European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:009OBA00087.15G.0827.000
Spruch:
Der Revision der klagenden Partei wird teilweise, der Revision der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Ersturteil zu lauten hat:
„1. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 4.848,78 EUR (darin 3.148,78 EUR brutto und 1.700 EUR netto) samt 9,08 % Zinsen aus 1.700 EUR netto ab 29. 10. 2013, 9,08 % Zinsen aus 490 EUR brutto ab 1. 12. 2013, 9,08 % Zinsen aus 490 EUR brutto ab 1. 1. 2014, 9,08 % Zinsen aus 490 EUR brutto ab 1. 2. 2014, 9,08 % Zinsen aus 416,08 EUR brutto ab 5. 2. 2014, 9,08 % Zinsen aus 614,55 EUR brutto ab 1. 3. 2014 und 9,08 % Zinsen aus 648,15 EUR brutto ab 2. 4. 2014 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
2. Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei weiter schuldig, der klagenden Partei 1.300 EUR netto samt 9,08 % Zinsen aus 1.300 EUR netto ab 29. 10. 2013 zu bezahlen, wird abgewiesen.
3. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.699,93 EUR (darin 309 EUR Barauslagen, 398,49 EUR USt) bestimmten Prozesskosten erster Instanz binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.“
Die beklagte Partei ist darüber hinaus schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution die mit 606,71 EUR (darin 49,75 EUR Barauslagen, 93,13 EUR USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens sowie die mit 631,48 EUR (darin 73,20 EUR Barauslagen, 74,66 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin war bei der Beklagten vom 2. September bis 30. Oktober 2013 als Lehrling im Lehrberuf Einzelhandelskauffrau, Schwerpunkt Lebensmittelhandel, beschäftigt. Das Lehrverhältnis wurde von der Beklagten während der Probezeit aufgelöst.
Bei der Beklagten handelt es sich um ein an zwei Standorten geführtes „gastronomisches Unternehmen“ (Tankstelle sowie Supermarkt mit Gastronomiebereich). Der Geschäftsführer ist auch als Sicherheitsfachkraft tätig und arbeitet in der Küche des Gastronomiebetriebs. Seine Frau, die Geschäftsführerin, leitet die Supermarktfilialen zusammen mit den Abteilungsleitern des jeweiligen Standorts und ist grundsätzlich für Personalangelegenheiten und die Lehrlingsausbildung zuständig. Die Beklagte beschäftigt ca 30 Mitarbeiter.
Die Klägerin war bereits vor Beginn ihres Lehrverhältnisses bei der Beklagten geringfügig beschäftigt. Im Lehrvertrag wurde ein Standort als Dienstort vereinbart. Gelegentlich wurde die Klägerin jedoch auch am anderen Standort eingesetzt.
Das Arbeitsumfeld bei der Beklagten war für die Klägerin angenehm, da ihr die Arbeit gefiel, sie sich mit den Mitarbeitern gut verstand und sie von diesen sowie den Geschäftsführern der Beklagten zunächst auch nicht schlecht behandelt wurde. In den ersten Wochen des Lehrverhältnisses war die Klägerin auch bemüht und verrichtete ihre Arbeit ordnungsgemäß. In der Folge ließ die Arbeitsmotivation und das Interesse der Klägerin jedoch etwas nach. Beispielsweise führte sie die Warenpräsentation im Frischdienst teilweise nicht selbstständig ordnungsgemäß aus und bedurfte wiederholter Anweisungen. Die Klägerin trödelte zum Teil, war mit den Gedanken wo anders und konnte die vorgegebene Arbeitseinteilung zeitweise nicht einhalten. Sie las an der Theke auch einmal Zeitung, was von einem Gast wahrgenommen und kritisiert wurde. Einmal vergaß sie, den gezuckerten Kaffee eines Gastes umzurühren, woraufhin dieser sich bei einem anderen Mitarbeiter der Beklagten beschwerte. Der Mitarbeiter fragte die Klägerin daraufhin, ob sie „innerlich blond“ sei. Die Haarfarbe der Klägerin ist tatsächlich hellbraun/braun. Die Klägerin bezog diese Äußerung auf ihre Intelligenz.
Auch hinsichtlich der von der Klägerin gewünschten bzw getätigten Rauchpausen gab es Differenzen. Sie machte in einer Filiale mit der Begründung, dass dies auch an ihrem Stammstandort so gehandhabt werde, zwischendurch Rauchpausen. Lehrlingen waren tatsächlich aber nur zwei fixe Pausen und keine Rauchpausen gestattet.
Darüber hinaus antwortete die Klägerin auch wiederholt, wenn sie Anweisungen erhielt, mit mürrischen Aussagen und redete zurück. Die diesbezüglichen Wahrnehmungen der Supermarktmitarbeiter wurden von diesen untereinander besprochen und auch gegenüber den Geschäftsführern und der Tochter der Geschäftsführerin geäußert. Weiters hat die Klägerin auch eine Anweisung einmal nicht ordnungsgemäß befolgt, da sie das Serviettenfalten als pausenfüllende Tätigkeit entgegen dem konkreten Auftrag, aufgeplatzte Lebensmittel wegzuräumen, zunächst einfach fortgeführt hatte.
Der Geschäftsführer hat die Klägerin in seiner Funktion als Sicherheitsfachkraft insgesamt sechs Mal wegen sicherer Kleidung und sicherer Verwendung sowie Reinigung von Schneidemaschinen verwarnt und ein Mal hinsichtlich der Wichtigkeit der Sicherheitseinrichtungen bei Geräten unter Einhaltung der Vorschriften nachgeschult.
Im Zeitraum von 7. bis 24. Oktober 2013 befanden sich die Geschäftsführer der Beklagten auf Urlaub. Vor deren Urlaubsantritt erkundigte sich der Lebensgefährte der Mutter der Klägerin beim Geschäftsführer, ob hinsichtlich der Klägerin „alles in Ordnung sei“. Dieser antwortete, dass „alles passe“. Das Verhalten, das zu Beschwerden der Mitarbeiter führte, wurde ‑ auch gegenüber der Klägerin selbst ‑ nicht angesprochen.
Am 11. Oktober 2013 erfuhr die Klägerin von ihrer Schwangerschaft und gab dies am 14. Oktober 2013 der Tochter der Geschäftsführerin bekannt. Die Arbeitseinstellung und Leistung der Klägerin war nach Bekanntwerden der Schwangerschaft herabgesetzt. So erschien sie einen Tag nach Meldung ihrer Schwangerschaft in einer schwarzen Jogginghose zur Arbeit und reagierte auf die Belehrung über ordnungsgemäße Kleidung widerwillig. Auch nach dem Urlaub beschwerten sich Mitarbeiter bei den Geschäftsführern; sie sagten, die Klägerin sei zum Teil frech, rede zurück und müsse das letzte Wort haben, was ihr als Lehrling nicht zustehe .
Am 25. Oktober 2013 kam es zu einem Gespräch, bei dem die Geschäftsführer, die Klägerin, der Lebensgefährte ihrer Mutter und zeitweise die Tochter der Geschäftsführerin anwesend waren, wobei die Klägerin während des Gesprächs zu weinen begann und wiederholt die Toilette aufsuchte. In der Annahme, dass es sich beim Lebensgefährten der Mutter um einen Erziehungsberechtigten der Klägerin handle, wurde von der Geschäftsführerin mitgeteilt, dass das Lehrverhältnis innerhalb der Probezeit aufgelöst werde. Zur Erklärung wurde ausgeführt, dass die Klägerin frech sei, zurückrede, die Arbeit teilweise nicht ordnungsgemäß verrichte und dass sich deshalb auch Mitarbeiter über die Klägerin beschwert hätten. Es wurde im Zuge des Gesprächs auch die Schwangerschaft der Klägerin thematisiert. Der Geschäftsführer meinte, „jetzt haben wir zwei Schwangere und zwei Behinderte und was soll ich jetzt machen“. Weiter wurde darauf hingewiesen, dass es bessere Jobs für Schwangere gäbe und es besser sei, wenn die Klägerin etwas anderes machen würde. Der Lebensgefährte der Mutter der Klägerin fragte nach einer „zweiten Chance“ für die Klägerin. Der Geschäftsführer bemerkte, die Klägerin solle sich überlegen, ob sie die Lehre fortführen möchte, da für sie eine „Eiszeit“ anbrechen würde und niemand mehr mit ihr reden dürfe. Die Klägerin äußerte, dass sie weiter lernen und das Lehrverhältnis nicht beenden wolle. Die Klägerin berichtete in der Folge ihrer Mutter vom Gespräch, der (geplanten) Auflösung des Lehrverhältnisses sowie der von der Geschäftsführung angekündigten „Eiszeit“.
Am 29. Oktober 2013 wurde ein weiteres Gespräch von den Geschäftsführern mit der Mutter der Klägerin geführt; dies in Anwesenheit der Klägerin und im Beisein des Lebensgefährten sowie der zwischendurch auch arbeitsbedingt abwesenden Tochter der Geschäftsführerin. Die Geschäftsführer der Beklagten sagten wiederum, dass sie das Lehrverhältnis in der Probezeit auflösen wollten, da sich die Klägerin Dinge herausnehme, die nicht möglich seien. Die Geschäftsführerin betonte dabei, dass es nicht um die Schwangerschaft der Klägerin gehe. Der Geschäftsführer erklärte, dass sich Mitarbeiter über das Verhalten der Klägerin beschwert hätten, wonach sie alles besser wisse und frech zurückrede, sowie dass sie auch lüge, um etwas durchzusetzen, ihrer Arbeit nicht nachgehe und für den Betrieb nicht tragbar sei. Er bemerkte wieder, zwei Schwangere und zwei Behinderte im Betrieb zu haben. Weiter wurde das Thema Probezeit besprochen und auch die Vorfälle mit den Rauchpausen und der im Dienst getragenen Jogginghose kritisiert. Die Möglichkeit der Einräumung einer „zweiten Chance“ für die Klägerin wurde von der Geschäftsführung der Beklagten abgelehnt. Der Geschäftsführer meinte, dass er sich auch mit den Mitarbeitern abgesprochen habe und diese gegen eine Fortsetzung des Lehrverhältnisses mit der Klägerin seien. Die Klägerin wiederholte, dass sie weiterhin bei der Beklagten beschäftigt sein wolle. Letztendlich wurde ihr mitgeteilt, dass sie mit ihren Angehörigen nach Hause gehen könne. Die schriftliche Auflösungserklärung ging der Klägerin am 30. Oktober 2013 zu.
Die Klägerin begehrte mit der vorliegenden Klage die Zahlung von (zuletzt) 6.148,78 EUR sA. Sie sei durch Äußerungen geschlechtsbezogen belästigt „bzw“ bei den sonstigen Arbeitsbedingungen diskriminiert sowie zusätzlich bei der Beendigung des Dienstverhältnisses aufgrund der gemeldeten Schwangerschaft diskriminiert worden. Sie habe daher Anspruch auf eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung, für die sie 3.000 EUR netto begehre. Aufgrund der diskriminierenden Beendigung des Lehrverhältnisses stehe ihr auch der Ersatz des Vermögensschadens von 3.148,78 EUR brutto in Form der entgangenen Lehrlingsentschädigung bis 1. April 2014 zu.
