VfGH B1774/93

VfGHB1774/9316.6.1994

Keine Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter bei Entscheidung über eine Schubhaftbeschwerde ohne Prüfung des Refoulement-Verbotes angesichts der im FremdenG vorgesehenen - und im vorliegenden Fall auch offengestandenen - Möglichkeit eines gesonderten Verfahrens zur Überprüfung der Unzulässigkeit der Abschiebung in ein bestimmtes Land

Normen

B-VG Art83 Abs2
EMRK Art3
EMRK Art13
FremdenG §37
FremdenG §54
B-VG Art83 Abs2
EMRK Art3
EMRK Art13
FremdenG §37
FremdenG §54

 

Spruch:

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Angola, reiste am 23. Juni 1993 mit dem Zug von Italien kommend nach Österreich ein und versuchte, mit einer verfälschten französischen Identitätskarte in die Bundesrepublik Deutschland weiterzureisen. Die deutschen Grenzorgane erkannten jedoch die Verfälschung und übergaben den Beschwerdeführer dem Zollamt Kufstein/Bahnhof, wo ihn sodann Beamte des Gendarmeriepostens Kufstein gemäß §85 Abs2 des Fremdengesetzes, BGBl. 838/1992 (im folgenden: FrG), festnahmen.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 23. Juni 1993 wurde über ihn gemäß §18 Abs1 Z1 und 2 iVm. §18 Abs2 Z6 FrG ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von drei Jahren erlassen. Bei seiner diesbezüglichen Befragung gab er an, in seinem Heimatstaat nicht politisch verfolgt worden zu sein. Weder er noch Familienangehörige seien wegen politischer Tätigkeit im Gefängnis gewesen, er sei auch nicht gefoltert worden. Er habe in seinem Heimatstaat keine kriminelle Handlung gesetzt.

Der Beschwerdeführer wurde im Hinblick darauf nicht darüber in Kenntnis gesetzt, daß er gemäß §54 FrG während des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes einen Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat stellen könne.

Mit Bescheid vom 24. Juni 1993 verhängte die Bezirkshauptmannschaft Kufstein über den Beschwerdeführer gemäß §41 Abs1 und 2 FrG die Schubhaft, aus welcher er - nachdem er die Behörde ersucht hatte, ihn in seinen Heimatstaat Angola abzuschieben - am 27. Juli 1993 mit dem Auftrag entlassen wurde, das Bundesgebiet unverzüglich zu verlassen.

Am 28. Juli 1993 stellte er einen Asylantrag, in welchem er nunmehr angab, in Angola einer Rebellenorganisation anzugehören und deshalb verhaftet worden zu sein. Im Gefängnis sei er weder verhört noch gefoltert worden, sondern hätte Zwangsarbeit leisten müssen und tagelang nichts zu essen bekommen.

Am 18. August 1993 wurde er erneut festgenommen und es wurde über ihn mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien gemäß §41 Abs1 FrG die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung verhängt; dieser Bescheid wurde vom Beschwerdeführer persönlich übernommen und sogleich vollzogen.

Unter dem 31. August 1993 stellte er einen Antrag auf Abschiebungsaufschub gemäß §36 Abs2 FrG, in welchem er ausführte, daß seine Abschiebung gemäß §37 Abs1 FrG unzulässig sei, weil er Gefahr liefe, in Angola einer unmenschlichen Behandlung unterworfen zu werden.

Unter dem 2. September 1993 erhob der Beschwerdeführer gegen den Schubhaftbescheid sowie gegen seine Festnahme und Anhaltung in Schubhaft Beschwerde gemäß §51 FrG an den unabhängigen Verwaltungssenat Wien, in welcher er sein Vorbringen betreffend seine politische Verfolgung in Angola wiederholte und dahingehend ergänzte, daß er bei einer Abschiebung in seinen Heimatstaat Gefahr laufen würde, einer unmenschlichen Behandlung unterworfen und gefoltert zu werden.

2. Der unabhängige Verwaltungssenat Wien wies diese Beschwerde mit Bescheid vom 8. September 1993 als unbegründet ab und erklärte den Schubhaftbescheid, die Festnahme, die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft und die Fortsetzung der Anhaltung in Schubhaft für rechtmäßig, ohne sich mit dem Vorbringen über die dem Beschwerdeführer in Angola behaupteterweise drohenden Gefahren auseinanderzusetzen.

