Spruch:
Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof hob im ersten Rechtsgang die Entscheidungen der Vorinstanzen hinsichtlich der Abweisung von 280,57 EUR sA (11 Cga 109/08b) und 670,05 EUR sA (11 Cga 233/08p) auf und verwies die verbundenen Arbeitsrechtssachen insoweit an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurück. Die Abweisung des weiteren Begehrens von 181,28 EUR sA (11 Cga 140/08m) durch die Vorinstanzen wurde hingegen vom Obersten Gerichtshof als Teilurteil bestätigt (9 ObA 11/10y = ÖZPR 2011/32 [ Resch ] = DRdA 2012/31 [ Jabornegg ]).
Der Oberste Gerichtshof wies in der Vorentscheidung darauf hin, dass bei einem Mischbetrieb im Sinn des § 9 Abs 3 ArbVG im Fall des Mangels einer organisatorischen Trennung in Haupt‑ und Nebenbetriebe oder einer organisatorischen Abgrenzung in Betriebsabteilungen jener Kollektivvertrag Anwendung findet, der für den Betrieb die maßgebliche wirtschaftliche Bedeutung hat. In analoger Anwendung des § 9 Abs 3 ArbVG verdrängt im Fall des Mischbetriebs auch ein für die Arbeitnehmer des wirtschaftlich maßgeblichen Betriebsbereichs anzuwendender Mindestlohntarif einen für die Arbeitnehmer des wirtschaftlich untergeordneten Bereich geltenden Kollektivvertrag. Der Oberste Gerichtshof hob weiters hervor, dass bereits die im ersten Rechtsgang vorliegenden Verfahrensergebnisse darauf hindeuten, dass die Pflegetätigkeit dem Betrieb des Beklagten das Gepräge gebe. Dennoch mussten die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben werden, weil die vorhandenen Feststellungen noch keine abschließende Beurteilung der Frage des prägenden wirtschaftlichen Bereichs des Betriebs, aber auch der vom Beklagten bestrittenen Höhe der Klageforderungen zuließen (9 ObA 11/10y).
Im zweiten Rechtsgang stellte der Beklagte die nach dem Teilurteil verbliebenen Klageforderungen der Höhe nach außer Streit. Das Erstgericht traf ergänzende Feststellungen zum Betrieb des Beklagten in den für die Beurteilung der Klageforderungen maßgeblichen Zeiträumen. Diese Feststellungen bestärken nun die sich bereits in der Vorentscheidung abzeichnende Annahme, dass die Pflegetätigkeiten dem Betrieb des Beklagten schon in den Jahren 2005/2006 das entscheidende Gepräge gaben. Das Berufungsgericht gelangte daher auf der Grundlage der aufhebenden Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zur rechtlichen Beurteilung, dass für die hier relevanten Monate in den Jahren 2005 und 2006 der Mindestlohntarif für Arbeitnehmer/innen in Betrieben sozialer Dienste den Kollektivvertrag für das Hotel‑ und Gastgewerbe verdrängt.
Der Revisionswerber erblickt nun eine die Zulässigkeit seiner außerordentlichen Revision begründende erhebliche Rechtsfrage darin, dass nach seinem Erachten nach wie vor offen sei, welcher Aspekt für die maßgebliche wirtschaftliche Bedeutung im Sinn des § 9 Abs 3 ArbVG relevant sei. Nach Auffassung des Revisionswerbers komme es vor allem auf die „wirtschaftliche Wertschöpfung“ an.