Die Beklagte bestritt, beantragte Klagsabweisung und wandte ein, die Klägerin sei weder während des Lehrverhältnisses noch bei der Beendigung desselben diskriminiert worden. Bereits vor dem Urlaub der Geschäftsführer der Beklagten vom 7. bis 24. Oktober 2013 sei intern die Frage der Auflösung des Lehrverhältnisses der Klägerin in der Probezeit diskutiert worden, weil sich die Klägerin gegenüber Kollegen, aber auch gegenüber dem Geschäftsführer unangemessen verhalten, Weisungen nicht, verspätet oder nicht ordnungsgemäß ausgeführt und wiederholt gegenüber der Geschäftsführung und gegenüber den Kollegen unangemessene, freche Aussagen getätigt habe. Während des Auslandsaufenthalts der Geschäftsführer habe die Klägerin weiterhin Anweisungen nicht, schlampig oder nur nach mehrfacher Aufforderung widerwillig befolgt und gegenüber älteren und vorgesetzten Kollegen freche Antworten gegeben. Nach Rückkehr der Geschäftsführer aus dem Urlaub sei auch das Gespräch mit Arbeitskollegen der Klägerin gesucht worden. Als Gesprächsergebnis sei der Entschluss festgestanden, dass eine Trennung aufgrund des Verhaltens der Klägerin unumgänglich sei. Dies sei am 25. Oktober 2013 dem Vater der Klägerin mitgeteilt worden, wobei die Schwangerschaft der Klägerin bei diesem Gespräch kein Thema gewesen sei. Im zweiten Gespräch am 29. Oktober 2013 sei die Entscheidung zur Auflösung des Lehrverhältnisses in der Probezeit bestätigt worden. Auch dann sei die Schwangerschaft der Klägerin kein Thema gewesen. Der von der Klägerin geltend gemachte immaterielle Schaden sei überdies überhöht.
Das Erstgericht verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von 4.148,78 EUR sA (3.148,78 EUR brutto Verdienstentgang, 1.000 EUR netto an immateriellem Schadenersatz) und wies das Mehrbegehren von 2.000 EUR netto sA ab. Bezogen auf das aufrechte Dienstverhältnis liege keine Diskriminierung der Klägerin aufgrund des Geschlechts bei den sonstigen Arbeitsbedingungen gemäß § 3 Z 6 GlBG und keine geschlechtsbezogene Belästigung gemäß § 7 GlBG vor. Die Frage des Mitarbeiters, ob die Klägerin „innerlich blond“ sei, betreffe nicht ihr Geschlecht, sondern ihr Verhalten, das zu einer Kundenbeschwerde geführt habe. Die Beklagte hafte auch nicht automatisch für das Verhalten ihrer Mitarbeiter. Hinsichtlich der Beendigung ihres Lehrverhältnisses habe die Klägerin allerdings glaubhaft machen können, dass die Schwangerschaft zumindest unter anderem der Beendigung ihres Lehrverhältnisses in der Probezeit zugrunde gelegen sei. Die Beklagte habe damit durch ihre Geschäftsführer gegen das Verbot der unmittelbaren Geschlechtsdiskriminierung iSd § 3 Z 7 GlBG verstoßen. Der Vermögensschaden (Lehrlingsentschädigung) stehe der Klägerin in der unstrittigen Höhe von 3.148,78 EUR brutto zu. Bei der Bemessung des „Gefühlsschadens“ der Klägerin von 1.000 EUR sei zu berücksichtigen, dass die Diskriminierung im Rahmen von zwei Gesprächen unmittelbar gegenüber der Klägerin zum Ausdruck gebracht worden sei.
Das Berufungsgericht gab den gegen das Ersturteil erhobenen Berufungen der Streitteile nicht Folge. Zur Berufung der Beklagten führte es aus, die Feststellungen würden den Schluss nicht zulassen, dass es auch ohne Schwangerschaft der Klägerin zu einer Auflösung des Lehrverhältnisses während der Probezeit gekommen wäre. Ihr stehe der Vermögensschaden bis 1. April 2014 zu, zumal nach Ablauf der Probezeit eine reguläre Beendigung des Lehrverhältnisses vor dem 1. April 2014 nicht möglich gewesen wäre. Die von beiden Streitteilen bekämpfte Höhe der Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung sei so zu bemessen, dass dadurch die Beeinträchtigung tatsächlich und wirksam ausgeglichen werde und die Entschädigung der erlittenen persönlichen Beeinträchtigung angemessen sei sowie künftige Diskriminierungen verhindere. Unter Orientierung an der bisherigen einschlägigen Rechtsprechung (8 ObA 11/09i; 8 ObA 63/09m; 8 ObA 23/14m) hielt auch das Berufungsgericht einen Entschädigungsbetrag von 1.000 EUR, der in etwa zwei Monatsentgelten der Klägerin entspreche, für angemessen. Durch die ihr ohnehin zuerkannte laufende Lehrlingsentschädigung würde auch die Konfrontation mit Arbeitslosigkeit und dem Wegfall des monatlichen Entgelts abgefedert. Die Revision wurde vom Berufungsgericht zur Frage der Höhe des Anspruchs auf Ersatz des Vermögensschadens bei diskriminierender Auflösung eines Lehrverhältnisses während der Probezeit zugelassen.
In ihrer gegen das Berufungsurteil gerichteten Revision beantragt die Klägerin die Abänderung dahin, dass dem Klagebegehren hinsichtlich eines weiteren Betrags von 2.000 EUR netto sA stattgegeben werde; in eventu stellt sie einen Aufhebungsantrag.
Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision der Klägerin zurück-, in eventu abzuweisen.
Die Beklagte beantragt ihrerseits in ihrer Revision die Abänderung des Berufungsurteils im Sinne einer gänzlichen Klagsabweisung.
Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung die Abweisung der Revision der Beklagten.
Rechtliche Beurteilung
Die beiden Revisionen sind mangels ausreichender Rechtsprechung zu den schadenersatzrechtlichen Folgen der diskriminierenden Auflösung eines Lehrverhältnisses in der Probezeit zulässig . Die Revision der Klägerin ist teilweise berechtigt, jene der Beklagten ist nicht berechtigt.
