischen Evaluation ist:
1. Die Festlegung und Quantifizierung der Gruppen von Patienten/Patientinnen, ie für die Behandlung mit der beantragten Arzneispezialität in Frage kommt,
2. Die Festlegung und Quantifizierung des Nutzens für Patienten/Patientinnen durch die Behandlung mit der beantragten Arzneispezialität im Vergleich zu den therapeutischen Alternativen (§23 Abs1),
3. Die Überprüfung und Festlegung der Validität der medizinisch-therapeutischen Angaben bei vorgelegten pharmakoökonomischen Studien.
(2) Die beantragte Arzneispezialität ist dabei im Rahmen einer Gesamtbetrachtung einer der folgenden Gruppen zuzuordnen:
1. Die beantragte Arzneispezialität hat keinen zusätzlichen therapeutischen Nutzen für Patienten/Patientinnen im Vergleich zu den im Rahmen der pharmakologischen Evaluation festgelegten Arzneispezialitäten (§23 Abs1), weil es sich um ein wirkstoffgleiches Nachfolgeprodukt gemäß §23 Abs2 Z1 handelt.
2. Die beantragte Arzneispezialität ist eine weitere Therapieoption mit gleichem oder ähnlichem therapeutischen Nutzen für Patienten/Patientinnen im Vergleich zu den im Rahmen der pharmakologischen Evaluation festgelegten Arzneispezialitäten (§23 Abs1).
3. Die beantragte Arzneispezialität hat einen zusätzlichen therapeutischen Nutzen für eine Untergruppe von Patienten/Patientinnen, welche für die Behandlung mit dem beantragten Mittel in Frage kommen, im Vergleich zu therapeutischen Alternativen (§23 Abs1).
4. Die beantragte Arzneispezialität hat einen zusätzlichen therapeutischen Nutzen für die Mehrzahl der Patienten/Patientinnen, welche für die Behandlung mit dem beantragten Mittel in Frage kommen, im Vergleich zu therapeutischen Alternativen (§23 Abs1).
5. Die beantragte Arzneispezialität hat einen wesentlichen zusätzlichen therapeutischen Nutzen für eine Untergruppe von Patienten/Patientinnen, welche für die Behandlung mit dem beantragten Mittel in Frage kommen, im Vergleich zu therapeutischen Alternativen (§23 Abs1).
6. Die beantragte Arzneispezialität hat einen wesentlichen zusätzlichen therapeutischen Nutzen für die Mehrzahl der Patienten/Patientinnen, welche für die Behandlung mit dem beantragten Mittel in Frage kommen, im Vergleich zu therapeutischen Alternativen (§23 Abs1).
(3) Bei der medizinisch-therapeutischen Evaluation ist auf die interne und externe Validität der Evidenz, welche den therapeutischen Nutzen für Patienten/Patientinnen belegen soll, Bedacht zu nehmen. [...]
Gesundheitsökonomische Evaluation
§25. (1) Ziel der gesundheitsökonomischen Evaluation ist die Beurteilung der beantragten Arzneispezialität im Hinblick auf eine ökonomische Krankenbehandlung im Kontext der verfügbaren therapeutischen Alternativen. Diese Evaluation basiert auf dem Ergebnis der medizinisch-therapeutischen Evaluation (§24). Dabei ist zu berücksichtigen, ob das Kosten-/Nutzenverhältnis der beantragten Arzneispezialität in Österreich gesundheitsökonomisch nachvollziehbar und vertretbar ist. Bei der Evaluation des Kosten-/Nutzenverhältnisses sind die direkten Kosten der Pflichtleistungen der Sozialversicherungsträger der Krankenbehandlung (Ärztliche Hilfe, Heilmittel, Heilbehelfe), der Anstaltspflege (auf Basis der LKF-Punkte) sowie der medizinischen Maßnahmen der Rehabilitation auf Basis der tatsächlich verrechneten Preise anzusetzen, allfällige Kostenbeteiligungen der Patienten/Patientinnen (insbesondere Selbstbehalte, Rezeptgebühr oder Behandlungsbeitrag) sind außer Ansatz zu lassen.
(2) Für die Aufnahme in den Grünen Bereich des Erstattungskodex ist wie folgt von der Wirtschaftlichkeit auszugehen:
1. Bei der Fallgruppe nach §24 Abs2 Z1 ist von der Wirtschaftlichkeit auszugehen, wenn die Voraussetzungen nach §351c Abs10 Z1 ASVG iVm §609 Abs20 ASVG gegeben sind. Maßgeblich für die Feststellung der Reihenfolge ist der Zeitpunkt der Aufnahme in den Grünen Bereich; dabei sind die Anträge nach Möglichkeit in der Reihenfolge ihrer Vollständigkeit zu erledigen.
a) Die Wirtschaftlichkeit des ersten wirkstoffgleichen Nachfolgeproduktes ist somit gegeben, wenn der Preis im Jahr 2004 um mindestens 44,0 %, im Jahr 2005 um mindestens 46,0 %, ab dem Jahr 2006 um mindestens 48,0 % unter dem Preis des im Grünen Bereich angeführten Originalproduktes liegt. Die Wirtschaftlichkeit des zweiten und jedes weiteren wirkstoffgleichen Nachfolgeproduktes ist somit gegeben, wenn ein genügend großer Preisunterschied zum jeweils zuletzt aufgenommenen Nachfolgeprodukt gegeben ist.
b) Die Wirtschaftlichkeit des im Grünen Bereich angeführten Originalproduktes ist dann gegeben, wenn der Preis spätestens drei Monate nach der Aufnahme des ersten wirkstoffgleichen Nachfolgeproduktes um mindestens 30,0 % gesenkt wird. Spätestens drei Monate nach Aufnahme des dritten wirkstoffgleichen Nachfolgeproduktes, ist der Preis des im Grünen Bereich angeführten Originalproduktes neuerlich zu senken, damit die Wirtschaftlichkeit gegeben ist. Kann eine Einigung nicht erzielt werden, so ist die Arzneispezialität aus dem Erstattungskodex zu streichen.
c) Gemäß §351c Abs10 Z2 ASVG kann der Hauptverband zur Förderung der Verfügbarkeit von wirkstoffgleichen Nachfolgeprodukten auf Empfehlung der HEK für bestimmte Wirkstoffe abweichende Regelungen anwenden, um das finanzielle Gleichgewicht der sozialen Krankenversicherungsträger zu gewährleisten.
2. Bei der Fallgruppe nach §24 Abs2 Z2 ist von der Wirtschaftlichkeit auszugehen, wenn die Behandlungskosten mit der beantragten Arzneispezialität ausreichend unter den vergleichbaren Behandlungskosten mit dem im Grünen Bereich angeführten günstigsten vergleichbaren Arzneispezialität liegen (§351c Abs9 Z1 ASVG).
3. Bei der Fallgruppe nach §24 Abs2 Z3 ist von der Wirtschaftlichkeit auszugehen, wenn die Behandlungskosten mit der beantragten Arzneispezialität im geringen Ausmaß über den vergleichbaren Behandlungskosten mit der im Grünen Bereich angeführten günstigsten vergleichbaren Arzneispezialität liegen (§351c Abs9 Z2 ASVG).
4. Bei der Fallgruppe nach §24 Abs2 Z4 ist von der Wirtschaftlichkeit auszugehen, wenn die Behandlungskosten mit der beantragten Arzneispezialität angemessen über den vergleichbaren Behandlungskosten mit der im Grünen Bereich angeführten günstigsten vergleichbaren Arzneispezialität liegen (§351c Abs9 Z2 ASVG).
5. Bei der Fallgruppe nach §24 Abs2 Z5 und 6 ist von der Wirtschaftlichkeit auszugehen, wenn deren Abgabe ohne ärztliche Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes der Sozialversicherungsträger gesundheitsökonomisch sinnvoll und vertretbar ist, insbesondere im Hinblick auf das zu erwartende Kosten/Nutzenverhältnis für die definierte Gruppe von Patienten/Patientinnen (§351c Abs9 Z2 ASVG). Dies ist vom antragstellenden Unternehmen anhand einer pharmakoökonomischen Studie nachzuweisen. Der Hauptverband kann bei Offensichtlichkeit auf die Vorlage der pharmakoökonomischen Studie durch das antragstellende Unternehmen vorläufig verzichten.
(3) – (6) [...]"
III. Erwägungen
Der Verfassungsgerichtshof hat über die – zulässige – Beschwerde erwogen:
1. Die beschwerdeführende Partei greift den angefochtenen Bescheid auf zwei Argumentationsebenen an: In prozessualer Hinsicht liege in der Beteiligung eines Bediensteten des Hauptverbandes an der Entscheidungsfindung der Unabhängigen Heilmittelkommission ein Verstoß gegen den Grundsatz eines fairen Verfahrens im Sinne des Art6 EMRK. In materiell-rechtlicher Hinsicht verstoße der angefochtene Bescheid, soweit er im Zuge der gesundheitsökonomischen Evaluation eine Preisanpassung von "Originalprodukten" (gemeint: Arzneispezialitäten mit aufrechten Patenten) an Generika mit bloß geringfügigem Aufschlag für erforderlich hält, gegen das Grundrecht auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG und Art1 1. ZPEMRK), gegen das Grundrecht auf Freiheit der Erwerbsausübung iSd Art6 StGG und gegen das Grundrecht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art7 B‑VG). Soweit diese Anforderungen §351c Abs9 und 10 ASVG und §25 Abs2 Z3 VO‑EKO iVm §1 Abs3 der Ökonomischen Beurteilungskriterien zu entnehmen seien, seien diese Bestimmungen aus denselben Gründen verfassungswidrig.
2. Eine Verletzung des Art6 EMRK liegt indes nicht vor:
2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat die Unabhängige Heilmittelkommission bereits in seinem Erkenntnis VfSlg 17.686/2005 (diesem folgend VfSlg 17.701/2005) als Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag iSd Art133 Z4 B‑VG und als Tribunal iSd Art6 EMRK qualifiziert. Der Gerichtshof hält an dieser Rechtsprechung weiterhin fest.
2.2. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. zB VfSlg 9887/1983, 11.912/1988 uva.) lässt sich allein aus der gesetzlich vorgeschriebenen Mitwirkung sogenannter Interessenvertreter an der Entscheidung eine – auch nur scheinbare – Abhängigkeit von den Streitparteien nicht ableiten: Die weisungsfreien Interessenvertreter, die in einer Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag im Sinne des Art133 Z4 B‑VG vertreten sind, fungieren keinesfalls als persönliches Sprachrohr der einen oder anderen Partei; sie sollen vielmehr fachliche Gesichtspunkte in den Entscheidungsvorgang einbringen, die sich aus ihrer jeweiligen Berufsstellung ergeben. Ein Verstoß gegen die geforderte Unparteilichkeit könnte, wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg 12.470/1990 mit näherer Begründung ausgesprochen hat, nur in besonderen Umständen liegen, die sich aus einer dienstlichen oder organisatorischen Abhängigkeit der bestellten Kommissionsmitglieder ergeben.
2.3. Der Verfassungsgerichtshof hat sich mit dem auch im vorliegenden Verfahren erhobenen Einwand betreffend das vom Hauptverband namhaft gemachte Mitglied der belangten Behörde schon in seinem Erkenntnis VfSlg 19.631/2012 unter Einbeziehung einschlägiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte bereits eingehend auseinandergesetzt und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass allein aus der dienstrechtlichen Stellung als Abteilungsleiter des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger keine Befangenheit bei der Mitwirkung an der Rechtsfindung der belangten Behörde abzuleiten ist. Gegen die konkrete Zusammensetzung der belangten Behörde sind daher in Bezug auf Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit ihrer Mitglieder keine Bedenken entstanden (ebenso VfGH 11.3.2014, B1451/2011; 21.2.2014, B1429/2011; 18.11.2013, B1415/2011; VfSlg 19.714/2012).
2.4. Auch im vorliegenden Fall wird kein weiterer Umstand geltend gemacht, der im vorliegenden Verfahren zu Zweifeln an der Unparteilichkeit der belangten Behörde Anlass geben könnte. Die behauptete Rechtsverletzung liegt daher nicht vor.
3. Eingriffe in den Schutzbereich der Grundrechte auf Freiheit der Erwerbsausübung und auf Unversehrtheit des Eigentums liegen ebensowenig vor: Die Entscheidung darüber, ob eine Arzneispezialität unter strengeren oder weniger strengen Voraussetzungen auf Rechnung eines Krankenversicherungsträgers abgegeben werden kann, berührt weder den Schutzbereich des Grundrechts auf Freiheit der Erwerbsausübung (Kopetzki, Das Verfahren der Aufnahme ins Heilmittel- und Leistungsverzeichnis der Sozialversicherung, in: Kneihs/Lienbacher/Runggaldier (Hrsg.), Wirtschaftssteuerung durch Sozialversicherungsrecht?, 2005, 318 mwN), noch greift eine solche Entscheidung ins Grundrecht auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG und Art1 1. ZPEMRK) ein (VfGH 21.2.2014, B1427/2011).
