VfGH B1289/01

VfGHB1289/0126.2.2002

Aufhebung des Bescheides im Anlaßfall nach Aufhebung des §5 Abs1 lita Tir VergabeG 1998 mit E v 26.02.02, G350/01, wegen Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter infolge Verweigerung einer Sachentscheidung zu Unrecht.

Normen

B-VG Art83 Abs2
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
B-VG Art83 Abs2
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

 

Spruch:

Die beschwerdeführende Gesellschaft ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Das Land Salzburg ist schuldig, der beschwerdeführenden Gesellschaft zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 1.999,06 bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die beschwerdeführende Kommanditgesellschaft legte für das Gewerk "Schwesternrufanlage", dessen Ausschreibung im Rahmen des Bauvorhabens "Seniorenheim Taxham, Umbau des Hauses 1" durch die Stadtgemeinde Salzburg erfolgte, ein Anbot. Nachdem dieses Angebot ausgeschieden und der Zuschlag mit Schreiben vom 12. Dezember 2000 einem anderen Bewerber erteilt worden war, wandte sie sich mit Eingabe vom 7. Februar 2001 mit einem Nachprüfungsantrag an den Vergabekontrollsenat für das Land Salzburg (im folgenden: VKS). In der Begründung vertrat sie u.a. die Auffassung, daß es sich bei der gegenständlichen Vergabe um einen Lieferauftrag handle.

Mit dem nunmehr vor dem Verfassungsgerichtshof gemäß Art144 B-VG bekämpften Bescheid vom 25. Juli 2001 wies der VKS den Antrag, "die Entscheidung der Auftraggeberin, die nach der Bewertung der Angebote vor der Antragstellerin liegenden Angebote nicht auszuscheiden, für nichtig (zu) erklären", mangels Anwendbarkeit des Salzburger Vergabegesetzes zurück und verpflichtete die beschwerdeführende Partei zur Tragung der Sachverständigengebühren. Begründend wurde ausgeführt, daß der gegenständliche Auftrag, dessen geschätzter Auftragswert mehr als € 200.000 betrage, nicht - wie die Antragstellerin meint - als Lieferauftrag, sondern vielmehr als Los eines Bauauftrages mit einem geschätzten Auftragswert von rund S 40 Mio zu qualifizieren sei, welcher deutlich unter dem für Bauaufträge maßgeblichen Schwellenwert von € 5 Mio zu liegen komme. Da sohin die Voraussetzungen für die Anwendung des Salzburger Vergabegesetzes - LVergG, LBGl. 1/1998 idF LGBl. 99/2000, nicht vorlägen (s. §2 LVergG iVm §§2 und 6 des Bundesvergabegesetzes 1997, BGBl. I 56 idF BGBl. I 120/1999), sei der Antrag zurückzuweisen.

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und auf Gleichheit vor dem Gesetz wegen Anwendung eines für verfassungswidrig erachteten Gesetzes behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof begehrt wird.

4. Die belangte Behörde hat keine Gegenschrift erstattet; die Verwaltungsakten wurden während des Gesetzesprüfungsverfahrens nachgereicht.

Der im verfassungsgerichtlichen Verfahren mitbeteiligte Auftraggeber, die Stadtgemeinde Salzburg, hat eine Äußerung erstattet, in der er die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.

II. Aus Anlaß dieser Beschwerde leitete der Verfassungsgerichthsof mit Beschluß vom 12. Dezember 2001 von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §2 Abs2 LVergG idF LGBl. 99/2000 ein, durch den die (landes-)gesetzliche Regelung des Vergabeverfahrens und des vergabespezifischen Rechtsschutzes für die Vergabe von u.a. Bauaufträgen auf Aufträge beschränkt wird, deren geschätztes Auftragsvolumen einen bestimmten Betrag übersteigt.

Mit Erkenntnis vom heutigen Tag, G363/01, hat der Verfassungsgerichtshof diese Bestimmung unter Fristsetzung als verfassungswidrig aufgehoben.

III. Die Beschwerde ist begründet:

Die belangte Behörde hat in Anwendung der für verfassungswidrig erachteten Gesetzesbestimmung der beschwerdeführenden Gesellschaft eine Sachentscheidung verweigert, ohne die weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen des Nachprüfungsantrages zu prüfen. Es ist daher nicht von vornherein ausgeschlossen, daß die Anwendung der als verfassungswidrig aufgehobenen Gesetzesbestimmung für die Rechtsstellung der beschwerdeführenden Gesellschaft nachteilig war.

Die beschwerdeführende Gesellschaft wurde also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in ihren Rechten verletzt (zB VfSlg. 10.404/ 1985).

Der Bescheid war daher aufzuheben.

Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 327,--und eine Eingabegebühr in verzeichneter Höhe von € 37,06 enthalten.

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