1. Zum Ersatz des Vermögensschadens
Die Beklagte ist der Ansicht, dass der Ersatz des Vermögensschadens nur in Höhe des Entgeltentgangs bis zur nächstmöglichen rechtmäßigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestehen könne. Da die Beklagte berechtigt gewesen wäre, die Auflösung des Lehrverhältnisses in der Probezeit jederzeit ohne Einhaltung von Fristen oder Terminen vorzunehmen, sei der Klägerin selbst bei Annahme einer diskriminierenden Beendigung überhaupt kein Vermögensschaden entstanden.
1.1. Die Bestimmungen des I. Teils des GIBG (Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt) gelten für den Bereich der Arbeitswelt. Dazu zählen insbesondere Arbeitsverhältnisse aller Art, die auf privatrechtlichem Vertrag beruhen (§ 1 Abs 1 Z 1 GlBG). Dass daher auch Lehrlinge vom Schutz des GIBG erfasst sind ( Hopf/Mayr/Eichinger , GIBG [2009] § 1 Rz 5), ist zwischen den Parteien zu Recht nicht strittig. Richtig gesteht die Beklagte auch zu, dass die Beendigung eines Dienstverhältnisses aufgrund einer Schwangerschaft der Dienstnehmerin gegen das in § 3 GlBG normierte Gleichbehandlungsgebot verstößt. Danach darf aufgrund des Geschlechts, insbesondere unter Bezugnahme auf den Familienstand oder den Umstand, ob jemand Kinder hat, im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere auch nicht bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (§ 3 Z 7 GlBG). Die diskriminierende Berücksichtigung einer Schwangerschaft wird vom Europäischen Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung als unmittelbare Geschlechtsdiskriminierung qualifiziert (s die Entscheidungsnachweise bei Hopf/Mayr/Eichinger , GlBG § 5 Rz 14 FN 35). Bereits in den Entscheidungen 9 ObA 4/05m (Schwangerschaft) und 9 ObA 81/05k (Zurückweisung einer sexuellen Belästigung) wurde zudem klargestellt, dass auch die Auflösung eines Probearbeitsverhältnisses einen Diskriminierungstatbestand iSd GlBG verwirklichen kann, an den sich gesetzliche Sanktionen knüpfen. Erwägungen dahin, dass eine Einschränkung der unbeschränkten Lösungsfreiheit in der Probezeit wegen der Verletzung des Gleichbehandlungsgesetzes dem Wesen einer Probezeit entgegenstünde, wurde damit schon dem Grunde nach eine Absage erteilt.
1.2. Hinsichtlich der Rechtsfolgen einer Beendigungsdiskriminierung sieht § 12 Abs 7 GlBG vor:
„ (7) Ist das Arbeitsverhältnis vom/von der Arbeitgeber/in wegen des Geschlechtes des/der Arbeitnehmers/Arbeitnehmerin oder wegen der nicht offenbar unberechtigten Geltendmachung von Ansprüchen nach diesem Gesetz gekündigt oder vorzeitig beendigt worden oder ist das Probearbeitsverhältnis wegen eines solchen Grundes aufgelöst worden (§ 3 Z 7), so kann die Kündigung, Entlassung oder Auflösung des Probearbeitsverhältnisses bei Gericht angefochten werden. … Lässt der/die Arbeitnehmer/in die Beendigung gegen sich gelten, so hat er/sie Anspruch auf Ersatz des Vermögensschadens und auf eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung. “
1.3. Da diese Bestimmung ‑ anders als noch § 12 Abs 7 GlBG idF vor der Novelle BGBl I 2008/98 ‑ nunmehr (neben dem diskriminierenden Zeitablauf eines befristeten Arbeitsverhältnisses) drei Arten der Beendigung (Kündigung, vorzeitige Beendigung oder Auflösung des Arbeitsverhältnisses während der Probezeit) anspricht und § 12 Abs 7 letzter Satz GlBG ohne weitere Differenzierung nach der konkreten Art der Beendigung den Ersatz von Vermögensschäden vorsieht, bietet der insoweit klare Gesetzeswortlaut keinen Grund zur Annahme, dass bei Auflösung eines Probearbeitsverhältnisses ein Vermögensschaden, der sich in der Regel im sofortigen Wegfall des Entgelts manifestiert, von vornherein ausgeschlossen wäre.
1.4. § 12 Abs 7 GlBG ist aber auch vor dem Hintergrund von Art 18 der Gleichbehandlungs-richtlinie 2006/54/EG zu sehen, wonach die Mitgliedstaaten Maßnahmen zu treffen haben, um sicherzustellen, dass der einer diskriminierten Person entstandene Schaden tatsächlich und wirksam ausgeglichen wird, wobei dies auf eine abschreckende und dem erlittenen Schaden angemessene Art und Weise geschehen muss. Ziel dessen ist die Schaffung tatsächlicher Chancengleichheit. Es würde nicht erreicht, wenn Maßnahmen fehlen, durch die diese Gleichheit wiederhergestellt werden kann. Die Maßnahmen müssen daher einen tatsächlichen und wirksamen Rechtsschutz gewährleisten und eine wirklich abschreckende Wirkung gegenüber dem Arbeitgeber haben. Im Fall einer diskriminierenden Beendigung kann die Gleichheit ohne Wiedereinstellung der diskriminierten Person oder finanzielle Wiedergutmachung des ihr entstandenen Schadens nicht wiederhergestellt werden. Wird von einem Mitgliedstaat zur Erreichung des vorstehend beschriebenen Ziels die finanzielle Wiedergutmachung gewählt ‑ bzw im Fall von Österreich als Wahlmöglichkeit neben der Anfechtung der diskriminierenden Beendigung eingeräumt ‑, dann muss sie angemessen in dem Sinn sein, dass sie es erlaubt, die durch die diskriminierende Beendigung tatsächlich entstandenen Schäden gemäß den anwendbaren staatlichen Regeln in vollem Umfang auszugleichen (s EuGH 10. 4. 1984, 14/83, von Colson und Kamann, Slg 1984, 1891 Rn 23; 2. 8. 1993, C‑271/91, Marshall, Slg 1993, I‑4367 Rn 24; Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG § 12 Rz 88 mwN).