3. Gegen diesen Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates Wien richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in welcher die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art83 Abs2 B-VG behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides begehrt wird.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat Wien als belangte Behörde dieses verfassungsgerichtlichen Beschwerdeverfahrens hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in welcher er den bekämpften Bescheid verteidigt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. In seinem Erkenntnis vom 19. Juni 1993, B1084/92, hatte sich der Verfassungsgerichtshof mit einem Fall zu befassen, dessen Sachverhalt mit dem hier vorliegenden vergleichbar ist (anders als dort das gemäß §86 Abs3 FrG mit Ablauf des 31. Dezember 1992 außer Kraft getretene Fremdenpolizeigesetz, BGBl. 75/1954, zuletzt geändert durch das BG BGBl. 406/1991 (im folgenden: FrPolG), ist hier aber das FrG maßgeblich; vgl. zu den rechtlichen Gesichtspunkten im folgenden Pkt. 2. und 3.). Er hat dort im einzelnen dargetan und begründet, daß gemäß §13 FrPolG Fremde, gegen die ein Aufenthaltsverbot erlassen oder die Ausweisung verfügt worden war, abgeschoben werden konnten. Eine solche Abschiebung stellte sich als Vollstreckungsakt auf Grund eines Aufenthaltsverbotes im Sinne des §3 FrPolG oder einer Ausweisung im Sinne des §10a FrPolG dar. Gemäß §13a Abs2 FrPolG bestanden aber Abschiebungshindernisse. Demgemäß durfte die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung (unter weiteren Voraussetzungen) jedenfalls nur so lange fortdauern, als sie diesen gesetzlichen Schutzzweck erfüllte. Standen einer Abschiebung etwa die Gründe (Abschiebungsverbote) des §13a Abs2 iVm. Abs1 FrPolG entgegen, entfiel der Sicherungszweck der Schubhaft: Nach der Verhängung einer solchen Haft hatte die Polizeibehörde ungesäumt die Abschiebung vorzubereiten und in diesem Zusammenhang - mit der gebotenen Raschheit - zu klären, in welches Land der Fremde abgeschoben werden solle; dabei mußte sie die Bestimmungen des §13a FrPolG, von denen die Rechtmäßigkeit der Schubhaft mit abhing, beachten und anwenden. Trafen auf den nach den Ergebnissen des Administrativverfahrens allein als Aufnahmeland in Betracht kommenden Zielstaat die Voraussetzungen des §13a Abs2 iVm. Abs1 FrPolG zu, entsprach nämlich eine (weitere) Anhaltung des Fremden in Haft nicht dem Gesetz, denn die Schubhaft diente dann nicht mehr der "Sicherung der Abschiebung" im Sinne des FrPolG und war daher unzulässig.

Wie es im angeführten Erkenntnis weiter heißt, war demgemäß die dem unabhängigen Verwaltungssenat gesetzlich aufgetragene Prüfung der Rechtmäßigkeit der Schubhaft unter Ausklammerung der Frage nach der Zulässigkeit der in Aussicht genommenen Abschiebung gar nicht möglich. Vielmehr hatte die Behörde im Administrativverfahren jedenfalls der Frage nachzugehen, ob einer Abschiebung in das in Aussicht genommene Zielland (oder in ein hilfsweise konkret in Betracht gezogenes sonstiges Land) das Refoulement-Verbot des §13a FrPolG entgegenstand.