4. §351c Abs9 und 10 ASVG bzw. §25 Abs2 Z3 VO‑EKO sind aber auch nicht gleichheitswidrig:
4.1. Die im Gesetz und in der VO‑EKO auch in Umsetzung der Richtlinie 89/105/EWG – vorgesehenen Anforderungen für die Aufnahme einer Arzneispezialität in den Erstattungskodex dienen – gemeinsam mit anderen Preisregelungsvorschriften auf diesem Gebiet (vgl. VfSlg 19.631/2012) – dem Ziel der "Gewährleistung einer adäquaten Versorgung mit Arzneimitteln zu angemessenen Kosten" sowie einer "Einschränkung der Palette der Erzeugnisse, die vom staatlichen Krankenversicherungssystem gedeckt werden" bzw. – in den verba legalia des §25 Abs1 VO‑EKO – dem Ziel einer ökonomischen Krankenbehandlung im Kontext der verfügbaren therapeutischen Alternativen bei Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit. Mit den Vorschriften des §351c ff. ASVG hat der Gesetzgeber unmissverständlich den für den Erstattungskodex tragenden Grundsatz zum Ausdruck gebracht, dass eine – wenn auch hochinnovative – Arzneispezialität nur dann in den Erstattungskodex aufgenommen werden soll, wenn sie entweder einen medizinischen oder zumindest einen ökonomischen Zusatznutzen gegenüber anderen im Erstattungskodex angeführten Arzneispezialitäten aufweist (VfSlg 19.714/2012). Der in der Beschwerde angezogene Vergleich mit "Grundwertungen des Patentschutzes" geht daher vor diesem rechtlichen Hintergrund von vornherein fehl: Der Patentinhaber ist zwar vor unerlaubten Eingriffen in seine Rechte geschützt; darüber hinaus wird ihm das Erreichen seiner wirtschaftlichen Ziele aber von keinem Grundrecht garantiert. Dies gilt auch dann, wenn – wie in der Beschwerde betont wird – Hersteller von Originalprodukten "darauf angewiesen sind", während der Schutzdauer des Patents die Herstellungs- und Entwicklungskosten über angemessene Preise erwirtschaften zu können.
4.2. Wenn daher ein Arzneimittel mit aufrechtem Patentschutz und nur geringem medizinischen Zusatznutzen nur dann in den Erstattungskodex aufgenommen werden darf, wenn bei der gesundheitsökonomischen Evaluation ökonomische Vorteile (oder nur geringe ökonomische Nachteile) im Verhältnis zu bereits im (gelben oder grünen Bereich des) Erstattungskodex enthaltenen Arzneispezialitäten erweislich sind, entspricht dies auch dann dem Ziel der "Gewährleistung einer adäquaten Versorgung mit Arzneimitteln zu angemessenen Kosten", wenn es sich bei den Vergleichsmedikamenten um preisgünstige Generika handelt. Denn nur im Verhältnis zu diesen verfügbaren und preisgünstigen Medikamenten kann beurteilt werden, ob die Aufnahme einer weiteren Arzneispezialität in den Erstattungskodex auch bei Beachtung ihres therapeutischen Nutzens für das finanzielle Gleichgewicht des Systems der sozialen Sicherheit nicht nachteilig ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in einem vergleichbaren Fall bereits entschieden hat, liegt – ausgehend von den oben dargelegten Zwecken des Erstattungskodex – ein Vorteil für die gesetzliche Krankenversicherung nur dann vor, wenn sich entweder wesentliche Verbesserungen in den therapeutischen Wirkungen oder Vorteile auf der Finanzierungsseite ergeben. Es ist daher nicht gleichheitswidrig, wenn die gesetzliche Regelung dazu führt, dass ein vertriebsberechtigtes Unternehmen das Marktrisiko für ein mit Entwicklungskosten belastetes neues, höherpreisiges, aber in den therapeutischen Wirkungen den bisherigen Alternativen (von denen überdies bereits Generika existieren) im Wesentlichen bloß entsprechendes (oder nur geringfügig wirksameres) Arzneimittel in erster Linie selbst zu tragen hat. Die für die gesundheitsökonomischen Anforderungen maßgebliche gesetzliche Differenzierung zwischen Arzneimitteln, die eine wesentliche therapeutische Innovation darstellen und Arzneimitteln, bei denen dies nicht der Fall ist, verstößt daher nicht gegen den Gleichheitssatz (vgl. VfGH 21.2.2014, B1429/2011).
5. Angesichts der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsvorschriften sowie des Umstandes, dass kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass die Behörde diesen Vorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hat, würde ein Fehler bei der Beurteilung der aufgeworfenen Fragen nur dann in die Verfassungssphäre reichen und könnte mit Erfolg vor dem Verfassungsgerichtshof gerügt werden, wenn die Behörde Willkür geübt hätte.
Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 8808/1980 mwN, 14.848/1997, 15.241/1998 mwN, 16.287/2001, 16.640/2002).
Ein solcher Fehler ist der belangten Behörde hier aber nicht anzulasten:
5.1. Unbestritten ist die Einstufung von Onbrez hinsichtlich des Innovationsgrades nach §23 Abs2 Z5 VO‑EKO: Danach handelt es sich beim Wirkstoff Indacaterol um eine neue Substanz einer bereits im Erstattungskodex angeführten Wirkstoffgruppe mit einheitlichem Wirkprinzip (Selektive Beta-2-Adrenozeptor-Agonisten, ATC‑Code R03AC), und zwar zur Untergruppe der langwirksamen Beta-2‑Agonisten, zu denen nach den Feststellungen der belangten Behörde auch Formoterol und Salmeterol gehören.