1.5. In der Literatur wird zum Teil eine zeitliche Begrenzung der Ersatzpflicht mit dem nächsten regulären Kündigungstermin mit der Begründung vorgeschlagen, dass der Arbeitnehmer bei rechtmäßigem Alternativverhalten des Arbeitgebers ‑ das offenbar in einer diskriminierungsfreien Kündigung gesehen wird ‑ den darüber hinausgehenden Gehaltsverlust ebenfalls erlitten hätte ( Kletečka in Rebhahn , GlBG [2005] § 12 Rz 50, der sich jedoch noch auf die Fassung des § 12 Abs 7 GlBG vor der Novelle BGBl I 2008/98 bezieht; erst mit dieser wurde aber neben der Anfechtung der Beendigung auch die Wahlmöglichkeit von Schadenersatz eingeführt [RV 415 BlgNR 23. GP 6]).
Dieser Standpunkt würde bedeuten, dass nur eine diskriminierende vorzeitige Beendigung einen Anspruch auf einen Vermögensschaden begründen könnte, weil bei einer fristgerechten Kündigung oder bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses während der Probezeit selbst bei diskriminierender Beendigung eine solche zum „regulären“ Termin vorläge. Das stünde jedoch im Widerspruch zu den genannten Intentionen von Art 18 der GleichbehandlungsRL 2006/54/EG und § 12 Abs 7 GlBG.
Es wird dabei aber auch nicht berücksichtigt, dass die Beendigung des Dienstverhältnisses tatsächlich aus einem diskriminierenden Grund erfolgt ist und ein Arbeitgeber ohne diesen Grund uU keinen (ausreichenden) Anlass zu einer Beendigung des Dienstverhältnisses gehabt hätte. Die naheliegende Handlungsalternative des Arbeitgebers ist danach zunächst nicht in einer diskriminierungsfreien Beendigung, sondern in der Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu sehen. Dementsprechend wird in der Literatur in diesem Zusammenhang die Frage aufgeworfen, ob bei einer bereits diskriminierungsbelasteten Fallkonstellation realistischer-weise so bald mit einer diskriminierungsfreien Arbeitgeberkündigung gerechnet werden könne. Die Behauptung und der entkräftende Beweis bleiben dem Arbeitgeber freilich unbenommen ( Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG § 12 Rz 87 mwN).
Zu bedenken ist schließlich, dass eine Schadenersatzlösung, bei der die diskriminierte Person lediglich eine geringe Kündigungsentschädigung zu gewärtigen hätte, als Alternative zur Anfechtung der Beendigung für einen Arbeitnehmer auch kaum von Interesse wäre und insofern keine effektive Maßnahme im Sinne des Art 18 der GleichbehandlungsRL 2006/54/EG darstellte. Diese Gefahr bestünde insbesondere, wenn man den Vermögensschaden nur danach bemessen würde, dass der Arbeitgeber das Dienstverhältnis in der Probezeit ohnedies jederzeit beenden könnte (s Hopf/Mayr/Eichinger , GlBG § 12 Rz 90).
1.6. Für die Frage, ob einem Arbeitnehmer diskriminierungsbedingt ein zu ersetzender Vermögensschaden entstanden ist, ist danach auf das allgemeine schadenersatzrechtliche Prinzip zurückzugreifen, wonach der Schädiger die Behauptungs- und Beweislast dafür zu tragen hat, dass der Schaden auch im Fall des vorschriftsmäßigen Verhaltens, dh ohne Verletzung der Schutznorm, eingetreten wäre (RIS‑Justiz RS0027364). Die Beklagte hätte demnach unter Beweis zu stellen gehabt, dass sie das Arbeitsverhältnis der Klägerin auch ohne Berücksichtigung der Schwangerschaft innerhalb der Probezeit beendet hätte. Dies ist dem festgestellten Sachverhalt jedoch nicht zu entnehmen, steht doch fest, dass das Verhalten der Klägerin (Trödeln, mürrisches Antworten auf Anweisungen, Differenzen bezüglich Rauchpausen ua) den Geschäftsführern der Beklagten schon vor ihrem Urlaub bekannt war, der Geschäftsführer aber kurz davor über Nachfrage, ob mit der Klägerin alles in Ordnung sei, erklärte, dass „alles passe“. Es ist hier folglich gerade nicht erwiesen, dass die Beklagte schon das Verhalten der Klägerin als solches zum Anlass der Beendigung ihres Lehrverhältnisses innerhalb der Probezeit genommen hätte.
1.7. Nach all dem scheidet im vorliegenden Fall eine der Beklagten vorschwebende Reduktion der Ersatzpflicht auf Null oder eine Begrenzung mit dem Verdienstentgang bis zum „nächstmöglichen Beendigungstermin“ ‑ hier also in der Probezeit ‑ aus. Die Höhe des der Klägerin als Ersatz des Vermögensschadens zugesprochenen Betrags wurde von der Beklagten sonst nicht in Frage gestellt.
2. Zum Ersatz der erlittenen persönlichen Beeinträchtigung
Die Revisionen beider Streitteile richten sich auch gegen die Bemessung des immateriellen Schadenersatzes mit 1.000 EUR, der von der Klägerin als zu niedrig, von der Beklagten als zu hoch erachtet wird.