Unter Berufung auf seine frühere Rechtsprechung wies der Verfassungsgerichtshof weiters darauf hin, daß §5a FrPolG dem Schubhäftling das Recht einräumte, den unabhängigen Verwaltungssenat als Beschwerdeinstanz mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Festnahme/Anhaltung anzurufen. Demgemäß hatte diese unabhängige Behörde die Frage der (formellen wie materiellen) Rechtmäßigkeit der Anhaltung nach jeder Richtung hin zu untersuchen und jedwede unterlaufene Gesetzwidrigkeit festzustellen und aufzugreifen. Dieser gesetzlichen Verpflichtung kam der unabhängige Verwaltungssenat nicht nach, wenn er einem Beschwerdeführer die Prüfung der Frage verweigerte, ob alle gesetzlichen Schubhaftvoraussetzungen erfüllt seien, indem er in Verkennung seiner nach dem FrPolG festgelegten Zuständigkeitsgrenzen der verfehlten Rechtsauffassung anhing, im Beschwerdeverfahren sei es rechtlich unerheblich, ob die Abschiebung, deren Vorbereitung die Schubhaft diente, nach §13a FrPolG überhaupt zulässig war. Vielmehr hatte der unabhängige Verwaltungssenat in Wahrnehmung seiner umfassenden Haftprüfungskompetenz darüber zu befinden, ob alle formellen und inhaltlichen Voraussetzungen einer Anhaltung des Beschwerdeführers zutrafen. Dazu zählte jedenfalls auch die Frage, ob im konkreten Fall ein gesetzliches Abschiebungsverbot bestand. Hatte die Fremdenpolizeibehörde das Zielland bereits festgelegt, so war der unabhängige Verwaltungssenat gehalten, sich mit dem Einwand eines Beschwerdeführers auseinanderzusetzen, daß eine Abschiebung in dieses Land nicht zulässig sei, heißt es im genannten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes weiter.

2. In seinem Erkenntnis vom 4. Oktober 1993, B364/93, hatte sich der Verfassungsgerichtshof mit einem Fall zu befassen, dessen Sachverhalt mit dem hier vorliegenden teilweise vergleichbar ist. Anders als in dem dem Erkenntnis vom 19. Juni 1993, B1084/92, zugrundeliegenden, gemäß dem FrPolG zu entscheidenden Beschwerdefall war in dem genannten Erkenntnis vom 4. Oktober 1993 bereits das FrG maßgeblich. Dort hat der Verfassungsgerichtshof ausgeführt, daß §54 dieses Gesetzes hinsichtlich der Feststellung der grundrechtlich bedeutsamen Frage der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat ein gesondertes Verwaltungsverfahren vorsieht, sodaß nunmehr auf Grundlage der neuen Rechtslage an sich die Überprüfung der Unzulässigkeit einer Abschiebung in ein bestimmtes Land nicht mehr im Rahmen der Prüfung einer Schubhaftbeschwerde durch den unabhängigen Verwaltungssenat zu erfolgen hat.

Doch kann gemäß §54 Abs2 FrG ein solcher Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat nur während des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes eingebracht werden, worüber der Fremde rechtzeitig in Kenntnis zu setzen ist. Gegen diese Bestimmung hegte der Verfassungsgerichtshof aus der Sicht des Beschwerdefalles zu B364/93 keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Sie würde aber im Falle des Fehlens entsprechender Übergangsregelungen in allen jenen Fällen, in denen ein Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes bereits vor Inkrafttreten des FrG (mit 1. Jänner 1993) abgeschlossen worden ist, eine rechtzeitige Antragstellung durch die betroffene Person verhindern. Im Hinblick insbesondere auf Art3 EMRK müsse die Prüfung der Frage möglich sein, ob ein Refoulement-Verbot besteht oder nicht, heißt es in dem Erkenntnis vom 4. Oktober 1993, B364/93, weiter.

Die Übergangsbestimmungen des FrG (vgl. hier insbesondere §88) enthalten zu §54 keine besonderen Anordnungen. Ihnen ist nicht zu entnehmen, daß das FrG eine - verfassungswidrige - Einschränkung der Verpflichtung der Behörde zur Prüfung eines behaupteten Verbotes der Abschiebung in einen bestimmten Staat vorsähe. Daraus ergibt sich, wie der Verfassungsgerichtshof zu B364/93 weiter dargetan hat, daß auch nach der neuen Rechtslage für jene Fälle, in denen die Möglichkeit der Antragstellung im Sinne des §54 Abs1 FrG nicht bestand, hinsichtlich der Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates zur Prüfung eines Refoulement-Verbotes sinngemäß jene Erwägungen gelten, die der Verfassungsgerichtshof im angeführten Erkenntnis vom 19. Juni 1993, B1084/92, auf Grundlage des FrPolG angestellt hat.