5.2. Strittig sind die von der belangten Behörde gemäß §23 Abs1 Z1 und 2 VO‑EKO zur Zuordnung und Bewertung herangezogenen "therapeutischen Alternativen" sowie die Festlegung der im Erstattungskodex angeführten "vergleichbaren Arzneispezialität[en]" als Grundlage für die Einstufung auf Grund der medizinisch-therapeutischen Evaluation. Während die belangte Behörde die genannten Wirkstoffe Formoterol und Salmeterol (Beta-2‑Agonisten wie auch Indacaterol – Generika im Erstattungskodex schon enthalten) herangezogen hat, vertritt die beschwerdeführende Partei die Auffassung, dass Spiriva (basierend auf dem Wirkstoff Tiotropium, einem Anticholinergikum – noch kein Generikum im Erstattungskodex enthalten) zu Unrecht aus diesem Vergleich ausgegrenzt worden sei. Das Gemeinsame zu Onbrez sei, dass auch Spiriva nur einmal täglich angewendet werden müsse und – wie Onbrez – ausschließlich für die Behandlung von COPD und – anders als die vergleichsweise herangezogenen Beta-2-Agonisten – nicht auch für die Behandlung von Asthma erstattet werde.
5.3. Die belangte Behörde hält der beschwerdeführenden Partei im angefochtenen Bescheid in diesem Zusammenhang sinngemäß und zusammengefasst entgegen, dass sie selbst in ihrem Antrag Formoterol- und Salmeterol-Produkte (freilich nicht deren Generika) als therapeutische Alternativen benannt habe, die beide für COPD auch als Erstverschreibung bereits verschreibbar seien. Dass daneben auch noch eine Verschreibbarkeit für andere Indikationen bestehe, sei unerheblich. Zudem gehöre Tiotropium, der Wirkstoff von Spiriva, einer anderen Wirkstoffgruppe an. Der Umstand, dass Onbrez wie auch Spiriva in der Behandlungssituation nur einmal täglich angewendet werden müssten (Formoterol und Salmeterol hingegen zweimal), ändere nichts daran, dass es für die Vergleichbarkeit auf die pharmakologische Ähnlichkeit auf Grund des Wirkungsmechanismus ankomme.
Die beschwerdeführende Partei zieht in der Beschwerde in Zweifel, dass es sich bei den zur gesundheitsökonomischen Evaluation herangezogenen Vergleichspräparaten im Hinblick darauf, dass es Generika sind, um "vergleichbare Arzneispezialitäten" iSd §25 Abs2 VO‑EKO handle. Die einschränkende Voraussetzung des identischen Wirkmechanismus sei der VO-EKO nicht zu entnehmen. Es seien vielmehr alle therapeutischen Alternativen, somit alle verfügbaren erstattungsfähigen Behandlungen, in den Prüfumfang einzubeziehen. Die kritisierte Einschränkung der therapeutischen Alternativen sei mit Blick auf die sich daraus ergebenden Unterschiede in der gesundheitsökonomischen Beurteilung und daher willkürlich erfolgt.
Dem vermag der Verfassungsgerichtshof nicht zu folgen:
5.3.1. Es ist nicht denkunmöglich, wenn die belangte Behörde bei der Bewertung "aus pharmakologischer Sicht" die Vergleichbarkeit therapeutischer Alternativen in erster Linie anhand der pharmakologischen Wirkungsweise beurteilt hat, mag dies auch dazu geführt haben, dass therapeutische Alternativen, die auf anderen Wirkprinzipien beruhen, dadurch nicht in die Betrachtung einbezogen wurden. Eine unsachliche Einschränkung aus Gründen eines angestrebten Ergebnisses der gesundheitsökonomischen Beurteilung – wie in der Beschwerde vertreten wird – kann darin schon deshalb nicht erblickt werden, weil die gesundheitsökonomische Evaluation "im Kontext der verfügbaren therapeutischen Alternativen" (§25 Abs1 VO‑EKO) vorzunehmen ist und daher die zu den wirkungsgleichen Arzneispezialitäten vorhandenen Generika auch dann in die Gesamtbeurteilung einzubeziehen gewesen wären, wenn der Kreis der therapeutischen Alternativen im Sinne der beschwerdeführenden Partei weiter gezogen worden wäre.