2.1. § 12 Abs 14 GlBG in der am 1. 8. 2013 in Kraft getretenen und hier anwendbaren Fassung BGBl I 2013/107 lautet:
„ (14) Die Höhe der Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung ist so zu bemessen, dass dadurch die Beeinträchtigung tatsächlich und wirksam ausgeglichen wird und die Entschädigung der erlittenen Beeinträchtigung angemessen ist sowie Diskriminierungen verhindert. “
2.2. Die Erläuterungen zu dieser Bestimmung (RV 2300 BlgNR 24. GP 3 f) halten fest:
„Die Richtlinie 2000/43/EG zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft (Antirassismusrichtlinie), ABl Nr L 180 vom 19. 7. 2000 S 22; die Richtlinie 2000/78/EG zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (Gleichbehandlungs-rahmenrichtlinie), ABl Nr L 303 vom 2. 12. 2000 S 16; die Richtlinie 2006/54/EG zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (Neufassung Gleichbehandlungsrichtlinie), ABl Nr L 204 vom 26. 7. 2006 S 23 und die Richtlinie 2004/113/EG zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, ABl Nr L 373 vom 21. 12. 2004 S 37 verpflichten die Mitgliedstaaten, wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Schadenersatzregelungen zu treffen. …
Unabhängig davon, dass diese Kriterien im Hinblick auf die richtlinienkonforme Auslegung der Gesetze bei der Festlegung der Höhe des Schadenersatzes von den Gerichten bereits jetzt berücksichtigt werden müssen, soll die Bedeutung dieser Kriterien durch die geänderte Formulierung unterstrichen werden. Die Höhe des immateriellen Schadenersatzes soll daher so bemessen werden, dass die Beeinträchtigung tatsächlich und wirksam ausgeglichen wird, der erlittenen Beeinträchtigung angemessen ist und Diskriminierungen verhindern soll. Insbesondere mit dem letzten Kriterium soll der dem österreichischen Schadenersatzrecht immanente Präventionsgedanke zum Ausdruck kommen. Dies entspricht auch den unionsrechtlichen Anforderungen, wonach der Schadenersatz wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein muss.“
2.3. Anders als bei einer Einstellungsdiskriminierung (§ 12 Abs 1 Z 1 und 2 GlBG), einer Beförderungsdiskriminierung (§ 12 Abs 5 Z 1 und 2 GlBG) und bei einer sexuellen Belästigung oder einer geschlechtsbezogenen Belästigung (§ 12 Abs 11 GlBG) hat sich der Gesetzgeber dafür entschieden, bei der Beendigungsdiskriminierung nach § 12 Abs 7 GlBG keine Mindest-, Fix- oder Höchstbeträge für den Ausgleich des immateriellen Schadens festzulegen. Die Abgeltung der persönlichen Beeinträchtigung mit einer schon im Vorhinein feststehenden „Pauschale“ kommt damit nicht in Betracht. Bei Festsetzung der Höhe der Entschädigung sind die maßgeblichen Kriterien des § 12 Abs 14 GlBG vielmehr,
- dass eine erlittene Beeinträchtigung tatsächlich und wirksam ausgeglichen wird,
- dass die Entschädigung der erlittenen Beeinträchtigung angemessen ist und
- dass die Entschädigung präventiv wirken muss (arg: „Diskriminierungen verhindert“).
2.4. Nach allgemeinen Grundsätzen bilden bei der Ermittlung des Ausmaßes des eine Genugtuungsfunktion besitzenden Ersatzanspruchs für immateriellen Schaden Dauer und Intensität des erlittenen Ungemachs einen bestimmenden Faktor. Bei der Ausmessung dieser Genugtuungsleistung (Geldersatz) wird die psychophysische Situation des Betroffenen, die Beschaffenheit seiner Gefühlswelt, seine Empfindsamkeit, die Schwankungsbreite seiner Psyche gleichfalls zu berücksichtigen und überdies zu beachten sein, dass diese dem in seinem Recht Verletzten nicht nur einen Ausgleich für die beeinträchtigte Lebensfreude bringen, sondern ihm auch das Gefühl der Verletzung nehmen und damit das gestörte Gleichgewicht in seiner Persönlichkeit wiederherstellen soll (RIS‑Justiz RS0022442).
Ähnlich wird in der Lehre zum immateriellen Schaden bei Diskriminierung festgehalten, dass die betroffene Person in die Lage versetzt werden soll, sich als Ersatz für ihre Leiden, anstelle der ihr entzogenen Lebensfreude und als Ausgleich für die durch die Beeinträchtigung entstandenen Unlustgefühle auf eine andere Weise gewisse Annehmlichkeiten und Erleichterungen verschaffen zu können ( Hopf/Mayr/Eichinger , § 12 GlBG Rz 38 mwN).
2.5. Erste Anhaltspunkte für die Festlegung der Höhe der Entschädigung bieten die im Gesetz für die Fälle einer Einstellungs- oder Beförderungsdiskriminierung und einer Belästigung vorgesehenen Beträge sowie die dazu ergangene Rechtsprechung:
2.5.1. § 12 Abs 1 GlBG sieht als Rechtsfolge für eine Einstellungsdiskriminierung den Ersatz des Vermögensschadens und eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung vor. Der Ersatzanspruch beträgt
1. mindestens zwei Monatsentgelte, wenn der/die Stellenwerber/in bei diskriminierungsfreier Auswahl die Stelle erhalten hätte, oder
2. bis 500 EUR, wenn der/die Arbeitgeberin nachweisen kann, dass der einem/einer Stellenwerber/in durch die Diskriminierung entstandene Schaden nur darin besteht, dass die Berücksichtigung seiner/ihrer Bewerbung verweigert wird.
Als Rechtsfolge für eine Beförderungsdiskriminierung sieht § 12 Abs 5 GlBG als Ersatzanspruch
1. die Entgeltdifferenz für mindestens drei Monate vor, wenn der/die Arbeitnehmer/in bei diskriminierungsfreier Auswahl beruflich aufgestiegen wäre, oder
2. bis 500 EUR, wenn der/die Arbeitgeber/in nachweisen kann, dass der einem/einer Arbeitnehmer/in durch die Diskriminierung entstandene Schaden nur darin besteht, dass die Berücksichtigung seiner/ihrer Bewerbung verweigert wird.