Das bedeutet für Übergangsfälle wie den dem Verfahren zu B364/93 zugrundeliegenden, daß die Behörde im Administrativverfahren jedenfalls der Frage nachzugehen hat(te), ob einer Abschiebung in das in Aussicht genommene Zielland (oder in ein hilfsweise konkret in Betracht gezogenes sonstiges Land) das Refoulement-Verbot des (§13a FrPolG bzw. nunmehr des) §37 FrG entgegenstand. Hat die Fremdenpolizeibehörde diesfalls das Zielland bereits festgelegt, so ist der unabhängige Verwaltungssenat daher gehalten, sich mit dem Einwand eines Beschwerdeführers auseinanderzusetzen, daß eine Abschiebung in dieses Land nicht zulässig sei, führte der Verfassungsgerichtshof zu B364/93 aus.

3.1. Anders als in dem dem genannten Erkenntnis vom 4. Oktober 1993, B364/93, zugrundeliegenden (Übergangs-)Fall, wurde hier das Aufenthaltsverbot gegen den Beschwerdeführer am 23. Juni 1993, somit erst nach Inkrafttreten des FrG mit 1. Jänner 1993 (§86 Abs1 FrG) verhängt. Ihm stand daher bereits die Möglichkeit offen, rechtzeitig während des Verfahrens zur Erlassung (einer Ausweisung oder) eines Aufenthaltsverbotes (§54 Abs2 FrG) einen Antrag gemäß §54 Abs1 FrG auf

Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat zu stellen.

3.2. Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer während des Verfahrens zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht behauptet, in seinem Heimatland Gefahren gemäß §37 FrG ausgesetzt zu sein, und einen Antrag nach §54 FrG nicht gestellt.

4.1. Nach Auffassung des Beschwerdeführers gelten die Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes zu §5a FrPolG (welche oben wiedergegeben sind - s. Pkt. II.1.) auch für das Verfahren gemäß §§51f. FrG. Unabhängig davon, ob ein Verfahren gemäß §54 FrG eingeleitet worden sei, sei (so schon die Überschrift zu §37 FrG) im Fall des Vorliegens der Voraussetzungen der Abs1 und 2 leg.cit. die Abschiebung eines Fremden in einen Staat, in dem die in dieser Gesetzesstelle genannten Gefahren drohten, rechtswidrig ("verboten"). Diene die Anhaltung in Schubhaft aber bloß der Sicherung der Abschiebung, so ergebe sich schon aus §48 Abs2 FrG, daß - treffen die Voraussetzungen des §37 FrG zu - das Ziel der Schubhaft nicht mehr erreicht werden könne und sie daher nicht mehr aufrechterhalten werden dürfe. Diese Frage habe der unabhängige Verwaltungssenat selbständig, eigenständig und nach jeder Richtung hin zu untersuchen.

4.2.1. Der Verfassungsgerichtshof sieht sich indes durch dieses Beschwerdevorbringen nicht veranlaßt, von seiner in dem Erkenntnis vom 4. Oktober 1993, B364/93, geäußerten Rechtsauffassung abzugehen, daß angesichts des in §54 FrG vorgesehenen gesonderten Verfahrens auf Grundlage des FrG die Überprüfung der Unzulässigkeit einer Abschiebung in ein bestimmtes Land jedenfalls für den - hier gegebenen - Fall der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes (oder einer Ausweisung) nicht mehr im Rahmen der Prüfung einer Schubhaftbeschwerde durch den unabhängigen Verwaltungssenat zu erfolgen hat (s. seither VfGH 30.11.1993, B857/93, B861/93, 28.2.1994, B515/93, und vom selben Tage, B638/93, sowie B846/93).

Dies hat offenbar auch dann zu gelten, wenn dem Beschwerdeführer die Möglichkeit, einen Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat gemäß §54 FrG zu stellen, zwar offenstand, er diese aber nicht wahrgenommen hat. Andernfalls würde der Umfang der Prüfungskompetenz des unabhängigen Verwaltungssenates von der (nicht) erfolgten Antragstellung gemäß §54, im Ergebnis also von bloßen Zufälligkeiten, abhängen. Das FrG enthält keine solche Regelung und bietet auch keinen Anhaltspunkt für eine solche Zuständigkeitsverschiebung. Eine solche Auslegung erschiene nicht zuletzt auch im Lichte der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach Art83 Abs2 iVm. Art18 B-VG den Gesetzgeber dazu verhält, klare und eindeutige Zuständigkeitsregelungen zu treffen (VfSlg. 9937/1984, 11287/1987 u. a.), verfassungsrechtlich bedenklich.