5.3.2. Auch ist nicht erkennbar, aus welchem Grund im Falle der Einbeziehung von Spiriva in die medizinisch-therapeutische Evaluation die Personengruppe, für die durch Onbrez ein zusätzlicher therapeutischer Nutzen entsteht, (entsprechend der Einstufung nach §24 Abs2 Z4 VO‑EKO) zumindest die Mehrzahl der Patienten umfassen sollte, zumal die Wirksamkeit von Onbrez nach dem zusammenfassenden, einleitenden Beschwerdevorbringen gerade im Verhältnis zu Formoterol oder Salmeterol (also zu den im Vergleich ohnehin herangezogenen Wirkstoffen) "deutlich verbessert" sei, während sie "in dieser Wirksamkeit und Dosierung" Spiriva lediglich "erreicht bzw übertrifft". Für eine Untergruppe von Patienten wurde der therapeutische Zusatznutzen (der nach dem erstinstanzlichen Bescheid vor allem in der gegenüber den Vergleichspräparaten längeren Wirkungsdauer von Onbrez erblickt wurde) aber ohnehin festgestellt und hat letztlich zu einer Einstufung gemäß §24 Abs2 Z3 VO‑EKO geführt. In der Beschwerde wird jedenfalls nicht aufgezeigt, dass die von der belangten Behörde gebilligte Vorgangsweise des Hauptverbandes bei der Bestimmung der Vergleichspräparate von Einfluss auf die für die Ablehnung entscheidende gesundheitsökonomische Evaluation gewesen sein konnte, sodass insoweit ein willkürliches Vorgehen zu Lasten der beschwerdeführenden Partei nicht dargetan ist.
5.4. Die beschwerdeführende Partei wendet sich schließlich auch gegen die Einstufung im Rahmen der medizinisch-therapeutischen Evaluation gemäß §24 Abs2 Z3 VO‑EKO ("Die beantragte Arzneispezialität hat einen zusätzlichen therapeutischen Nutzen für eine Untergruppe von Patienten/Patientinnen, welche für die Behandlung mit dem beantragten Mittel in Frage kommen, im Vergleich zu therapeutischen Alternativen (§23 Abs1)"), und zwar insoweit, als nur ein solcher zusätzlicher, nicht aber ein "wesentlicher" Nutzen und soweit dieser nur für eine Untergruppe von Patienten, nicht aber für die Mehrzahl der Patienten (§24 Abs2 Z4 VO‑EKO) angenommen wurde. Die belangte Behörde habe trotz der im AVG geltenden Unbeschränktheit der Beweismittel eine Reihe fachärztlicher Stellungnahmen, die den Standpunkt der beschwerdeführenden Partei stützen würden, nicht berücksichtigt.
5.4.1. Die belangte Behörde hat ihre Entscheidung in diesem Punkt wie folgt begründet:
"Der Kritik des Hauptverbandes an Studiendesigns der mit dem Antrag vorgelegten Studien entgegnet das beschwerdeführende Unternehmen mit dem Hinweis, dass die Studiendesigns von der European Medicines Agency (EMA, früher EMEA) akzeptiert worden wären und die Wahl primärer oder wichtiger sekundärer Endpunkte mit den Forderungen der EMA kompatibel seien.
Hier ist jedoch zu berücksichtigen, dass diese Studiendesigns als Zulassungsstudien konzipiert sind, bei denen primäres Ziel der Nachweis der Wirksamkeit des aktiven Inhaltsstoffes ist. Für Fragen der Erstattungsfähigkeit ist aber die Beurteilung und Quantifizierung des Nutzens eines Wirkstoffes (hier Indacaterol) im Vergleich zu anderen (pharmakologisch möglichst nahe liegenden) Wirkstoffen (hier Formoterol oder Salmeterol) notwendig. Soweit der Hauptverband in der angefochtenen Entscheidung auch in nachvollziehbarer Weise Ansichten der EMA zu hierfür notwendigen Studiendesigns (zB EMEA/CPMP/EWP/562/98) zitiert, ist kein Überschreiten des Ermessens zu erkennen.
Bei den für das gegenständlich[e] Verfahren besonders relevanten klinischen Studien, in denen ONBREZ(Indacaterol) mit Formoterol oder Salmeterol verglichen wurde, steht insbesondere die klinische Relevanz der in den Studien beobachteten Unterschiede der Effektgrößen in Streit. In der Beschwerdeschrift wird betont, dass für viele Parameter eine numerische Überlegenheit von Indacaterol gegeben sei.