Nach der Rechtsprechung kann in dem in § 12 Abs 1 Z 2 und Abs 5 Z 2 GlBG vorgesehenen Betrag von 500 EUR auch eine gewisse Orientierung für die Bewertung der Rechtsgutbeeinträchtigung in Fällen einer Beeinträchtigung des Rechts auf diskriminierungsfreie (Einstellungs- oder Beförderungs‑)Bewerbung gesehen werden (RIS‑Justiz RS0124660 = 8 ObA 11/09i). Dabei ist allerdings zu beachten, dass dies nur jene Diskriminierten betrifft, die eine Stelle auch bei diskriminierungsfreier Auswahl nicht erhalten hätten. Im Fall der Beendigungsdiskriminierung ist eine Beeinträchtigung jedoch schon deshalb typischerweise massiver, weil sie mit dem Verlust einer Stelle einhergeht, die der diskriminierte Arbeitnehmer bereits innehat.
2.5.2. Gemäß § 12 Abs 11 GlBG hat im Fall einer sexuellen Belästigung oder einer geschlechtsbezogenen Belästigung nach § 7 GlBG die betroffene Person gegenüber dem/r Belästiger/in und im Fall des § 6 Abs 1 Z 2 oder § 7 Abs 1 Z 2 auch gegenüber dem/der Arbeitgeber/in Anspruch auf Ersatz des erlittenen Schadens. Soweit der Nachteil nicht nur in einer Vermögenseinbuße besteht, hat die betroffene Person zum Ausgleich der erlittenen persönlichen Beeinträchtigung Anspruch auf angemessenen, mindestens jedoch auf 1.000 EUR Schadenersatz.
Dieser Betrag war bis zur GlBG‑Novelle BGBl I 2011/7 mit 720 EUR festgelegt und wurde mit dieser Novelle vor dem Hintergrund des Strebens nach abschreckender Wirkung und Vermeidung der Bagatellisierung sexueller und geschlechtsbezogener Belästigungen auf 1.000 EUR angehoben. In der Lehre wurde dazu festgehalten, dass ein Mindestschadenersatz dann, wenn er tatsächlich zur Bewusstseinsbildung beitragen soll, eine relevante Höhe haben muss, um aus präventiven Gründen einer unerwünschten Bagatellisierung der Belästigung entgegenzuwirken ( Hopf/Mayr/Eichinger , GlBG § 12 Rz 118 ff; dies , GlBG‑Novelle 2011 § 12 Anm 1 mwN; s auch Majoros , Richtlinienkonforme Bemessung des ideellen Schadens im Gleichbehandlungsgesetz, DRdA 2007, 515).
In der Entscheidung 8 ObA 63/09m wurde ein Betrag von 1.300 EUR wegen sexueller Belästigung und ethnischer Diskriminierung eines Lehrlings für angemessen erachtet. Diese Entscheidung erging allerdings noch zur Rechtslage vor Anhebung des Mindestbetrags. Zu berücksichtigen ist auch, dass der Betrag von 1.000 EUR die Untergrenze für eine Entschädigung wegen einer erlittenen persönlichen Beeinträchtigung bei Belästigung darstellt. Im Hinblick auf eine Beendigungsdiskriminierung ist zu bedenken, dass die persönliche Beeinträchtigung wegen eines diskriminierenden Verlustes des Arbeitsplatzes allenfalls deutlich schwerer wiegen kann, als eine Belästigung, die bereits bei relativer Geringgradigkeit eine Entschädigung von mindestens 1.000 EUR rechtfertigt (§ 12 Abs 11 GlBG). Dabei dürfen aber auch Belästigungen unter keinen Umständen bagatellisiert werden. Voraussetzung für die Annahme einer Belästigung im Sinn des GlBG ist nämlich stets eine Beeinträchtigung der Würde der Person (§ 6 Abs 2, § 7 Abs 2 GlBG).
2.5.3. Auch die Entscheidung 8 ObA 23/14m, in der eine Entschädigung in Höhe von 1.000 EUR für vertretbar erachtet wurde, betraf keinen Fall einer Beendigungsdiskriminierung. Jener Klägerin wurde vielmehr bekundet, dass die in Aussicht gestellte Vollzeitbeschäftigung wegen ihrer Schwangerschaft nicht in Frage komme, womit ihr aber ‑ insofern vergleichbar einer Einstellungs-diskriminierung ‑ eine nur potenzielle Erwerbschance in diskriminierender Weise versagt wurde.
2.5.4. Die bisherigen Entscheidungen bieten danach zwar Anhaltspunkte für die Festlegung der Höhe der Entschädigung, bedürfen im Hinblick auf eine Beendigungsdiskriminierung jedoch noch weitergehender Erwägungen.
2.6. Die Beklagte meint zunächst, das Erstgericht habe den Gefühlsschaden der Klägerin zu Unrecht damit begründet, dass der Geschäftsführer der Beklagten mit seinem Ausspruch, nun „zwei Schwangere und zwei Behinderte“ zu haben, die Schwangerschaft einer Behinderung gleichgesetzt habe. Es sei nicht mehr angebracht, sich wegen der Bezeichnung als „Behinderter“ beleidigt zu fühlen. Darum ging es hier aber nicht, zumal mit dem Ausspruch offensichtlich primär das eigene Bedauern der Geschäftsführung über das Vorliegen mehrerer kündigungsgeschützter Arbeitsverhältnisse zum Ausdruck gebracht wurde. Im vorliegenden Fall kann dennoch mit dem von den Vorinstanzen angenommenen Entschädigungsbetrag von 1.000 EUR nicht das Auslangen gefunden werden.