Hier bestand die Möglichkeit der Antragstellung nach §54 FrG. Im Hinblick auf das Vorbringen des Beschwerdeführers vor der Fremdenpolizeibehörde kann es hier auf sich beruhen, daß er über die Möglichkeit der Antragstellung nicht in Kenntnis gesetzt wurde. Der Beschwerdeführer hat aber auch nicht vorgebracht und es ist nicht hervorgekommen, daß sich zwischenzeitlich am entscheidungsrelevanten Sachverhalt wesentliche Änderungen ergeben hätten.

4.2.2. Die Auffassung des Verfassungsgerichtshofes steht auch mit Art13 EMRK und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (im folgenden: EGM) in Einklang:

Der EGM geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, daß die Entscheidung eines Vertragsstaates, einen Flüchtling auszuliefern - oder in welcher Form immer außer Landes zu schaffen -, unter dem Blickwinkel des Art3 EMRK erheblich werden und demnach die Verantwortlichkeit des Staates nach der EMRK begründen kann, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht worden sind, daß der Fremde konkret Gefahr liefe, in dem Land, in das er ausgewiesen werden soll, Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung unterworfen zu werden (EGM 7.7.1989, Soering, EuGRZ 1989, 314ff. (319); 20.3.1991, Cruz Varas u.a., EuGRZ 1991, 203ff. (211); 30.10.1991, Vilvarajah u.a., ÖJZ 1992, 309ff. (309); vgl. auch die Entscheidungen der Europäischen Kommission für Menschenrechte vom 15.3.1984, Memis, EuGRZ 1986, 324ff. (325); 5.4.1993, ÖJZ 1994, 57ff. (58)). Im Zusammenhang mit Art3 EMRK ist der EGM weiters im Hinblick auf "die ernsten, irreparablen Schäden durch die riskierten Leiden, und um die Effektivität des Schutzes durch Artikel 3 zu garantieren", von seinem Grundsatz abgegangen, nur über bestehende Konventionsverletzungen, nicht aber nur möglicherweise eintretende abzusprechen (EGM 7.7.1989, Soering, EuGRZ 1989, 319).

Der EGM hat jedoch ebenfalls im Zusammenhang mit Art3 EMRK festgestellt, daß Art13 EMRK (lediglich) die Verfügbarkeit eines Rechtsmittels auf nationaler Ebene garantiert, um den wesentlichen Inhalt der Konventionsrechte und -freiheiten zu sichern, "gleichgültig in welcher Weise sie in der innerstaatlichen Rechtsordnung gesichert werden". Nach dem Sinn und Zweck von Art13 EMRK ist die Bereitstellung eines innerstaatlichen Rechtsmittels erforderlich, welches es der "nationalen Behörde" überläßt, sich mit dem wesentlichen Inhalt der betreffenden Konventionsbeschwerde zu befassen und den erforderlichen Rechtsschutz zu gewähren (EGM 7.7.1989, Soering, EuGRZ 1989, 324, unter Berufung auf seine bisherige Rechtsprechung). Art13 EMRK geht nicht so weit, irgendeine bestimmte Form eines Rechtsmittels zu verlangen; den Vertragsstaaten kommt bei der Erfüllung ihrer Verpflichtungen nach dieser Bestimmung ein Ermessensspielraum zu. Dagegen, daß über die Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat letztlich die Sicherheitsdirektion (§70 Abs1 FrG) zu entscheiden befugt ist, bestehen deshalb aus der Sicht des Art13 EMRK keine Bedenken (so auch Wiederin, Aufenthaltsbeendende Maßnahmen im Fremdenpolizeirecht (1993), 156ff.).

Aus dem Blickwinkel des vorliegenden Beschwerdefalles genügt daher die in §54 FrG vorgesehene Möglichkeit, einen Bescheid betreffend die Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat zu erwirken, der letztlich vor dem Verfassungs- und dem Verwaltungsgerichtshof angefochten werden kann (vgl. dazu die Entscheidung der Europäischen Kommission für Menschenrechte vom 5.4.1993, ÖJZ 1994, 59), den Anforderungen des Art3 EMRK iVm. 13 EMRK.

5. Der Beschwerdeführer ist daher durch den angefochtenen Bescheid nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.

Eine Verletzung in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet und ist im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof auch nicht hervorgekommen.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

III. Diese Entscheidung konnte

gemäß §19 Abs4, erster Satz, VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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