Dazu ist festzuhalten, dass nach den Prinzipien wissenschaftlicher (auch medizinischer) Forschung (vgl die Forderung des §31 Abs3 Z12 ASVG) zahlenmäßige Unterschiede nur dann als tatsächliche Unterschiede bezeichnet und akzeptiert werden dürfen, wenn sie nach statistischer Analyse auch als signifikant erkannt wurden. Statistische Signifikanz ist jedoch in jedem Fall lediglich eine Wahrscheinlichkeitsaussage (wie unwahrscheinlich es ist, dass der beobachtete Unterschied zufällig ist), nicht jedoch eine Aussage über die Größe des Unterschiedes oder gar seine klinische Relevanz, so dass selbst bei statistisch signifikanten Unterschieden deren klinische Relevanz geprüft werden muss.
Der Hauptverband hat sich in der angefochtenen Entscheidung mit dieser Frage sehr wohl auseinandergesetzt, jedoch die klinische Relevanz der beobachteten Effektgrößen mit dem Hinweis auf den European Public Assessment Report (EPAR) zu ONBREZkritisch beurteilt. Die Beschwerde führt hierzu aus, dass der Hauptverband den EPAR ('The clinical relevance of this can be questioned') in dieser Beziehung unrichtig übersetzt habe ('... dass der klinisch relevante PatientInnennutzen fraglich ist.'). Es ist aber eindeutig zu erkennen, dass die Übersetzung eine sinngemäße ist; die wörtliche Übersetzung ('... kann in Frage gezogen werden') lässt die Einschätzung des Hauptverbandes sehr wohl als korrekte Wiedergabe der Position der EMA erscheinen.
In der Beschwerde wird weiters argumentiert, dass die GOLD-Guidelines für die Behandlung der COPD bei jeder Verschlechterung des Zustandes der Patienten eine Kombinationsbehandlung unabhängig vom erreichten Zugewinn der Atemfunktion empfehlen und dies im Widerspruch zur Position des Hauptverbandes stünde. Allerdings hat der Hauptverband in der angefochtenen Entscheidung dem beantragten Produkt letztendlich sehr wohl einen Zusatznutzen gegenüber den therapeutischen Alternativen zugestanden (Einstufung nach §24 Abs2 Z3 VO‑EKO). Dass vom Hauptverband diesbezüglich kein wesentlicher Zusatznutzen (Einstufung nach Z5 oder Z6 jener Bestimmung) zuerkannt wurde, kann nach dem Gesagten sehr wohl als nachvollziehbar gewertet werden.
In der Beschwerde wurde bemängelt, dass der Hauptverband in der angefochtenen Entscheidung die vorgelegten Expertenstatements nicht gewürdigt hätte. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin sei es notwendig, allein die Tatsache zu bedenken, dass eine Anzahl von Experten die Position der Antragstellerin befürwortet [hätten].
Hierzu ist festzuhalten: Auch Expertenstatements, die im Verfahren vorgelegt werden, können nur insoweit Einfluss auf die Entscheidung in Verfahren zur Aufnahme in den Erstattungskodex haben, als sie den Anforderungen nach §31 Abs3 Z12 ASVG sowie §24 Abs3 VO‑EKO genügen. Es kommt also keineswegs auf das bloße Vorliegen von Expertenmeinungen oder auf die Anzahl der vorgelegten Statements an, sondern diese müssen nach dem Stand der aktuellen Wissenschaft im Sinn der Evidence-based medicine beurteilt werden. Insofern als der Hauptverband in der angefochtenen Entscheidung darauf hinweist, dass sich die vorgelegten Expertenmeinungen auf Ergebnisse klinischer Forschung beziehen, die bereits an anderer Stelle der Entscheidung vom Hauptverband diskutiert wurden, kann ein Querverweis auf diese Abschnitte der Entscheidung nicht als Fehlen einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit vorgelegten Expertenstatements beurteilt werden. Eine nicht nachvollziehbare Ermessensausübung iSd §351i Abs4 ASVG, wie in der Beschwerde angeführt, kann daher nicht erkannt werden.
Bezüglich des vom antragstellenden Unternehmen ins Treffen geführten Vorteils einer nur einmal täglichen Anwendung von ONBREZgegenüber der zweimal täglichen Anwendung der therapeutischen Alternativen bezüglich der Compliance der Patienten erhebt die Beschwerde den Vorwurf, dass sich der Hauptverband in der Entscheidung nicht mit vorgelegten Publikationen zu diesem Thema beschäftigt habe. Allerdings hat der Hauptverband sehr wohl auf eine nur eingeschränkte Aussagekraft solcher Studien für den vorliegenden Streitfall hingewiesen, insbesondere wegen der fehlenden Charakterisierungen der jeweils eingeschlossenen Patientenkollektive oder wegen der Durchführung mit anderen Wirkstoffen/Wirkstoffkombinationen als dem verfahrensgegenständlichen Produkt. Wie schon in früheren Verfahren vor der Unabhängigen Heilmittelkommission muss aber auch hier darauf hingewiesen werden, dass für das Verfahren und die Entscheidung in diesem primär vom bestimmungsgemäßen Gebrauch auszugehen ist. Auch in diesem Punkt kann daher keine Überschreitung des Ermessens erkannt werden.