2.7. Schon aus der Entscheidung des EuGH vom 14. 7. 1994, Rs C‑32/93, Webb , geht hervor, dass einer mit der Schwangerschaft einer Dienstnehmerin begründeten Diskriminierung besonderes Gewicht zukommt. Denn der Gemeinschaftsgesetzgeber habe „unter Berücksichtigung der Gefahr, die eine mögliche 'Entlassung' für die physische und psychische Verfassung von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen oder stillenden Arbeitnehmerinnen darstellt, einschließlich des besonders schwerwiegenden Risikos, dass eine schwangere Arbeitnehmerin zum freiwilligen Abbruch ihrer Schwangerschaft veranlasst wird“, einen besonderen Schutz vom Beginn der Schwangerschaft bis zum Ende des Mutterschaftsurlaubs verfügt (Rn 21).
2.8. Im vorliegenden Fall ist zu bedenken, dass die Klägerin mit der diskriminierenden Auflösung des Lehrverhältnisses ihre Lehrstelle verlor. Die persönliche Beeinträchtigung aus der Beendigung während und wegen ihrer Schwangerschaft wird nicht schon mit dem Ersatz des Vermögensschadens (Verdienstentgang) abgegolten. Dass sich die Klägerin noch in der Probezeit befand, kann demgegenüber nicht schaden, weil gerade nicht feststeht, dass das Lehrverhältnis auch ohne ihre Schwangerschaft beendet worden wäre.
2.9. Die persönliche Betroffenheit der erst 17‑jährigen Klägerin geht schon aus dem Umstand hervor, dass die Diskriminierung für sie plötzlich und unvorhersehbar kam, sie bei dem Gespräch mit dem Geschäftsführer zu weinen begann, mehrfach den Raum verlassen musste und beteuerte, die Lehre nicht beenden zu wollen, während der Geschäftsführer der Beklagten sie mit der Bemerkung, dass für sie eine „Eiszeit“ anbrechen werde und niemand mehr mit ihr reden dürfe, weiter in unzumutbarer Weise unter Druck setzte, auch beim zweiten Gespräch die Schwangerschaft thematisierte und dadurch insgesamt den Eindruck bestärkte, die gesetzlich geschützte Position einer Schwangeren nicht zu akzeptieren und die Schwangerschaft einer Arbeitnehmerin als „Unglücksfall“ des Arbeitgebers wahrzunehmen. Damit trug er aber erheblich zur erlittenen persönlichen Beeinträchtigung der Klägerin bei.
2.10. Der Entschädigung hat nach dem expliziten gesetzlichen Auftrag des § 12 Abs 14 GlBG auch präventive Funktion zuzukommen.
2.11. Ausgehend davon, dass die Klägerin für die erlittene persönliche Beeinträchtigung ursprünglich 3.000 EUR für mehrere Diskriminierungen im Rahmen ihres Lehrverhältnisses geltend machte (geschlechtsbezogene Belästigung „bzw“ Diskriminierung bei den sonstigen Arbeitsbedingungen; Beendigungsdiskriminierung), nach den Feststellungen dagegen „nur“ von einer als Einheit zu beurteilenden Beendigungsdiskriminierung auszugehen ist, erscheint im vorliegenden Fall bei einer Gesamtbetrachtung die Festlegung eines Entschädigungsbetrags in Höhe von 1.700 EUR angemessen. Die abfällige Bemerkung über die Klägerin in Gegenwart eines Gastes („innerlich blond“) ging von einem Kollegen der Klägerin aus, ohne dass sich insoweit tragfähige Anhaltspunkte für die Zurechnung einer geschlechtsbezogenen Belästigung gegenüber der beklagten Arbeitgeberin ergaben. Mit der zuerkannten Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung der Klägerin wird die Beeinträchtigung iSd § 12 Abs 14 GlBG einerseits tatsächlich und wirksam ausgeglichen; andererseits erscheint der Betrag geeignet, vergleichbare Diskriminierungen zu verhindern.
2.12. Zu betonen ist, dass die Festlegung des Entschädigungsbetrags stets nur nach den Umständen des Einzelfalls erfolgen kann (vgl 8 ObA 18/03k ua), sodass der hier festgelegte Betrag nicht als Pauschale für andere Konstellationen einer Beendigungsdiskriminierung zu verstehen ist. In jedem Einzelfall bleibt es einer diskriminierten Person natürlich unbenommen, konkret darzulegen, worin gerade in ihrem Fall ‑ über das für jeden Offensichtliche hinaus ‑ die besonderen Umstände liegen, die die Schwere und Dauer ihrer erlittenen persönlichen Beeinträchtigung ausmachen.
3. Nach all dem ist die Revision der Beklagten nicht, jene der Klägerin hingegen teilweise berechtigt, sodass über die Rechtsmittel wie aus dem Spruch ersichtlich zu entscheiden war.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 43 Abs 1 und 2, 50 ZPO. Im erstinstanzlichen Verfahren war die Festlegung des Entschädigungsbetrags von richterlichem Ermessen iSd § 43 Abs 2 ZPO abhängig, wobei der Klägerin keine Überklagung vorzuwerfen war, sodass der Kostenzuspruch an sie auf Basis des obsiegten Betrags zu erfolgen hatte. Die Kostenentscheidung über die Rechtsmittelverfahren folgte dem effektiven Rechtsmittelerfolg (s Obermaier , Kostenhandbuch 2 Rz 409 mwN). Die Klägerin hat mit ihrer Berufung und ihrer Revision auf Basis eines Interesses von jeweils 2.000 EUR und des Zuspruchs von 700 EUR mit 35 % obsiegt, woraus sich ein Barauslagenersatz der Klägerin von jeweils 35 % und ein Kostenersatz für die Rechtsmittelgegenschriften der Beklagten von jeweils 30 % ergeben. Für die Abwehr der Berufung und der Revision der Beklagten waren der Klägerin auf Basis eines Interesses von jeweils 4.148,78 EUR jeweils 100 % ihrer Kosten zuzusprechen. Daraus ergeben sich die aus dem Spruch ersichtlichen Beträge.
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