Der Oberste Gerichtshof setzte sich bereits in 9 ObA 194/90 (= DRdA 1991/39 [ Resch ]) mit der Frage der „maßgeblichen wirtschaftlichen Bedeutung“ im Sinn des § 9 Abs 3 ArbVG auseinander. Er gelangte dort ‑ gestützt auf Strasser (in Floretta‑Strasser , ArbVG‑Handkommentar 82) - zu dem Ergebnis, dass es darauf ankommt, welcher Fachbereich dem Betrieb „das Gepräge“ gibt, welcher Fachbereich also für den Betrieb „ausschlaggebend“ ist (siehe auch Strasser in Strasser/Jabornegg/Resch , ArbVG §§ 9, 10 Rz 13; Runggaldier in Tomandl , ArbVG § 9 Rz 8; Reissner in ZellKomm² § 9 Rz 12 ua). Dabei kommt es nicht nur auf einen einzelnen Aspekt wie etwa Umsatz, Gewinn, Betriebsmitteleinsatz, Ertragskomponenten, Zahl der Arbeitnehmer oder Zusammensetzung des Kundenkreises an. Es ist vielmehr eine Gesamtbetrachtung anzustellen, in die auch die wirtschaftliche Funktion des einen Fachbereichs für den anderen Fachbereich einzubeziehen ist (9 ObA 194/90).
An der Notwendigkeit einer Gesamtbetrachtung ist festzuhalten. Zutreffend erkannte das Berufungsgericht, dass die Beurteilung des Zusammenspiels der einzelnen Faktoren im Rahmen einer Gesamtbetrachtung von den besonderen Umständen des jeweiligen Einzelfalls abhängt. Diese Abhängigkeit begründet in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage, sofern keine unvertretbare Beurteilung vorliegt. Dies ist hier nicht der Fall. Das rechtliche Resümee des Berufungsgerichts, dass vor allem die Pflegetätigkeiten dem Betrieb des Beklagten schon in den Jahren 2005/2006 „das Gepräge“ gaben, ist vor dem Hintergrund, dass der Beklagte in seiner „Seniorenpension“ schon zu dieser Zeit ausschließlich Pflegegeldbezieher betreute (durchschnittliche Pflegegeldstufe 3,8), die Pflegehelferinnen im Beschäftigtenstand des Beklagten einen bedeutenden Anteil einnahmen und der typische Bewohner des Beklagten ab seiner Aufnahme nicht bloß kurzfristig, sondern bis zu seinem Ableben blieb, nicht zu beanstanden. In die anzustellende Gesamtbetrachtung können auch das vom Beklagten betonte arithmetische Verhältnis von „Grundtarif“ und „Pflegetarif“ oder Überlegungen zu einer „Querfinanzierung“ einfließen. Umstände, wonach allerdings gerade diese Aspekte den Betrieb des Beklagten derartig charakterisieren, dass sie letztlich „das Gepräge“ im Sinn des § 9 Abs 3 ArbVG ausmachen, sind nicht hervorgekommen.
Dass es zu einem Wechsel der Kollektivvertragsangehörigkeit im Sinn des § 8 ArbVG kommen kann, ist nach Lehre und Rechtsprechung nicht weiter strittig (vgl Strasser in Strasser/Jabornegg/Resch , ArbVG § 8 Rz 15; Cerny in Cerny/Gahleitner/Kundtner/Preiss/Schneller , ArbVG Bd 2 4 § 8 Er 5; Arb 9914 ua) und wurde auch in der aufhebenden Entscheidung 9 ObA 11/10y als selbstverständlich zugrundegelegt. Der Beklagte räumte in erster Instanz ein, dass die Pflegetätigkeiten in seinem Betrieb ab dem Jahr 2000 zugenommen haben. Nähere Untersuchungen, ab wann die Pflegetätigkeiten für den Betrieb des Beklagten ‑ zeitlich jedenfalls vor den für die Beurteilung der Klageforderungen relevanten Jahren 2005/2006 ‑ schließlich „ausschlaggebend“ wurden, müssen hier nicht angestellt werden. Dass dies erst während der Beschäftigung der Klägerin ab dem Jahr 2005 der Fall gewesen sei, wurde vom Beklagten selbst ausdrücklich bestritten. Die diesbezüglichen Überlegungen in der Revision sind daher nur von theoretischer Natur und vermögen daher nicht die Abhängigkeit der Entscheidung von einer erheblichen Rechtsfrage zu begründen.
Mangels erheblicher Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision des Beklagten zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Zurückweisungsbeschluss nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).
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