Gegen die Zuerkennung eines therapeutischen Nutzens nur für eine Untergruppe durch den Hauptverband führt die Beschwerde aus, dass 'sich die Definition einer Untergruppe nicht automatisch aus der allgemein gültigen Tatsache ergibt, dass immer ein gewisser Anteil an Patienten nicht als optimaler Responder gewertet werden kann'. Dies ist zwar an sich richtig, jedoch geht es bei der Fallgruppenzuordnung nach §24 Abs2 VO‑EKO nicht um die Frage, ob ausnahmslos alle behandelten Personen einen Therapieerfolg zeigen werden, sondern um die Frage, ob der therapeutische (Zusatz-)Nutzen für die Mehrzahl der Behandelten zu erwarten ist oder nicht.
Auch wenn, wie von der Beschwerdeführerin richtigerweise angeführt wird, für die Number Needed to Treat (NNT) keine Konventionen für die vergleichende Beurteilung zweier aktiver Komparatoren vorliegen, muss festgehalten werden, dass der Hauptverband in der angefochtenen Entscheidung die NNT nur beispielhaft für seine Ansicht angeführt hat, dass nicht für die Mehrzahl der behandelten Personen ein klinisch relevanter Nutzen zu erwarten ist. Die Argumentation gegen eine Einstufung des zusätzlichen Nutzens für die Mehrzahl der Behandelten und daher für eine Einstufung des zusätzlichen Nutzens nur für eine Untergruppe (§24 Abs2 Z3 VO‑EKO) kann sehr wohl als nachvollziehbar gewertet werden."
5.4.2. Dem Verfassungsgerichtshof ist weder erkennbar (noch wird in der Beschwerde substantiiert dargetan), dass die von der belangten Behörde gegebene Begründung denkunmöglich sei oder sonst darin Fehler enthalten wären, die in die Verfassungssphäre reichen. Die Fragen, ob der therapeutische Nutzen ein wesentlicher ist und ob die Mehrzahl oder ob nur eine kleinere Gruppe von Patienten von diesem Nutzen profitiert, sind Fachfragen, die im Rahmen von Sachverständigengutachten und klinischen Studien (die von der antragstellenden Partei vorzulegen sind: vgl. auch §351d Abs1 ASVG) zu beurteilen sind. Gemäß §31 Abs1 Z12 ASVG ist nämlich die therapeutische Wirkung und der Nutzen eines Arzneimittels für die Ziele der Krankenbehandlung "nach den Erfahrungen im In- und Ausland und nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft" zu ermitteln. Der belangten Behörde kann daher aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht entgegengetreten werden, wenn sie fachärztliche Schreiben, die nicht die gebotene Breite und Tiefe sachverständiger wissenschaftlicher Argumentation aufweisen, sondern bloßen Empfehlungscharakter haben, als für die angestrebte Beweisführung unbeachtlich angesehen hat.
5.5. Auf der Grundlage der von der belangten Behörde vorgenommenen Einstufungen wird in der Beschwerde das Ergebnis der gesundheitsökonomischen Evaluation nur insoweit in Zweifel gezogen, als die beschwerdeführende Partei es als unsachlich erachtet, für eine noch patentgeschützte Arzneispezialität den Preis eines Generikums als Maßstab für die Preisbildung im Erstattungskodex heranzuziehen. Auch dieser Einwand trifft nicht zu, wie sich schon aus den obigen Ausführungen unter Punkt III. 4. ergibt.
6. Die behaupteten Rechtsverletzungen liegen sohin nicht vor. Ob der angefochtene Bescheid in jeder Hinsicht dem Gesetz entspricht, ist vom Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde – wie hier – gegen den Bescheid einer Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag richtet, der gemäß dem (im vorliegenden Fall weiterhin anzuwendenden) Art133 Z4 B–VG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung nicht mit Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof bekämpft werden kann (zB VfSlg 9541/1982 mwN).
IV. Ergebnis
1. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.
2. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass die beschwerdeführende Partei in einem von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden wäre; ebenso wenig entstanden – aus der Sicht dieser Beschwerdesache – verfassungsrechtliche Bedenken gegen die dem bekämpften Bescheid zugrunde liegenden Rechtsvorschriften. Die beschwerdeführende Partei wurde mithin auch nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Normen in ihren Rechten verletzt.
3. Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.
4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nicht öffentlicher Sitzung getroffen werden.
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