OGH 9ObA78/15h

OGH9ObA78/15h24.6.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hopf als Vorsitzenden, sowie den Hofrat Mag. Ziegelbauer, die Hofrätin Dr. Dehn und die fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald Fuchs und Wolfgang Cadilek als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Parteien 1. A*****, und 2. N*****, beide vertreten durch Dr. Peter Schaden, Mag. Werner Thurner, Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagte Partei R***** G*****, vertreten durch Dr. Nikolaus Friedl, Rechtsanwalt in Wien, wegen 1.) 131.354,22 EUR und 2.) Feststellung (Streitwert: 10.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 29. April 2015, GZ 8 Ra 67/14b‑58, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:009OBA00078.15H.0624.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Der Rechtsmittelgrund der Aktenwidrigkeit wird nur bei Vorliegen eines Widerspruchs zwischen dem Akteninhalt und den die Entscheidung tragenden wesentlichen Tatsachen verwirklicht ( Zechner in F asching/Konecny 2 IV/1 § 503 ZPO Rz 159 mwN; vgl RIS‑Justiz RS0043421). Dieser Rechtsmittelgrund liegt auch vor, wenn eine Beweiswürdigung oder deren Überprüfung auf aktenwidrige Tatsachenannahmen gestützt wird (3 Ob 241/05w; Zechner aaO § 503 Rz 173 mwN). Eine solche aktenwidrige Tatsachenannahme wollen die Revisionswerber darin sehen, dass das Erstgericht Feststellungen über den Unfallshergang auf aktenwidriger Grundlage getroffen hätte. Damit behaupten die Revisionswerber aber inhaltlich eine Aktenwidrigkeit der Beweiswürdigung des Erstgerichts, die sie in der Berufung nicht geltend gemacht haben, sodass dies in der Revision nicht nachgetragen werden kann (RIS‑Justiz RS0041773). In der Übernahme dieser Feststellungen des Erstgerichts durch das Berufungsgericht kann aber schon begrifflich keine Aktenwidrigkeit des Berufungsverfahrens liegen (RIS‑Justiz RS0043240)

2. Das Berufungsgericht hat sich ausführlich mit der Beweisrüge in der Berufung auseinandergesetzt, sodass keine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens vorliegt (RIS‑Justiz RS0043162). Die von der Revisionswerberin behauptete unrichtige Würdigung der Beweisergebnisse durch das Berufungsgericht betrifft wie auch der Umstand, ob es sich mit bestimmten Beweisergebnissen auseinandergesetzt hat, die irrevisible Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen (RIS‑Justiz RS0043371; RS0043131).

3. Das Berufungsgericht hat die für die Frage, ob dem Beklagten im Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall vom 21. 5. 2008 grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist, maßgebende Rechtslage richtig wiedergegeben. Die Anwendung dieser Rechtslage auf den zu entscheidenden Sachverhalt ist immer eine Frage des konkreten Einzelfalls (RIS‑Justiz RS0085228; RS0026555), die ‑ von Fällen krasser Fehlbeurteilung durch die zweite Instanz abgesehen ‑ die Zulässigkeit der Revision nicht rechtfertigen kann. Eine krasse Fehlbeurteilung der zweiten Instanz liegt hier nicht vor. Das Berufungsgericht ist ohnehin davon ausgegangen, dass dem Beklagten zur Last zu legen sei, dass er sich nicht vergewissert habe, dass sein später verletzter Arbeitskollege seine Aufforderung, mit ihm mitzukommen infolge des starken Maschinenlärms nicht verstanden hatte. Es hat aber in weiterer Folge begründet dargelegt, warum der Beklagte aufgrund der festgestellten Umstände der konkreten Arbeitssituation nicht annehmen musste, dass sein Arbeitskollege noch einmal in die Betonmischtrommel steigen werde, obwohl dort keine Reinigungsarbeiten mehr durchzuführen waren. Das Berufungsgericht hat auch begründet, aus welchen Gründen es nachvollziehbar sei, dass der Beklagte auf dem schmalen, steilen und nur gebückt zu begehenden Weg über eine Metalltreppe auf die andere Seite der Maschine nicht bemerkte, dass der Arbeitskollege nicht hinter ihm nachging. Damit setzen sich die Revisionswerber in ihrer Zulassungsbeschwerde nicht näher auseinander, sondern führen lediglich ‑ abweichend vom festgestellten Sachverhalt ‑ aus, dass der Beklagte seinen Arbeitskollegen nur „gleichsam murmelnd“ aufgefordert habe, mitzukommen, und in weiterer Folge „völlig gedankenlos“ um die Maschine herumgegangen sei, sodass er nicht bemerkt habe, dass sein Arbeitskollege nicht hinter ihm sei. Damit zeigen sie jedoch noch keine Unvertretbarkeit der Rechtsansicht des Berufungsgerichts auf.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte